Analysen: 3.-10.7.2024: Markus Krall/ Dollar im Sinkflug/ Rüdiger Rauls: Die Entmachtung des Dollars/ BRICS-Währung/ Frankreich steht vor der vierten «Cohabitation» - Wahlen ändern nichts/ Georgien: Spielball westlicher Geopolitik/ Irans neuer Präsident
GoldRevolution & Dollar als Leitwährung?
Quo Vadis, Leitwährung Dollar?
Viele erinnern sich noch an den Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi in Moskau bei Präsident Putin und die Verabschiedung der beiden mit den sinngemäß zitierten Worten: „Wir bewirken jetzt Veränderungen wie es sie die letzten 100 Jahre nicht gegeben hat.“ Prompt fragte sich die globale Journaille was damit gemeint sein könnte. Greift China Taiwan an? Gibt es neue Bündnissysteme? Kommt es zum Wirtschaftskrieg mit dem Westen? Ich wage die Hypothese, dass es den beiden um ein Kernstück des globalen Finanz- und damit Wirtschaftssystems gegangen ist, konkret: Das Währungssystem und seine weltweite Verankerung im US-Dollar als Leitwährung. Die meisten Menschen wissen, dass der Dollar die „Leitwährung“ der Welt ist, aber die meisten haben ebenso keine Ahnung davon, was eine Leitwährung eigentlich ist, wie sie funktioniert und welche Vorteile sie ihrem Inhaber, den Vereinigten Staaten von Amerika bietet.
Leitwährungen gibt es schon sehr lange. In der Vergangenheit waren es in der Regel die als Goldmünzen geprägten Währungen des jeweiligen Hegemons, erst in einer Region, später der Welt. Die Größe des jeweiligen Imperiums bestimmte die weite Verbreitung der Münzen und auch Teile der Welt, die nur in seinem Dunstkreis lebten, adoptieren dann diese Münzen zur einfacheren Umrechnung von Handelstransaktionen. Das begann mit der griechischen Drachme, einer etwa 20 Gramm schweren Silbermünze, ging dann über den römischen Denar zum byzantinischen Solidus, dem Florentiner und dem venezianischen Dukaten zum niederländischen Gulden und dann zum britischen Pfund. Gold war Geld und das Pfund war sein Maßstab. Mit dem ersten Weltkrieg wurde der Goldstandard durch die nach Kriegsfinanzierung gierigen Regierungen abgeschafft und konnte auch in der Zwischenkriegszeit 1918 – 1939 nicht mehr etabliert werden, entsprechende Versuche scheiterten.
Am Ende des 2. Weltkriegs hatte sich praktisch das gesamte Währungsgold der Welt in den USA angesammelt, denn die riesigen Waffenverkäufe der USA insbesondere an die Sowjetunion und Großbritannien erfolgten nicht für Lau, auch nicht für Papiergeld. Den USA war klar, dass Papiergeld nur aus wertlose Zetteln besteht. Gold war die einzige akzeptierte Währung. Der Goldbestand des Landes belief sich 1947 auf 22.000 Tonnen. Die Handelspartner der USA hatten nichts mehr davon zur Verfügung. Das war die Geburtsstunde der Leitwährung Dollar. In Bretton Woods vereinbarte man eine Golddeckung des Dollars zu 35 Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm) und einen festen Wechselkurs aller anderen Währungen zum Dollar, was einer indirekten Goldbindung entsprach. Die USA verpflichteten sich, Gold gegen Dollars in diesem Verhältnis herauszurücken, wenn andere Länder ihre Handelsbilanzüberschüsse aus Dollars in Gold umtauschen wollten. Und diese Überschüsse kamen, ihr Spiegelbild waren die Defizite der US-Leistungsbilanz ab Beginn der 50er Jahre. Koreakrieg, atomares Wettrüsten, Sozialprogramme, Mondprogramm und Vietnamkrieg überforderten die Wirtschaftskraft der USA. Sie importierten mehr als sie exportierten, und so floss das Gold zurück nach Europa und Japan. Das und nicht das oft behauptete „Nazi-Gold“ war die Quelle des Goldschatzes der Bundesbank von 3.400 Tonnen, angespart bis zum 15. August 1971. 1971 waren die Goldvorräte der USA schließlich von 22.000 auf 8.000 Tonnen abgeschmolzen und Richard „Tricky Dick“ Nixon erklärte der Welt in einer Ansprache an seine „Dear American Citizens“, dass es ab sofort kein Gold für Dollars mehr geben werde, außer „wenn das im besten Interesse der Vereinigten Staaten“ sei, also nie. Die Leitwährung Dollar mutierte an diesem 15. August von einer Leitfunktion durch Golddeckung zu einer Leitfunktion durch fait accompli. Die Handelspartner saßen auf riesigen Dollarreserven, die sie nicht auf null abschreiben wollten, obwohl die USA gerade eine buchstäbliche Staatspleite in Form eines nicht geleisteten Zahlungsversprechens (Gold gegen Dollar) hingelegt hatten. Wer jetzt noch mit Dollars ankam, der bekam im Austausch: Andere Dollars. Was für ein Trick! Der Rest ist Geschichte: Die USA nutzten ihre neu gewonnen währungspolitische Freiheit in Kombination mit ihrer Leitwährungsfunktion (denn die Zentralbankbilanzen der Welt waren vollgepackt mit Dollars, ein Entkommen zunächst unmöglich!) für eine hemmungslose Verschuldungs- und Leistungsdefizit-Orgie:
Jedes neue Defizit wurde mit frisch gedruckten Dollars bezahlt, die damit verbundene Geldmengenausdehnung führte zu Inflation und Abwertung und heute hat der Dollar nur noch einen Bruchteil von 1,5% seiner Kaufkraft von 1971, jedenfalls gemessen in Gold. Jedes Land mit Überschüssen gegenüber den USA wird so jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr um einen Teil des Wertes der Überschüsse enteignet. Ein geniales globales Tributsystem zugunsten der Hegemonialmacht USA. Die Summe dieser Tribute beläuft sich seit 1971 auf fast 7 Billionen, also 7.000 Milliarden Dollar nach heutiger Kaufkraft. Und jetzt kommen die BRICS-Staaten, deren größte Mitglieder Russland und China sind und werden sich ihrer neuen Macht bewusst: Sie haben einen riesigen Handelsbilanzüberschuss. Jedes Jahr exportieren sie für eine Billion Dollar mehr Waren als sie importieren. Sie sind die Hauptberaubten dieses Systems und mittlerweile wissen sie das auch. Welches Gegengift haben sie sich dafür einfallen lassen? Ein bewährtes: Gold. Sie kaufen seit Jahren massiv Gold mit ihren angesparten Dollars ein, ersetzen so ihre Dollarreserven durch dieses Gold, verringern ihre Abhängigkeit von den USA und ihre Verluste aus der exportierten US-Inflation, treiben den Goldpreis in die Höhe und bereiten einen Paradigmenwechsel vor: Seit etwa einem Jahr arbeiten sie an einer Infrastruktur für eine neue internationale Handelswährung. Sie wird nach aller realistischen Analyse goldgedeckt sein. Wer künftig ein Defizit mit den BRICS hat, der muss es in Gold bezahlen, nicht mehr in Dollar. Mit anderen Worten: Die USA können ihre Defizite nicht mehr durch Inflationsexport finanzieren. Die ganze Wucht ihrer aufgesparten Ungleichgewichte fällt ihnen in den eigenen Schoß. Das Ergebnis wird ein massiver Inflationsschub in den USA sein, der Einkommen und Ersparnisse in großem Umfang zerstört. Die Alternative ist eine restriktive Geldpolitik und hohe Zinsen, die aber die Regierung in Washington nicht bezahlen kann, dafür sind die Schulden einfach mittlerweile zu hoch. Das Ergebnis wird sein, dass die USA sich das größte Militärbudget der Erde nicht mehr leisten können, denn dieser Etat wurde zuletzt komplett aus dem Leitwährungstribut finanziert. Der Krieg wird also nicht in der Ukraine entschieden, auch nicht in Gaza, nicht in der Taiwanstraße und nicht im Roten Meer. Er wird in den Zahlungsverkehrssystemen des Planeten entschieden. Goodbye monetäre Matrix, willkommen in der „richtigen“ Welt. Ach ja, und bevor ich es vergesse: Diese Entwicklung garantiert, dass Gold im Preis weiterhin steigen wird. Nichts kann das dauerhaft aufhalten.
Ihr „Dr. Gold“ Markus Krall
Russischer Unternehmer: Sanktionen werden Vorherrschaft des US-Dollars beenden
7 Juli 2024 21:43 Uhr Die USA zerstören mit ihren Sanktionen die Vorherrschaft ihrer eigenen Währung in der Welt, meint der russische Geschäftsmann Andrei Melnitschenko. Seiner Meinung nach werden auch sogenannte traditionelle Finanzinstitutionen aufhören zu existieren. Die US-Sanktionspolitik werde letztendlich dazu führen, dass der US-Dollar seine langjährige Dominanz in der Weltwirtschaft verliert. Darauf weist Andrei Melnitschenko, der Gründer des Düngemittelherstellers EuroChem, in einem Interview mit dem US-amerikanischen Journalisten Tucker Carlson hin. In einem fast zweistündigen Interview, das auf Carlsons YouTube-Kanal veröffentlicht wurde, sprechen die beiden unter anderem über die westlichen Sanktionen gegen den Geschäftsmann wegen des Ukraine-Konflikts. Melnitschenko, der vor zwei Jahrzehnten EuroChem und das Kohle produzierende Unternehmen SUEK gegründet hat, wurde 2022 zusammen mit seiner Ehefrau auf die Sanktionsliste der USA und der EU gesetzt. Auch andere westliche Länder, darunter das Vereinigte Königreich und die Schweiz, setzten ihn auf die schwarze Liste. Im Gespräch über die Sanktionen sagt Melnitschenko, er betrachte sich als "Kollateralschaden des größeren Konflikts". Der Geschäftsmann behauptet auch, dass viele sogenannte traditionelle Institutionen, einschließlich der Weltreservewährung, als Folge der westlichen Sanktionen aufhören werden zu existieren. Der Prozess der Entdollarisierung gewinne weltweit an Dynamik, so Melnitschenko, der darauf hinweist, dass derzeit mehr als 50 Prozent des chinesischen Außenhandels in anderen Währungen als dem US-Dollar abgewickelt werden. Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt wurden noch rund 90 Prozent des grenzüberschreitenden Handels des Landes in der US-Währung abgewickelt. In Russland war der US-Dollar früher die vorherrschende Währung für Exporte und Importe, sagt Melnitschenko und fügt hinzu: "Heute sind es 14 Prozent, mehr oder weniger, und derselbe Prozess findet in anderen Ländern statt. Generell denke ich, dass der US-Dollar seine Position als dominierende Weltwährung verlieren wird." Der Geschäftsmann hebt hervor, dass dies "eine der Hauptfolgen" der Sanktionen sein werde. Melnitschenko zufolge ist eine neue multipolare Weltordnung im Entstehen begriffen, da "wir eine Zeit erleben, in der die Dominanz einer einzigen Supermacht, der Vereinigten Staaten, in Zukunft nicht mehr in der gleichen Weise bestehen wird wie bisher". Er merkt außerdem an, dass China mit einer "unglaublichen Geschwindigkeit" wachse, um eine weltweite Supermacht zu werden, und schließt: "Wir werden mindestens zwei Supermächte sehen, die auf die eine oder andere Weise das Weltgeschehen in Zukunft organisieren werden."
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Internationaler Finanzverkehr: Russland plant Umstieg auf Kryptowährungen
Eine Währungstafel mit Moskau City im Hintergrund
Euro: Verlierer im Sanktionskrieg – Dollar-Dominanz im Sinkflug
5 Juli 2024 21:24 Uhr Mit der Politisierung von Dollar und Euro droht ein Verlust an Einfluss. Insbesondere die Russlandsanktionen haben die Suche nach Alternativen notwendig gemacht. Profitiert hat bisher vor allem der chinesische Yuan. Die Währungssanktionen dienen zum Teil der russischen Wirtschaft. Die Möglichkeit, Sanktionen weltweit durchzusetzen, wurzelt unter anderem in der Abhängigkeit der Märkte vom Dollar und zum Teil auch vom Euro im globalen Handel. Das Sanktionsregime ist daher ein zweischneidiges Schwert, denn je häufiger und drastischer es eingesetzt wird, desto vehementer werden die Länder, die von Sanktionen betroffen werden können, nach Alternativen suchen.
Finanzexperten und auch die Europäische Zentralbank selbst warnen seit geraumer Zeit, dass die Überschreibung von Zinsgewinnen auf das eingefrorene russische Vermögen an die Ukraine zu einem weiteren Bedeutungsverlust des Euro führen wird. Der Euro gilt nicht mehr als sichere Währung. Das machen auch aktuelle Zahlen deutlich. So hatte der Anteil des Euro an den Währungsreserven vor zwanzig Jahren noch bei 25 Prozent gelegen. Inzwischen ist dieser Anteil auf unter 20 Prozent gefallen. Angesichts des Bedeutungsverlustes wirken die Forderungen zahlreicher EU-Politiker nach der vollständigen Übertragung des eingefrorenen russischen Vermögens an die Ukraine wie eine währungspolitische Suizidabsicht.
Die Diskussion um die Politisierung von Euro und Dollar sowie der damit einhergehende Vertrauensverlust haben mit den kürzlich erlassenen Sanktionen gegen die Moskauer Börse erneut Fahrt aufgenommen. Währungsgeschäfte in Euro und Dollar sind in Russland seitdem nun nur noch über einige wenige Banken und über Krypto-Tauschbörsen möglich. Die Maßnahme hat einerseits Einfluss auf die Preise für den Import. Einfuhren werden tendenziell teurer. Andererseits erschwert sie den Währungsabfluss. Die Sanktion hält den Rubel im Land, was sich positiv auf Investitionen und das Wachstum auswirkt. Wider Erwarten brach der Kurs von Euro und Dollar ein, nachdem die Sanktion wirksam geworden war. Beide Währungen sind seitdem gegenüber dem Rubel tendenziell schwächer.
