Corona-Folgen – Übernimmt Russland 2020 von Deutschland Platz 5 der größten Volkswirtschaften der Welt?
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Nach aktuellen Prognosen zum Wirtschaftswachstum dürfte Russland in 2020 Deutschland vom 5. Platz der Liste der größten Volkswirtschaften verdrängen. Das geht aus den aktuellen Zahlen und Schätzungen der weltweiten Wirtschaftsentwicklung hervor.
In Deutschland wird das Narrativ vom armen und rückständigen Russland gepflegt, was aber einem Blick auf die Zahlen nicht standhält. Der entscheidende Indikator ist das BIP nach Kaufkraftparität (KKP oder englisch PPP). Warum das so ist, habe ich schon im Januar 2019 in einem Artikel zur Aufholjagd Russlands gegenüber Deutschland erklärt. Damals trennte die beiden Volkswirtschaften noch ein Vorsprung Deutschlands von knapp vier Prozent.
Ende Juli 2020 habe ich das Thema im Zusammenhang mit einem ziemlich miserablen Artikel im Focus wieder behandelt. Mittlerweile war der deutsche Vorsprung vor Russland auf knapp zwei Prozent geschrumpft. Man sieht also, dass Russland mit großen Schritten aufholt, Sanktionen hin oder her.
In 2020 haben die Corona-Lockdown-Maßnahmen die weltweite wirtschaftliche Lage komplett durcheinander gebracht und was wirtschaftliche Prognosen angeht, trifft der Satz „Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“ stärker zu, als irgendwann in den letzten Jahrzehnten. Je nachdem, wessen Prognose man liest, wird für Deutschland ein Rückgang der Wirtschaftsleistung von knapp sechs Prozent oder sogar von über zehn Prozent prognostiziert. Genaue Zahlen gibt es nicht.
Aber wenn man sich die Prognosen internationaler Organisationen wie der Weltbank, des IWF oder von wem auch immer anschaut, stellt man fest, dass Russland in allen Prognosen um ca. zwei Prozent besser abschneidet, als Deutschland. Wenn das eintrifft – und alle Prognosen deuten darauf hin – dann würde Russland Deutschland im Jahre 2020 als fünft größte Wirtschaftsmacht ablösen, denn es kommt ein mathematischer Effekt hinzu: Da Deutschland noch eine höhere Wirtschaftsleistung hat als Russland, wird der Rückgang in nackten Zahlen in Deutschland stärker ausfallen, als in Russland.
Darauf hat nun ein Berater des russischen Präsidenten hingewiesen:
„Wenn Sie die letzten Prognosen des IWF anschauen, dann sehen Sie, dass Russland in diesem Jahr die fünft größte Volkswirtschaft wird.“
Es dürfte 2020 ein sehr enges „Rennen um den fünften Platz“ werden und egal, ob Russland am Ende um vielleicht zehn Milliarden vor Deutschland steht oder umgekehrt, der deutsche Vorsprung gegenüber Russland wird Ende 2020, wenn er denn erhalten bleibt, nur noch marginal sein und da Russlands Wirtschaft schneller wächst, als die deutsche, dürfte Russland Deutschland spätestens 2021 überholen.
Russlands Wirtschaft ist anders aufgestellt, als die westlichen Volkswirtschaften. Sehr viel hängt an der Binnennachfrage. Deutschland, mit seiner Abhängigkeit vom Export, wird vom internationalen Einbruch der Nachfrage viel härter getroffen, als Russland. Selbst der extreme Einbruch des Ölpreises und der Nachfrage nach Öl konnten Russlands Wirtschaft in 2020 nicht so sehr schädigen, wie die deutsche Wirtschaft geschädigt wurde.
Hinzu kommt, dass die russische Wirtschaft zu einem viel größeren Teil staatlich ist, was in der Krise einen Vorteil darstellt: Private Firmen reduzieren Kosten, bauen Arbeitsplätze ab und so weiter, damit der Aktienkurse und Dividenden nicht leiden, während die russische Regierung ihre staatlichen Firmen anweisen kann, auf Investitionen und Erzeugung von Nachfrage zu setzen, anstatt auf Gewinnmaximierung. Außerdem wurde ein striktes Verbot zum Abbau von Arbeitsplätzen in der Krise ausgesprochen. Das führt dazu, dass die Nachfrage in Russland insgesamt weniger stark eingebrochen ist und dass sich die russische Wirtschaft nach dem Lockdown-Schock schneller wieder erholen kann. Auch in der russischen Privatwirtschaft war das spürbar, denn staatliche Corona-Hilfen bekamen nur solche Firmen, die in der Krise keine Arbeitsplätze abgebaut haben.
Und obwohl das den russischen Staat viel Geld gekostet hat, ist er ohne neue Schulden durch die Krise gekommen, denn die Maßnahmen konnten aus den gigantischen russischen Reserven finanziert werden. Besonders absurd, aber trotzdem wahr: Durch Kriseneffekte, wie den Anstieg des Goldpreises, sind Russlands Devisenreserven trotz der Entnahme großer Summen aus den Reservefonds sogar auf ein neues Rekordhoch gestiegen.
Die Wirtschaftssysteme des Westens hingegen haben dazu geführt, dass die Staaten hunderte Milliarden (die USA sogar Billionen) an neuen Schulden aufnehmen mussten, was für die zukünftige wirtschaftlich Entwicklung nicht hilfreich ist.
Diese unterschiedliche Organisation der Volkswirtschaften, die Putin kürzlich in einem Interview nur in einem Nebensatz abgehandelt hat, macht sich nun deutlich bemerkbar.