General Henri Guisan: “Kann die Schweiz Widerstand leisten?”
Die Gegebenheiten sind heute nicht so dramatisch wie damals, jedoch sind Ähnlichkeiten der Grosswetterlage nicht zu verleugnen: Fremde Mächte, mentale Umzingelung, unheimlicher Druck auf die Schweiz, Defätisten, Anpasser, heimliche Profiteure. Schlappschwänze, im Überfluss. Im Juli 1940 spazierte Hitler durch ein menschenleeres, schwer gedemütigtes Paris, die kümmerliche Republik Österreich, Überbleibsel der prachtvollen k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn war dem “Anschluss” zum Opfer gefallen, und das hässlich-witzige faschistische Italien schrie nach “me-too” Eroberungen auf dem Balkon der Piazza Venezia. Die Schweiz war von Unheil umzingelt und gelinde gesagt, bös dran – Hitler liess bereits Invasionspläne der Schweiz von seinen Generälen erstellen. Der Schweizer Bundesrat von damals war eine Bande von Zauderern und Anpassern, die Hosen ziemlich voll, womöglich bereits mit Nazi-Deutschland in Geheimverhandlungen verstrickt. Bundespräsident Pilet-Golaz, ein Freisinniger aus dem Kanton Waadt, hielt eine schandvolle Radioansprache an die Nation, der Zuger Konservative Philipp Etter (Etter-Kirsch?) verlas die deutsche Version. “Die Zeit der Wiedergeburt ist gekommen, jeder von uns muss den alten Menschen ablegen.” “Eidgenossen, an Euch ist es nun, der Regierung zu folgen als einem sicheren und hingebenden Führer, der seine Entscheidungen nicht immer wird erklären, erläutern und begründen können.” Was meinte der Bundesrat mit Wiedergeburt und Erneuerung, was mit dem Wort Führer, wieso war nirgends von Freiheit, Unabhängigkeit, Widerstand die Rede? Das Schweizer Volk begriff diese Rede als Vorbereitung für eine bedingungslose Kapitulation. Schwere Stunden. Doch General Henri Guisan, Oberbefehlshaber der Schweizer Armee, wischte in einer kurzen Rede am 25. Juli 1940 die nebulösen, defätistischen bundespräsidialen Ansichten anlässlich des Rütlirapports vor 420 Kommandanten weg. Er hielt sich nicht an das Wischi-Waschi-Manuskript, welches sein engster Mitarbeiterstab für ihn im Sinne von Pilet-Golaz erarbeitet hatte. Widerstand statt Anpassung, lautete seine Losung. Alpenréduit, Zerstörung der Nord-Süd-Achse im Fall einer Invasion, Kämpfen bis zum letzten Alpenbunker.
Klare Worte, die elektrisierten
Die Gelassenheit und Coolness des Generals steckten zuerst das Offizierscorps
an und dann das ganze Schweizer Volk. Eine 20 Minuten-Rede,
die alles veränderte, wie Zeitzeugen berichteten.
20 Minuten, die wir heutzutage dringend bräuchten.
Genau wie damals zeigt sich der Bundesrat nämlich gegenüber der drohenden, uns umgebenden EU anpasserisch. Geheimnistuerei gegenüber dem eigenen Volk ist nun die Norm. Wir wissen nicht mehr, für wen der Bundesrat in Brüssel verhandelt – für das Schweizer Volk oder für Partikulärinteressen einzelner Wirtschaftszweige und deren Verbände? Wohin die Reise geht, kann jedoch anhand der Kollateral-Manöver des Bundesrates herausgefunden werden. Hauptstossrichtung? EU-Rahmenvertrag und Teilliquidierung der Schweizer Souveränität, so wie sie bisher bestand. Die Einseifung der Gewerkschaften mittels Überbrückungsrente für die auf dem Altar der PFZ geopferten älteren Schweizer Arbeitnehmer wird wohl eher die Ouvertüre als das Schlussbouquet sein. Gezielt werden in der Systempresse Ängste geschürt. Ängste vor der doch so übermächtigen EU und die vielfältigen Möglichkeiten, über welche diese verfügt, um die Schweizer Wirtschaft zu bodigen (Börsenäquivalenz ist mein Vorname, Exporte mein Nachname). Immer die selbe Leier. Das Volk wird damit in die mentale Enge der materiellen Existenzangst getrieben. Die Europhilen haben auch eine geschickte Assoziation bei vielen Schweizern bewerkstelligt – alles was gegen den EU-Rahmenvertrag ist und gegen eine schrittweise Integration in die EU, entspreche dem Kürzel SVP. (Und SVP bedeute hauptsächlich ein Milliardär, der aus einem Helikopter steigt und auf einem Tieflader, wie ein König auf leintuchbespannten Heuballen thronend, von einem Traktor zu seinem Schloss hinaufgeschleppt wird). Die Situation kann also durchaus mit dem Zeitpunkt nach den Radioansprachen der Bundesräte Pilet-Golaz und Etter verglichen werden. Die Schweizer haben die Vorahnung, dass der Bundesrat auf eine Kapitulation gegenüber der EU hinarbeitet. Das Volk ist gespalten und unsicher, weil der Bundesrat, genau wie damals, verdeckt handelt und vertrackt kommuniziert. Was würde General Guisan heute tun, um die Situation gegenüber der EU zu verändern? Auf elegante, ruhige und selbstsichere Art der EU die Grenzen aufzeigen. Die Grenzen einer Schweiz, welche auch anders kann: Wiedereinführung des internationalen Bankgeheimnisses (sehr viele EU-Bürger wären hocherfreut darüber), Kündigung der AIA-Abkommen, bürokratische Behinderungen der Nord-Süd-Transitachse, Einschränkung der Grenzgänger-Abkommen. Ein neues Réduit im Herzen Europas, Version 2.0? Nicht wirklich im Interesse der EU-Mächtigen.
Die spinnt ja, wird nie klappen, wird so mancher Leser denken und kommentieren. Die werden uns in der Luft zerreissen. Nun, genau dies dachten viele Leute damals auch. Und doch geschah es, die Achsenmächte liessen die Schweiz unbehelligt. Pilet-Golaz übrigens, der Anpasser, trat vor dem Ende des Krieges im Jahr 1944 als Buhmann der Schweiz zurück. Seine Figur ging nicht sehr ruhmreich in die Schweizer Geschichte ein. Neulich habe ich den sehr intelligenten Sohn einer mexikanischen Freundin gefragt, der gerade die Rekrutenschule in Thun absolviert, ob er General Henri Guisan kenne. Die Antwort war ein Schulterzucken.