Gestärkt wird dadurch auch der chinesische Yuan. Der außenpolitische Blog German-Foreign-Policy weist darauf hin, dass der Yuan in Russland bereits im Mai, also noch vor der neuen Sanktion, zur meistgehandelten Währung geworden ist. In der Tat bieten russische Banken inzwischen standardmäßig Depots in Yuan an. Dagegen wurde die Annahme von Dollar und Euro an Geldautomaten in Russland deutlich eingeschränkt. Generell stellt China den Außenhandel immer stärker auf Yuan um. Zuletzt sorgte zudem die Ankündigung Saudi-Arabiens für Aufmerksamkeit, Rohöl nicht mehr ausschließlich in Dollar, sondern auch Yuan verkaufen zu wollen. Damit ist das Ende des Petrodollar eingeläutet. Der Blog weist auf eine Analyse des Internationalen Währungsfonds hin. Demnach ist der Anteil des Dollars an den Währungsreserven deutlich gefallen. Zudem streben auch die BRICS die Entwicklung einer eigenen Währung an, um sich von der Dollardominanz zu lösen. Damit deutet sich an, dass der Einsatz der Währungen zur Durchsetzung politischer Ziele Rückwirkungen auf die Währungen selbst hat. Mit der wachsenden Unsicherheit werden sie zunehmend gemieden. Der Westen verstößt mit der Instrumentalisierung seiner Währungen gegen das Gebot der Neutralität. Werden sie zum Mittel der Politik, sinkt das Vertrauen.
Mehr zum Thema – Der Petrodollar ist tot: Was geschah wirklich zwischen den USA und den Saudis?
vom april, aber immernoch das beste zum thema, das ich gefunden habe...
Das Projekt "Neue Seidenstraße" (englisch: Belt and Road Initiative, BRI), die Staatengemeinschaft BRICS und das Staatenbündnis "Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit" (SOZ) gewinnen international immer mehr an Bedeutung. (Symbolbild).
Von Rüdiger Rauls: Demokratische Globalisierung – Die Entmachtung des Dollars hat begonnen
25 Apr. 2023 21:03 Uhr Die USA und der von ihnen abhängige "kollektive Westen" sehen sich angesichts des drohenden Zusammenbruchs des bisherigen, US-Dollar-gestützten Weltfinanz- und Handelssystems einer beispiellosen Herausforderung gegenüber. In Lateinamerika, Afrika und Asien bilden sich Alternativmodelle zur westlichen Hegemonie heraus. Die Welt will sich dem Machtanspruch der USA entziehen. Dazu gehört auch die Entmachtung des Dollars und der westlichen Finanzstrukturen. Die treibenden Kräfte in diesem Prozess sind dabei die BRICS-Staaten, allen voran China als wirtschaftliches Schwergewicht und Russland als militärisches. Wie weit der Weg dorthin ist, kann heute noch nicht klar gesagt werden. Aber die ersten Schritte sind gemacht.
BRICS-Vorstoß zur Entdollarisierung nimmt in Indonesien weiter Fahrt auf
BRI, BRICS, SOZ und andere Konkurrenten
Mit dem Start der Seidenstraßen-Initiative (BRI) vor etwa zehn Jahren begann China, sich aus der Abhängigkeit vom Westen zu lösen und eigene wirtschaftliche Strategien zu entwickeln. Das BRICS-Format (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) wie auch die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) waren weitere Schritte in diese Richtung. In westlicher Überheblichkeit hatte man angebotene Teilnahme abgelehnt. Man schien wohl der Meinung zu sein, dass diese Initiativen wenig Erfolg haben würden, wenn man dem Westen nicht die führende Rolle darin überlassen würde.
Seitdem überrollt eine Welle von Initiativen und Innovationen, die besonders von China ausgehen, den Globus und eröffnet all jenen Staaten ungeahnte Entwicklungsmöglichkeiten, die vom Westen bisher links liegen gelassen wurden. Diese Formate bieten kostengünstige Angebote für den Aufbau von Infrastruktur, weil sie nicht in Dollar oder Euro abgeschlossen werden müssen, und die angeschlossenen Entwicklungsbanken sichern günstige Kredite zu. China hat sogar seinen Einfluss auf den Heimatmärkten der führenden kapitalistischen Staaten ausgedehnt.
Je stärker Chinas Wirtschaft und Russlands Militär wurden und die Zusammenarbeit zwischen den beiden, umso mehr sahen sich die westlichen Staaten in ihrer Vorherrschaft bedroht. Um deren Aufstieg zu behindern, setzten die westlichen Staaten ihre Finanzkraft und administrative Mittel ein. Zölle wurden unter Trump gegen China erhoben und unter Biden nicht zurückgenommen. Auch die EU behinderte chinesische Versuche, durch Unternehmenskäufe Zugang zu fortgeschrittener westlicher Technologie zu erlangen.
Sanktionen wurden meist unter dem Vorwurf von Menschenrechtsverletzungen verhängt, nicht nur gegen China und Russland, sondern insgesamt gegen Staaten, die sich der westlichen Hegemonie entziehen wollten. Vermögen wurden eingefroren, Ausschlüsse aus dem westlichen Zahlungssystem SWIFT ausgesprochen. Der Westen zog alle Register seiner finanztechnischen Mittel und schuf damit selbst die Voraussetzungen für den Ruf nach einer neuen Reservewährung, die nicht dem Kommando des Westens und der USA unterliegt.
Besonders die BRICS-Staaten bilden den Kern dieser Entwicklung hin zu einer neuen globalen Finanzarchitektur, die nicht von den alten Hegemonialmächten beherrscht wird. Wie weit sie auf dem Weg der Loslösung aus diesen Strukturen vorangekommen sind, kann im Moment noch nicht genau gesagt werden. Erkennbar aber ist, dass besonders unter diesen Staaten und in Zusammenarbeit mit dem Iran Entwicklungen vor sich gehen, die auf den Aufbau neuer finanztechnischer Instrumente hinarbeiten.
Analyse Washington sollte den BRICS aus dem Weg gehen
Geldmangel
Als besondere Schwierigkeit erweist sich die Loslösung von westlichen Reservewährungen, die nun zur Schaffung einer alternativen Reservewährung unter der Führung der BRICS-Staaten zwingt. Dabei stehen Letztere für etwa ein Drittel der Weltbevölkerung und fast ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung. Im Gegensatz dazu machte jedoch der Anteil ihrer Währungen nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) vom April 2022 insgesamt nur 11 Prozent am weltweiten Devisenhandel aus. Der Anteil des Dollars betrug seinerzeit 60 Prozent, der des Euro immerhin noch 20 Prozent und der des Yuan nur 2 Prozent.
Die wirtschaftliche Kraft dieser Staaten steht somit in einem deutlichen Missverhältnis zu den Geldmengen in eigenen Währungen. Das hat seinen Grund darin, dass diese weitestgehend nur im Inland im Umlauf sind. Jedoch hatten besonders Russland und China zusätzlich dazu gewaltige Reserven in Dollar und Euro aufgebaut durch ihre Handelsüberschüsse gegenüber dem Westen, als im Rahmen der Globalisierung der Handel noch größtenteils reibungsfrei funktionierte.
Der Westen erhielt russische und chinesische Produkte und Rohstoffe, China und Russland westliche Währungen. Mit diesen Reserven hatten sie ihre Staatskassen gefüllt und konnten ihren Bedarf auf den Weltmärkten decken. Weil Russland und China in Dollars schwammen, bestand auch bis in jüngste Zeit wenig Bedarf an Handelsabkommen mit anderen Staaten auf Yuan- oder Rubelbasis. Dies ist der Grund für die relativ geringen Geldmengen in eigener Währung im nationalen Umlauf gegenüber den Reservewährungen Euro und Dollar, die um den Globus zirkulieren.
Mit der zunehmenden Sanktionspolitik des Westens wurden Chinesen und Russen vorsichtiger. Hatte China 2014 noch Währungsreserven in Höhe von fast 4 Billionen Dollar, so fielen diese besonders infolge der Sanktionen gegen Russland nach 2014 auf fast 3 Billionen im Jahre 2016. Die alten Höchststände wurden nie wieder erreicht. Stattdessen investierte besonders China zunehmend in westliche Unternehmenskäufe und im Rahmen der Seidenstraßen-Initiative in Ausbau und Finanzierung von Infrastruktur weltweit. Auch Gold wurde vermehrt erworben.
Der Übergang vom Gold zum Dollar wie auch die Verschmelzung der europäischen nationalen Währungen zum gemeinsamen europäischen Euro offenbaren eines der grundlegenden Probleme des Welthandels: Handel braucht ausreichende und gleichzeitig werthaltige Zahlungsmittel. Durch die Finanzsanktionen des Westens besonders gegenüber Russland wird der Weltgemeinschaft ihre Abhängigkeit von Dollar und Euro anschaulich vor Augen geführt und auch das Bedrohungspotential, das damit verbunden ist.
Wenn auch in jüngster Zeit Handelsabkommen auf der Basis nationaler Währungen stark zugenommen haben, so werden Erstere doch immer noch zu großen Teilen in Dollar oder Euro abgeschlossen. Der Grund dafür liegt in den geringen Geldmengen jenseits von Dollar und Euro. Um diesem Mangel zu entkommen, werden darüber hinaus in letzter Zeit zunehmend andere Währungen zusätzlich https://www.reuters.com/world/india/exclusive-indian-companies-swapping-dollar-asian-currencies-buy-russian-coal-2022-08-10/">verwendet, wie Hongkong-Dollar, Singapur-Dollar oder Dirham. Da diese sehr eng mit dem Dollar verbunden sind, stellen sie einen Zugang zur Stabilität des Dollarraums dar, ohne selbst Dollar zu sein.
Meinung Aufbruch in eine Welt ohne Dollar
Behelfslösungen
Besonders Russland und China sind dazu übergegangen, immer mehr Handelsverträge auf der Basis nationaler Währungen mit anderen Staaten abzuschließen. Dollar und Euro werden immer häufiger gemieden. Heute macht der Dollar nur noch wenig mehr als 40 Prozent des weltweiten Handels aus, Anfang der 2000er Jahre waren es noch 66 Prozent. Sein Anteil an den internationalen Devisenreserven fiel innerhalb von 20 Jahren von 71 auf 60 Prozent.
Dennoch können diese zwischenstaatlichen Abkommen auf der Grundlage nationaler Währungen nur eine Übergangslösung sein. Denn sie tragen einen erheblichen Nachteil in sich: Die Beschränkung auf die nationalen Währungsräume. Nicht umsonst ist der Dollar zur vorherrschenden Währung auf dem Planeten geworden, weil mit ihm weltweit Handel betrieben werden kann ‒ selbst in Staaten, die gar nicht zum amerikanischen Wirtschaftsraum gehören.
Im Gegensatz zum Yuan, der inzwischen Weltgeltung erlangt hat, steht vielen anderen BRICS-Währungen im bilateralen Handel nur ein begrenztes Angebot an Waren oder Dienstleistungen zur Verfügung, die gegen die nationale Währung eingetauscht werden können. Hierin liegen die Schwierigkeiten eines Handels auf der Basis nationaler Währungen. Das drückt sich aus in den Handels- und Zahlungsbilanzdefiziten vieler Staaten.
So hat die Ausweitung des Handels zwischen Russland und Indien auf der Basis von Rupie und Rubel zu einer Anhäufung indischer Rupien bei russischen Banken geführt. Anscheinend steht diesem Rupienüberhang auf den russischen Konten nicht genügend Angebot auf indischer Seite gegenüber, sodass dieser durch Käufe oder Investitionen abgebaut werden könnte. Um dieses Problem zu umgehen, hat man statt des Dollars den Dirham der Vereinigten Arabischen Emirate mit hinzugenommen.
Selbst im Handel zwischen Russland und China, der mittlerweile zu 60 Prozent in Eigenwährungen, aber bis vor wenigen Jahren noch zu 80 Prozent in Dollar abgerechnet wurde, übersteigen die Yuan-Mengen die des Rubels bei weitem. Dabei verfügt Russland mit seinen Energieträgern immerhin über ein großes Angebot im Gegensatz zum wirtschaftlichen Aufsteiger Indien, geschweige denn gegenüber vielen anderen Ländern.
Besonders zwischen China und den Energielieferanten Russland, Saudi-Arabien, Iran und anderen wurde der Handel auf Basis des Yuan erheblich ausgeweitet. "China kauft an Gas, was es kriegen kann", schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 3. Februar dieses Jahres: Durch seine Käufe könnte China "am globalen LNG-Markt bald zum beherrschenden Akteur" aufsteigen. So kaufte unlängst der französische Total-Konzern Gas in Shanghai und bezahlte in Yuan. China kauft in Yuan bei den aufstrebenden Staaten am Golf seine Energie, die dafür mit Yuan den Aufbau ihrer Infrastruktur finanzieren – eine Win-Win-Situation nach Chinas Geschmack.
Im Falle der Golfstaaten und sonstiger Energielieferanten wie auch der Nahrungsmittellieferanten Argentinien und Brasilien sind die Grundlagen für einen Handel auf der Basis nationaler Währungen gegeben. Beide Seiten profitieren von den Angeboten der anderen. Das ist aber nur der Fall, wenn in beiden Wirtschaftsräumen ein Angebot besteht, das für beide Seiten einen wirtschaftlichen Vorteil bringt. Schwieriger wird es da mit Staaten wie Kuba, das kaum etwas exportieren kann, weil aufgrund der westlichen Sanktionen überall Mangel herrscht.
Denn bei aller Übereinstimmung im gemeinsamen politischen Interesse, von den westlichen Reservewährungen und Handelsstrukturen unabhängig zu werden, darf nicht übersehen werden, dass Handel in Gewinnabsicht betrieben wird. Warenaustausch zu betreiben, nur um Fremdwährungen zu verbrauchen, während die eingehandelten Produkte auf dem Weltmarkt günstiger zu haben gewesen wären, macht wirtschaftlich wenig Sinn und führt zur Schwächung der Wirtschaft – auf beiden Seiten.
Zudem unterliegen viele Währungen besonders aus wirtschaftlich unterentwickelten Staaten starken Kursschwankungen. Obwohl die indische Rupie über ein internationales Gewicht verfügt, war sie allein im Jahr 2022 mit einem Rückgang von mehr als zehn Prozent eine der schwächsten asiatischen Währungen. Ein solcher Wertverlust macht Investitionen und Kreditvergabe aufgrund ihrer langfristigen Auslegung zu einem schwer zu kalkulierenden Risiko.
So sinnvoll es politisch sein mag, Handel auf der Basis von nationalen Währungen abzuwickeln, um sich fürs Erste den Risiken des Dollars und Euros zu entziehen, so kann darin keine langfristige Perspektive für den Welthandel gesehen werden. Auf eine übergeordnete Reservewährung aller BRICS-Staaten und der Interessenten wird auf Dauer nicht verzichtet werden können.
Gemessen an den Dollars, die tagtäglich um den Planeten kreisen, werden die Geldmengen der Einzelstaaten dem Ausmaß der Zahlungsströme nicht gerecht, die vom Welthandel bewegt werden. Auch das Gold war trotz seiner Werthaltigkeit durch den Dollar ersetzt worden, weil seine Mengen nicht ausreichten, um Welthandel, Investitionstätigkeit und Kreditfinanzierung gewährleisten zu können.
