ende inhaltsverzeichnis...
die finanzmafia zerstört sich selber
der westen - USA/NATO/EU - wird aus finanziellen gründen untergehen - sehr gute hintergrund-analyse...
Rüdiger Rauls: Scholz' und Lindners Showdown: Ein Kampf um Schulden und die Zukunft der deutschen Wirtschaft 13.11.24 Die Ampelkoalition ist Geschichte. Bundeskanzler Scholz hat seinen Finanzminister Lindner entlassen. Geht es dabei nur um wiederholte Enttäuschungen und persönliche Zerwürfnisse oder zeichnen sich da weiterreichende grundlegende Entwicklungen ab?
Waschtag
Wie so oft, wenn Beziehungen auseinander gehen, wird anschließend schmutzige Wäsche gewaschen. Was lange zurückgehalten wurde, kommt nun an die Öffentlichkeit. Da scheinen sich Führungskräfte nicht von den normalen Menschen zu unterscheiden. Olaf Scholz beklagte sich bei seiner Ankündigung über den Bruch der Koalition darüber, dass FDP-Finanzminister Lindner das Vertrauen des Kanzlers so oft gebrochen habe. Ob das ausschlaggebend war für Scholzens Entscheidung, muss bezweifelt werden. Denn an Waschtagen wird nicht nur schmutzige Wäsche gewaschen, man will danach auch eine weiße Weste haben.
Der Bruch der Koalition bedeutet nicht nur deren Ende sondern auch einen Neuanfang unter anderen Vorzeichen, auf den sich nun alle politischen Kräfte vorbereiten. Früher oder später, der Zeitpunkt ist noch nicht ausgemacht, wird Scholz die Vertrauensfrage stellen mit der Ankündigung von Neuwahlen, sollte er nicht in seinem Amt bestätigt werden. Dass nun schmutzige Wäsche gewaschen wird, ist eine Vorbereitung auf diese Wahlen. Jede der beteiligten Parteien versucht, sich von der Schuld am Scheitern der Koalition rein zu waschen und sich im besten Lichte zu zeigen. Das klappt am besten, wenn man den anderen den schwarzen Peter zuschieben kann. Scholz beklagt den Vertrauensbruch Lindners und dieser den Erpressungsversuch durch den Kanzler.
Das aber ist die Oberfläche, auf der sich die Schuldzuweisung für die Öffentlichkeit abspielt. Darunter geht es um Wichtigeres. Denn es ist vielleicht kein Zufall, dass das Auseinanderfallen der Koalition am selben Tag stattfindet, an dem Donald Trump die Wahlen in den USA gewonnen hat. Dass die Ampel schon lange nicht mehr so richtig schaltete, ist kein Geheimnis. Sie stand öfter auf Rot als auf Grün. Aber mit Trumps Sieg war klar geworden, dass die Befürchtungen, die besonders die Europäer mit seiner Wiederwahl verbanden, nun Wirklichkeit werden könnten. Darauf gilt es sich nun vorzubereiten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, gesamteuropäisch, aber besonders auch in Deutschland.
Neue Nöte
An den Ursachen der deutschen und europäischen Ängste hat sich nichts geändert. Da ist die finanzielle wie militärische Unterstützung der Ukraine und die nachlassende Unterstützung bei den Völkern Europas für diesen Krieg. Da ist die Schwäche der europäischen, besonders aber der deutschen Wirtschaft, die besonders gegenüber China immer mehr an Konkurrenzfähigkeit und Innovationskraft verliert. Die Europäer befürchten, dass die Lösung all dieser Probleme unter einem Präsidenten Trump schwieriger für sie wird, denn schon jetzt droht er mit höheren Zöllen nicht nur auf chinesische sondern auch auf europäische Produkte.
Besonders die Unterstützung der Ukraine dürfte für die Europäer teurer werden. Denn Trump hat schon angekündigt, dass die USA weniger zahlen werden und zudem erwarten, dass die Europäer die Kosten tragen. Für ihre eigene Verteidigung sollen sie mehr Geld ausgeben, am besten für Waffen aus amerikanischen Rüstungsschmieden. Wer von den USA geschützt werden will, muss mehr zahlen. Das gilt nicht nur für Europa, auch Südkorea hat der neue Präsident bereits damit gedroht. Denn Trump ist in erster Linie Geschäftsmann und weniger Politiker.
Das größte Problem aber, vor dem die Europäer stehen, ist der Geldmangel zur Bewältigung all dieser Aufgaben und Krisen. Hier liegt auch der eigentliche Kern des Konflikts innerhalb der Ampel und besonders zwischen Scholz und Lindner. Das findet in der Erklärung des Bundeskanzlers vom 6. November zum Bruch der Koalition nur am Rande knappe Erwähnung in den Worten: „Angesichts der Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen, brauchen wir einen größeren finanziellen Spielraum“. (1)
Deutlicher wird da Lindner in seiner Stellungnahme am Tage danach. Natürlich kommt auch er ohne Schuldzuweisungen nicht aus. Aber über das Persönliche hinaus, das bei Scholz einen sehr breiten Raum einnahm, machte Lindner deutlich, worum es geht in dieser Auseinandersetzung. Er spricht davon, dass „unser Land einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch benötigt … um die grundsätzliche Schwäche unseres Landes zu überwinden“ (2).
Beide, Scholz wie Lindner, sind sich der schlechten Lage der deutschen Wirtschaft bewusst. Keiner von beiden aber verliert ein Wort darüber, dass sie diese Notlage selbst herbeigeführt haben durch die antirussischen Sanktionen mit ihren Preissteigerungen und die Notlage bei den Energieträgern. Wie sollte es anders sein, gibt Scholz Russland die Schuld: „Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Sicherheitslage auf Jahre tiefgreifend verändert“(3). Aber diese Schuldzuweisungen helfen der deutschen Wirtschaft gar nichts.
Wenn sich beide auch weitgehend einig sind in der Einschätzung der Lage, so verfolgen sie in der entscheidenden Frage, woher das Geld kommen soll für Aufrüstung und Wirtschaftsförderung, vollkommen verschiedene Ansätze. Scholz, seine SPD und die Grünen wollen diese Probleme über mehr Schulden lösen und dafür die Schuldenbremse des Grundgesetzes aussetzen. „Der russische Angriffskrieg„ stellt für Scholz eine „außergewöhnliche Notsituation“ dar, die einen „Überschreitensbeschluss“ der Schuldenbremse nicht nur rechtfertigt sondern auch notwendig macht. (4).
Scholz hält die Einschränkungen der Schuldenbremse für überzogen, denn „unter allen wirtschaftsstarken Demokratien haben wir mit weitem Abstand die geringste Verschuldung“(5). Diese Einschränkungen wirken sich auf den Haushalt aus, der aufgrund der wachsenden Ausgaben und vor allem der zu erwartenden geringeren Steuereinnahmen wegen der schwachen Wirtschaftslage ein Defizit von zuletzt 20 Milliarden auswies. Dabei beinhaltet er für das Jahr 2025 eine Neuverschuldung von 40 Milliarden Euro; das entspricht knapp einem Zehntel des gesamten Haushalts.
