Analysen 23.-30.10.24: Thierry Meyssan: In Kasan hat sich die Weltordnung gewendet/ Peter Hänseler/ Trump + Entdollarisierung/ Das Ende des US-Dollars ist vertagt/ Rainer Rupp: BRICS-Gipfel/ Michael Hudson • Wie die USA die Weltherrschaft übernahmen
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von Thierry Meyssan: In Kasan hat sich die Weltordnung gewendet Voltaire Netzwerk | Paris (Frankreich) | 29. Oktober 2024 Der BRICS-Gipfel in Kasan hat das Ende der Vorherrschaft der G7 über die Welt eingeläutet. Die angelsächsischen Regeln, die die internationalen Beziehungen organisierten, werden nach und nach durch die von jeder Partei eingegangenen Verpflichtungen, die nun eingehalten werden müssen, ersetzt werden. Diese Revolution führt uns zurück zu den Versuchen Russlands und Frankreichs im Jahr 1899, ein Völkerrecht zu begründen, welches durch die Atlantikkonferenz und das Doppel-Monopol Vereinigte-Staaten/Vereinigtes Königreich untergraben wurde.
Peter Hänseler: Peter Hänseler im Interview mit RT-International Anlässlich unseres Aufenthaltes in Kasan wurde Peter Hänseler von mehreren Fernsehstationen und Blogs interviewt. Wir publizieren einige davon. Zu unserer grossen Überraschung wurde Peter Hänseler in Kasan von vielen Menschen für ein Interview angefragt, unter anderem von RT-International für ein Kurzgespräch mit Rory Suchet, dem Star bei RT-International.
Von Oleg Jassinski: Eindrücke vom Gipfel in Kasan: Hoffnung der Welt und zwielichtiges Brasilien 26 Okt. 2024 14:03 Uhr Der aus der Ukraine stammende Lateinamerika-Experte erlebte den BRICS-Gipfel in Kasan als Korrespondent von Telesur. Das Ereignis erlebte er als hoffnungsvolles Zeichen, dass der Menschheit ein Neubeginn gelingen wird. Getrübt wird der Eindruck nur vom Veto, das Brasilien gegen die Aufnahme Venezuelas einlegte.
Entdollarisierung: Trump enthüllt Plan um sie zu stoppen 9 Sep. 2024 16:10 Uhr Während sich die Welt vor dem Hintergrund von Washingtons Bewaffnung des US-Dollars gegen Russland weiter entdollarisiert, hat der US-Präsidentschaftskandidat Ländern, die den Greenback bei internationalen Transaktionen ersetzen wollen, mit 100-prozentigen Zöllen gedroht. Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat behauptet, dass die Abschaffung des US-Dollars für Länder, die diese Politik betreiben, äußerst schmerzhaft sein wird. Sie würden mit noch nie dagewesenen Einfuhrzöllen konfrontiert, falls sie den Handel ohne den Dollar betreiben sollten, so Trump.
BRICS-Gipfel: Das Ende des US-Dollars ist vertagt 24 Okt. 2024 21:00 Uhr Übersteigerte Erwartungen an den BRICS-Gipfel in Kasan lauteten: Er wird dem US-Dollar ein Ende setzen und ein eigenes Weltfinanzsystem einführen. Warum es so schnell nicht geht und warum es auch gut ist, dass es länger dauert, erklärt die Kolumnistin von RIA Nowosti Irina Alksnis. Der schlimmste Albtraum des Westens im Zusammenhang mit dem BRICS-Gipfel in Kasan ist nicht wahr geworden: Eine mögliche Ankündigung der Schaffung eines alternativen Finanzsystems ist ausgeblieben. Die Staats- und Regierungschefs beschränkten sich auf eine rege Diskussion dieses Themas und eine eher stromlinienförmige Formulierung in der Abschlusserklärung des Gipfels.
Von Rainer Rupp: BRICS-Gipfel in Kasan stellt westliche Vorherrschaft in Frage 23 Okt. 2024 07:49 Uhr Vom 22. bis 24. Oktober 2024 findet in Kasan der BRICS-Gipfel statt, der weltweit erhebliche Aufmerksamkeit erregt. Insbesondere westliche Regierungen und Medien verfolgen den Gipfel mit großem Interesse. Er hat das Potenzial, das Ende der USA dominierten Weltordnung einzuläuten. Eines der vom Westen, vor allem von Washington am stärksten beachteten Themen des Gipfels ist der Vorstoß zur Entdollarisierung großer Teile des globalen Handels mit Gütern und Dienstleistungen, was zugleich einen Todesstoß gegen den US-dominierten Handel mit heißer Luft, d. h. mit US-Finanzprodukten, zur Folge haben könnte.
Michael Hudson • Wie die USA die Weltherrschaft übernahmen: Das Ende des Völkerrechts! 17. Oktober 2024 Videolink MICHAEL HUDSON: Die Anhäufung dieser von den USA unterstützten Aggression von der Ukraine bis nach Israel hat zu einem Zusammenbruch des Völkerrechts geführt. Und was ebenso wichtig ist: Was bedeutet Völkerrecht, wenn es keine Mittel zur Durchsetzung gibt, wenn es Gesetze gegen Völkermord gibt, Gesetze gegen anhaltende Angriffe auf Zivilisten? Was kann irgendjemand dagegen tun? Es scheint ein globaler Krieg zu sein, und alle Taktiken sind jetzt anders als in allen Kriegen, die wir zuvor gesehen haben, und wir werden darauf eingehen. Die grundlegenden politischen Fragen dieses neuen Kalten Krieges ähneln stark dem Dreißigjährigen Krieg in Europa (von 1618 bis 1648). Dieser Dreißigjährige Krieg endete mit dem Westfälischen Frieden und führte zur Schaffung des Völkerrechts, das von 1648 bis zur Gründung der Vereinten Nationen die Welt regierte. Bis vor wenigen Jahren, als die Vereinigten Staaten es ablösten und sagten: „Wir befolgen nicht länger das Völkerrecht. Wir befolgen unser eigenes Recht. Wir nennen es die regelbasierte Ordnung, und es sind unsere Regeln, und unsere Ordnungsregeln sind das Gegenteil von allem, was das Völkerrecht zuvor gesagt hat.“ Es handelt sich um einen radikalen Wandel, über den kaum jemand spricht. Denn was soll man tun, wenn die USA, die Ukraine, Israel und die NATO plötzlich die Prinzipien auf den Kopf stellen, die seit fast vier Jahrhunderten als die eigentliche Basis der Zivilisation gelten? Das ist sehr radikal.
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von Thierry Meyssan: In Kasan hat sich die Weltordnung gewendet Voltaire Netzwerk | Paris (Frankreich) | 29. Oktober 2024 Der BRICS-Gipfel in Kasan hat das Ende der Vorherrschaft der G7 über die Welt eingeläutet. Die angelsächsischen Regeln, die die internationalen Beziehungen organisierten, werden nach und nach durch die von jeder Partei eingegangenen Verpflichtungen, die nun eingehalten werden müssen, ersetzt werden. Diese Revolution führt uns zurück zu den Versuchen Russlands und Frankreichs im Jahr 1899, ein Völkerrecht zu begründen, welches durch die Atlantikkonferenz und das Doppel-Monopol Vereinigte-Staaten/Vereinigtes Königreich untergraben wurde.
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Die neun Staats- und Regierungschefs der BRICS+ Mitgliedsstaaten.