Analyse Indiens neue Außenhandelspolitik forciert Zerschlagung der Vorherrschaft des Dollars
Neue Finanzarchitektur
Um das Problem der Geldmengen anzugehen, hatte der russische Präsident Wladimir Putin beim letzten (virtuellen) Treffen der BRICS-Staaten am 23. Juni 2022 den Vorschlag der "Schaffung einer internationalen Reservewährung auf der Grundlage des Währungskorbs unserer Länder" gemacht. Zuletzt hatte auch der brasilianische Präsident Lula da Silva bei seinem Treffen mit Xi Jinping am 13. April dieses Jahres in Peking die Forderung nach der "Schaffung einer Währung für die BRICS-Staaten" bekräftigt.
Bisher aber gibt es keine offiziellen Verlautbarungen darüber, wie diese Währung gestaltet werden soll und in welchem Verfahren und Verhältnis diese in diesen Korb eingehen. Als zusätzliche Quelle für Geldmengen wird die Deckung durch Gold und andere Rohstoffe dieser Staaten gelegentlich ins Gespräch gebracht. Insgesamt aber ist im Moment noch nicht erkennbar, wie weit dieser Prozess vorangeschritten ist.
Um sich von Dollar und Euro lösen zu können, müssen neben den Fragen der Geldmengen auch die der grenzüberschreitenden Zahlungsabwicklung gelöst werden, die bisher weitgehend durch das westliche SWIFT-System bestimmt wurde. Besonders China und Russland arbeiten in Kooperation mit anderen Staaten an neuen Verfahren der Zahlungsabwicklung – meist auf Basis der Blockchain-Technologie.
So erklärte der russische Außenminister Sergei Lawrow: "Jetzt entwickeln wir ... mit all unseren Freunden, mit allen Partnern, neue Ansätze zur Schaffung von Lieferketten, neue Ansätze zur Finanzierung, zu Banktransaktionen, die in keiner Weise von den Launen der USA abhängig sein werden." Aber auch viele andere Staaten schaffen ihre eigenen Systeme oder übernehmen bereits weit entwickelte wie das russische System MIR.
Chinas grenzüberschreitendes System (Cross-Border Inter-Bank Payments System) nutzen Berichten zufolge mittlerweile mehr als 1.300 Teilnehmer in über 100 Ländern und Regionen. Immer häufiger wird der Yuan als alternative Handelswährung gegenüber Euro und Dollar genutzt. Sein Anteil am Welthandel hat sich innerhalb eines Jahres von 2 Prozent im April 2022 auf zuletzt etwa 4,5 Prozent mehr als verdoppelt. Selbst Putin befürwortete bei seinem Treffen mit Xi Jinping aus praktischen Gründen "die Rolle des chinesischen Yuan als neue Handelswährung erster Wahl".
Bereits im November letzten Jahres wurde eine Yuan-Clearingstelle mit Argentinien offiziell gestartet. In den letzten Monaten waren bereits ähnliche Vereinbarungen mit Pakistan, Kasachstan, Laos und anderen unterzeichnet worden. Nun haben auch China und Brasilien eine solche Absichtserklärung unterzeichnet. Diese Clearingstellen vereinfachen die Zahlungsabwicklung von Handel und Investitionen zwischen den Staaten.
Der Yuan entwickelt sich immer mehr zur Handelswährung im Rahmen der BRICS und gegenüber anderen Staaten. Unbestritten ist, dass die chinesische Digitalwährung, der e-Yuan, in seiner Erprobung weiter fortgeschritten ist als der digitale Rubel, der demnächst in Russland eingeführt werden soll, auch weiter als die digitale Rupie.
Dass der e-Yuan schon seit der Winterolympiade in China 2022 im Alltag verwendet wird, sich bewährt hat und von der chinesischen Bevölkerung gut angenommen wird, spricht für seine Verwendung als bevorzugte Handelswährung im Rahmen der BRICS. Dass der russische Präsident Putin angeregt hat, ihn aus praktischen Gründen zu bevorzugen, drückt eine Sichtweise aus, die über nationalen Eitelkeiten steht.
"Ob diese [gemeinsame Währung] nun ein digitaler Rubel, eine digitale Rupie, ein digitaler Yuan oder eine andere neue Währung sein wird, ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass diese Währung nach den Regeln unserer Länder funktioniert." In dieser Äußerung des stellvertretenden Vorsitzenden der russischen Staatsduma, Alexander Babakow, offenbart sich ein politisches Bewusstsein, das sich dem gemeinsamen Interesse und Vorteil verpflichtet sieht. Angesichts der gegenseitigen Übervorteilung unter den westlichen Staaten ist es fraglich, ob Letztere diesen Entwicklungen noch etwas entgegensetzen können.
Rüdiger Rauls ist Buchautor und betreibt den Blog Politische Analyse.
Mehr zum Thema - Multipolarität bedeutet eine gerechtere Machtverteilung – was der Westen aber nicht akzeptieren will
Projekt mBRIDGE erklärt: BRICS, Multi-Währungs-Realität über neues Blockchain-Abrechnungssystem (mit Video 28 Min. engl.) Angesichts der weltweit überbordenden US-Sanktionspolitik verspricht das Blockchain-basierte (jede beteiligte Zentralbank hat eine Kopie des Hauptbuches) mBridgeProjekt ein zensurresistentes Abwicklungssystem für weltweite Finanztransaktionen zu werden. mBridge spielt eine entscheidende Rolle in den Prozessen der Entdollarisierung und der Währungsmultipolarität, die in den nächsten 5 bis 10 Jahren wirksam werden. Jedenfalls wird die Fähigkeit der USA, Transaktionen auf Dollarbasis als Waffe einzusetzen, in Zukunft deutlich eingeschränkt. Der Teufelskreis für Entwicklungsländer der nicht rückzahlbaren Schulden und den daraus resultierenden Refinanzierungen beim IWF kann durch die aufstrebenden BRICS mit nationalen Währungen dank mBridge durchbrochen werden. Der Artikel zeigt, wie das Projekt mBRIDGE funktioniert, seine Struktur, die wichtigsten Akteure sowie die Vorteile, die es der globalen Mehrheit bringen wird.
https://seniora.org/politik-wirtschaft/projekt-mbridge-erklaert-brics-multi-waehrungs-realitaet-ueber-neues-blockchain-abrechnungssystem
BRICS
Entdollarisierung: Russland und Iran arbeiten an einer gemeinsamen BRICS-Währung
24 Mai 2024 18:43 Uhr Die BRICS-Staaten wollen der Vorherrschaft des US-Dollars auf den Weltmärkten ein Ende setzen. Iran und Russland arbeiten nun zusammen, um für den Block BRICS eine gemeinsame Währung zu etablieren, sagte der iranische Botschafter in Russland. Im Vorfeld des BRICS-Gipfeltreffens im kommenden Oktober in Kasan wird wieder verstärkt auch über die Einführung einer eigenen Währung gesprochen. Das BRICS-Neumitglied Iran will die Abkehr vom US-Dollar seit seiner Aufnahme in die Staatengruppe sogar noch schneller vorantreiben als bisher geplant. Iran und Russland arbeiten Berichten zufolge zusammen, um für den geostrategischen Block der BRICS eine gemeinsame Währung zu etablieren, sagte Kazem Jalali, der iranischen Botschafter in Russland. Konkretere Details würden "bald" präsentiert werden, kündigte der iranische Chefdiplomat in Russland an. Die politische Führung in Iran beabsichtige – ähnlich wie der russische Präsident Wladimir Putin – der Vorherrschaft des US-Dollars auf den Weltmärkten "ein Ende zu setzen".
Entdollarisierung: Russland erwirbt indische Waffen im Wert von 4 Milliarden US-Dollar
Jalali erinnerte daran, dass die USA den US-Dollar auch benutzen, um Sanktionen zu verhängen, was zur verstärkten Nutzung nationaler Währungen bei gegenseitigen Abrechnungen als Gegenmaßnahme motiviere. "Mehr als 60 Prozent des bilateralen Handels erfolgen in Rubel und Rial", berichtete Jalali.
Unter den BRICS-Mitgliedern wird schon seit einigen Jahren über das Einführen einer alternativen Währung diskutiert. Dafür soll es sogar schon Namensvorschläge geben: R5 oder R5+, denn die Bezeichnungen der Landeswährungen der "alten" BRICS-Staaten beginnen allesamt mit dem Buchstaben R: Real in Brasilien, Renminbi Yuan in China, Rupie in Indien, Rubel in Russland und Rand in Südafrika. 2024 erfolgte eine Erweiterung um Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate, weshalb die Gruppe nun auch als BRICS-Plus bezeichnet wird.
Iran hat sich bereits konsequent für die Schaffung einer gemeinsamen BRICS-Währung eingesetzt. Bei einem BRICS-Treffen im Januar sprach sich die Delegation aus Teheran für eine einheitliche Währung aus, während sich Russland und China auf bilaterale Abrechnungen in den jeweiligen Landeswährungen konzentrierten. Viele Beobachter glauben, dass eine gemeinsame BRICS-Währung die Dominanz des US-Dollars noch weitergehend gefährden könnte. Die Diskussion über eine gemeinsame BRICS-Währung war vor dem BRICS-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im August des letzten Jahres stark ausgeprägt, hat seitdem jedoch nachgelassen.
Iran und Russland sind die beiden derzeit am stärksten sanktionierten BRICS-Länder, die aufgrund von verschiedenen Sanktionspaketen somit keinen Zugang zu westlichen Zahlungssystemen haben. In Moskau und Teheran wurden deshalb in den vergangenen Monaten die jeweils eigene Zahlungssysteme "Mir" und "Shetab" immer stärker miteinander verknüpft.
Mehr zum Thema - Putin lobt "wichtiges Zentrum" der entstehenden multipolaren Wel
International Russland und Iran schließen Integration von Mir- und Shetab-Karten ab
wahlen in frankreich
die analyse von hermann ploppa finde ich treffender, als die analyse von Dr. Natalija Rutkewitsch Der Sieg von Le Pens Partei wird in Frankreich nichts ändern siehe unten...
Frankreich steht vor der vierten «Cohabitation»
Am Wahlabend trat ein grimmig dreinschauender Staatspräsident Emmanuel Macron vor die Fernsehkameras und verkündete den verdutzten Franzosen, dass er nach seiner krachenden Wahlniederlage schon am 30. Juni Neuwahlen für das Parlament abhalten will (9). Kommt Macron zu seiner eigenen politischen Beerdigung?
Jedenfalls trägt er einen Traueranzug und einen schwarzen Schlips. Er war beim Friseur und sieht jetzt älter und reifer aus. Macron sagt: Ich beuge mich dem Wählerwillen und überlasse Ihnen, meinen lieben Franzosen, die volle Entscheidung, was Sie in den nächsten Jahren machen wollen. Ich sehe das ganz tiefenentspannt, denn ich gehe im Jahre 2027 sowieso in Rente. Macht was Ihr wollt.
Hat Macron resigniert? Eines ist doch klar: seine wichtigste Widersacherin, Marine Le Pen vom Rassemblement National, hat gerade bei den Europawahlen traumhafte 32 Prozent eingefahren. Während Macrons synthetische Partei En Marche noch gerade auf mickrige 14,7 Prozent gekommen ist.
Wenn also unter dem Eindruck dieser Demütigung in wenigen Wochen bereits Parlamentswahlen stattfinden, dann wird der Rassemblement National eine komfortable Mehrheit einfahren, während Macrons Kunstrasenpartei pulverisiert daliegt. Ist Macron durchgedreht?
Mitnichten. Macron wusste doch schon lange durch die Wahlprognosen allerorten, dass er von Le Pen untergepflügt wird. Macron weiß doch genau, dass er noch nie mit Zustimmung der französischen Bevölkerung regiert hat, sondern immer nur unter knurrender Duldung. Da kennt sich Macron aus. Da ist er Meister.
Sein Plan: er lässt Le Pen die Wahlen gewinnen. Und dann bleibt Le Pen nichts anderes mehr übrig, als die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Da Frankreichs Fünfte Republik aber eine faktische Präsidialdiktatur ist, muss Le Pen sich stark nach Macrons Vorgaben richten. Wenn Le Pen also als Premierministerin die antirussische Staatsräson mit NATO-Armierung mittragen muss, hat sie bei ihren Wählern bald jeglichen Rückhalt eingebüßt.
Das hat schon bei früheren stolpernden französischen Staatspräsidenten fabelhaft funktioniert. Der Trick heißt: Cohabitation. Zu deutsch also: «Zusammenwohnen». Die erste Cohabitation praktizierte der politische Überlebenskünstler Francois Mitterand als Staatspräsident im Jahre 1986.
Bei den Parlamentswahlen sah sich der «Sozialist» Mitterand einer bürgerlichen Mehrheit gegenüber. Also machte er den Gaullisten Jacques Chirac zu seinem Regierungschef. Das funktionierte wunderbar. Nach zwei Jahren war Chirac so abgenutzt, dass Mitterand Neuwahlen ausrief, die ihm eine erneute sozialistische« Parlamentsmehrheit sicherte.
Dasselbe Spielchen der» Cohabitation spielte Mitterand von 1993 bis 1995 noch einmal. Als sein Rivale Chirac endlich Präsident wurde, musste er von 1997 bis 2002 auch einmal cohabitieren mit dem «Sozialisten» Lionel Jospin als Regierungschef. Genauso will jetzt offenkundig auch Macron seine Widersacher abschütteln. Mal sehen, ob das gelingt.
keine patriotische wende
hier eine sehr ausführliche wahl-analyse aus sehr kompetenter feder. so rosig wie LION.MEDIA sieht hermann ploppa die erdrutschsiege der "rechtspopulisten" nicht...
Ukraine-Krieg Marine Le Pen will Truppenentsendung in die Ukraine blockieren
Der russische Außenminister Sergei Lawrow in der Hauptstadt Caracas von Venezuela am 20. Februar 2024
Lawrow kritisiert französisches Wahlverfahren und "Manipulation" der Wähler
8 Juli 2024 17:23 Uhr Der russische Außenminister Sergei Lawrow bezeichnete das französische Wahlverfahren als undemokratisch und manipulativ: "Der zweite [Wahlgang] wurde offenbar genau dafür konzipiert, den Willen der Wähler des ersten Wahlganges zu manipulieren." Sergei Lawrow äußerte sich am 7. Juli als Außenminister der Russischen Föderation zu den Parlamentswahlen in Frankreich. Er bezeichnete den Mechanismus, wonach bei einer Dreierkonstellation auf einen der Kandidaten verzichtet wird, als undemokratisch.