Kapitalismus in Not
Trotz neuer Schulden und trotz der Sondervermögen, die im ordentlichen Haushalt nicht erscheinen, reicht das Geld nicht. Trotz all dieser widrigen Umstände hat Finanzminister Lindner sich geweigert, „die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen“(6), was Scholz nach Lindners Darstellung von ihm „ultimativ“ verlangt hatte. Daraufhin hatte Scholz ihn entlassen. Was wie ein Streit zwischen ideologisch verblendeten und sich stur stellenden Rechthabern aussieht, ist mehr.
Lindner drückte es so aus: „Jetzt steht unser Land vor einer neuen Richtungsentscheidung“(7). Selbst Olaf Scholz scheint klar zu sein, was auf dem Spiel steht, und das ist mehr als nur der Haushalt für 2025. Denn die Frage lautet: Ukrainehilfen oder Förderung der eigenen Wirtschaft. Beides scheint nicht mehr zu gehen. Denn so Scholz, „die [Ukraine-] Hilfen aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren bedeute, dass Straßen und Schulen nicht ausgebaut werden könnten, die Wirtschaft nicht unterstützt werden könne.(8).
Während Lindner noch nur von einer Richtungsentscheidung spricht, macht Scholz deutlich, was er befürchtet, wenn nicht mehr Geld zur Verfügung steht. Wenn die Ukraine weniger Geld aus Europa bekommt und noch weniger aus den USA, wird sie den Krieg gegen Russland verlieren. Andererseits ist Scholz aber auch nicht bereit, „unsere Unterstützung für die Ukraine und Investitionen in unsere Verteidigung zulasten des sozialen Zusammenhalts zu finanzieren, zulasten von Rente, Gesundheit oder Pflege“ (9). Dann, so befürchtet er, „zündet man das Land an(10)“.
Beide, sowohl Lindner als auch Scholz, scheinen sich des Ernstes der Lage bewusst zu sein. Es steht mehr auf dem Spiel als nur der Haushalt oder ein akademischer Streit über die Schuldenbremse. Doch warum gibt Lindner dann nicht nach, wenn auch er den Ernst der Lage zu erkennen scheint? Die Kehrseite der Verschuldung ist weitere Verschuldung und Zahlungsunfähigkeit. Dafür sind gerade die USA ein mahnendes Beispiel, die jährlich bald eine Billion Dollar Zinsen zahlen müssen. Auch wenn das Land sich weiterhin an den Finanzmärkten aufgrund seiner Marktmacht ständig weiter verschulden kann, so engen die gewaltigen Zinslasten die Handlungsfähigkeit des Staates immer mehr ein.
Immer schneller und öfter muss die Schuldengrenze neu verhandelt werden zwischen den politischen Kräften. Immer öfter und schneller drohen Stillstand in der Verwaltung, Schließung von Behörden, Zahlungsstopp gegenüber Staatsbediensteten und Unternehmen. Immer wieder neu droht auch eine Herabsetzung der Bonität der USA durch die Ratingagenturen. Das hat praktische Konsequenzen. Das Land muss immer höhere Zinssätze anbieten für seine Anleihen, damit die Investoren noch zugreifen. Das bedeutet aber, dass der amerikanische Staat immer abhängiger wird von den Geldgebern an die Finanzmärkten.
Wie Scholz zu Recht feststellt, weist Deutschland unter allen „wirtschaftsstarken Demokratien“ die niedrigste Verschuldung aus. Das beschert Deutschland niedrige Zinssätze, wenn es an den Kapitalmärkten Geld aufnimmt. Diese machen fast nur die Hälfte dessen aus, was die USA zahlen müssen. Diese Möglichkeit, sich billig zu verschulden, will Lindner nicht aufs Spiel setzen. Es steht also die Entscheidung an, sich weiterhin zu günstigen Bedingungen Geld zu verschaffen, aber damit politisch nur noch beschränkt handlungsfähig zu sein, oder aber höhere Schulden in Kauf zu nehmen, um politisch bestimmen und Einfluss ausüben zu können.
Denn eines wird an dieser Entwicklung auch deutlich: Der Kapitalismus der sogenannten wirtschaftsstarken Demokratien ist nicht so stark, wie sich Scholz einredet. Er ist nicht mehr in der Lage, die eigenen politischen Ziele und seine gesellschaftlichen Aufgaben aus der Wirtschaftskraft seiner Unternehmen heraus zu finanzieren. Stattdessen saugen die sogenannten wirtschaftsstarken Demokratien ihre Stärke aus den Mitteln, die ihnen die Geldgeber an den Finanzmärkten zur Verfügung stellen. Damit werden die westlichen Staaten immer abhängiger von Investoren und deren Interessen. Diese wollen in der Regel mehr Zinsen, was die Kosten der Staatsführung erhöht.
Die Auseinandersetzung, die sich zwischen Lindner und Scholz abspielt, ist die um die Finanzierung der Zukunft der führenden kapitalistischen Staaten. Können sich die Staaten in Zukunft noch selbst finanzieren oder werden sie immer süchtiger nach den Infusionen der Geldgeber, machen sich immer abhängiger von diesen und dadurch immer erpressbarer? Dessen sind sich beide vielleicht nicht bewusst, aber sie scheinen es zu ahnen.
Aber es wird deutlich, dass die Staaten des politischen Westens unter den gegebenen finanziellen Bedingungen nicht weiter in Lage sind, entweder ihre Weltherrschaft weiter zu finanzieren oder aber die Lebensbedingungen ihrer Bürger. Denn auch eine Ausweitung der Verschuldung, wie sie nun von Scholz und seinen Unterstützern vermutlich durchgesetzt wird, geht nach Abzug der Zinsen zulasten der finanziellen Ausstattung des Staates. Dieses Missverhältnis wird größer, wenn es nicht gelingt, die Wirtschaft leistungsfähiger zu machen. Der westliche Kapitalismus hat offensichtlich die Grenzen seiner eigenen Finanzierbarkeit überschritten.
(1) Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 8.11.24: Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen
(2) ebenda
(3) ebenda
(4) ebenda
(5) ebenda
(6) ebenda
(7) ebenda
(8) FAZ vom 8.11.24: Lindner: „Nein“, Scholz: „Doof“
(9) FAZ vom 8.11.24: Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen
(10) FAZ vom 8.11.24: Lindner: „Nein“, Scholz: „Doof“
Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.