Vom 22. bis 24. Oktober 2024 hat in Kasan (Russland) der XVI. Gipfel der erweiterten BRICS-Staaten stattgefunden [1]. Neben den neun Staats- und Regierungschefs, die dieser Organisation bereits angehören, haben elf weitere teilgenommen, und etwa zwanzig weitere Staaten haben ihre Beitrittsanträge eingereicht.
Dieses Ereignis ist der Höhepunkt der Strategie, die 2009 vom brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, dem russischen Regierungspräsidenten Wladimir Putin, dem indischen Premierminister Manmohan Singh und dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao begonnen wurde. Diese vier Männer hatten eine Vorstellung von internationalen Beziehungen auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen, die es jedem Land ermöglichen, sich zu entwickeln. Für sie ging es nicht darum, sich gegen den westlichen Imperialismus der G8 zu wehren (der Russland bis zum westlichen Staatsstreich auf dem Maidan angehörte), sondern einen anderen Weg zu beschreiten, ohne die Angelsachsen.
Wladimir Putin hat bei der Schaffung dieses Korpus der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eine zentrale Rolle gespielt, so wie Zar Nikolaus II. 1899 bei der Erfindung des Völkerrechts eine solche gespielt hatte [2]. Es war Putin, der den ersten Gipfel in Jekaterinburg organisiert hat, obwohl es Präsident Dmitri Medwedew war, der Russland dort vertrat.
In einem Interview anlässlich des Kasan-Gipfels bekräftigte Wladimir Putin unter Berufung auf die Worte des indischen Premierministers Narendra Modi, dass "die BRICS-Staaten keine antiwestliche, sondern eine nicht-westliche Organisation sind".
In ihrer Abschlusserklärung befassen sich die Staats- und Regierungschefs mit vier unterschiedlichen Themen [3]:
• Multilateralismus;
• Zusammenarbeit für Stabilität und Sicherheit;
• Wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit;
• Zwischenmenschlicher Austausch.
Multilateralismus
Nachdem sie bemerkt haben, dass unabhängig von den westlichen Machtzentren neue Zentren entstehen, bekräftigen sie ihr Bekenntnis zur Charta der Vereinten Nationen, an deren Ausarbeitung alle beteiligt waren, mit Ausnahme der Vereinigten Arabischen Emirate, die ja noch nicht unabhängig waren. Dann plädieren sie für eine Reform der UNO und ihrer Agenturen, damit sich ihre Institutionen an die aktuelle Welt anpassen und neue Mächte integrieren. Sie nennen zwar kein Datum für eine Reform des UN-Sicherheitsrats und des Internationalen Währungsfonds (IWF), setzen aber eine Frist bis 2025 für die Reform der Welthandelsorganisation (WTO) und des Direktoriums der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD).
Sie bewerten die außerhalb des Sicherheitsrats getroffenen "Sanktionen", ob nun politischer oder wirtschaftlicher Natur, als "illegale einseitige Zwangsmaßnahmen“.
Sie unterstützen die Arbeit des Weltklimarats (IPCC), kommentieren aber nicht die Schlussfolgerungen, die der Westen daraus zieht. Sie erklären sich zutiefst besorgt über seine Versuche, die Sicherheit mit der Agenda des Klimawandels zu verknüpfen. Später im Text (§ 83) verurteilen sie die Nutzung des Klimavorwands, um einseitige, strafende und diskriminierende protektionistische Maßnahmen durchzusetzen. Darüber hinaus unterstützen sie die Zusammenarbeit im Kampf gegen die Treibhausgase gemäß Artikel 6 des Pariser Abkommens (§ 85). Man erinnere sich jedoch, dass die Russische Akademie der Wissenschaften die westliche, anthropogenetische [durch Menschen verursachte] Auslegung des Klimawandels zurückweist.
Sie verpflichten sich zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Entwicklung, und der Grundfreiheiten im Rahmen der Grundsätze der Gleichheit und der gegenseitigen Achtung. Sie verpflichten sich ebenfalls, den Kampf gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und die damit verbundene Intoleranz, sowie die Diskriminierung aufgrund der Religion, des Glaubens oder der Weltanschauung, und alle ihre zeitgenössischen Formen in der ganzen Welt zu intensivieren, einschließlich der alarmierenden Tendenzen zunehmender Hassreden.
Zusammenarbeit für Stabilität und Sicherheit
Sie einigen sich auf einen gemeinsamen Standpunkt angesichts der aktuellen Konflikte, verweisen aber auf die Resolution 2686 (2023) des Sicherheitsrats (in der Intoleranz und Hassreden verurteilt werden) und die Resolution 46/182 (1991) der Generalversammlung der Vereinten Nationen (über humanitäre Nothilfe). Sie erinnern auch an die Notwendigkeit, die legitimen und vernünftigen Sicherheitsbedenken aller Länder zu respektieren.
Es folgte eine lange Liste von Stellungnahmen.
- Gaza (§ 30)
Sie unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer sofortigen, umfassenden und dauerhaften Waffenruhe im Gazastreifen, der sofortigen und bedingungslosen Freilassung aller Geiseln und Gefangenen beider Seiten, die illegal in Gefangenschaft gehalten werden, der Bereitstellung umfangreicher, nachhaltiger humanitärer Hilfe und der Beendigung aller Aggressionen. Sie unterstützten jedoch die Zwei-Staaten-Lösung (ursprünglich Lord Peels Kolonialplan), die ihnen als die einzig mögliche friedliche Lösung erscheint. - Libanon (§ 31-32)
Sie verurteilen den "vorsätzlichen terroristischen Akt" der Detonation von Piepsern und Walkie-Talkies am 17. September 2024. Sie verurteilen auch die Angriffe auf UN-Mitarbeiter und die Bedrohung ihrer Sicherheit und fordern den jüdischen Staat auf, diese Aktivitäten im Libanon unverzüglich einzustellen. Sie sprechen sich für die strikte Einhaltung der Resolution 1701 (2006) aus, weil klarsteht, dass diese in gleicher Weise für Israel gilt, das sich daher hinter die "blaue Linie" (Demarkationslinie) zurückziehen muss. - Jemen (§ 33)
Sie sind für die Freiheit der Schifffahrt, aber anstatt Ansar Allah zu verurteilen, wie es der Westen tut, wollen sie die Ursachen des Konflikts bekämpfen und den Dialog und den Friedensprozess unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen unterstützen. - Syrien (§ 34)
Sie bestehen darauf, dass die Souveränität und territoriale Integrität Syriens strikt respektiert wird. Sie verurteilen die illegale ausländische Militärpräsenz, die das Risiko eines umfassenden Konflikts in der Region erhöht. Sie betonen, dass die illegalen "einseitigen Sanktionen" das Leid der syrischen Bevölkerung ernsthaft verschlimmern. Sie sprechen sich auch (§ 43) gegen die israelische Besatzung des syrischen Golan aus. - Iran (§ 35 und 37)
Sie verurteilen den Angriff auf die diplomatischen Einrichtungen der Islamischen Republik Iran in Damaskus. Sie erinnern daran, dass das JCPOA-Abkommen vom Sicherheitsrat bestätigt wurde und die Vereinigten Staaten sich nicht mehr so daraus zurückziehen können, wie sie es getan haben. - Ukraine (§ 36)
Sie betonen, dass alle Staaten in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen in ihrer Gesamtheit handeln sollen (was der russischen Interpretation des Konflikts Recht gibt). Sie beurteilen mit Befriedigung die einschlägigen Vorschläge Chinas, Südafrikas und Indiens für Vermittlung und gute Dienste, die auf eine friedliche Beilegung des Konflikts durch Dialog und Diplomatie abzielen. - Sudan (§ 40)
Sie verurteilen den Angriff der Truppen von Präsident Abdel Fattah al-Burhan auf die Residenz des Missionsleiters der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate am 29. September 2024; ein Angriff, der mit dem Angriff Israels auf die iranischen diplomatischen Einrichtungen in Syrien vergleichbar ist. Sie rufen zu einem unverzüglichen, dauerhaften und bedingungslosen Waffenstillstand auf. - Afghanistan (§ 42)
Sie verteidigen das Prinzip eines unabhängigen, vereinten und friedlichen Staates, ohne Terrorismus, Krieg und Drogen. Sie unterstreichen die Notwendigkeit, dem afghanischen Volk dringend und ununterbrochen humanitäre Hilfe zu leisten und die Menschenrechte aller Afghanen, einschließlich Frauen, Mädchen und verschiedener ethnischer Gruppen, zu schützen, wozu auch die Aufhebung wirksamer Verbote der Sekundar- und Hochschulbildung gehört. - Abrüstung (§§ 43-46)
Sie sind für eine Beschleunigung der Umsetzung der Resolutionen über die Schaffung einer von Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen freien Zone im Nahen Osten (d.h. für die Denuklearisierung Israels) in Übereinstimmung mit dem iranischen Vorschlag.