Lawrow erklärte in einem Interview mit dem Journalisten Pawel Sarubin bei Rossia 1 am 7. Juli, als die französischen Wähler für den zweiten Wahlgang an die Urnen gingen: "Wenn das Ergebnis des ersten Wahlgangs als Grundlage für die Bildung des Parlaments dienen würde, hätte es in Frankreich sehr wichtige Veränderungen gegeben." Der russische Chefdiplomat ging mit dem politischen System Frankreichs hart ins Gericht: "Der zweite [Wahlgang] wurde offenbar genau dafür konzipiert, den Willen der Wähler des ersten Wahlganges zu manipulieren." Sergei Lawrow beanstandete insbesondere den Mechanismus, der Kandidaten im Falle einer Dreierkonstellation einen Rückzug ermöglicht. "Das sieht nicht gerade nach Demokratie aus", sagte Lawrow, denn nach seiner Ansicht sei das ein Verstoß gegen den Ausdruck des "direkten Willens" der Wähler. Von den Kandidaten, die sich für die zweite Runde der Parlamentswahlen qualifiziert hatten, hatten 214 Bewerber am 2. Juli um 18 Uhr ihren Rückzug angekündigt. Dabei handelte es sich überwiegend um linksgerichtete Kandidaten (127), aber auch 81 Kandidaten der Anhänger von Macron taten das. Diese Kandidaten für die Nationalversammlung waren in ihrer überwältigenden Mehrheit im ersten Wahlgang Dritte geworden in einem Wahlkreis, in dem sich ein Sieg der Rassemblement National abzeichnete.
Nach der Frankreich-Wahl: Das "Linksbündnis" als überraschender Sieger und erwartete Randale
Bei den Republikanern (Les Républicains; LR) hatte es auch drei Rückzüge gegeben. Etwa 110 Dreier- und Viererkonstellationen blieben für die zweite Wahlrunde bestehen, wobei etwa 390 Duelle in ganz Frankreich stattfanden. Das RN hatte zwei Rückzüge angekündigt. "Angesichts des Rassemblement National ist die Zeit reif für eine breite, klar demokratische und republikanische Sammlung für den zweiten Wahlgang", hatte Emmanuel Macron am 30. Juni abends in einer von der Nachrichtenagentur AFP zitierten schriftlichen Erklärung nach Bekanntgabe der Ergebnisse des ersten Wahlgangs erklärt. Vonseiten der Linken hatte der Vorsitzende von La France insoumise Jean-Luc Mélenchon ebenfalls am selben Abend dazu aufgerufen, die drittplatzierten Kandidaten der "Neuen Volksfront" (Nouveau Front populaire; NFP) im Falle eines Dreierkonstellation "unter allen Umständen, wo immer und in welchem Fall auch immer", zurückzuziehen. Laut Meinungsumfragen am Vorabend des zweiten Wahlgangs hätte das Rassemblement National zwischen 170 und 210 der 577 Sitze in der Versammlung erhalten können, angesichts einer absoluten Mehrheit bei einer Zahl von 289 Abgeordneten. Die NFP wäre ihnen dicht auf den Fersen (155 bis 185) geblieben, gefolgt von den Macronisten (95 bis 125). Im ersten Wahlgang war ging das RN mit 33,15 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft hervor, während die NFP 27,99 Prozent und die Präsidentenpartei 20,04 Prozent der Stimmen erhielten.
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Von Pierre Lévy: Ein genauer Blick auf die Wahlergebnisse in Frankreich: Ein Land wird unregierbar
9 Juli 2024 17:10 Uhr Frankreich hat gewählt – doch was folgt nun? Das Land scheint nach den vorzeitigen Parlamentswahlen unregierbar. Damit ist das Kalkül von Präsident Emmanuel Macron nicht aufgegangen. Eine genaue Analyse verdeutlicht, dass der Rassemblement National von Marine Le Pen keineswegs geschwächt ist. Drei Wahlsonntage, eine Auflösung der Nationalversammlung: Frankreich hat gerade einen politischen Umbruch erlebt – und das ist wahrscheinlich erst der Anfang. Am 9. Juni, am Abend der Europawahl, hatte der Präsident der Republik überraschend die Bürger zusammengerufen, um ihre nationalen Abgeordneten zu erneuern. Die Wähler entschieden am 30. Juni und 7. Juli, allerdings nicht ganz in dem von Emmanuel Macron erhofften Sinne.
Analyse Macron und die Europawahlen
Am 7. Juli erschien der Wahlabend auf den Fernsehkanälen besonders verwirrend. Wenn man am Ende dieser Sequenz von einigen Wochen Klarheit haben will, muss man auf drei wichtige Fakten hinweisen: Der spektakuläre Aufstieg des Rassemblement National (RN, von seinen Gegnern als rechtsextrem eingestuft); die kurzfristige Entstehung eines unregierbaren Frankreichs, da keiner der drei Blöcke eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung erreicht; und der implizite Beginn des Präsidentschaftsrennens (obwohl die Amtszeit des Staatschefs theoretisch erst 2027 endet) vor dem Hintergrund einer möglichen Umstrukturierung der "zentralen" politischen Kräfte, die den das Land beherrschenden Eliten mehr Stabilität verleihen könnte.
Vor der Analyse dieser drei politischen Erkenntnisse, muss man auf das französische Wahlsystem hinweisen: das Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen, ein atypisches Verfahren, das in Europa und sogar weltweit selten ist. Wenn im ersten Wahlgang kein Kandidat 50 Prozent erreicht, findet ein zweiter Wahlgang mit den Kandidaten statt, die mindestens 12,5 Prozent der Wahlberechtigten erreicht haben. Diese können sich jedoch zurückziehen und beispielsweise dazu aufrufen, den Kandidaten zu schlagen, der im ersten Wahlgang die Nase vorn hatte. "Im ersten Wahlgang wählt man aus, im zweiten eliminiert man", lautet ein Sprichwort.
Dies war dieses Mal massiv der Fall, denn viele RN-Kandidaten wurden schließlich von einer Koalition aller anderen Parteien geschlagen, manchmal zugunsten der Linken, manchmal zugunsten des "zentristischen" Präsidentenlagers. Und das, nachdem alle politischen Kräfte (aber auch Tausende heterogene Vereinigungen der "Zivilgesellschaft") zwischen den beiden Wahlgängen eine beispiellose Kampagne geführt hatten, in der dazu aufgerufen wurde, die Partei von Marine Le Pen "zu blockieren", um "das Schlimmste zu verhindern" und "die Republik zu retten". Selbst ausländische Politiker, darunter Bundeskanzler Scholz, hatten sich dem angeschlossen.
Analyse Die EU-Wahl und sogenannte "nationalistische" oder "populistische" Kräfte
Die zweite Runde ergab eine ganz andere Anzahl von Sitzen als die erste versprochen hatte: Der RN erhielt 143 Abgeordnete (auf 577 Sitze), obwohl seine Kandidaten am 30. Juni mit 33,2 Prozent dominiert hatten; die Linke wählte 182 Kandidaten, obwohl sie nur 28,1 Prozent der Wähler auf sich vereinigen konnte – und blieb damit auf ihrem historischen Tiefstand; und das Präsidentenlager rettete sich mit 168 gewählten Abgeordneten, nachdem es in der ersten Runde auf 20 Prozent abgestürzt war.
Anders ausgedrückt: Angesichts des fast alleinstehenden RN führte die gegenseitige Wahlhilfe in Form von Verzichten zwischen der macronistischen und der linken Koalition dazu, dass sich die Gewinner und Verlierer zwischen den beiden Wahlgängen umkehrten. Zumindest scheinbar, denn der echte Indikator für den Einfluss bleibt natürlich die Wahlentscheidung der Wähler im ersten Wahlgang.
An diesem Maßstab muss der Aufstieg des RN gemessen werden. Schon bei den Europawahlen am 9. Juni hatte das Le-Pen-Lager für Aufsehen gesorgt: Mit 31,4 Prozent der Stimmen lag es nicht nur an der Spitze (was in 93 Prozent der Gemeinden des Landes der Fall war), sondern erhielt auf nationaler Ebene mehr als doppelt so viele Stimmen wie die zweitplatzierte Liste, die Macronisten (14,6 Prozent).
Am 30. Juni wurde diese Leistung noch verstärkt: 33,2 Prozent, d. h. 10,6 Millionen Stimmen. Dies bedeutet einen Sprung von 14,5 Prozentpunkten (und mehr als eine Verdoppelung der Stimmenzahl) im Vergleich zur vorherigen Wahl im Juni 2022 (18,7 Prozent, 4,2 Millionen Stimmen). Letztere hatte selbst einen deutlichen Anstieg im Vergleich zum Juni 2017 verzeichnet, als der RN "nur" 13,2 Prozent (3 Millionen Stimmen) auf sich vereinigen konnte.
Und schließlich: Auch wenn die Parteiführer von der zweiten Runde, nach der sie (unklugerweise) davon träumten, die nächste Regierung zu stellen, enttäuscht wurden, werden sie dennoch die stärkste Fraktion im Palais-Bourbon bilden, da die vier Linksparteien, obwohl sie Wahlbündnispartner sind, jeweils eine eigene Fraktion haben werden.
Diese vier Parteien, die sich unter dem Label "Neue Volksfront" (NFP) zusammengeschlossen haben, argumentierten mit der Gesamtzahl ihrer gewählten Abgeordneten, um die Bildung der nächsten Regierung zu beanspruchen. Dabei handelt es sich jedoch um eine rein taktische Haltung, da keiner der drei Blöcke (RN, NFP, Macronisten) die absolute Mehrheit (289 Sitze) erreicht, und zwar bei weitem nicht.
Frankreich ist damit unregierbar – das war die wahrscheinlichste Hypothese, die vor dem ersten Wahlgang in diesen Kolumnen prognostiziert wurde. Natürlich fehlt es nicht an politischen Führern, die für "neue Konfigurationen" plädieren, die "endlich die Kultur des Kompromisses" einbeziehen. Einige loben sogar die einmalige Gelegenheit, "nach deutschem Vorbild zu spielen". Die derzeitige Ampelkoalition, die in Berlin regiert, kann jedoch nicht gerade auf Erfolge verweisen... Bei den Sozialisten und noch mehr bei den Grünen lässt aber der Wunsch zu regieren, von Fall zu Fall, Projekt für Projekt, Bündnisse mit den Macronisten oder sogar mit den 60 Abgeordneten der "klassischen" Rechten in Betracht ziehen.
Außerdem dürfte sich schnell herausstellen, dass das Programm der NFP, das innerhalb weniger Tage vor dem ersten Wahlgang fertiggestellt wurde, nur eine Augenwischerei war, um die Widersprüche zwischen der "gemäßigten Linken" und La France insoumise (LFI, sog. "radikale" Linke) vorübergehend zu verdecken. Es dauerte nur wenige Stunden, bis sich die ersten Brüche zeigten. Vor einer wahrscheinlichen Explosion in Kürze.
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Wie dem auch sei, die arithmetische Hürde ist zumindest kurzfristig unumgänglich. Es obliegt dem Staatsoberhaupt, einen Premierminister und eine Regierung zu ernennen. Letztere kann jedoch nur prekär sein, da es keine Mehrheit gibt. Sie wird einem Misstrauensantrag ausgeliefert sein. Was eine "technische" Regierung angeht, die die laufenden Geschäfte führen soll, so kann dies nur vorübergehend sein. Für wie lange? Das weiß niemand.
Denn im Herbst muss der Haushalt vorgelegt werden. Und sogar schon im Juli muss man Brüssel gegenübertreten, das Maßnahmen zur Reduzierung des Defizits und eine jährliche Perspektive für dessen Korrektur verlangt.
Diese kurzfristige Instabilität kann die Projekte derjenigen nähren, die davon träumen, mittelfristig eine dauerhafte Konfiguration aufzubauen, die "vernünftige" Sozialisten, Grünen, "Zentristen" und Abgeordnete der "republikanischen Rechten" zusammenbringt. Das Feld der Kompromisse würde auf der Treue zur Europäischen Union, ihren Regeln und ihrem Rahmen basieren – diese Frage wurde übrigens während des Wahlkampfs von allen großen Parteien, einschließlich des RN, vermieden. Ebenso wurde die Debatte über das kriegerische Engagement des Präsidenten gegenüber Moskau vernebelt.
Emmanuel Macron hat nicht die Absicht, sein Amt aufzugeben, so sagt er es zumindest immer wieder. Aber kann er drei Jahre durchhalten? Ein Jahr lang darf er eine erneute Auflösung der Nationalversammlung nicht mehr herbeiführen; und er geht geschwächt aus dieser politischen Sequenz hervor, die er als einen erfolgreichen Pokerstreich geplant hatte.
Und seine Konkurrenten verbergen ihre Ambitionen immer weniger. Dies gilt sowohl für den ersten Premierminister, den er 2017 ernannt hat, als auch für den aktuellen Premierminister Gabriel Attal, der mit seinen 35 Jahren noch nicht am Ende seiner Karriere angekommen ist.
Aber die Bürger in all dem? Diejenigen unter den linken Wählern, die am Abend des 7. Juli an den "Sieg" der NFP und die Erklärungen der Parteiführer geglaubt haben, dass das Programm dieser Koalition umgesetzt werden sollte, könnten sehr bald aus allen Wolken fallen.
Diejenigen Wähler der Macronisten, die links gewählt haben, und diejenigen der Linken, die einen Abgeordneten aus der politischen Familie des Präsidenten gewählt haben, sind heute zwar zufrieden, dass sie "den RN blockiert" haben, werden aber schnell feststellen, dass die gleichen Ursachen die gleichen Wirkungen hervorbringen.
Medien: Giorgia Meloni befürchtet einen Sieg von Marine Le Pen in Frankreich
Denn es ist kaum zu bestreiten, dass es die Enttäuschungen, die Frustrationen und die Wut insbesondere der am meisten benachteiligten Klassen sind, die den unaufhaltsamen Aufstieg des RN genährt haben, mit anderen Worten, es sind die Ergebnisse der Politik, die sich in den letzten vier Jahrzehnten an der Macht abgewechselt hat, wobei sich rechte, "linke" und Zentrums-Kräfte abgewechselt haben.
Der "Front républicain", d. h. das Bündnis aller großen Parteien gegen den RN, hat es noch dieses Mal geschafft, das Le-Pen-Lager zu "blockieren". In der zweiten Runde vereint dieses aber nun in sehr vielen Wahlkreisen zwischen 45 Prozent und 49 Prozent der Stimmen auf sich. Wer sieht nicht, dass mit jedem Damm die Flut ein paar Stufen höher steigt, genährt von dem Gefühl, dass die Wahl durch die Magie des Wahlsystems gestohlen wurde?
Jetzt tritt in Frankreich eine Situation ein, die in der politischen und institutionellen Geschichte der fünften Republik (entstanden 1958) beispiellos ist. Es ist nicht sicher, ob die herrschenden Eliten sich darüber freuen können.