Ein Blick zurück – die Entstehung der BRD
„Wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen.“
Wolfgang Schäuble am 18. November 2011 auf dem EBC, dem European Banking Congress in Frankfurt / Main. Wolfgang SchäubleDie in ihrer Klarheit und Eindeutigkeit viele überraschende Aussage Wolfgang Schäubles und ebenso der darin artikulierte Vasallenstatus Deutschlands wird unter anderem belegt durch die Entstehungsgeschichte des hochgelobten Grundgesetzes. Ausgearbeitet wurde es durch sogenannte Parlamentarische Räte. Die Räte waren von den westlichen Besatzungsmächten ernannt und am 1. September 1948 im Bonner Museum König zusammengerufen worden. Somit waren die Mitglieder keineswegs demokratisch legitimiert. Sie wurden mit der Aufgabe betraut, eine vorläufige Verfassung für den westlichen Teil des geteilten Deutschlands zu erarbeiten, das spätere Grundgesetz.
Mit dem Beginn der Arbeiten – deren Rahmen durch die «Londoner Empfehlungen» der westlichen Besatzungsmächte vorgegeben wurde – begann der Prozess der endgültigen Abspaltung der westlichen Besatzungszonen und der dann folgenden Schaffung eines westdeutschen Teilstaats.
Die Schaffung des Grundgesetzes erfolgte so auf ausdrückliche Weisung der westlichen Besatzungsmächte. Zusätzlich zu den Vorgaben der «Londoner Empfehlungen» bestellten sie die sogenannten Parlamentarischen Räte wiederholt ein, um deren Arbeit zu kontrollieren und Änderungen in ihrem Sinne vorzunehmen – insgesamt 36 Mal.
Das Grundgesetz wurde am 8. Mai 1949 unterzeichnet. Am 23. Mai 1949 trat es in Kraft für die unter Kontrolle der westlichen Alliierten stehenden deutschen Länder, die späteren Bundesländer.
Somit ist das Deutsche Grundgesetz gar nicht deutsch, sondern ein Erlass, der inhaltlich von Besatzungsmächten bestimmt wurde. Der Umstand, dass selbst die mit der Implementierung des Grundgesetzes beauftragten Mitglieder ebenfalls von den Besatzungsmächten bestimmt wurden, ist Zeugnis davon.
Faksimile des unterzeichneten GrundgesetzesIm September des Jahres 1949 erfolgte dann die Konstituierung des nichtgewählten Parlamentarischen Rates als Provisorischer Bundestag der unter der Kontrolle der Westalliierten stehenden deutschen Länder im Bonner Museum König. Dieser setzte die unter strenger Aufsicht der westlichen Alliierten ausgearbeitete provisorische Verfassung als Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
Damit führte ein ungewähltes von den Besatzungsmächten eingesetztes Gremium ein nicht-deutsches Grundgesetz ein, das zur Verfassung erhoben wurde und nach knapp 80 Jahren immer noch in Kraft ist. Wahrlich kein demokratischer Start eines Landes, das sich anschickte, souverän sein zu wollen.
Das Verhältnis Lehensherr – Vasall trifft das Verhältnis der westlichen Besatzungsmächte zur BRD sehr gut. Denn ein Lehen ist ein unter der Bedingung von Gegenleistungen verliehener Landbesitz.
Ein unter derartigen Bedingungen geborener Staat kann seine volle Unabhängigkeit und Souveränität nur dann erreichen, wenn er die begrenzenden Umstände vollständig beseitigt. Das ist der BRD weder vor 1990 noch danach gelungen. Dabei enthält das Grundgesetz mit Artikel 146 dazu eine Regelung, die zumindest nach 1990 hätte sofort angewendet werden können. Dort heißt es:
„Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“
Art. 146 Deutsches GrundgesetzWenn deutsche Staatsrechtler und Juristen, welche für ihre Genauigkeit und juristische Trennschärfe bekannt sind, das Parlament nicht dazu zu zwingen vermochten, diesen Artikel in die Tat umzusetzen, lässt das tief blicken.
Bemühen um Eigenständigkeit bis 1990
Man muss der politischen Klasse der alten BRD, also jener vor 1990, zugutehalten, dass sie Persönlichkeiten hervorbrachte, die sich immer wieder den Einflussversuchen ihrer angelsächsischen Lehensherren widersetzten, und das durchaus mit Erfolg. Genannt seien hier Willy Brandt, Helmut Schmidt und auch Helmut Kohl.
Helmut Schmidt, Bundeskanzler 1974-1982, vermochte sich gegen den amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter noch zu behaupten. Wortgewaltig und selbstsicher nannte er Präsident Carter im Zusammenhang mit dem Bau einer Gaspipeline nach Russland, die amerikanischen Interessen widersprach, einen «Erdnussfarmer» und verbat sich amerikanische Einflussnahme – mit Erfolg.
Das waren noch Zeiten – Helmut Schmidt vermochte sich noch durchzusetzenSchwächung bis zur Anbiederung ab 1990
Nach 1990 waren diesbezügliche politische und vor allem menschliche Qualitäten nur noch sporadisch zu finden und in widersprüchlicher Form. Zu beobachten war und ist, dass die Unterordnung der Kanzler und somit der politischen Führung Deutschlands unter fremde Interessen seither sukzessive zunahm. Bereits mit dem Amtsantritt von Angela Merkel wurde die widerspruchslose Unterordnung Deutschlands unter amerikanische und andere fremde Interessen praktisch zur Staatsraison erhoben. Atom- und Kohleausstieg, grüne Agenda, Migration, Gender- und LGBTQ-Fragen, Russland-Sanktionen, Ukraine-Krieg, Nahost-Konflikt – alle diese Themen wurden von außen in die deutsche politische Debatte hereingetragen. Die Art, wie mit ihnen dann in Deutschland umgegangen wurde, spielte in erster Linie Interessengruppen außerhalb Deutschlands in die Hände. Der negative Trend gipfelt in der Person von Olaf Scholz. Unter seiner Ägide wurden auch noch die letzten deutschen Interessen aufgegeben.
«Schaden vom deutschen Volke abzuwenden», Teil des Amtseids nach Art. 56 Grundgesetz, ist Olaf Scholz nicht nachgekommen: 45 Jahre nach Schmidt liess sich dieser Noch-Bundeskanzler die Nordstream-Pipeline unter dem Hintern wegsprengen und schwieg; wir verweisen auf unseren Beitrag vom 15. Februar 2023 «Das Schweigen der Lämmer: Nord Stream Sprengung – Kriegsakt der USA – der Westen schweigt».
Wahrlich keine Führungspersönlichkeit – Olaf Scholz zu Besuch beim LehensherrnDas Ende der Ampel-Regierung
Am 6. November entließ der Kanzler Olaf Scholz seinen FDP-Finanzminister und verkündete damit das Ende der «Ampel-Regierung».