Sie plädieren auch dafür, ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern, trotz des Widerstands der Vereinigten Staaten. - Terrorismus (§§ 47-49)
Sie lehnen jeglichen Versuch ab, die Fragen des Kampfes gegen den Terrorismus und den Einsatz terroristischer Gruppen zur Erreichung politischer Ziele zu politisieren und betonen, dass nur die BRICS-Staaten eine effektive Organisation in diesem Bereich sind – eine direkte Anspielung auf die verdeckten Operationen der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs. Sie plädieren für die baldige Verabschiedung des Allgemeinen Übereinkommens über den internationalen Terrorismus im Rahmen der Vereinten Nationen. - Grenzüberschreitende Kriminalität (§ 50-53)
Unter Russlands Initiative gehen die BRICS-Staaten die Probleme der Drogen, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der Korruption an, indem sie eine koordinierte Reaktion der Strafverfolgungsbehörden verstärken.
Wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit
Die BRICS-Staaten studieren zunächst die Notwendigkeit einer Clearingstelle für den Austausch von Liquidität zwischen ihnen selbst (ohne das von den NATO-stay-behind geschaffene SWIFT-System benutzen zu müssen) und eines Rückversicherungssystems zur Sicherung des Warentransports (ohne über angelsächsische Unternehmen gehen oder indirekt von ihnen kontrolliert werden zu müssen).
Sie betrachten den Handel nicht durch die Brille des Freihandels oder der Zölle, sondern durch die Brille der Sicherheit, Widerstandsfähigkeit, Stabilität und Effizienz der Lieferketten. Im vergangenen Jahr haben sie ein Programm zur Harmonisierung und Koordinierung des Einsatzes der Informationstechnologie in Wirtschaft und Handel (PartNIR) eingeführt.
Was den Kampf gegen Krankheiten anbelangt, begrüßen die BRICS-Staaten zwar die Arbeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), entwickeln aber ein eigenes Alarm- und Hilfssystem.
Was das geistige Eigentum anbelangt, beabsichtigen die BRICS, von dem sie wissen, dass Urheberrechte und andere Patente heute die Haupteinnahmequelle der Angelsachsen sind (und nicht ihre reale oder finanzielle Produktion), dieses System wieder auf die Beine zu stellen, indem sie den Fälschungen den Kampf erklären und auf unlautere Erhöhung ihrer Profite verzichten. Sie beabsichtigen, die Zusammenarbeit bei Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsprogrammen in den Bereichen Biomedizin, erneuerbare Energien, Weltraum und Astronomie sowie Meeres- und Polarwissenschaften zu verstärken.
Zwischenmenschlicher Austausch
Die BRICS-Staaten beabsichtigen vor allem, gegen die angelsächsische Ideologie des Clash of civilisations [4] zu kämpfen, indem sie sich auf zwei UN-Organisationen, UNICEF und die Allianz der Zivilisationen, stützen. Sie wollen den menschlichen Austausch unter sich in den Bereichen Medien, Kultur, Bildung, Sport, Kunst, Jugend, Zivilgesellschaft, öffentliche Diplomatie und akademischer Austausch intensivieren.
Die BRICS-Staaten wehren sich hier nämlich gegen einen Rückschritt: Das Konzept des Krieges der Kulturen, das ein wesentlicher Bestandteil der Rede von Präsident George Bush Jr. gewesen war, schien endgültig in Vergessenheit geraten zu sein. Mit der Kandidatur von Kamala Harris, die von den Neokonservativen unterstützt wird, kommt es wieder in Mode. Es handelt sich einfach nur um eine angeblich gelehrte Form des alten gewalttätigen Narratives der Jahre 1930-1945: Um zu überleben, haben die Westmächte keine andere Wahl, als die anderen zu eliminieren.
Die auf dem Kasan-Gipfel präsenten Staats- und Regierungschefs, Mitglieder und Gäste. Dieses Foto genügt, um die G7-Niederlage bei dem Isolierungsversuch Russlands zu erkennen.
Bemerkungen zu diesem Gipfel
Dieser Gipfel fand statt, als die Welt aus erster Hand Zeuge der ethnischen Säuberungen Israels wurde, zuerst in Gaza und dann im Südlibanon. Gleichzeitig wendet sich die russische militärische Spezialoperation zur Umsetzung der Resolution 2202 des Sicherheitsrats (der Minsker Vereinbarungen) in der Ukraine zum Vorteil Moskaus. Die ukrainische Armee wird den Winter nicht überstehen, und die "einseitigen Zwangsmaßnahmen" des Westens sind allesamt gescheitert. Entschuldigung, vom Standpunkt des "Krieges der Kulturen" aus gesehen, bedrohen die Araber von Gaza und die Russen der Ukraine den Westen und müssen eliminiert werden.
Die Teilnahme an den BRICS-Staaten erscheint daher wie eine Revolte gegen die angelsächsische Weltordnung. Man kann daher nur enttäuscht sein über den Rückzug des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, der es nicht wagte, nach Kasan zu kommen und sich von seinem Außenminister Mauro Vieira vertreten ließ. Brasilien ist jedoch Gründungsmitglied der BRICS. Es stimmt jedoch, dass Brasilien beteiligt ist, da es den Vorsitz der Neuen Entwicklungsbank innehat. Ihren Vorsitz führt die ehemalige Präsidentin Dilma Youssef, die in einer ferngesteuerten Operation der Vereinigten Staaten und Israels gestürzt worden war.
Die gleiche Bemerkung muss gemacht werden zur Weigerung im letzten Moment des saudi-arabischen Prinzen Mohammed bin Salman, für die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen und Kasan zu besuchen, obwohl sein privilegierter Verbündeter, die Vereinigten Arabischen Emirate, jetzt Mitglied der BRICS-Staaten sind und deren Präsident, Scheich Mohammed bin Zayed Al Nahyan, anwesend war.