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Symbolbild: Französische Flaggen in Paris am 7. Mai 2017
Von Dr. Natalija Rutkewitsch Der Sieg von Le Pens Partei wird in Frankreich nichts ändern
4 Juli 2024 06:30 Uhr Die höchste Wahlbeteiligung in Frankreich seit vierzig Jahren zeigt die Hoffnung der Franzosen und ihren Wunsch nach Veränderung. Aber die Wähler werden wahrscheinlich nicht das bekommen, was sie wollen.
Die erste Runde der vorgezogenen Wahlen zur französischen Nationalversammlung hat die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament von Anfang Juni bestätigt. Nach diesem Ergebnis hoffte Emmanuel Macron, mit seiner Auflösung des Parlaments den Aufstieg der Opposition bremsen zu können. Das hat aber nicht funktioniert.
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Beide Abstimmungen waren nicht nur ein Schlag ins Gesicht für die Regierungspartei und für Macron selbst, der zusammen mit seinem Gefolge mittlerweile eine Abneigung hervorruft, deren Ausmaß er offensichtlich unterschätzt. Sie waren nicht nur ein Protest gegen seine Politik – seien es die Rentenreform, die Privatisierung der nationalen Industrie, der Abbau vieler öffentlicher Dienstleistungen, die Fördermittel für große internationale Unternehmen oder seine inkonsistente und unüberlegte Außenpolitik.
Die Ergebnisse können auch als eine Art Rache für das umstrittene Referendum im Jahr 2005 interpretiert werden: Zum ersten Mal errangen die extreme Rechte und die extreme Linke (die Erben jener Parteien, die vor knapp zwanzig Jahren zum Votum gegen den damaligen "Vertrag über eine Verfassung für Europa" aufriefen) gemeinsam eine absolute Mehrheit. Damals stimmten die Franzosen mit überwältigender Mehrheit gegen diesen Entwurf einer "Europäischen Verfassung". Dennoch wurde diese Verfassung einige Jahre später in einer Abstimmung des EU-Parlaments mit geringfügigen Änderungen angenommen (wenn auch nicht als Verfassung, sondern als "Vertrag von Lissabon", ursprünglich auch EU-Grundlagenvertrag genannt, worüber vorsichtshalber nicht mehr abgestimmt wurde und der am 1. Dezember 2009 in Kraft trat). Seitdem hat es in Frankreich keine Volksabstimmungen mehr gegeben.
Eine solche offene Missachtung der Willensäußerung des Volkes war der erste schwere Schlag gegen die "europäischen" Ideale. Viele begannen darüber nachzudenken, ob die Worte "Mehr Europa bedeutet mehr Demokratie" der Realität entsprechen. Das trug auch zu einem Rückgang der Wahlbeteiligung bei: Warum wählen gehen, wenn so wenig von der Wahl abhängt? Die Ernüchterung über die Versprechen eines "sozialen Europas", eines "demokratischen Europas" und eines "strategisch unabhängigen Europas" schwappte im Jahr 2018 auf die "Gelbwesten"-Bewegung über. Eine ihrer Hauptforderungen war die Wiederherstellung der Möglichkeiten zur Einflussnahme auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene in Haushalts-, Finanz- und Sozialfragen, die das Leben der Franzosen direkt betreffen. Und diese Dinge sind in Frankreich heute noch nicht erreicht.
Gelbwesten schließen sich Regierungsgegnern in Paris an, um "Demokratiedefizit anzuprangern"
Nach Ansicht einiger Soziologen könnten die Wahlen am 30. Juni und 7. Juli zur Rache der "Gelbwesten" werden, nämlich einer monatelangen sozialen Revolte des sogenannten "peripheren Frankreichs" der Bewohner kleiner Städte und Dörfer, die von den Prozessen der Globalisierung und der europäischen Integration betroffen sind.
Dieses "periphere" Frankreich wählt zunehmend die Partei Rassemblement Nationale, also die Nationale Sammlungsbewegung. Aber auch in anderen Bevölkerungsschichten – also bei wohlhabenderen Bürgern, Rentnern, auch Bewohnern von Überseegebieten – ist ein stetiger Anstieg der Unterstützung dieser Partei zu beobachten, die seit vielen Jahren von Marine Le Pen geführt wird. Ursprünglich galt der "Front National" (wie die Partei früher hieß) als Partei der Kleinbürger, kleinen Geschäftsleute und Ladenbesitzer. In jüngster Zeit hat sie ihre Slogans und ihr Programm an ihre neue Wählerschaft angepasst – an diejenigen, die "auf der Strecke geblieben" sind, und diejenigen, die Wert auf Soziales, auf den Gaullismus und seine Errungenschaften legen: soziale Sicherheit, Stabilität und Frankreichs internationales Ansehen.
Nach Ansicht des Soziologen Luc Rouban lässt sich das Anwachsen der Popularität des Rassemblement Nationale nicht durch "heftige Wutausbrüche", "Rassismus" oder "den Wunsch nach einem autoritären Führer" erklären. Ein gravierender Wandel im Image der Partei zeigt sich daran, dass Serge Klarsfeld als einer der angesehensten Vertreter der französischen Juden und ein Verteidiger der Erinnerung an die Opfer der Nazi-Konzentrationslager sagte, wenn man zwischen den Ultralinken und den Ultrarechten wählen müsste, würde er nicht zögern, für Letztere zu stimmen, da sie "weder antisemitisch noch rassistisch" seien.
Durch ihre Namensänderung und das Ablegen des Etiketts "antisemitisch" (das mit zweifelhaften Äußerungen des Gründers des Front Nationale Jean-Marie Le Pen verbunden war), nutzt das Rassemblement Nationale erfolgreich die seit langem wachsende Unzufriedenheit derjenigen Schichten aus, die alle die negativen Auswirkungen der Globalisierung zu spüren bekommen.
Macron will ein gemeinsames Bündnis gegen Rassemblement National um Le Pen schmieden
Der Nationalismus dieser Partei ist eher defensiver als aggressiver Natur. Dieser Nationalismus wird verursacht durch die Sorgen über den Zustrom von Einwanderern, der sich auf den Arbeitsmarkt und die Arbeitsbedingungen auswirkt und der das Gesicht einer Gesellschaft rasch verändert, die noch vor vierzig Jahren kulturell und ethnisch weitgehend homogen war. Diese Sammlungsbewegung macht sich all diese Ängste zunutze, und ihre wachsende Popularität ist nur natürlich.
Darüber hinaus weigerte sich die Linke, auf diese Probleme einzugehen, und verwandelte sich stattdessen von einer Arbeiterbewegung in eine Bewegung zum Schutz von Minderheiten, sei es in ethnischer, sexueller oder anderer Art. Natürlich findet man in ihren Programmen immer noch Slogans zur Verteidigung der Armen, auch in dem der nun eilig gegründeten "Neuen Volksfront", zu der das "unbezwingbare Frankreich", Die Grünen, die Sozialisten und die Kommunisten gehören. Aber wie die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, sind alle diese Linken weit weniger sensibel für das Problem der sozialen Ungleichheit als für Themen wie Ökologie, Abtreibung, Euthanasie, gleichgeschlechtliche Ehe und Rassentoleranz.
Heute wäre es unmöglich, sich vorzustellen, dass irgendjemand der extremen Linken die Worte des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Frankreichs Georges Marchais im Jahr 1980 wiederholen würde:
"Sowohl die illegale als auch die legale Einwanderung müssen gestoppt werden. Es ist völlig inakzeptabel, immer mehr Arbeitsmigranten nach Frankreich zu lassen, wenn es in unserem Land bereits 2 Millionen Arbeitslose gibt – Franzosen und Einwanderer, die sich bereits in unserem Land niedergelassen haben."
Heute liegt die Zahl der Arbeitslosen bei fast 5,5 Millionen, und die Zahl der legalen und illegalen Einwanderer hat sich verzehnfacht, doch linke Bewegungen sehen darin kein Problem und widmen sich vor allem dem Kampf gegen "jegliche Diskriminierung". Die Sozialisten diskreditierten ernsthaft während der Regierungszeit von François Hollande, der sich zwar als "Feind der internationalen Finanzwelt" darstellte, aber sehr wenig zum Schutz der Armen getan hat und das Gesetz zur "Gleichstellung der Ehe" als seine wichtigste Errungenschaft präsentierte.
"Wiedergeburt der Hoffnung" – Rassemblement National gewinnt erste Wahlrunde deutlich
Die jüngste Einbeziehung von Hollande in den Wahlkampf der "Neuen Volksfront" sowie die Verlagerung zur linken Mitte entwerten alle Versprechen einer alternativen Politik der extremen Linken. Die immer wiederkehrenden Worte über ein "soziales, demokratisches und strategisches Europa" in ihrem Programm überzeugen nur wenige Menschen, und die Übereinstimmung ihrer Position zum Ukraine-Konflikt mit der Position Macrons dürfte bei den Wählern, die diese Position des Präsidenten mit seinen militanten Initiativen größtenteils nicht unterstützen, kaum Anklang finden.
Hatten Beobachter im Jahr 2019 noch Hoffnung auf ein Zusammenrücken der Proteste der extremen Linken und der extremen Rechten, auf die Entstehung eines landesweiten Protestblocks, so ist heute klar, dass diese Konvergenz nicht stattgefunden hat. Eine der Aktivistinnen der französischen Bewegung zur Entkolonialisierung, die skandalumwitterte Houria Bouteldja, vergleicht in ihrem jüngsten Buch "Beaufs et barbares: Le pari du nous" verarmte Weiße mit Einwanderern aus ehemaligen Kolonien, den Barbaren und reflektiert auch über deren Fähigkeit, sich gemeinsam gegen den Macronismus aufzulehnen.
In einer multikulturellen Gesellschaft ist das Einkommensniveau jedoch nicht das einzige Kriterium für Klassenzugehörigkeit und politische Identität. Das rasante Anwachsen der ethnisch-kulturellen Vielfalt und die Ablehnung der Politik einer Assimilation zugunsten des Multikulturalismus durch die herrschenden Kreise führten zur Zersplitterung der Nation in Minderheiten und zur Entstehung dessen, was der bekannte Soziologe Jérôme Fourquet als das "Archipel Frankreich" anstelle einer einzigen und unteilbaren Französischen Republik bezeichnet.
Meinung Frankreich: Wird der "republikanische Damm" Le Pens Wahlsieg noch verhindern?
Die Landkarte mit den Wahlergebnissen spiegelt diese Vielfalt perfekt wider. Die Nationale Sammlungsbewegung gewinnt in den Kleinstädten und in ländlichen Gebieten (bei den Bedauernswerten). In den mittelgroßen Städten wird die Mehrheit der Stimmen wahrscheinlich an sozialistische Kandidaten gehen (die idealistischen Kleinbürger, die sich für die Umwelt einsetzt und den Kampf gegen den "Faschismus" zu ihrem Lebenssinn erklärt haben).
In den großen Vorstädten von Paris, Marseille und Lyon werden Abgeordnete des "Rebellischen Frankreich", (der Partei "La France insoumise", die sich an die eingewanderte Bevölkerung wendet) gewählt. Die zentralen Bezirke von Paris und Lyon werden zu den letzten Bastionen des Macronismus sein (mit der gut an die Globalisierung angepassten Oberschicht). In Marseille schließlich, wo Macrons Wählerbasis äußerst klein ist, wird sich "La France insoumise" dem "Rassemblement Nationale", der Nationalen Sammlungsbewegung, gegenüberstellen, die "Bedauernswerten" gegen die "Barbaren". Nach den Ergebnissen der ersten Runde zeichnet sich eine Spaltung des Landes und des Parlaments in drei große Blöcke ab.
Die höchste Wahlbeteiligung seit vierzig Jahren zeigt den Wunsch und die Hoffnung der Wähler auf ein qualitativ anderes Kabinett, das die aktuelle Politik radikal verändern wird. Unabhängig davon, wie die gewählte Mehrheit ausfällt, ist es jedoch unwahrscheinlich, dass diese Erwartungen erfüllt werden.
Die Opposition kann in ihren Worten noch so radikal sein, wenn es um Taten geht, kann sie keine echte Alternative zur Politik ihrer Vorgänger bieten. Dies lässt sich auch in anderen europäischen Ländern beobachten, in denen "Extremisten" an die Macht gekommen sind. Die französische extreme Rechte und extreme Linke haben ihre Kritik an Brüssel sehr abgeschwächt, und sollten sie an die Macht kommen, ist ihre relativ reibungslose Integration in die gesamteuropäischen Strukturen wahrscheinlicher als ein Versuch von Paris aus, radikale Reformen durchzuführen (wie sie die Vertreter der Nationalen Sammlungsbewegung und auch von La France insoumise kürzlich noch forderten). Die Erklärungen und Aktionen der Opposition können lautstark und demonstrativ sein, sie können Unruhen und Proteste auslösen, sie können zu innerem Chaos führen. Sie werden den allgemeinen Entwicklungstrend aber höchstwahrscheinlich nicht umkehren können.
Kürzlich stellte der Wirtschaftswissenschaftler Frédéric Farah fest: "In den letzten Jahrzehnten haben wir wiederholt erklärt, dass sie unabhängig von der Mehrheit an der Macht ungefähr die gleichen Maßnahmen umsetzen, was zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und einer stabilen Beschäftigung, zum Abbau der öffentlichen Dienstleistungen, zu mehr Armut, zur Verringerung der industriellen Basis des Landes, zu strategischer Verwundbarkeit und zum Aufstieg des Populismus führt." Die Ergebnisse des 7. Juli kann man also wohl mit den Worten begrüßen: "Der Macronismus ist tot, es lebe der Macronismus!"
Die Autorin Dr. Natalija Rutkewitsch ist Journalistin und Expertin zum Thema Modernes Frankreich.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Russisch bei Russia in Global Affairs am 1. Juli 2024.
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Diese Zeit ist (vorerst) vorbei: Frankreichs Rating ist nicht mehr Top.
Von Elem Chintsky: Frankreichs Wirtschaftsleistung stagniert – Deswegen Flucht in einen Krieg?
3 Juni 2024 08:29 Uhr Die US-Ratingagentur S&P hat jüngst ihre Bewertung von Frankreichs Kreditwürdigkeit gesenkt. So stellt Paris als zweitgrößte Wirtschaftskraft einen Indikator für die gesamte EU dar. Könnte etwa Macrons "Drang nach Osten" ein Lösungsansatz für diese Misere sein? Macrons Frankreich leidet unter einem stagnierenden Wirtschaftswachstum. Das ist zwar kein Geheimnis, wird aber nun noch einmal durch die aktuelle Bewertung der US-Ratingagentur S&P Global Inc. als schwer zu lösendes Problem dringlicher in den Vordergrund gerückt. Seit dem Jahr 1975 bewertet S&P Global Inc. die französische Republik. Vor dem 31. Mai 2024 wurde die Kreditwürdigkeit Frankreichs lediglich zweimal herabgestuft – in den Jahren 2011 und 2012.