Bei der Verkündung des seit Wochen und Monaten unvermeidbar im Raum Stehenden wirkte der Regierungschef Olaf Scholz wie fremdgesteuert, wie nicht von dieser Welt. Stimme, Körpersprache, Mimik waren der Situation völlig unangemessen und keineswegs staatstragend. Es sprach ein Kleinbürger in Angst um seine eigenen Pfründe und kein Kanzler in Sorge um den Staat und seine Bürger.
Ein der Situation nicht gewachsener Olaf Scholz ließ seinen persönlichen Animositäten gegenüber seinem Mitarbeiter Christian Lindner in einer Weise freien Lauf, die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig gewesen sein dürfte. Olaf Scholz zeigte damit aller Welt, dass er bereits auf Grund seiner Persönlichkeit mit der Aufgabe völlig überfordert und einem führenden Staatsamt in keiner Weise gewachsen ist.
Parallele, nicht abgestimmte Wirtschaftsgipfel von Kanzler und Wirtschaftsminister, auf denen beide ihre Inkompetenz in Wirtschaftsfragen offenbarten, konnten die Situation zuvor nicht beruhigen – wie auch. Nach diesen Tagen des „Staunens und Wunderns“ kam es schliesslich zu einem Showdown zwischen Bundeskanzler und Finanzminister.
Während Olaf Scholz wie in einem persönlichen Furor auf seinen entlassenen Finanzminister losging, zeigte jener bei seinem darauf folgenden Statement dem Amt angemessene Contenance und benannte für jedermann nachvollziehbare Gründe seines Handelns.
Der Bundeskanzler bestand unter anderem auf einer gigantischen Ukraine-Hilfe. Dieser offensichtlich geplante Missbrauch der Schuldenbremse gedachte er Christian Lindner aufzubürden. Dieser stellte sich dagegen und betrachtete ein solches Vorgehen als Bruch des Amtseids und unterstellte dem Kanzler völlige Unkenntnis ökonomischer Zusammenhänge.
Der improvisierte Auftritt des Wirtschaftsministers Habeck gab der Glaubwürdigkeit dieses Triumvirats den Rest. Habecks Auftritt gab zu erkennen, dass die Zusammenhänge der Auseinandersetzung seiner Kollegen außerhalb seines intellektuellen Horizonts lagen.
Fazit
Ob die politischen Ereignisse in den USA einen Einfluss auf das Berliner Geschehen hatten, ist nicht zu sehen und auch nicht relevant. Die wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Probleme der Bundesrepublik, in denen die Ursachen der Regierungskrise zu suchen sind, bestanden unabhängig von den amerikanischen Wahlergebnissen. Sie konnten nur auf Grund der völlig inkompetenten Regierungsführung derart kulminieren. Die künftige Verschärfung dieser Probleme ist absehbar.
Die Souveränität eines Staates ist kein Wert an sich. Sie ist die Basis für alles, für staatliche, nationale und somit politische Unabhängigkeit, eine conditio sine qua non. Besteht Souveränität, so bringt sie souveräne, selbstbewusste Bürger hervor. Souveräne Bürger wachsen nicht auf Bäumen, sie sind das Ergebnis von souveräner Erziehung zu Hause und umfassender Bildung vom Kindergarten bis zur Universität. Souveräne Bürger schaffen gesellschaftliche Organisationen, Parteien, die ihrerseits staatliche Institutionen hervorbringen, in denen selbstbewusste, souverän denkende Bürger die Interessen der Gemeinschaft zum Tragen bringen; Interessen der eigenen Gemeinschaft, nicht Interessen fremder Mächte.
Nur eine unabhängige, auf der vollen Souveränität des Staates und ausschließlich an seinen eigenen nationalen Interessen orientierte Politik hätte vermeiden können, dass die BRD in eine derart katastrophale Lage überhaupt geraten konnte. Man fühlt sich 200 Jahre zurückversetzt als Heinrich Heine in Gedanken an Deutschland verkündete:
«Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.»
Heinrich Heine in «Nachtgedanken»Symbolbild; Automobilmesse in Paris, 16.10.2024
Von Dagmar Henn: EU: Griff nach der Staatsmacht über die Industriepolitik - Teil 1 16 Nov. 2024 07:15 Uhr Der Italiener Mario Draghi ist einer derjenigen, die die Zentralisierung der EU stetig weiter vorantreiben. Der unter seiner Ägide erstellte Bericht "Die Zukunft europäischer Wettbewerbsfähigkeit" ist gewissermaßen der Speiseplan der kommenden Entwicklungen. Wenn versucht wird, größere politische Veränderungen durchzusetzen, erfolgt das in den letzten Jahren immer nach dem gleichen Schema: erst gibt es irgendwelche, sich unschuldig wissenschaftlich gebende Papiere, die dann kurz in der Öffentlichkeit auftauchen, mit einer relativ oberflächlichen Behandlung. Dann, mit einigem Zeitabstand, tauchen einzelne Aspekte daraus wieder auf, dann schon in Gestalt einer politischen "Debatte". Und zuletzt wird das Ganze umgesetzt, wobei zu diesem Zeitpunkt der Inhalt des Papiers bereits als "wissenschaftlich" gilt.
Sondergipfel Budapest: EU zeigt Zerfallserscheinungen
Der Draghi-Report, der im September veröffentlicht wurde, befindet sich gerade auf der zweiten Stufe, die Vorstellungen, die darin enthalten sind, werden in die Öffentlichkeit geschoben, wenn auch vorerst noch in Medien wie der Financial Times. Aber die Verbreitung in popularisierter Form, mit der davor gesetzten Behauptung "wir müssen" wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Tatsache, dass die beiden zentralen EU-Länder Frankreich und Deutschland politisch wie ökonomisch deutlich geschwächt sind, bietet eine allzu gute Gelegenheit für die Brüsseler Pläne.
Auch wenn Friedrich Merz, der wohl ab 2025 den Bundeskanzler geben dürfte, sich noch im September gegen EU-Bonds ausgesprochen hatte, die Teil der Draghi-Pläne sind, einige andere Punkte dürfte er gerne unterschreiben; sein Widerstand gegen eine weitere Entwicklung der EU in Richtung eines europäischen Staatsapparats ist eben kein prinzipieller. Schließlich hat er selbst zwei der Stichworte aus dem Draghi-Papier aufgegriffen - Europa wettbewerbsfähiger zu machen und den Binnenmarkt zu vereinheitlichen. Und beim EU-Gipfel vor wenigen Tagen in Budapest waren die Ergebnisse dieses Berichts ebenfalls Thema.
Der Report, der unter Leitung des italienischen ehemaligen EZB-Chefs erstellt wurde, trägt den Titel "Die Zukunft europäischer Wettbewerbsfähigkeit" und soll eine "Strategie für Europa" liefern. Soweit überhaupt bisher darauf eingegangen wurde, beschäftigte sich das mit den vorgeschlagenen Schlussfolgerungen; aber das wirkliche Problem mit diesem Bericht liegt in den Vorstellungen, von denen die Überlegungen ausgehen.