Russland hatte Kasan, die Hauptstadt Tatarstans, als Gastgeber des Gipfels ausgewählt, weil diese dynamische Stadt sowohl die Integration der Muslime in die Russische Föderation als auch die Fähigkeit Moskaus, seine Macht zu übertragen, veranschaulicht.
An der wirtschaftlichen Front hat der Gipfel bei der Entdollarisierung des internationalen Handels Fortschritte erzielt. Die BRICS-Staaten bewegen sich auf einen digitalen Währungsstandard zu. Diskutiert wurden Ideen für eine gemeinsame Steuerbehörde, ein Tribunal zur Schlichtung von Wirtschaftsstreitigkeiten zwischen den Mitgliedsländern oder auch die Idee einer Getreidebörse. Auch die Möglichkeit, eine unabhängige grenzüberschreitende Abwicklungs- und Einlageninfrastruktur, "BRICS Clear", aufzubauen. Schließlich treiben die BRICS-Staaten die Entwicklung eines Zahlungskartensystems namens "BRICS Pay" voran, das auf dem Kasan-Gipfel vorgestellt wurde. Seine Funktionsweise scheint relativ klassisch zu sein: Die "BRICS Pay"-Karte soll es ermöglichen, Zahlungen in Landeswährung über die Verwendung eines QR-Codes abzuwickeln, indem eine elektronische Geldbörse belastet wird, die über eine gleichnamige Anwendung gespeist wird, indem eine Visa-, MasterCard- oder Mir-Bankkarte angehängt wird. Das Problem besteht darin, die volle Souveränität zu bewahren und gleichzeitig an einer kollektiven Währung teilzunehmen.
Der Gipfel hat vor allem auf politischer Ebene gezeigt, dass die BRICS-Staaten die wechselnden westlichen Regeln, die von der G7 je nach Ansprechpartner willkürlich festgelegt werden, ablehnen und es vorziehen, das gegebene Wort, d.h. das Völkerrecht, zu respektieren. Die Länder des "Globalen Südens" (im Gegensatz zum "kollektiven Westen") sind sich der Verpflichtungen und Verträge, die von den Angelsachsen unterzeichnet aber von ihnen schamlos verletzt wurden.
Der Westen ist tatsächlich der Ansicht, dass sich ein gewählter Staats- oder Regierungschef im Namen der Demokratie nicht an die Unterschrift seiner Vorgänger gebunden fühlen kann, während andere Staaten, ob illiberale oder diktatorische in ihren Augen, die Pflicht dazu haben. So hat Donald Trump zum Beispiel das JCPOA (Atomabkommen mit dem Iran) aufgekündigt, das sein Vorgänger Barack Obama ausführlich ausgehandelt hatte. Oder Joe Biden sah sich nicht an zwei von seinem Freund Barack Obama unterzeichnete Dokumente gebunden, weder an das Istanbul-Dokument (1999 [5]), noch an die Resolution 2202 (2015) zu den Minsker Vereinbarungen. Er behauptet daher, Russland sei in die Ukraine einmarschiert und verstoße gegen die UN-Charta, während viele spätere Texte zeigen, dass Russland das einzige Land ist, das alle Prinzipien buchstabengetreu befolgt hat.
Der IWF hat gerade seine Berechnungen revidiert und Russlands Bruttoprodukt (BIP) in Kaufkraftparität auf den vierten Platz hinter China, die Vereinigten Staaten und Indien gesetzt. Das russische BIP stieg daher plötzlich um 23 % und verließ den 48. Platz, auf dem es lange verweilte. Abgesehen von den wirtschaftlichen Realitäten (die BRICS-Staaten repräsentieren 37 % des weltweiten BIP und 45 % der Menschheit, während die G7 nur 29 % des BIP und 10 % der Weltbevölkerung ausmachen) öffnete dieser Gipfel jedoch vielen sehbehinderten Menschen die Augen. Die Welt ist umgekippt. Sie wird nicht mehr von Washington und London dominiert.
Übersetzung
Horst Frohlich
Korrekturlesen : Werner Leuthäusser
Screenshot
Peter Hänseler: Peter Hänseler im Interview mit RT-International Anlässlich unseres Aufenthaltes in Kasan wurde Peter Hänseler von mehreren Fernsehstationen und Blogs interviewt. Wir publizieren einige davon. Zu unserer grossen Überraschung wurde Peter Hänseler in Kasan von vielen Menschen für ein Interview angefragt, unter anderem von RT-International für ein Kurzgespräch mit Rory Suchet, dem Star bei RT-International.
Journalisten bei einer Pressekonferenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin während des 16. BRICS-Gipfels in Kasan
Von Oleg Jassinski: Eindrücke vom Gipfel in Kasan: Hoffnung der Welt und zwielichtiges Brasilien 26 Okt. 2024 14:03 Uhr Der aus der Ukraine stammende Lateinamerika-Experte erlebte den BRICS-Gipfel in Kasan als Korrespondent von Telesur. Das Ereignis erlebte er als hoffnungsvolles Zeichen, dass der Menschheit ein Neubeginn gelingen wird. Getrübt wird der Eindruck nur vom Veto, das Brasilien gegen die Aufnahme Venezuelas einlegte.
Als Korrespondent des lateinamerikanischen zwischenstaatlichen Fernsehsenders Telesur (Venezuela, Kuba und Nicaragua) verbrachte ich drei interessante Tage und drei schlaflose Nächte auf dem BRICS-Gipfel in Kasan. Einige persönliche Eindrücke und Meinungen zu dem, was ich gesehen habe:
1. Der Gipfel erwies sich nicht nur als das endgültige Scheitern der Versuche, Russland von der Welt und die Welt von Russland zu isolieren, und nicht nur als Sieg der Multipolarität, über die man gewöhnlich so viel spricht, im Guten wie im Schlechten. Ich denke, er war etwas viel Größeres: der bisher konkreteste Versuch, auf den Trümmern der zusammengebrochenen westlichen Zivilisation eine neue Menschheitsgeschichte zu gründen und neu zu beginnen.
Analyse BRICS-Plenum: Maduro attackiert UNO ‒ Guterres stellt globalen UN-Zukunftspakt vor
Dabei ist es überhaupt nicht beängstigend, dass viele Menschen dies nicht verstehen und ernsthaft glauben, dass diese Welt durch rein wirtschaftliche und finanzielle Reformen verändert werden kann. Es ist notwendig, Kultur und Paradigma, Ansichten und Einstellungen zu ändern. Das neue Motto: Humanismus oder Tod.
2. Der Westen führt Krieg gegen uns, nicht weil er schlecht oder gut ist, sondern weil es zu seiner Natur gehört. So wie ein Hai erstickt, wenn er nicht schwimmt, so geraten "zivilisierte Länder" in eine Krise, wenn sie nicht auf Kosten anderer expandieren oder – meist mit den Händen anderer – Kriege führen.
Die größte Bedrohung für die Weltdiktatur der Konzerne sind nicht die russischen Waffen oder die chinesische Wirtschaft, sondern die menschliche Spiritualität, die nicht immer und nicht unbedingt mit Religiosität identisch ist. Eines der größten Reservoirs an Spiritualität in der Welt ist Russland. Für die Feinde der Menschheit ist dies die Bedrohung Nummer eins. Es ist für sie unverständlich, und vor dem Unverständlichen sind sie machtlos.