Unter anderem berichtete die französische Zeitung Le Monde darüber, dass die Republik erstmals seit dem Jahr 2013 im Rating herabgestuft worden ist. Laut S&P sei dieses Verdikt durch die laufende Verschlechterung der Haushaltslage Frankreichs forciert worden. Das Pariser Blatt macht darauf aufmerksam, wie ungelegen diese Bewertung kommt, da sich doch gerade in letzter Zeit "Macrons Regierung bemüht, das Haushaltsdefizit des Landes einzudämmen und das Wirtschaftswachstum nach Jahren der Stagnation wieder anzukurbeln".
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Auf welche Bemühungen wird Macron aber letztendlich setzen?
Die Prognosen von S&P wurden von Frankreichs neuesten Zahlen sogar noch überboten. Das Haushaltsdefizit der Republik belief sich im Jahr 2023 laut der Agentur auf 5,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und fiel damit deutlich höher aus als erwartet. Die Kalkulationen für die nächsten Jahre wurden dementsprechend angepasst. Die Staatsverschuldung soll nun bis 2027 auf etwa 112 Prozent des BIP steigen – für das Jahr 2023 beträgt sie bereits rund 109 Prozent. Auch die Tageszeitung Le Parisien sprach mit französischen Politikern, die verschiedene Gründe für die Entwicklung nannten. So erklärte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, dass die Hauptursache für die S&P-Herabstufung die Tatsache gewesen sein soll, dass "wir die französische Wirtschaft gerettet haben". Das Ziel bleibe bestehen, das Haushaltsdefizit bis zum Jahr 2027 auf unter drei Prozent des BIP zu senken, so Le Maire zuversichtlich, der damit die eigenen Versäumnisse rhetorisch umkehrt und darauf zu hoffen scheint, dass die Bevölkerung nur mit einem Ohr zuhört. Eine solche Herabsetzung hemmt den internationalen Investitionsfluss nach Frankreich sowie die Fähigkeit des Landes, seine Schulden effektiv zu tilgen. Die hohe Schuldenquote im Verhältnis zum BIP hinderte andere Agenturen allerdings nicht daran, Frankreich gemäßigtere Bewertungen zu geben.
Es wäre zu einfach, den zu beobachtenden Leistungsabstieg der Volkswirtschaft Frankreichs als alleinigen Grund für die Kriegsrhetorik Macrons gegen Moskau – die seit einem halben Jahr ertönt – anzusehen. Aber zu behaupten, es gäbe hier keinerlei Kausalität, wäre ebenfalls falsch. Denn die kolossalen Einsätze, die die NATO-Länder seit den frühen 2010er-Jahren in der Ukraine getätigt haben, sind zu verschwenderisch gewesen, um auf die potenziellen Renditen zu verzichten. Eine Niederlage in der Ukraine wird für die eigenen Volkswirtschaften desaströse Konsequenzen haben. Es gibt anschauliche Beispiele, wie andere Länder ihre Haushaltsdefizite "gemeistert" haben. Etwa die US-Invasion in Afghanistan 2002 und in den Irak 2003, die nach den Aussagen eines Donald Rumsfeld am 10. September 2001 entfesselt wurden.
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Für Washington, D.C., galt damals wie heute die Prämisse, dass eine von ökonomischen Fehlschlüssen strangulierte Volkswirtschaft eben durch die Um- oder Hochschaltung auf eine Kriegswirtschaft jegliche Defizite kaschieren und deren eigentliche Lösungen langfristig kosmetisch vertagen kann. Denn an jenem Vortag der sogenannten Terroranschläge in New York erklärte der US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor laufenden Kameras, dass dem Pentagon 2,3 Billionen US-Dollar an öffentlichen Geldern auf nachvollziehbare Weise "abhandengekommen" sind. Selbst die Nachrichtenagentur Reuters hat dies im letzten Jahr in ihrer Faktencheck-Rubrik noch einmal aufgegriffen, den Vorfall aber zugleich durch vorsätzliche Irreführung zu relativieren versucht, indem sie bereits im Titel diese Behauptung plump verneinte. Im Text selbst gesteht sie den Fakt ein, versucht ihn aber damit zu entkräften, dass die fragliche Summe selbst ja bereits einige Male zuvor (irgendwann im Jahr 2000) auf einer viel kleineren, obskuren Medienbühne erwähnt wurde. Daher drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass ein Hegemon durch neue Kriege, die Erschließung und den Raub neuer Rohstoffe in diesen Kriegsgebieten sowie durch die Ausweitung der Konfliktregionen die Ankurbelung der eigenen Kriegswirtschaft und das damit verbundene Netzwerk von Rüstungsinvestitionen – welches mit der immerwährenden finanziellen Wertschöpfung einhergeht – gewährleistet. So werden alte Haushaltsdefizite verdeckt und ihre Schlichtung auf spätere Generationen, gepeinigte, ressourcenreiche Feindstaaten und hörige Vasallen umgelenkt.
Frankreich ist jedoch kein Hegemon. Es verwaltet keinen US-Dollar, den es für transnationale finanzielle "Zaubertricks" nutzen kann. Es befindet sich in der Geiselhaft der EU-Bürokratie, genauso wie Deutschland (nur kann Paris im Gegensatz zu Berlin seine Industrie immerhin noch mit günstiger Atomenergie versorgen). Frankreich hält seine ehemaligen afrikanischen Kolonien in monetärer Geiselhaft, indem es mithilfe einer Variante seines Francs bis heute versucht, diese Länder auszubeuten. Dies ist wohl das ganz eigene "zweite Standbein" der französischen Finanzwirtschaft – das neokoloniale "passive Einkommen", welches unabhängig von der "demokratischen Eurozone" generiert wird.
DIHK sieht schleichende Deindustrialisierung in Deutschland
Die USA konnten diese Strategie im letzten halben Jahrhundert jedoch unbemerkt und erfolgreich durchführen. Mit der Währungshoheit des US-Dollars stand ihnen der einzigartige, imperialistische Vorteil zur Verfügung, die eigene Staatsverschuldung in Form von Wertpapieren an fremde, wirtschaftsstarke Nationen wie Japan, China und Deutschland outzusourcen. Diese Glückssträhne endet jedoch inzwischen selbst für die lange bevorzugt platzierten USA, wie die jüngsten Aussagen eines Robin Brooks zu den derzeitigen "massiven Defiziten in Nicht-Krisenzeiten" illustrieren. Obwohl man durchaus mit diesem hochkarätigen Experten darüber streiten könnte, was genau eine Krisenzeit ausmacht, da der Ökonom tatsächlich der Ansicht ist, die USA befänden sich zurzeit nicht in einer. Brooks, der selbst kein Russlandfreund ist, war früher Chef-Ökonom beim Institute of International Finance (IIF) sowie Chef der Devisenstrategie bei Goldman Sachs, bevor er seine jetzige Position als Senior Fellow beim Brookings Institute antrat.
Jedenfalls weiß Macron, dass Frankreich nicht allein auf Kriegswirtschaft umschalten kann – das müsste die ganze EU mitmachen, in dem alle an einem "Kriegsstrang ziehen" müssten. Andernfalls bewegen sich die involvierten Volkswirtschaften zu stark auseinander, was die ideologischen und institutionellen Grundfesten der EU selbst in Frage stellen würde.
Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.
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Anhand von Georgien analysiert René Zittlau den unsäglichen Einfluss von NGO's auf die demokratischen Strukturen auf der Welt.
Quelle: Kaukasus Map
Georgien – ein Spielball westlicher Geopolitik wehrt sich
Von René Zittlau 02.07.2024 - übernommen von voicefromrussia.ch 03. Juli 2024 Mit der Verabschiedung des NGO-Gesetzes setzt das georgische Parlament ein Zeichen gegen das Veto ihrer französischstämmigen Präsidentin. Die Georgier haben genug und wollen eigenständig sein – der Westen ist betrübt.
Einleitung
Ein kleines Land im Kaukasus mit einer stolzen Bevölkerung steht auf und verweist den Westen in die Schranken, welcher mit der Kraft seiner NGO’s die Politik Georgiens zu manipulieren versucht. Mit seinen knapp 70.000 Quadratkilometer ist Georgien etwa so gross wie Bayern oder knapp zweimal so gross wie die Schweiz und hat eine Bevölkerung von 3,7 Millionen, davon lebt ein Drittel in der Hauptstadt Tiflis. Im Jahre 2022 betrug das Bruttosozialprodukt Georgiens kaufkraftbereinigt 20.243 Euro (EU ca. 40.000 Euro). Im Vergleich zum Vorjahr wuchs der Wert um überragende 19,1 Prozent. Gemessen an diesem Wert liegt Georgien damit weltweit ganz weit vorn. In diesem Jahr soll die Wirtschaft um weitere 5,7% steigen wird (Wikipedia). Der Schein einer überaus soliden Wirtschaftspolitik, den diese Wachstumsraten verbreiten, trügt allerdings. Denn so wie Armenien (Wachstumsrate 2022 bei sagenhaften 20,5 Prozent) profitierte Georgien von einem massiven Zuzug russischer Bürger und russischen Kapitals sowie der Neukalibrierung russischer Export- und Importwege als Folge der westlichen Wirtschaftssanktionen. Abgesehen von dieser besonderen Situation scheint dieses kleine Land wirtschaftlich dennoch auf einem guten Weg zu sein, ohne auch nur im Ansatz an die statistischen Werte der EU-Staaten heranzureichen.
So bleibt die Frage, was also so interessant ist an diesem Land, dass viele Politiker des Westens in jüngster Zeit zum wiederholten Male in der kurzen 33-jährigen modernen Geschichte Georgiens zu Hause alles stehen und liegen lassen und in den Kaukasus eilen. Was erregt das Interesse und zugleich den Unmut des gesamten Westens?
Der Westen möchte sich Georgien geopolitisch unter den Nagel reissen
Es ist nicht etwa die Schönheit des Landes, die Freundlichkeit ihrer Bewohner und die grossartige Atmosphäre in Tiflis, sondern die geographische Lage, die auf Washington, Brüssel, Berlin, London, Paris und die baltischen Staaten wie Nektar auf die Bienen wirkt. Zwischen Kaspischem und Schwarzem Meer gelegen, klein, handlich, nicht reich erscheint es formbar, sprich: manipulierbar. Die geografische Lage ist aus NATO-Sicht ideal, denn Georgien hat eine lange Grenze mit Russland. Die ethnische Vielfalt und überschaubare Grösse macht es für eine Einflussnahme der Westmächte attraktiv. Praktisch seit seiner Unabhängigkeit im Jahre 1991 wird es mit dem wiederholten Versprechen eines baldigen und beschleunigten Beitritts in EU und NATO gelockt, manipuliert und damit innen- und aussenpolitisch fast zerrissen.
Die EU ist weit. Die nächsten EU-Staaten sind Rumänien und Bulgarien, beide 1000 Kilometer Luftlinie entfernt. Die Strassenverbindung ist fast doppelt so lang und führt wahlweise über die seit einer Generation ebenfalls auf eine EU-Mitgliedschaft wartende Türkei oder über Russland. Eine Einbindung in die wirtschaftlichen Strukturen der EU ist nicht nur auf Grund der geografischen Lage schwierig. Die Realitäten sind inzwischen so gelagert, dass die NATO den politischen Kompass der EU bestimmt. Eine EU-Mitgliedschaft ohne eine feste NATO-Bindung, ist nicht mehr zu haben. Dabei steht ausser Frage: Für die antirussische Strategie der NATO ist Georgien ein Traumkandidat. Dass man die Georgier dabei trotz der geographischen Distanz mit einer EU-Mitgliedschaft ködert, gehört zum Geschäft. Für Georgien ist die Situation diffizil: Das Land will es sich weder mit Westeuropa und den USA noch mit Russland verscherzen. Die Situation erinnert somit an jene in der Ukraine kurz vor dem Maidan. Mit sauberen Mitteln kamen die westlichen Staaten nicht zu ihren politischen Zielen. Weltweit erprobten politischen Technologien folgend setzen sie daher unter dem Deckmantel von Demokratieförderung NGO´s, Nichtregierungsorganisationen ein: Ein Vorgehen, das vor allem von den USA perfektioniert wurde.
Was sind NGO à la USA?
Nichtregierungsorganisationen – ein Blick in die Küche der weltweiten westlichen Einflussnahme, nicht nur in Georgien
Unter dem Begriff Nichtregierungsorganisation (NGO) im geopolitischen Sinn werden Organisationen verstanden, welche die Interessen von Gruppen und Einzelpersonen in der Politik zu lobbyieren und durchzusetzen versuchen. Solange das Vorgehen transparent ist und nachvollzogen werden kann, Ross und Reiter also bekannt sind, ist dagegen nichts einzuwenden. Mit der Entwicklung von NGO, die vor etwa 120 Jahren mit Organisationen wie dem Internationalen Roten Kreuz begann, setzte sich jedoch sehr schnell die Erkenntnis durch, dass über diese formal regierungsunabhängigen Organisationen sehr wohl politische Ziele befördert werden können, ohne dass die eigentlichen Initiatoren, Sponsoren und somit Nutzniesser erkennbar werden. Das schliesst auch politische Ziele ein, deren regierungsamtliche Umsetzung nicht möglich, opportun oder offiziell unerwünscht ist. Von dieser Überlegung war es nur ein kleiner Schritt zum nächsten und in seiner Wirkung folgenschweren Gedanken: Die Nutzung von formal regierungsunabhängigen Organisationen nicht nur zur Unterstützung bereits existierender politischer Ziele, sondern dafür, völlig neue politische Ziele zu postulieren und umzusetzen. Und auch hier ohne dass die eigentlichen Initiatoren, Sponsoren und Nutzniesser erkennbar werden. Eine weitere, höhere Stufe in der kreativen Nutzung von formal regierungsunabhängigen Organisationen wurde erreicht, als interessierte Kreise begannen, diese Organisationen für die Umsetzung politischer Ziele einzusetzen, die der Öffentlichkeit praktisch nicht bekannt sind und in den Statuten der Organisationen auch nicht nachvollziehbar definiert sind. Es versteht sich, dass gerade die Hintermänner derartiger NGO keinerlei Interesse an Publizität haben. Die Formulierung „formal regierungsunabhängig“ ist dabei nicht zufällig gewählt. Denn derartige Organisationen nutzen westliche Regierungen inzwischen wie selbstverständlich zur Durchsetzung ihrer Interessen. National ebenso wie weltweit.