Ein kleines Beispiel: es wird ausführlich beklagt, dass die hohen Energiepreise in Europa die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie beeinträchtigen. Dabei wird - das ist man ja aus der europäischen Presse schon so gewöhnt - so getan, als wäre diese Entwicklung vom Himmel gefallen. Bezogen auf die russischen Erdgaslieferungen steht dort etwa:
Rüsten gegen die Russen: EU will Kohäsionsfonds zweckentfremden
"Aber diese Quelle relativ güstiger Energie ist nun, unter enormen Kosten für Europa, verschwunden. Die EU hat mehr als ein Jahr Wachstum des GDP verloren und musste dabei enorme fiskalische Ressourcen in Subventionen für Energie und den Bau neuer Infrastruktur für den Import von LNG-Gas umlenken."
Womit die EU selbst natürlich rein gar nichts zu tun hat; ebensowenig wie mit dieser hübschen Grafik zur Volatilität von Erdgaspreisen:
Volatilität des Erdgaspreises EU-Kommission, Draghi-Report
Wie man sehen kann, die Ausschläge hielten sich bis weit ins Jahr 2019 in Grenzen. Und dann werden sie größer. Die Voraussetzungen dafür wurden allerdings im Jahr 2011 geschaffen - durch die EU, durch die Einführung des Spotmarkts für Erdgas, der, das ist nun einmal das Wesen derartiger Märkte, jede Form krisenhafter Entwicklung vervielfacht, die sich andernfalls, bei den klassischen langfristigen Verträgen, wenn überhaupt nur mit großer Verzögerung abgebildet hätte.
Das ist schon der erste Punkt, den man wissen muss, und er taucht im Zusammenhang mit diesem Bericht immer wieder auf – was auch immer die Konsequenz des Handelns der EU selber ist, wird, selbst wenn die Ergebnisse kritisiert werden, nie als solches benannt. Denn die Option, irgendeine dieser Entwicklungen umzukehren oder die erkannten Fehler zu korrigieren, wird nie auch nur gedacht, und soll auch vom Leser nicht gedacht werden.
Und dann gibt es die Grundbedingungen, von denen alle Überlegungen ausgehen. Die erste ist, dass die europäische Wirtschaft unbedingt im Wettbewerb mit den USA und China bestehen müsse. Wobei auch diese Überlegung inkonsequent umgesetzt wird, denn falls beide gleichermaßen Konkurrenten sind, müsste man sich bei beiden die gleichen Sorgen machen. Aber es gibt ja durchaus andere Konzepte globaler Wirtschaftsbeziehungen; die berühmte Vorstellung von wechselseitig vorteilhaften Beziehungen ist bis in die EU allerdings noch nicht vorgedrungen.
Analyse Rupp: Aussichtsloser Kampf der USA gegen Chinas Technologie-Dampfwalze
Die nächste Grundvorstellung, die an entscheidenden Stellen deutlich in die falsche Richtung führt, ist die, das GDP der Vereinigten Staaten so zu akzeptieren, wie es da steht. Es gibt eine einzige Stelle, beim Vergleich der Entwicklung des GDP in den USA und in Europa, an dem zumindest auch ein Vergleich nach Kaufkraftparität stattfindet; wobei dadurch statt eines Abstands von 30 Prozent nur noch ein Abstand von 12 Prozent besteht.
Das ist schon allein deshalb problematisch, weil ein zentrales Argument des Berichts lautet, Europa sei in der Entwicklung der Produktivität hinter die USA zurückgefallen, bei dieser "Produktivität" aber auch Immobilien- und Finanzmarkt mitgezählt werden, was dann, welch Überraschung, zu der Forderung führt, wieder zu deregulieren; es sich dabei aber um Tätigkeiten handelt, die wenig mit der Realwirtschaft zu tun haben. Ebenso wenig wie das, was ein weiteres Hauptargument ist:
"Nur vier der führenden 50 Technologieunternehmen sind europäisch, und die globale Position der EU in Technologie hat sich von 2013 bis 2023 verschlechtert, ihr Anteil am globalen Technologieertrag fiel von 22 Prozent auf 18 Prozent, während der Anteil der USA von 30 Prozent auf 38 Prozent stieg."
Dazu gehören natürlich die berühmten IT-Unternehmen wie Google, Meta und Amazon; aber deren vermeintlicher Unternehmenswert, der ebenfalls als Argument für den europäischen Rückstand angeführt wird, beruht darauf, dass sie den Staubsauger bilden, der all die von der FED geschaffene Liquidität aufsaugt. Sicher, im Allgemeinen wird immer so getan, als redeten wir hier von realen Werten; letzten Endes beruhen sie aber auf der Fähigkeit der USA, Geld nach Belieben aus dem Nichts zu schaffen, die wiederum ihre Grundlage in genau jener politisch-militärischen Hegemonie hat, die gerade zerfällt. Es ist vor allem diese Eigenschaft, die die EU vielleicht gerne für sich beanspruchen würde, aber nicht kann.
Was sich natürlich auch bei einem weiteren Kernargument bemerkbar macht:
"Langsameres Produktivitätswachstum wiederum wird mit dem langsameren Anstieg der Einkommen und schwächerer Binnennachfrage in Europa assoziiert: pro Kopf berechnet, ist das Einkommens seit 2000 in den USA beinahe doppelt so stark gewachsen wie in der EU."
Schwarze Zukunft für die Automobilindustrie
Bezogen auf die Lebensgrundlage der breiten Bevölkerung ist das reiner Unfug. Denn wenn es eines gibt, in dem die EU und die USA sich fast identisch entwickeln, dann darin, dass Einkommenszuwächse maximal die obersten 10 Prozent der Bevölkerung erreichen, aber vor allem an das oberste Promille gingen; die normale Bevölkerung aber weitgehend leer ausgeht.
Ein Detail, das in Bezug auf Innovation höchst auffällig ist, wenn man die industriepolitische Debatte vor mehr als einem Jahrzehnt im Blick hat, ist, dass das damals dominante Konzept vollautomatisierter Produktion, bekannt unter dem Schlagwort Industrie 4.0, so gut wie nirgends umgesetzt wurde. In der dafür erforderlichen Technik, der Robotik, sind EU-Länder bis heute führend.
Aber wer die entsprechenden Studien der UN gelesen hat, die damals veröffentlicht wurden, weiß auch, warum an dieser Stelle, die eigentlich einen Kernbereich von Innovation betrifft, nichts passiert ist: die Prognosen lauteten auf 50 Prozent weniger Arbeitsplätze in den Industrie- und 80 Prozent weniger in den Entwicklungsländern. Weil dadurch die produzierten Waren nicht mehr absetzbar wären, ist an diesem Punkt seitdem Stillstand angesagt. Der Draghi-Bericht weiß davon nichts.