Es ist offensichtlich, dass es keine uns feindlich gesinnten Länder gibt, sondern feindliche Regierungen, lokale Verwalter des globalen Systems, die, wie im Falle der Ukraine, in erster Linie Feinde ihres eigenen Volkes sind.
3. Ein negativer Eindruck war die Nichtaufnahme Venezuelas in die BRICS aufgrund des Vetos Brasiliens. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Regierung des "linken", "fortschrittlichen", "Arbeiter"-Präsidenten Lula da Silva zuvor ein Veto gegen die Aufnahme eines anderen lateinamerikanischen Kandidaten, Nicaraguas, in die BRICS eingelegt hatte.
Einmal mehr zeigt sich, dass der "linke Progressivismus" die Interessen des Imperiums und seiner Konzerne zuverlässiger und effektiver schützt als alle offen rechtsgerichteten Regierungen zusammen. Als Lula in Brasilien wegen erfundener Anschuldigungen inhaftiert wurde, setzten sich die venezolanische Regierung und Maduro persönlich für seine Freilassung ein.
Lula: "Schaffung eines BRICS-Zahlungssystem darf nicht länger aufgeschoben werden"
Die erste politische Spaltung der BRICS wird von der "fortschrittlichsten Regierung" desjenigen Kontinents herbeigeführt, der die BRICS am dringendsten benötigt, Lateinamerikas.
Persönlich hat Lula das Recht, Ortega und Maduro zu behandeln, wie er will, aber die BRICS-Organisation ist auf die Entwicklung und das Wohlergehen der Völker und nicht auf das Wohl von Regierungen ausgerichtet. Lula kann nicht übersehen, dass Venezuela unter einer schweren Blockade durch die USA steht und die BRICS-Mechanismen eine Chance sind, sich aus dem wirtschaftlichen Würgegriff zu befreien. Sein "Sturz in die Badewanne" am Vortag und seine "Kopfnuss" sind willkommene Vorwände dafür, Maduro in Kasan nicht in die Augen zu schauen. In wessen Interesse handelt die Regierung Lula?
Nichtsdestotrotz wurde ein wichtiger Präzedenzfall für politische Konflikte innerhalb der BRICS geschaffen, wahrscheinlich nicht der letzte oder größte. Konflikte sind völlig normal und unvermeidlich, und deshalb ist es heute sehr wichtig, wie die Organisation damit umgehen wird.
Wünschen wir Lula, nicht wieder zu stürzen.
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Trump: Sanktionen töten den Dollar
In einer Rede vor seinen Anhängern während einer Wahlkampfveranstaltung in Wisconsin am Samstag versprach der ehemalige US-Präsident, den Status des Dollars als Weltreservewährung aufrechtzuerhalten, und betonte, dass dieser "stark bedroht" sei, da eine wachsende Zahl von Staaten sich anderen Zahlungsmitteln zugewandt habe. "Wenn Sie den Dollar verlassen, machen Sie keine Geschäfte mit den USA, denn wir werden 100-prozentige Zölle auf Ihre Waren erheben", sagte Trump.
Nach den massiven Wirtschaftsbeschränkungen, die die USA und ihre Verbündeten im Zuge der Eskalation des Ukraine-Konflikts im Februar 2022 gegen Russland verhängt haben, hat sich ein breiter Trend zur Verwendung nationaler Währungen anstelle des Dollars entwickelt. Nachdem Moskau vom westlichen Finanzsystem abgeschnitten worden ist, hat es sich alternativen Zahlungsmöglichkeiten zugewandt, und einige der ausländischen Partner Russlands sind diesem Beispiel gefolgt.
In der vergangenen Woche erklärte der russische Präsident Wladimir Putin, dass Russland keine Politik der Entdollarisierung verfolge, sondern nach einer Reihe beispielloser Maßnahmen gezwungen sei, sich nach anderen Optionen umzusehen. Zu diesen antirussischen Maßnahmen zählte er den Ausschluss der russischen Zentralbank von Dollar-Transaktionen, das Verbot des Transfers von US-Banknoten in die Russische Föderation und das Einfrieren der Devisenreserven des Landes.
Putin zufolge verwenden Moskau und seine BRICS-Partner nun bei 65 Prozent der gegenseitigen Handelsabrechnungen nationale Währungen. Die Mitglieder des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) planen, über eine Umstellung auf lokale Währungen anstelle von US-Dollar, Euro, Yen und Pfund Sterling zu diskutieren. Das gemeinsame BIP des Wirtschaftsblocks, zu dem Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam gehören, beläuft sich Berichten zufolge auf 4 Billionen Dollar.
Letzte Woche versprach der US-Präsidentschaftskandidat, die Sanktionen Washingtons im Falle seiner Wiederwahl im November deutlich zu reduzieren. In einer Rede vor dem Economic Club of New York räumte Trump ein, dass die von den USA gegen andere Staaten verhängten Sanktionen dem Dollar schaden.
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Von Irina Alksnis:
BRICS-Gipfel: Das Ende des US-Dollars ist vertagt
24 Okt. 2024 21:00 Uhr Übersteigerte Erwartungen an den BRICS-Gipfel in Kasan lauteten: Er wird dem US-Dollar ein Ende setzen und ein eigenes Weltfinanzsystem einführen. Warum es so schnell nicht geht und warum es auch gut ist, dass es länger dauert, erklärt die Kolumnistin von RIA Nowosti Irina Alksnis. Der schlimmste Albtraum des Westens im Zusammenhang mit dem BRICS-Gipfel in Kasan ist nicht wahr geworden: Eine mögliche Ankündigung der Schaffung eines alternativen Finanzsystems ist ausgeblieben. Die Staats- und Regierungschefs beschränkten sich auf eine rege Diskussion dieses Themas und eine eher stromlinienförmige Formulierung in der Abschlusserklärung des Gipfels.
Meinung Washingtons Irrsinn – die absurden Regeln vom "Gleichgewicht des Schreckens"
Unter westlichen Kommentatoren und Experten herrscht keine besondere Freude darüber, und das aus gutem Grund. Denn sowohl die Diskussion auf dem Gipfel als auch die Erklärung von Kasan zeigen bei aller Sorgfalt der Formulierungen eindeutig, dass der Prozess in diese Richtung nicht nur im Gange ist. Er hat bereits ein solches Tempo und Ausmaß angenommen, dass er nicht mehr aufzuhalten ist. In der Erklärung werden zahlreiche Programme, Plattformen und Strukturen genannt, die sich in der Entwicklung befinden oder bereits im Rahmen der Vereinigung tätig sind: von der Neuen Entwicklungsbank bis hin zur grenzüberschreitenden Abwicklungs- und Verwahrungsinfrastruktur BRICS Clear, deren Absatz die besondere Aufmerksamkeit der Fachleute auf sich zog. Dennoch gibt es immer noch viele enttäuschte (von Befürwortern) und spöttische (von Gegnern) Stimmen: "Wir dachten, Kasan würde ein neues Bretton Woods werden und die Herrschaft des Dollars begraben, aber es endete alles nur als ein weiteres Gerede."