Der „foreign agent act“
In den USA hat das Wissen über das politische Wirken von NGO sehr früh dazu geführt, ein Gesetz zu erlassen, das für die US-Politik unerwünschte Wirkungen der Tätigkeit von NGO und Einzelpersonen auf die politische Willensbildung auszuschliessen versucht – der sogenannte „foreign agent act“ aus dem Jahre 1938. In den USA hat das Wissen über das politische Wirken von NGO jedoch ebenso dazu geführt, eine ganze NGO-Industrie im Namen der Regierung bzw. der US-Politik zu schaffen, um insbesondere ausserhalb der USA ein dichtes Netz von NGO zu installieren, das die politischen Interessen der USA massiv propagiert und durchzusetzen versucht. Diese NGO-Industrie finanzieren einerseits massiv der amerikanische Staat als auch politisch interessierte und finanziell äusserst potente Kreise. Ein Beispiel für letztere ist Goerge Soros, einer der reichsten Menschen der Welt. Mit Hilfe derartiger Nichtregierungsorganisationen (was für ein Euphemismus) beeinflussen und kontrollieren die USA inzwischen praktisch den grössten Teil des politischen und gesellschaftlichen Lebens nicht nur des eigenen Landes und des sogenannten kollektiven Westens. Sie beeinflussen über diese Strukturen die Politik weltweit.
Eine zwischenstaatliche Organisation wurde de facto zu einer NGO unter privater Kontrolle
NGO werden einerseits komplett neu erschaffen, um bestimmte Ziele zu erreichen, aber auch bestehende weltbekannte und somit einflussreiche Organisationen werden unterminiert und mit viel Geld, Lockungen und Drohungen auf den „american way of influence“ konditioniert. Zu Letzteren gehören z.B. auch IOC, FIFA, UNESCO. Die WHO, eine eigentlich zwischenstaatlich organisierte Organisation, wird inzwischen zu 80 Prozent privat finanziert. Die mit Abstand grössten Finanziers der WHO sind private Stiftungen, auch wenn die USA nominell den höchsten Beitrag leisten. Die Bill & Melinda Gates Foundation sowie die GAVI Alliance finanzieren mit 12,12% sowie 8,18% Prozent die WHO, wobei GAVI wiederum von der Gates Foundation kontrolliert wird. Die Grössenordnung dieser weltweiten amerikanisch gesteuerten Beeinflussung übersteigt jegliches Vorstellungsvermögen. Zur Steuerung derartiger Nichtregierungsaktivitäten im amerikanischen Interesse schufen die USA eine eigene staatliche Behörde.
USAID – der staatliche US-Sponsor für NGO´s weltweit
Wohl die wichtigste Struktur zur Unterstützung von NGO´s weltweit ist USAID. Diese staatliche amerikanische Agentur sieht sich selbst als den weltweit führenden „Spezialisten“ in Sachen NGO zur Durchsetzung amerikanischer Interessen. In ihrem Selbstverständnis betrachtet sie sich so: „USAID is the world’s premier international development agencyand a catalytic actor driving development results. USAID’s work advances U.S. national security and economic prosperity, demonstrates American generosity, and promotes a path to recipient self-reliance and resilience.” In der deutschen Übersetzung: „USAID ist die weltweit führende internationale Entwicklungsagentur und ein katalytischer Akteur, der Entwicklungsergebnisse vorantreibt. Die Arbeit von USAID fördert die nationale Sicherheit und den wirtschaftlichen Wohlstand der USA, demonstriert amerikanische Grosszügigkeit und fördert den Weg zu Eigenständigkeit und Widerstandsfähigkeit der Empfänger.“ Die Übersetzung des Zitats in Realpolitik bedeutet: bei der Vorbereitung, Planung und Realisierung von politischen Unruhen und Machtwechseln im Sinne westlicher und vor allem amerikanischen Interessen spielen sogenannte Nichtregierungsorganisationen immer eine entscheidende Rolle. Denn staatliche Strukturen wie Aussenministerien und Geheimdienste nutzen die von der USAID geschaffenen und kontrollierten NGO-Strukturen für ihre Zwecke gern und ausgiebig. Das sollte niemanden überraschen und ist auch kein Geheimnis. Die „Strategien für die Entwicklungszusammenarbeit in den einzelnen Ländern (CDCS)“ von USAID beinhalten eine Liste der pro Land genehmigten Strategien. In dieser Liste findet sich auch Georgien.
NGO´s in Georgien
Unzählige NGO’s in Georgien
Georgien ist wahrscheinlich das Land mit der mit Abstand höchsten NGO-Dichte – weltweit. Diese Annahme beruht unter anderem auf Angaben von eben USAID. USAID schreibt in einem Report von Oktober 2023 zur Situation in Georgien: “According to the National Agency of Public Registry (NAPR), there are 31,339 registered NNLEs in the country, but only 4,051 are recognized as “active” by the National Statistical Office of Georgia.” In deutscher Übersetzung: “Nach Angaben der Nationalen Agentur für das öffentliche Register (NAPR) gibt es 31.339 registrierte NNLEs im Land, aber nur 4.051 sind vom Nationalen Statistikamt Georgiens als „aktiv“ anerkannt.“ Mit dieser Formulierung spielt USAID die Bedeutung der NGO´s in Georgien stark herunter und nahm damit auf seine Art Einfluss auf die Politik in Georgien. Denn der Report wurde erstellt, als das Gesetzgebungsverfahren für ein Anti-NGO-Gesetz in Georgien Fahrt aufnahm und beschreibt demnach die Situation in Georgien vor der nun erfolgten gesetzlichen Regelung der Tätigkeit der NGO´s. Im Zuge der aktuellen politische Ereignisse befasste sich der Faktenfinder der Tagesschau am 17. Mai 2024 ebenfalls mit den NGO´s in Georgien. Die Tagesschau zitiert den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im georgischen Parlament, den Vertreter der Regierungspartei «Georgischer Traum» Nikoloz Samcharadse. Dieser sagte der BBC in einem Interview: «Wir haben 25.000 aktive Nichtregierungsorganisationen in Georgien». In Georgien kommen demnach statistisch gesehen bei sehr konservativ angenommen 5.000 NGO´s auf jede NGO 740 Mitglieder. Bei angenommen 20.000 NGO sind es statistisch lediglich 185 Mitglieder. Es spielt keine grosse Rolle, ob in Georgien nun 10.000 oder 20.000 oder gar 30.000 NGO´s aktiv sind. Es spielt jedoch sehr wohl eine entscheidende Rolle, dass diese NGO´s in ihrer überwältigenden Mehrheit westlich finanziert und somit gesteuert sind. Ihr Geld kommt aus den USA, der EU, Grossbritannien. Mit dieser organisatorischen Macht ist es nun kein Geheimnis mehr, wie es möglich ist, dass in Tiflis 100.000 Menschen für oder gegen etwas im Namen von „Freiheit, Demokratie“ oder ähnliches praktisch über Nacht zu Demonstrationen aktiviert werden können. Denn je kleiner eine Organisation ist, desto einfacher ist sie kontrollierbar und manipulierbar. Und diese Aktionen „friedlicher Bürger“ werden in westlichen Medien und durch westliche Politiker permanent medial begleitet. Ausgehend davon und den Möglichkeiten der beschriebenen Einflussnahme durch NGO´s auf das politische und gesellschaftliche Leben eines Landes ist es im nationalen Sinne eines jeden Staates geboten, über Gesetze die Tätigkeit derartiger Organisationen zu regulieren und zu kontrollieren.
Das Parlament stimmt für eine nationale Souveränität Georgiens – die Präsidentin dagegen
Am 28. Mai 2024 verabschiedete das georgische Parlament endgültig das sogenannte „NGO-Gesetz“ in Anlehnung an die bereits erwähnte US-Variante, den „foreign agent act“ von 1938. Mit diesem abschliessenden Akt überstimmte das Parlament das Veto der prowestlichen Präsidentin des Landes, Salome Surabischwili. Die Mehrheit war mit 84 zu 4 Stimmen überwältigend. Das, was sich begleitend zu diesem Gesetzgebungsprozess in Georgiens politischem Leben abspielte, wird in den meinungsbeherrschenden Medien des Westens nicht einmal ansatzweise an der Wahrheit orientiert dargestellt. Ja, man zeigt gern und ausführlich die Handgreiflichkeiten, die sich im Parlament abspielten, auch die Massendemonstrationen vornehmlich auffallend junger Georgier fanden ihren Widerhall in der Berichterstattung im fernen Westen, letztere gern beschrieben als Ausdruck der demokratischen Gesinnung der grossen Mehrheit des georgischen Volkes. Laut Tagesschau z.B. vom 12. Mai 2024 brachten die Demonstranten damit „ihren Unmut über das Vorhaben ihrer moskaufreundlichen Regierung zum Ausdruck“.
Doch eine Chronologie der Ereignisse und darauf aufbauend eine ausgewogene Analyse des Geschehens findet sich in den meinungsbeherrschenden Medien nicht. Natürlich nicht, möchte man hinzufügen. Ohne vorzugreifen, kann schon an dieser Stelle konstatiert werden: Das Verhalten der USA, Grossbritanniens und der EU muss das georgische Parlament in der Richtigkeit der Annahme des „NGO-Gesetzes“ nachdrücklich bestärkt haben. Es ist kein Zufall, dass sich die offizielle georgische Bezeichnung des Gesetzes nirgendwo in den westlichen Medien findet. Man schreibt bei Amnesty International vom „Anti-NGO-Gesetz“, die Tagesschau über ein „umstrittenes NGO-Gesetz“ und die TAZ titelt „Gegen das ´russische´ Gesetz“. Die nüchterne und sachliche Bezeichnung, unter der das georgische Parlament das Gesetz behandelte und am Ende auch verabschiedete, lautet schlicht und überaus treffend: „Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme“. Das ist der Kern und das Wesen, worum es in diesem Gesetz geht. Es regelt, was in den USA seit 1938 in deutlich schärferer Form gilt. Auch in den EU-Staaten haben Nichtregierungsorganisationen bei ihrer Tätigkeit Regeln zu beachten.
Kein gewählter Politiker, der die Interessen seines Landes in einem demokratisch gewählten Parlament vertritt, kann etwas gegen die Registrierung nichtkommerzieller juristischer Personen und Medien haben, wenn deren Einnahmen zu mehr als 20 Prozent aus dem Ausland stammen. Auch die staatliche Registrierung von Organisationen, die Interessen ausländischer Kräfte verfolgen sowie die Deklaration ihrer Einkünfte ist im demokratischen Interesse eines jeden Staatswesens. Und von einem „moskaufreundlichen Gesetz“ kann nur jemand reden, der die politischen Realitäten komplett aus den Augen verloren hat. Denn derzeit gibt es zwischen Moskau und Tiflis nicht einmal diplomatische Beziehungen. Zusammengefasst lässt sich zu diesem Gesetz sagen: Wer es mit der Souveränität seines Landes ernst meint, ist geradezu gehalten, die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen nach dem Vorbild Georgiens zu regeln, um eine unerwünschte fremde Einflussnahme zu verhindern. Darum geht es, um die Verhinderung oder zumindest eine Kontrolle unerwünschter, unkontrollierter ausländischer Einflussnahme. Auch nach dem georgischen Gesetz ist es möglich, sogenannte NGO´s in Georgien zu gründen, die ihre gesamten Einkünfte aus dem Aushalt erhalten. Nur müssen diese Einkünfte und somit deren Herkunft deklariert werden. Initiatoren, Sponsoren und Nutzniesser werden somit transparent, was ggf. weitere Einsichten eröffnet. Ein Veto der Präsidentin gegen ein Gesetz, das zur nationalen Souveränität ihres Landes grundlegend beiträgt, wirft Fragen auf.
Ein Gesetz im zweiten Anlauf
Dieses Gesetz wurde erstmals bereits im Frühjahr 2023 vom Parlament behandelt. Auch damals war der Gesetzgebungsprozess von gewaltigen Demonstrationen begleitet. Wie von Geisterhand gesteuert erschienen im März 2023 Hunderttausende Demonstranten auf den Strassen der Hauptstadt, um gegen die Annahme des Gesetzes gegen «ausländische Agenten» zu demonstrieren, wie das ZDF damals verlautbarte. Und auch damals war es ein «russisches» Gesetz, denn laut ZDF aktivierte Moskau bezahlte politische Kräfte im Parlament, um das Gesetz durchzubringen. Unter dem Druck der Strasse zog das georgische Parlament die Notbremse und den Gesetzentwurf zurück.
Die Präsidentin Georgiens – ein Machtfaktor des Westens im Kaukasus
Salome Surabischwili, seit 2018 Präsidentin Georgiens
Die Präsidentin Salome Surabischwili, die wiederholt vehement gegen das Gesetz auftrat und letztlich seine Annahme mit ihrem Veto versuchte zu verhindern, hat eine sehr interessante Biografie. Die Karriere lässt Rückschlüsse darauf zu, warum die gebürtige Französin und heutige georgische Präsidentin gegen die Verteidigung nationaler Interessen ihr Veto einlegte. Auf der anderen Seite stellt der Werdegang dieser französischstämmigen georgischen Präsidentin ein beredtes Beispiel westlicher Machtprojektion dar. Geboren 1952 in Paris als Nachfahre von 1917 nach Frankreich geflohener einflussreicher Georgier trat sie nach einem Studium der politischen Wissenschaften und einem Aufbaustudium bei Zbigniew Brzezinski im Jahre 1974 in den diplomatischen Dienst Frankreichs. Sie war für ihr Land in den USA, im Tschad, bei der UNO, der NATO und OSZE tätig. Im Zeitraum von 2001 bis 2003 war sie Leiterin der Abteilung für internationale und strategische Angelegenheiten beim französischen Generalsekretär für Nationale Verteidigung. Derart geprägt wurde sie 2003 Botschafterin Frankreichs in Georgien. Dort fand sie offensichtlich im Präsidenten Michail Saakaschwili einen Bruder im Geiste. Es ist schon sehr ungewöhnlich, wenn ein Präsident des Gastlandes alles daransetzt, dass sein Aussenministerium von einem Botschafter eines fremden Landes als Minister übernommen wird. Genau das geschah im Jahre 2004.
Aussenministerin Surabischwili mit dem damaligen US-Aussenminister Colin Powell (2004)
Um dieses Amt ausüben zu können, musste Salome Surabischwili zunächst einmal die georgische Staatsbürgerschaft annehmen. Allerdings legte sie die französische nicht ab. In ihrer einjährigen Tätigkeit als Aussenministerin legte sie Georgien sehr erfolgreich eine antirussische Politik auf. Sie gab das Ziel aus, das Land bis 2008 auf den Beitritt zur Europäischen Union vorzubereiten. Offenbar überforderte sie sowohl die Politik als auch das Land insgesamt mit ihrer verschärften Politik der Westausrichtung, denn das Parlament sorgte für ihre Ablösung schon 2005. Sie blieb im Land und im Jahre 2018 wurde sie Präsidentin Georgiens. Zuvor musste jedoch ein spezielles Gesetz verabschiedet werden, nach dem ihre Kandidatur zur Präsidentschaft mit zwei Staatsbürgerschaften erst erlaubt wurde, sobald sie die Abgabe der französischen Staatsbürgerschaft beantragt hatte. Die Formulierung ist sehr interessant. Der Autor fand keine klaren Aussagen darüber, dass Salome Surabischwili ihre französische Staatszugehörigkeit tatsächlich aufgab. Vor dem Hintergrund dieser politischen Biografie ist das vehemente Eintreten der georgischen Präsidentin gegen das Gesetz „Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme“ kaum noch überraschend.