Interessant ist, dass ein Mangel an Industriepolitik beklagt wird. Das ist tatsächlich ein Umschwung – ohne dass er als solcher erwähnt wird. Als Ziel der EU galt bisher der maximale Wettbewerb zwischen den einzelnen Mitgliedsländern, und im Interesse eben dieses Wettbewerbs wurden viele Dinge untersagt, die klassische Industriepolitik im Sinne einer gezielten Industrieentwicklung ausgemacht haben. Von Zollpolitik muss man gar nicht erst reden (obwohl mit politischen Ausreden seit einigen Jahren wieder allerlei Schutzzölle eingeführt werden, seit die westliche Dominanz abnimmt); aber auch Industrieförderung über Bildung, Forschung und staatliche Nachfrage wurde gerade durch die Wettbewerbsvorgaben der EU auf staatlicher Ebene geradezu sabotiert.
Analyse Geplante Zollerhöhung: Trump will die EU wieder zu Kasse bitten
Ebenso, wie die Probleme, die der Bericht auf der Ebene der Infrastruktur feststellt, auch ein Ergebnis der Privatisierungen sind, die auch Teil der EU-Ideologie sind:
"Die EU fällt zurück in der Bereitstellung modernster Infrastruktur, die nötig ist, um die Digitalisierung der Wirtschaft zu ermöglichen."
In Momenten technologischer Umbrüche, wie dem Bedarf nach hochleistungsfähigen Datennetzen, ist es weit eher als zwanzig konkurrierende Privatunternehmen der staatliche Monopolist, der für den nächsten technologischen Schritt sorgen kann. Nicht umsonst waren die großen Netzentwicklungen der Vergangenheit, ob Eisenbahn oder Strom und Straße, Motoren von Verstaatlichung und nicht von Privatisierung.
Nun stellt also ein Bericht im Auftrag der EU-Kommission fest, dass Europa hier an einigen Punkten hintendran ist, aber dreht diese Tatsache sofort in eine ganz andere Richtung: um dieses Problem zu lösen, brauche die EU unbedingt wesentlich mehr Macht und Geld.
Dabei wird die weitreichendste der Vorbedingungen sichtbar: der gesamte Wirtschaftsraum der EU wird betrachtet, als handele es sich dabei tatsächlich um einen einzigen Staat. Was, selbst wenn man die äußerst hässlichen Nebenwirkungen übergeht, die eine Entwicklung der EU zu eigener Staatlichkeit anstelle der Nationalstaaten mit sich brächte, noch auf ein ein weiteres kleines Problem stößt - die Wirklichkeit ist nicht so.
Allein eine gemeinsame Zollgrenze und in Teilen eine gemeinsame Währung ergeben noch lange keine wirtschaftliche Einheit; und wenn man die Forderung aufstellt, genau auf eine derartige wirtschaftliche Einheit zu zielen, sollte man zuvor die Frage zulassen, zu welchem Zweck? Weil man in einer von Kolonialismus beherrschten Welt entweder Kolonialherr ist oder Kolonie? Und ist die geopolitische Imitation der klassischen Comicfigur Isnogud ("Ich will Kalif sein anstelle des Kalifen") wirklich eine sinnvolle ökonomische Perspektive für die Menschen Europas?
Meinung Wirtschaft und Gas: Europa zahlt hohen Preis für Bruch mit Russland – Deutschland den höchsten
"Industrielle Strategien heute kombinieren - wie man an den USA und China sehen kann - viele Ebenen der Politik und reichen von Steuerpolitik, um heimische Produktion zu ermutigen, über Handelspolitik, um wettbewerbswidriges Verhalten zu strafen, bis zur Wirtschaftsaußenpolitik, um Lieferketten zu sichern. (...) Im Kontext der EU erfordert es eines hohen Grads der Koordination zwischen den nationalen und den EU-Bemühungen, um diese Verbindung der politischen Ebenen zu erreichen. Aber aufgrund ihres langsamen und zergliederten politischen Entscheidungsprozesses ist die EU weniger im Stande, eine solche Antwort zu liefern."
Dieses Argument kann man auch als eine ganz simple Erpressung zusammenfassen: schluckt den von uns angestrebten EU-Metastaat oder geht wirtschaftlich unter. Schließlich ist der entscheidende Unterschied zwischen China, den USA und der EU, dass die beiden ersten Staaten sind, wenn auch die historische Zeitspanne bei den USA vergleichsweise kurz ist - die EU allerdings keiner ist. Und selbst wenn die Brüsseler Bürokratie mit ihrem Streben den Willen der europäischen Bevölkerung erfüllte, statt ihre Krönungswünsche gegen deren Widerstand durchzusetzen, selbst wenn formal gesehen, unter Zuhilfenahme eines konstruierten externen Feindes, daraus technisch betrachtet ein Staat würde, wäre das dennoch nicht mit einer bereits etablierten Staatlichkeit vergleichbar.
Weiter in Teil 2
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Von Dagmar Henn: EU: Griff nach der Staatsmacht - Teil 2 17 Nov. 2024 07:15 Uhr Der Italiener Mario Draghi ist einer derjenigen, die die Zentralisierung der EU stetig weiter vorantreiben. Der unter seiner Ägide erstellte Bericht "Die Zukunft europäischer Wettbewerbsfähigkeit" ist gewissermaßen der Speiseplan der kommenden Entwicklungen. Der Drang in der EU und insbesondere in der EU-Kommission, sich von einem Verwaltungszentrum für einen Staatenbund in eine neue Form Staat zu verwandeln, ist noch lange nicht verwirklicht. Das hindert nicht daran, in Konzepten wie Draghis Strategiepapier sehr weitgehend staatliche Kompetenzen einzufordern:
Meinung Der Westen muss sich entscheiden: Den BRICS beitreten oder den Anschluss verlieren
"Gegenwärtig ist die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen eine nationale Zuständigkeit, und die Mitgliedsländer müssen nur Benachrichtigungen und Informationen austauschen. Diese Fragmentierung hindert die EU daran, ihre kollektive Macht in Verhandlungen über ausländische Direktinvestitionen zu nutzen und verkompliziert die Formulierung einer gemeinsamen Politik zu ausländischen Direktinvestitionen."
Auch ohne diesen blinden Fleck gegenüber den USA - hier reden wir von einem weiteren Aspekt der Außenpolitik, den sich die EU aneignen will. Welche Konsequenzen es hat, derartige Kompetenzen abzugeben, dürften eigentlich die Folgen der Sanktionspolitik zu Genüge demonstriert haben. Wobei man sich im Zusammenhang mit der EU auch die Frage stellt, ob da nicht schlicht eine Konkurrenz um eventuelle freundliche Gaben am Werk ist; schließlich hat die EU-Kommission bereits hinlänglich bewiesen, Korruption weniger zu bekämpfen als zu zentralisieren.