Der Vergleich mit Bretton Woods ist sehr gut, und es lohnt sich, genauer darüber zu sprechen, denn jetzt, nach 80 Jahren, wird deutlich, dass die Gründe für den unvermeidlichen künftigen Zusammenbruch des Dollarsystems im Juli 1944 in Bretton Woods, New Hampshire, gelegt wurden. Dort fand eine Währungs- und Finanzkonferenz statt, auf der die Grundlagen für die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Wiederaufbau der in Trümmern liegenden Weltwirtschaft nach dem Krieg gelegt wurden. Das Ergebnis dieser zwanzigtägigen Veranstaltung war die Einführung des Dollars als Weltreservewährung und die Schaffung der grundlegenden Institutionen des heutigen Systems – des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank.
An der Konferenz von Bretton Woods nahmen 730 Delegierte aus 44 Ländern der Anti-Hitler-Koalition teil, die am Ende der Konferenz den Vereinigten Staaten die finanziellen Schlüssel zur Welt übergaben. Eine solche Entscheidung erscheint heute einfach absurd. Wie konnte eine solche Ungerechtigkeit, die enorme Risiken birgt, überhaupt geschehen? Die Antwort ist ganz einfach: Es gab keine andere Möglichkeit. Die Welt brauchte dringend den Wiederaufbau, und die USA, die vom Krieg verschont geblieben waren, waren bereit, die Mittel dafür bereitzustellen.
Der Einzige, der theoretisch die Vereinigten Staaten herausfordern und ein ausgewogeneres und faireres globales Finanzsystem fordern konnte, war die UdSSR, die ebenfalls an der Konferenz teilnahm. Aber die sozioökonomischen Probleme, mit denen sie konfrontiert war, und die Notwendigkeit, die Zerstörungen zu überwinden, waren am akutesten, und so musste die Sowjetunion die getroffenen Entscheidungen mittragen.
Putin: Verwendung des US-Dollars als Waffe ist ein großer Fehler
Jetzt haben wir die Gelegenheit zu sehen, was aus diesem System geworden ist: wilder Missbrauch, irrsinnige Verschuldung, eine völlig unverantwortliche Politik und beängstigende Aussichten, denn es scheint, dass Washington bereit ist, alles zu tun, um den Status quo zu erhalten.
Vor diesem Hintergrund erscheint der Prozess der Schaffung eines neuen Finanz- und Wirtschaftssystems unter dem Dach der BRICS attraktiv und vielversprechend. Es ist eine Suche nach Kompromissen zwischen gleichberechtigten Partnern. Es ist der Aufbau eines wirklich fairen Systems, ohne Verzerrungen zugunsten eines der Beteiligten. Es ist eine echte Harmonisierung von Interessen, die der extremen Komplexität und der grundlegenden Innovation des Geschehens Rechnung trägt, dank der Entwicklung digitaler Technologien, die bei der Schaffung eines neuen Systems genutzt werden können und sollten.
Die 20 Tage von Bretton Woods sorgten für 80 Jahre globale Vorherrschaft des Dollars, der die Vereinigten Staaten in einen größenwahnsinnigen, für den Planeten gefährlichen Irren verwandelte. Die BRICS haben die Lektion aus der Vergangenheit gelernt, und die Umstände sind nun qualitativ anders: Kein Land kann die Probleme anderer nutzen, um ihnen seinen Willen aufzuzwingen. Infolgedessen verläuft der Prozess viel langsamer als 1944, was aber auch gut ist, denn das Ergebnis verspricht, viel ehrlicher und zuverlässiger zu sein.
Übersetzt aus dem Russischen. Das Original ist am 24.10.2024 auf ria.ru erschienen.
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Graffiti der Freiheitsstatue auf dem Gebäude der ehemaligen US-amerikanischen Botschaft, Teheran, 10. Mai 2016
Von Rainer Rupp: BRICS-Gipfel in Kasan stellt westliche Vorherrschaft in Frage 23 Okt. 2024 07:49 Uhr Vom 22. bis 24. Oktober 2024 findet in Kasan der BRICS-Gipfel statt, der weltweit erhebliche Aufmerksamkeit erregt. Insbesondere westliche Regierungen und Medien verfolgen den Gipfel mit großem Interesse. Er hat das Potenzial, das Ende der USA dominierten Weltordnung einzuläuten. Eines der vom Westen, vor allem von Washington am stärksten beachteten Themen des Gipfels ist der Vorstoß zur Entdollarisierung großer Teile des globalen Handels mit Gütern und Dienstleistungen, was zugleich einen Todesstoß gegen den US-dominierten Handel mit heißer Luft, d. h. mit US-Finanzprodukten, zur Folge haben könnte.
Jeffrey Sachs: USA nutzen US-Dollar als Waffe
In geopolitischer Hinsicht wird im Westen befürchtet, dass der BRICS-Gipfel Russland und China als Plattform dient, um sich mit dem Globalen Süden noch enger zu verbünden und zu helfen, dem westlichen Einfluss zu widerstehen. Zugleich soll auf dem Gipfel erörtert werden, wie das bereits ansatzweise vorhandene Gegengewicht zu den vom Westen dominierten globalen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank verstärkt werden kann.
Mit der bereits beschlossenen Erweiterung der BRICS-Gruppe auf neun Mitglieder wie Ägypten, Saudi-Arabien, Iran und Äthiopien hat das Bündnis seine Ambitionen verdeutlicht, seinen Einfluss in der globalen Politik und Wirtschaft auszubauen. Doch welche Auswirkungen könnte dies auf die internationale Ordnung und die westlichen Interessen haben, ist die bange Frage, die sich die Herren im absteigenden Kollektiven Westen stellen?
BRICS-Expansion und ihre globalen Auswirkungen
Die Aufnahme neuer Mitglieder in die BRICS-Gruppe gilt als einer der wichtigsten Schritte in der Geschichte des Bündnisses. Westliche Regierungen, insbesondere die USA und die EU, sehen darin einen Versuch, das globale Machtgleichgewicht zugunsten der BRICS-Staaten zu verschieben. Während Saudi-Arabien traditionell enge Verbindungen zu den USA pflegte, signalisiert sein Beitritt zur BRICS einen strategischen Wandel, der auf eine neutralere und pragmatischere Positionierung hinweist.
Meinung Die Vereinigten Staaten haben die Kontrolle über ihre Verbündeten und die Welt verloren
Der Iran, der seit Jahren unter schweren westlichen Sanktionen steht, könnte durch die BRICS-Mitgliedschaft seinen geopolitischen Einfluss und seine wirtschaftliche Handlungsfähigkeit erheblich stärken. Zugleich werden sich die antiimperialistischen Handlungsmöglichkeiten der alten BRICS-Staaten erweitern. Das wird z. B. durch die bereits vorhandene, strategische Abstimmung zwischen Russland und Saudi-Arabien in der Rohöl-Förderung deutlich.
Die westlichen Regierungen betrachten diese Entwicklungen mit Sorge, da sie befürchten, dass die Erweiterung der BRICS-Gruppe die von ihnen beherrschten bestehenden Machtstrukturen untergraben könnte. Die BRICS positioniert sich zunehmend als Gegenstück zum westlich dominierten Modell der "globalen Governance" und stellt damit eine direkte Herausforderung für die USA und Europa dar. Besonders in geopolitisch sensiblen Regionen wie dem Nahen Osten, wo Länder wie Saudi-Arabien und der Iran eine bedeutende Rolle spielen, könnte der wachsende Einfluss der BRICS zu einer Neuausrichtung der Machtverhältnisse und, zum Schrecken des "Teile- und Herrsche-Westens", sogar zu Frieden und konstruktiver regionaler Zusammenarbeit führen.