Konzertierte Aktion von Medien und Politik
Der oben erwähnte ARD-Bericht vom 17. Mai 2024 korrespondiert mit den Aktivitäten der deutschen und europäischen Politik vor Ort zur Verhinderung der Annahme des georgischen Gesetzes. Während die ARD in Duktus und Ton die Richtigkeit der Angaben und somit die Bedeutung der NGO´s herunterspielt und die Aussagen des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des georgischen Parlaments in Zweifel zieht, versucht der SPD-Politiker Michael Roth zeitgleich in Georgien direkt und persönlich Einfluss zu nehmen auf den Gesetzgebungsprozess.
Der SPD-Politiker Michael Roth
Dazu sucht Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des deutschen Bundestages, jedoch nicht etwa den Kontakt mit seinem oben zitierten Amtskollegen. Im Gegenteil. Roth, der gemeinsam mit Spitzenpolitikern aus dem Baltikum anreiste, kündigte den georgischen Behörden weder sein Kommen an, noch traf er sich mit offiziellen Vertretern des Landes. Er sowie seine baltische Entourage suchten ausschliesslich den Kontakt mit der demonstrierenden Kraft der NGO´s.
Parallelen zur Ukraine 2014
Kacha Kaladse, Bürgermeister von Tiflis
Der Bürgermeister von Tiflis und Generalsekretär der Regierungspartei „Georgischer Traum – Demokratisches Georgien“, Kacha Kaladse, beschreibt die Gesamtsituation um die Proteste gegen das Gesetzesprojekt mit den folgenden Worten: „Die Vorgänge bei den Demonstrationen gegen den Gesetzesentwurf „Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme“ im Zentrum von Tiflis ähneln denen, die 2014 in der Ukraine stattfanden. Es handelt sich um den Versuch, eine „Revolution der Sponsoren“ zu inszenieren.»
Abschliessendes
Mit der endgültigen Annahme des Gesetzes „Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme“ am 28. Mai 2024 hat das georgische Parlament nicht irgendein weiteres Gesetz erlassen. Es hat die Grundlagen dafür geschaffen, dass Georgien seine Politik eigenständig und souverän bestimmen kann. Es schuf die Basis zumindest für eine Kontrolle der in Georgien tätigen politischen westlichen Vorhut, der NGO´s. Ob Georgien damit dauerhaft seinen eigenen, unabhängigen Weg gehen wird, das werden die nächsten Monate zeigen. Im Herbst werden Parlamentswahlen stattfinden. Die Regierungspartei „Georgischer Traum – Demokratisches Georgien“ liegt in den Umfragen weit vorn. Die meisten Oppositionsparteien liegen laut denselben Umfragen unter der Fünfprozentgrenze – einerseits ein starkes Indiz dafür, dass die Proteste gegen das NGO-Gesetz nicht originär georgischen Ursprungs waren und keine georgischen Interessen vertreten. Es scheint, dass Georgien (s)eine NGO-Lektion gelernt hat.
Quelle: https://voicefromrussia.ch/georgien-ein-spielball-westlicher-geopolitik-wehrt-sich/
Mit freundlicher Genehmigung von voicefromrussia.ch
Was ist die Stimme aus Russland?
Peter Hänseler unterscheidet sich von Mainstream-Journalisten dadurch, dass er Themen aus westlicher und östlicher Sicht betrachtet und bewertet – und somit auch über Themen schreibt, über welche im Westen schwerpunktmässig nicht berichtet wird. Da er in diesem Blog Journalist, Redaktor und Herausgeber in einer Person ist, sieht er sich zudem keinem Einfluss einer Redaktion oder eines Verlags ausgesetzt. Peter Hänseler ist politisch und journalistisch unabhängig, geht in Russland keiner kommerziellen Tätigkeit nach und bezieht keinerlei Mittel vom Staat oder anderen Organisationen. Der Blog ist für die Leser kostenlos. Spenden sind willkommen. Mehr
International Russlands Auslandsgeheimdienst: USA wollen einen Machtwechsel in Georgien
International EU setzt Beitrittsprozess mit Georgien aus
Juli 1, 2024
Von Peter Haisenko
Die EU treibt Georgien in Russlands Arme
Seit geraumer Zeit versuchen die EU und die USA Georgien gegen Russland zu instrumentalisieren. Da hatte die CIA auch schon mal einen Krieg inszeniert, der aber nicht wie gewünscht ausgegangen ist. Immerhin hat Georgien den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten. Jetzt aber zerstört die EU alle vorangegangenen Bemühungen mit ihrem herrischen Auftreten. Weiter lesen
Der neu gewählte iranische Präsident Massud Peseschkian besucht den Schrein des Gründers der Islamischen Republik, Ajatollah Ruhollah Chomeini, Teheran, 6. Juli 2024.
Von Abbas Dschuma: "Die Ideale der Revolution sind ihm nicht fremd" – Wer ist der neue Präsident Irans?
7 Juli 2024 18:42 Uhr Iran hat einen neuen Präsidenten gewählt – den liberalen Massud Peseschkian. Eines seiner Hauptziele soll der Weg aus der internationalen Isolation und die Beendigung der Sanktionen werden. Doch wer genau ist der Mann, der dies erreichen will? Entgegen zahlreicher Prognosen und Analysen, die das konservative Lager favorisierten, hat der Reformer Massud Peseschkian, der ehemalige Leiter des Gesundheitsministeriums, die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in Iran gewonnen.
Analyse Reformer Peseschkian gewinnt Präsidentenwahl in Iran: Kurswechsel in der Außenpolitik?
Dies ist die zweite unerwartete Wendung bei den Präsidentschaftswahlen in der Islamischen Republik. In der ersten Runde galt Mohammad Bagher Ghalibaf weithin als der aussichtsreichste Kandidat, während die anderen Kandidaten aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung und ihrer geringeren Popularität viel verwundbarer erschienen. Aber was geschehen ist, ist geschehen. Und ich habe von Anfang an darauf gedrängt, Peseschkian nicht zu unterschätzen und daran zu denken, dass er der einzige Reformist unter den sechs Kandidaten ist. Das bedeutet, dass er die Stimmen der gesamten liberalen Wählerschaft bekommt, während die konservativen Schwergewichte gezwungen sind, ihre Wählerschaft zu teilen. Dabei gibt es eine wichtige Nuance: In Iran enthält sich das reformorientierte Lager oft der Stimme, wenn seine Mitglieder glauben, dass ihre Stimme nicht zählt. So wurde die erste Runde mit einer rekordverdächtig niedrigen Wahlbeteiligung abgehalten. Dies änderte sich jedoch im zweiten Wahlgang mit einer Wahlbeteiligung von 49,8 Prozent, als die Reformisten erkannten, dass nun viel von ihnen abhing. Peseschkian aktivierte die schlafende (oder, wie man in Iran sagt, graue) Wählerschaft. Auch einige iranische Aseris und Kurden dürften für ihn gestimmt haben.
Was man über den neuen Präsidenten wissen sollte Der 69-jährige Peseschkian wurde in der kurdischen Stadt Mahabad in einer aserischen Familie geboren. Vor der Islamischen Revolution 1979 studierte er Medizin. In der Zeit nach der Revolution, während des iranisch-irakischen Krieges (1980 bis 1988), war er für die Entsendung von Sanitätsbrigaden an die Front verantwortlich. Er war nicht nur Feldarzt, sondern nahm auch aktiv an Kampfhandlungen teil. Während der Präsidentschaft von Mohammad Chatami (1997 bis 2005) ging er in die Politik. In dieser Zeit war Peseschkian stellvertretender Gesundheitsminister und Minister für Gesundheit und medizinische Ausbildung. Als Mahmud Ahmadineschād Präsident wurde, zog sich Peseschkian kurzzeitig aus der Politik zurück und widmete sich der Medizin, was ihm eine Menge Geld einbrachte. Dann kamen die Wahlen 2013 und 2021. Bei diesen zog sich der Politiker zunächst zurück und durfte dann überhaupt nicht mehr kandidieren. Aber er hat nicht aufgegeben. Der liberale Kandidat trat bei den aktuellen Wahlen unter dem Slogan "Für Iran" als Befürworter gemäßigter Reformen an, die darauf abzielen sollen, den Weg aus der internationalen Isolation zu finden und die Sanktionen zu beenden. Peseschkian setzt sich für die Freiheit des Internets und die Freiheit der Frauen in Iran ein (er kritisierte die Behörden während der Hijab-Proteste im Land). Bei den Debatten übte er zum Thema Wirtschaft scharfe Kritik an seinen Gegnern und versprach, einen Sonderausschuss zur Überwachung der Regierung zu bilden. Gleichzeitig ist anzumerken, dass Peseschkian die Ideale der Revolution nicht fremd sind. Er ist religiös und dem Obersten Führer des Iran gegenüber loyal. Daher ist unwahrscheinlich, dass er dessen Entscheidungen sabotieren wird.
Analyse Präsidentenwahl: Iran am politischen Scheideweg
Außerdem hat er versprochen, auf der Grundlage der Politik von Imam Chamenei zu arbeiten. Der Oberste Führer hat in Iran das Sagen. Der Präsident kann die Entscheidungen Chameneis und die von ihm verfolgte strategische Politik nicht ernsthaft beeinflussen. Es ist also nicht zu erwarten, dass er von der Strategie der Annäherung an die Nachbarn und der Vertiefung der strategischen Zusammenarbeit mit Russland und China von Ebrahim Raisi abrückt. Nichtsdestotrotz bezeichnen Peseschkians Gegner den Politiker als Pan-Turkisten, weil sie befürchten, dass er eine Annäherung an die Türkei forcieren könnte. Hervorzuheben ist auch, dass diese Wahlen für sich genommen wichtig waren, unabhängig davon, wer sie gewonnen hat. Sie sind selbst nach den Maßstäben des "demokratischen" Westens richtungsweisend und demonstrieren der ganzen Welt das hohe Maß an Freiheit und Wettbewerb in der iranischen Politik sowie die Inklusivität und Legitimität der iranischen Regierung. Ich denke, dass der Westen dieses Signal wahrgenommen hat, da die Wahlbeteiligung im Ausland im zweiten Wahlgang um bis zu 20 Prozent höher war als im ersten Wahlgang.
Mehr zum Thema – Russland und Iran schließen Integration von Mir- und Shetab-Karten ab
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Das neue Zeitalter kommt
erst müssen wir uns aus unseren inneren gefängnissen befreien - erst dann kommen wir dem paradis näher
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15.1.-15.2.2025 von Frankfurt - Abu Dhabi - Chennai. Reiseleiter Rolf Brokmeier hat 20 Jahre in Auroville gelebt.
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"Mit Russland kommt die Hoffnung der Welt. Nicht in Bezug auf das, was manchmal als Kommunismus oder Bolschewismus bezeichnet wird - nein! Aber die Freiheit - die Freiheit! Dass jeder Mensch für seinen Mitmenschen leben wird. Das Prinzip ist dort geboren. Es wird Jahre dauern, bis sich das heraus kristallisiert, doch aus Russland kommt die Hoffnung der Welt wieder.“
Edgar Cayce 1877-1945
Die Finanzmafia
Zur Geschichtsfälschung: Wie ist Kapitalismus, Kommunismus und "Demokratie" entstanden? Wer kontrolliert den Wertewesten? Wie wir da raus kommen...
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24.10.24 a pro po im nebel ruhet noch die welt, noch träumen wald und wiesen, bald siehst du, wenn der schleier fällt, herbstkräftig die gedänfte welt in warmem golde fliessen. eduard mörike herzlicher gruss aus gääss bettina
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spiritualität in die menschheit bringen: wahrheit-freiheit-liebe. kapitalismus abschaffen: drei-gliederung einführen vom diabolischen zu einem spirituellen geldsystem
Beschäftigt Euch mit Friedrich Schiller!
die auseinandersetzung zwischen den satanistischen machthabern der alten welt (USA/GB/NATO/EU ca. 12% der welt-bevölkerung) und den befürwortern einer neuen multipolaren welt von souveränen völkern (russland/china/BRICS+/SCO ca. 88% der weltbevölkerung) spitzt sich immer mehr zu. 26.10.22: Beschäftigt Euch mit Friedrich Schiller!
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franz hörmann 35 videos
liebe als kompass - eine sehr gute zukunfts-perspektive: geld- und rechtsystem einfach erklärt
Swissbus Eurasia
ÜBERLAND-REISE nach INDIEN + HIMALAYA Ein Abenteuer für den Winter 7 Routen; Rundreisen Iran+Indien diverse Bergfahrten im Himalaya. Du kannst auch deine Wunsch-destinationen einbringen!!!
"Gemeinnützige Dorfgemeinschaften"
Bitte helft alle mit, die Vorzüge einer VERNETZUNG über unsere DORFSTUNDEN allgemein bekannt zu machen. neues update 20.6.24: Das GOLD-gedecktes GEMEINGUT ist der beste VERMÖGENSSCHUTZ
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Russland danach - Mein Leben als Manifestor
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Video - das Geheimnis aller Krankheiten
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Auf unserer eigenen Übersichtskarte machen wir die Kleinwohnform-Bewegung in der Schweiz sichtbar.
Einkaufen ohne Impfung
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Waldorf-Schule Turmalina
Im Nordosten Brasiliens wird von einer Schule aus ein utopisches Projekt realisiert: Auf einem 93 ha-Gelände entstehen Schulgebäude, Werkstätten, Wohnsiedlung, eigene bio-Landwirtschaft, Aufforstung…
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Was Schüler über selbstorganisiertes Lernen denken
«Dieses selbstorganisierte Lernen besteht aus einem endlosen Ausprobieren» von Susanne Lienhard
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Ent-Decke ist ein Internetportal in die Welt der besonderen, inhabergeführten, kleinen und mittelständischen Unternehmen.
mitarbeiterInnen
gesucht unterstützung für newsletter, website
mein newsletter 1x pro W
geht an 12'000 abos. ich sammle die perlen aus der riesigen informationsflut und erleichtere dir den zugang zum wesentlichen - mit dem focus auf geopolitik und prognosen aus spiritueller sicht, lichtblicke die motivieren und hintergrund-informationen. anstatt das system zu bekämpfen, ist es viel effektiver, sich selbständiger und unabhängiger zu machen – innerlich und äusserlich...
in eigener sache: NL von markus rüegg
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