Wie wenig die Analyse (an der, wie die Danksagung belegt, so ziemlich jeder größere Konzern in der EU beteiligt war), auf tatsächliche Kenntnisse über die Hintergründe wirtschaftlicher Prozesse zurückgreifen kann, bestätigt folgende Beschwerde:
"Europa tritt in die erste Phase in der modernen Geschichte ein, in der das Wachstum des GDP nicht durch ein anhaltendes Nettowachstum der Erwerbsbevölkerung gestützt wird."
Bevölkerungswachstum ist nicht notwendigerweise eine Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum; Innovationsprozesse werden historisch eher durch einen Mangel an Arbeitskräften ausgelöst. Das klassische Beispiel hierfür ist die Entstehung des Fließbands. Es wurde im Schlachthof von Chicago erfunden, weil nicht genug Arbeitskräfte gefunden werden konnten. Tatsächlich beruhte der Vorsprung, den die Vereinigten Staaten bei industriellen Verfahren in bestimmten Bereichen besaßen, genau auf diesem Faktor, während man andererseits durchaus berechtigt davon ausgehen kann, dass ein Wachstum der Erwerbsbevölkerung durch Migration gleich aus zwei Gründen eher innovationsfeindlich ist - zum einen, weil damit der Druck zur technologischen Fortentwicklung vermindert wird, und zum anderen, weil der dadurch ausgelöste Druck auf die Löhne die potentielle Nachfrage verringert.
Die EU, so der Bericht, könne eben durch ihre Fragmentierung nicht mit der Förderung für Forschung und Entwicklung mithalten, wie sie die USA liefern könnten:
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"In den USA findet der größte Teil der öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf Bundesebene statt. In der EU erreichen die Ausgaben der Regierungen zwar bezogen auf den Anteil am GDP eine ähnliche Höhe wie in den USA, aber nur ein Zehntel davon findet auf der Ebene der EU statt, trotz des großen Ausstrahlungseffektes öffentlicher Investitionen in Forschung und Entwicklung auf den privaten Sektor."
Hier sind gleich zwei Kernaussagen enthalten. Die erste lautet, die EU-Bürokratie sieht sich als Gegenstück zur US-amerikanischen Bundesregierung. Da möchte man gleich zum Texaner werden. Die zweite behauptet, ohne Beleg, es hätte einen qualitativen Vorteil, wenn diese staatlichen Mittel über die EU verteilt würden statt über die Nationalstaaten.
Eines der wichtigsten Argumente ist die Größenordnung. Es käme eben nicht genug Geld auf einem Haufen zusammen, und die nach wie vor bestehenden Unterschiede zwischen den nationalen Märkten würde es unnötig erschweren, dass neue Unternehmen wirklich groß werden könnten.
Nun, sicher, abgesehen von den unzähligen unterschiedlichen Regelungen gibt es eben auch materielle Unterschiede in den Konsumgewohnheiten, und die letztlich nicht unerhebliche Tatsache, dass nach wie vor verschiedene Sprachen gesprochen werden. Aber das, was heute einen einheitlichen Markt China bildet, entstand im Zeitraum von Jahrtausenden, während der einheitliche Markt USA das Produkt einer Siedlerkolonisation ist, die das zuvor vorhandene Unterschiedliche schlicht weitgehend ausrottete und durch eine anglo-germanische Mischkultur ersetzte.
Nachdem die EU bekanntlich Zwänge so liebt: auf welche Weise sollen dann die europäischen Völker zu einer einheitlichen Sprache genötigt werden? Schließlich sprechen wir hier nicht von einer Lingua Franca, die im Handel oder der Wissenschaft genutzt wird, diese Rolle erfüllten historisch bereits mehrere Sprachen. Aber für den einheitlichen Markt, der vorzuschweben scheint, müssten sämtliche bestehenden Unterschiede planiert werden, tief in die Bevölkerung hinein. Ist dann womöglich die bizarre Sprachpolitik der baltischen Staaten ein Probelauf?
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Europa müsse, heißt es, unbedingt im Bereich der Künstlichen Intelligenz mitspielen. Noch ein Beispiel dafür, wie wenig Bewusstsein für die materiellen Voraussetzungen vorhanden ist:
"Vor allem wegen der erforderlichen Rechnerleistung wird geschätzt, dass die Kosten für die Ausbildung eines fortgeschrittenen KI-Modells in den letzten acht Jahren sich jährlich verdoppelt bis verdreifacht haben, was nahelegt, dass die Ausbildung von KI-Systemen der nächsten Generation bald 1 Milliarde US-Dollar kosten und bis Ende des Jahrzehnts 10 Milliarden US-Dollar erreichen könnte. Gleichzeitig wird der Einsatz von KI schnellere und sicherere Verbindungen mit geringeren Wartezeiten erfordern. Die EU bleibt aber hinter ihrem Ziel der Digitalen Dekade für Glasfaser- und 5G-Einsatz für 2030 zurück. Die Investitionen, die erforderlich sind, EU-Netzwerke zu unterstützen, werden auf etwa 200 Milliarden Euro geschätzt, um eine volle Abdeckung im Gigabit-Bereich und mit 5G in der ganzen EU zu erreichen. Aber die Pro-Kopf-Investitionen in Europa liegen deutlich niedriger als in anderen größeren Volkswirtschaften."
Da ist die erste Randbemerkung, die einem durch den Kopf schießt, dass man für die Entwicklung von KI-Systemen eines nicht gebrauchen kann - unzuverlässige und teure Stromversorgung. Das zweite Problem: die tatsächliche Arbeit, diese gigantischen Rechner mit Informationen zu füttern, übernehmen überwiegend Arbeitskräfte in Indien. Was für die USA funktioniert, weil beide Enden der Leitung Englisch sprechen. Deshalb war es auch möglich, alle möglichen Hotlines dorthin zu verlagern. Selbst wenn man derartige Systeme auf europäischer Ebene entwickeln wollte, das erste zu bewältigende Problem heißt Sprachvielfalt. Das zweite nennt sich "Energiewende" oder "Dekarbonisierung"; etwas, das auch dieser Bericht propagiert, aber das leider ganz und gar nicht mit den Fantasien über künstliche Intelligenz vereinbar ist.
"Es ist zu spät für die EU, es zu versuchen und systematische Herausforderer für die größeren Cloud-Dienste der USA zu entwickeln; die Investitionen dafür sind zu groß, und sie würden Ressourcen von Sektoren und Unternehmen abziehen, in denen die Innovationsaussichten der EU besser sind."
Wenn man denn schon meint, mit den USA und China konkurrieren zu müssen, und in diesem Zusammenhang allerlei Sicherheitsanforderungen etwa an Rohstofflieferungen stellt, dann müsste man auf jeden Fall die gleichen Sicherheitsanforderungen im Datenbereich stellen. Was bedeutet: Cloudspeicher in den USA sind ein fundamentales Sicherheitsrisiko. Was sie tatsächlich sind. Man muss nur einmal betrachten, was Google mit den Daten treibt, die auf den verschiedensten Wegen anfallen.