Der Vorstoß zur Entdollarisierung
Eines der zentralen Themen auf dem diesjährigen BRICS-Gipfel wird die Reduzierung der Abhängigkeit vom US-Dollar sein, auch bekannt als Entdollarisierung. Seit Jahren setzen sich Länder wie Russland und China verstärkt dafür ein, den Handel innerhalb der BRICS-Staaten in lokalen Währungen abzuwickeln, um ihre wirtschaftliche Souveränität zu stärken und die Dominanz des US-Dollars im globalen Finanzsystem zu verringern.
Für Russland ist dieser Schritt von besonderer Bedeutung, da er die westlichen Sanktionen gegen das Land konterkariert und Moskau zusätzliche Bewegungsfreiheit verschafft und das Land seine wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen BRICS-Mitgliedern intensivieren kann.
Dass sich trotz starker politischer Ambitionen die Umsetzung dieser Pläne als schwierig gestalten wird und die komplexen Handels- und Finanzbeziehungen nicht von einem Tag auf den anderen transformiert werden können, davor hatte der russische Außenminister Sergei Lawrow bereits im Sommer dieses Jahres gewarnt. Die Erwartungen an eine schnelle Verabschiedung des US-Dollars sollten nicht zu hoch geschraubt werden, denn er wird auf absehbare Zeit noch eine zentrale Währung im internationalen Handel bleiben, allerdings mit sinkender Tendenz.
Bericht: "Weltweite fiskalische Zeitbombe von 100 Billionen US-Dollar tickt weiter"
Einige Experten argumentieren sogar, dass die Fokussierung auf lokale Währungen im zwischenstaatlichen Handel zwar kurzfristig realisierbar sei, jedoch nur begrenzte Auswirkungen auf das globale Finanzsystem haben werde. Insbesondere auf den internationalen Rohstoffmärkten und im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr werde der Dollar so schnell nicht vom ersten Platz verschwinden.
Westliche Analysen, die von einer weiteren Dominanz des "König Dollar" ausgehen, sind – allerdings unausgesprochen – an eine zentrale Bedingung geknüpft, dass nämlich die US-Zentralbank FED nicht die Kontrolle über die stark inflationären Entwicklungen in den USA verliert. Wenn dies geschieht, während die Hauptwährungen im BRICS-Zahlungssystem weitgehend stabil blieben, könnte die internationale Flucht aus dem Dollar panikartige Züge annehmen. Eine derart katastrophale Entwicklung wiederum könnte nur gebremst werden, wenn die US-Notenbank die Zinsen auf Dollareinlagen auf 20 Prozent oder höher schrauben würde, wie es schon einmal Anfang der 1980er Jahre geschehen ist. Derart hohe Zinsen würden aber die ohnehin dahinsiechende US-Wirtschaft gänzlich in die Depression schicken. Die USA sitzen in einer Zwickmühle.
Seit der Krise 2008 hat die Druckerpresse der US-Notenbank immer ungehemmter Dollar ausgespuckt, womit seither Jahr für Jahr immer gigantischere Löcher im US-Staatsdefizit gestopft wurden. Die US-Staatsverschuldung ist inzwischen auf 35 "Trillion" (auf Deutsch "Billionen") US-Dollar, bzw. 122 Prozent des US-BIP gestiegen. Im Haushaltsplan der USA lagen in diesem Jahr zum ersten Mal in der Geschichte die Ausgaben für Zinsen mit aktuell 973 Milliarden Dollar über den Ausgaben für das US-Militär und US-Kriege, die sich aktuell auf 936 Milliarden Dollar belaufen.
Ausschnitt aus der US-Schuldenuhr (Stand 21.10.2024)www.usdebtclock.org/#
Im letzten Halbjahr ist das Defizit des US-Bundes alle drei Monate um eine weitere Billion Dollar gewachsen. Eine nachhaltige Besserung ist nicht in Sicht. Für die US-Politiker, egal, wer im nächsten Jahr in Washington am Ruder ist, gibt es keine schmerzfreie Heilung aus dieser Misere, die entweder in einer galoppierenden Inflation, in einer einschneidenden Deflation oder in einem großen Krieg enden wird.
Nur mit einem gegen Russland oder China angezettelten Krieg könnten sich die US-Politiker aus ihrer Verantwortung für die von ihnen selbst verursachte, wirtschaftliche und gesellschaftliche Misere ihres Landes stehlen, indem sie den angeblichen chinesischen oder russischen Aggressoren die Schuld in die Schuhe schieben.
Bundeskanzler Scholz praktiziert diese Masche bereits jetzt, wenn er z. B. wie jüngst geschehen, die Russen für unsere wirtschaftlichen Probleme verantwortlich macht, weil die uns angeblich den Gashahn abgedreht hätten und deshalb für die hohen Energiepreise hierzulande verantwortlich wären, was wiederum zur Deindustrialisierung unseres Landes in Form von Abwanderung führender Wirtschaftszweige geführt hätte. Ganz klar, die Russen sind schuld!
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Führende internationale Geldmanager erwarten in absehbarer Zukunft starke Turbulenzen auf den Finanzmärkten. Diese könnten trotz allem westlichen Schönreden auch zu einer schnelleren Entdollarisierung führen, z. B. wenn der Dollar anfängt, stärker an Wert zu verlieren als die Papier-Währungen anderer Länder. Dann könnte das internationale Vertrauen in die US-Währung schlagartig verschwinden.
Ein verlässlicher Maßstab für das internationale Vertrauen in den US-Dollar ist die Preisentwicklung von Gold in Dollar ausgedrückt. So hat der Dollarpreis für eine Unze Gold (31 gr.) in den letzten 12 Monaten ständig neue Rekordmarken gebrochen, von 2.000 $/Unze auf aktuell 2.700 $/Unze. Wichtig dabei ist: Es sind hauptsächlich die Zentralbanken der Länder rund um die Welt, die als Käufer auftreten und einen guten Teil ihrer unzuverlässigen Dollarreserven in stabile Goldreserven umwandeln. Denn Gold hat seit 6000 Jahren alle von Menschen gemachten Krisen "überlebt", im Unterschied zu anderen Geldformen, vor allem Papiergeld.
Eine wundersame Heilung der Misere in den USA ist nicht zu erwarten. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Kartenhaus der US-Finanzwirtschaft zusammenbricht und den Kollektiven Westen mit nach unten zieht. Bis dahin müssen die BRICS-Staaten sich entsprechend finanziell vom Westen entkoppelt haben.
Westliche Erwartungen und Befürchtungen
Neben der Entdollarisierung ist die Erweiterung des BRICS-Bündnisses auf 9 Mitglieder und die Bemühungen von Dutzenden weiteren Staaten aus allen Weltregionen um Aufnahme ein Thema des Kasan-Gipfels, das den Westen in geopolitischer Hinsicht am meisten interessiert. Der Kollektive Westen befürchtet vor allem, dass sich hier Russland und China eine Plattform schaffen, um sich weiter mit dem Globalen Süden zu verbünden, um den westlichen Einfluss dort zurückzudrängen. Westliche Analysten schöpfen jedoch Hoffnung aus der angeblichen "inneren Zerstrittenheit" nicht nur innerhalb der ursprünglichen BRICS-Gründer, sondern auch zwischen den Neuankömmlingen.