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Diese Frage ist alles andere als nebensächlich, denn gleichzeitig fordert dieser Bericht, beispielsweise die Digitalisierung sämtlicher Gesundheitsdaten voranzutreiben, und das auf einer europaweit einheitlichen Basis. Vor allem, um diese Datenquelle nutzen zu können. Allerdings, nachdem die Cloudspeicher eben nicht heimisch sind, würde die einheitliche Digitalisierung nur bedeuten, all diese Daten ebenso einheitlich aus der Hand zu geben. Wie war das noch mal mit der Konkurrenz?
Nun, das macht nichts, dem macht die Dekarbonisierung sowieso den Garaus. Schließlich ist "die Ausbildung und der Betrieb von KI-Modellen und der Betrieb von Datenzentren sehr energieaufwändig. Datenzentren stehen derzeit für 2,7 Prozent des Stromverbrauchs in der EU, aber bis 2030 soll ihr Verbrauch um 28 Prozent zunehmen." Nebenbei, das Land mit dem absolut höchsten Stromverbrauch für die Datenverarbeitung ist Deutschland, also gerade das Land, dessen Versorgungssicherheit am stärksten gefährdet ist.
Wobei, logische Brüche prägen die gesamte Argumentation. Die Diagnosen stimmen, aber nicht die Therapievorschläge:
"Während energieintensive Industrien in anderen Regionen weder die gleichen Dekarbonisierungsziele erfüllen müssen noch ähnliche Investitionen erfordern, profitieren sie von großzügigerer staatlicher Unterstützung. China beispielsweise sorgt für mehr als 90 Prozent der globalen Subventionen für den Aluminium-Sektor in Höhe von 70 Milliarden US-Dollar, wie auch für große Subventionen für Stahl."
Was bedeutet es nun, wenn diese "Dekarbonisierungsziele", die von der EU verhängt wurden, sich als Wettbewerbsnachteil erweisen, und dann die gleiche EU als Folge daraus fordert, zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt zu bekommen, um diese Wettbewerbsnachteile auszugleichen? Auf der einen Seite wird getrickst, um einen zusätzlichen Bedarf für öffentliche Zuschüsse zu schaffen (ein Schachzug, der im Sektor der Erneuerbaren Energien dominiert), auf der anderen die Forderung erhoben, das müsse aber über die EU geschehen und nicht über die Nationalstaaten...
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Man könnte fast auf den Gedanken kommen, dieser Zugriff auf die staatlichen Budgets sei der wirkliche Hintergrund für das ganze Dekarbonisierungstheater, schließlich könnte man besagten Wettbewerbsnachteil wörtlich mit einem Federstrich beseitigen. Ein erweitertes Haushaltsrecht ohne Haushaltskontrolle, ausgeübt von einer der undemokratischsten und korruptesten Exekutiven in der europäischen Geschichte, das ist wahrlich, was das Herz begehrt.
Übrigens findet sich im ganzen Text nichts über eine Entwicklung des Binnenmarktes. Es wird zwar festgestellt, dass die gesamte EU anteilig weit mehr exportiert als die USA oder China, und es wird von Vereinheitlichung des Marktes geschrieben, aber dass Innovation und Wachstum auch etwas mit Binnenkonsum zu tun haben könnten, und die Frage, was sich die Durchschnittsbevölkerung leisten kann, durchaus eine Rolle spielt, scheint völlig unbekannt - außer, man will Bemerkungen zur Demografie loswerden, die sich dann wieder in die Formulierung umsetzen, die EU bräuchte Zuwanderung.
Der Aberglauben, dass so etwas wie Google oder Facebook nicht in Europa entstanden wären, weil hier nicht genug Geld zur Verfügung stünde, ist Begründung dafür, warum unbedingt ein Zugriff auf die Pensionskassen erfolgen müsse. Genauer, die in mehreren europäischen Ländern vorhandenen Pensionsfonds sollen über die EU für Investitionen genutzt werden (und, ein weiterer Wunsch, die bisherigen steuerfinanzierten Systeme sollen in kapitalgestützte überführt werden).
Das ist ziemlich genau das Gegenteil dessen, was die Finanzmarktkrise 2008 ff. gelehrt hat, in deren Verlauf mehrere große Pensionsfonds, z.B. jener der Lehrer im US-Bundesstaat Illinois, den Weg alles Irdischen nahmen. Aber der Draghi-Bericht klagt darüber, dass so viel Geld in Europa ungenutzt gespart würde, das unbedingt in die Kapitalmärkte geschaufelt werden müsse. 2009 ließ man in Irland die Rennpferde auf den Wiesen verhungern, und der internationale Seehandel stand drei Monate lang fast völlig still. Seitdem wurden immer wieder gigantische Mittel aufgewandt, um das Finanzsystem zu stützen, wenn auch meist verdeckt, aber im Grunde weiß alle Welt, dass das irgendwann demnächst platzen muss, und der wirkliche Absturz seit 2008 nur hinausgezögert wurde. Nur die Autoren dieses Berichts scheinen das nicht zu wissen, oder sie tun zumindest, als wüssten sie das nicht.
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Der unterhaltsamste Widerspruch des Berichts mit der Wirklichkeit ist übrigens die Forderung, gerade kleine und mittlere Unternehmen dürften nicht mit Bürokratie überfordert werden. Das muss EU-Humor sein. Stichwort Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz; da verrät der Name bereits die bürokratische Qual, die sich dahinter verbirgt. Diese Forderung seitens der EU, das ist, wie wenn Al Capone aufruft, die Mafia zu bekämpfen. Wenn eines bei allem garantiert ist, an dem EU steht, ist es eine wild wuchernde Schlacht aus Berichten und Anträgen und Kontrolle.
Wie man es dreht und wendet - das Ziel dieses Berichts ist es - und das wurde teils auch zutreffend berichtet - einen bedeutenden Schritt auf dem Weg des EU-Staats voranzukommen. Zu diesem Zweck sollen die wirtschaftspolitischen Kompetenzen an die EU übergehen, europäische Schuldverschreibungen ausgegeben, die wirtschaftlichen Reserven der Bevölkerungen abgeschöpft oder beliehen und Entscheidungen innerhalb der EU in den meisten Bereichen auf Mehrheitsprinzip umgestellt werden.
Doch so groß, wie dieser Bericht tut, in seiner vermeintlichen Darstellung einer Industriestrategie für Europa, so schwach ist seine Argumentation, und so irreal ist es, auf diese Weise das vermeintlich angestrebte Ziel zu erreichen. Das sollte man wissen, wenn er in den kommenden Jahren immer wieder auftauchen und als Referenz angeführt werden wird. Übrig bleibt dann wirklich nur das, was angeblich die logische Schlussfolgerung sein soll, die Ausweitung der Brüsseler Macht.
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