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Während Russland und China die BRICS-Erweiterung als strategischen Gewinn betrachteten, gebe es innerhalb des Verbundes auch kritische Stimmen. Länder wie Brasilien und Indien stünden der Aufnahme neuer Mitglieder eher zurückhaltend gegenüber, da sie befürchteten, dass dies die internen Entscheidungsprozesse erschweren und die Kohärenz der Gruppe schwächen könnte, so der Konsens westlicher Beobachter.
Weitere Hoffnung schöpfe der Westen aus der von Indien offensichtlich verfolgten Multi-Alignment-Strategie, womit das Land versuche, seine Beziehungen sowohl zu den westlichen Mächten als auch zu den BRICS-Staaten auszubalancieren. Diese vorsichtige Haltung zeige sich auch in der Ablehnung einer zu schnellen Aufnahme weiterer BRICS-Mitglieder, da Indien angeblich befürchte, dass der Einfluss von autokratischen Staaten wie Iran und Saudi-Arabien die Position der demokratischen BRICS-Mitglieder verwässern könnte. Diese Schlussfolgerung reflektiert den Tunnelblick anglo-amerikanischer Beobachter auf die geopolitische Glaskugel und ist gelinde gesagt Blödsinn. Wenn Indien tatsächlich Vorbehalte gegen die beiden Staaten gehabt hätte, dann wären sie nicht in die BRICS aufgenommen worden. Zudem ruht die BRICS-Konstruktion auf dem wichtigen Grundpfeiler: keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten, egal welche Staatsform, ob demokratisch, autokratisch oder islamisch-theokratisch.
Die BRICS ist keine Allianz und auch kein gegen irgendjemanden gerichtetes Bündnis. Das zeigt insbesondere die Teilnahme Indiens an gemeinsamen militärischen Marineübungen mit den USA, Japan und Australien, im Rahmen des Quadrilateralen Sicherheitsdialogs, "Quad", der eigentlich gegen China gerichtet ist. Damit unterstreicht Indien seine Bereitschaft, sich sowohl in westliche als auch nicht westliche Strukturen einzubinden. Einige der BRICS-Länder und viele der BRICS-Anwärter verfolgen eine derartige, mehr oder weniger multipolare Strategie, indem sie sowohl mit westlichen als auch mit nicht westlichen Mächten kooperieren, um auf diese Weise ihre Unabhängigkeit zu bewahren, ohne dass Washington ihnen offene Konfrontation vorwerfen könnte.
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Dennoch sehen westliche Analysten in diesen angeblich internen Spannungen eine potenzielle Schwachstelle des BRICS-Bündnisses. Zwar hat die Gruppe ambitionierte Ziele, doch könnten diese aufgrund der unterschiedlichen Interessen und Prioritäten der Mitgliedstaaten nur schwer umgesetzt werden. Westliche Beobachter setzen daher darauf, dass diese Differenzen die Fähigkeit der BRICS-Staaten, als geschlossene Einheit aufzutreten und ihre globalen Ambitionen zu verwirklichen, einschränken werden, womit sie zumindest vorerst recht haben dürften.
Ein weiteres zentrales Thema des Gipfels, dem das Augenmerk des Westens gilt, ist die wachsende Bedeutung des Globalen Südens in den strategischen Überlegungen der BRICS-Staaten. Länder wie Ägypten und Äthiopien, die ebenfalls neue Mitglieder des Bündnisses sind, unterstreichen das Interesse der BRICS-Staaten, ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu den Entwicklungsländern zu stärken. Die Neue Entwicklungsbank der (NDB), eine von BRICS initiierte internationale Finanzinstitution, könnte eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung dieser Länder spielen und sich als Alternative zu westlich dominierten Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank positionieren.
Insbesondere China und Russland haben in den letzten Jahren ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu afrikanischen Ländern intensiviert. Diese Annäherung wird von westlichen Regierungen als Versuch gewertet, den Einfluss Europas auf dem afrikanischen Kontinent zu schwächen, was weitreichende Folgen für die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EU und Afrika haben könnte.
Für die westlichen Regierungen und Medien stellt der BRICS-Gipfel eine Mischung aus Herausforderungen und Unsicherheit dar.
- Einerseits erkennen sie das Potenzial der Gruppe, die globale Ordnung zu verändern und neue wirtschaftliche und geopolitische Allianzen zu schaffen. Besonders die USA und Europa befürchten, dass der Gipfel dazu genutzt wird, die US-diktierte "regelbasierte internationale Ordnung", die nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Schatten der globalen US-Militärmacht etabliert wurde, zu untergraben.
- Andererseits hegen sie die Hoffnung, dass die BRICS aufgrund unterschiedlicher Interessen nicht in der Lage ist, ihre ambitionierten Ziele zu erreichen.
Ein Gipfel mit weitreichenden Folgen
Der BRICS-Gipfel 2024 in Kasan könnte zu einem Wendepunkt in der globalen Machtpolitik werden. Während die westlichen Regierungen und Medien den Gipfel mit Skepsis betrachten, ist unbestreitbar, dass die BRICS eine wachsende globale Rolle spielen wird. Die Frage, ob das Bündnis seine wirtschaftlichen und geopolitischen Ambitionen verwirklichen kann, hängt jedoch maßgeblich davon ab, wie es mit internen Spannungen und externen Herausforderungen umgeht.
Der Ausgang des Gipfels wird nicht nur die Zukunft der BRICS bestimmen, sondern auch entscheidenden Einfluss auf die westlichen Strategien im Umgang mit der Gruppe haben. Sollte die BRICS mit ihrer Strategie der Entdollarisierung und der Festigung geopolitischer Allianzen erfolgreich sein, könnten sich die USA und Europa gezwungen sehen, ihre aggressive imperialistische Außenpolitik an die neuen Realitäten anzupassen, was heißen würde: Keinen Ausnahmestatus mehr für sich selbst zu fordern, sondern sich als Gleiche unter Gleichen friedlich in die internationale Staatengemeinschaft einzureihen.
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Michael Hudson • Wie die USA die Weltherrschaft übernahmen: Das Ende des Völkerrechts!
17. Urheberrecht Oktober 2024
NIMA ALKHORSHID: Heute ist Donnerstag, der 17. Oktober, und wir haben Richard Wolff und Michael Hudson bei uns, um über die US-Außenpolitik zu sprechen. Der Titel dieses heutigen Videos, Richard und Michael, lautet „Überall auf der Welt das Ende des Völkerrechts“. Wir wissen, wann immer sie über die Außenpolitik der Vereinigten Staaten sprechen, sprechen sie über die regelbasierte internationale Ordnung. Und Michael, beginnen wir mit Ihnen. Warum haben sie beschlossen, dem Völkerrecht ein Ende zu setzen?
MICHAEL HUDSON: Die Anhäufung dieser von den USA unterstützten Aggression von der Ukraine bis nach Israel hat zu einem Zusammenbruch des Völkerrechts geführt. Und was ebenso wichtig ist: Was bedeutet Völkerrecht, wenn es keine Mittel zur Durchsetzung gibt, wenn es Gesetze gegen Völkermord gibt, Gesetze gegen anhaltende Angriffe auf Zivilisten? Was kann irgendjemand dagegen tun? Es scheint ein globaler Krieg zu sein, und alle Taktiken sind jetzt anders als in allen Kriegen, die wir zuvor gesehen haben, und wir werden darauf eingehen.
Die grundlegenden politischen Fragen dieses neuen Kalten Krieges ähneln stark dem Dreißigjährigen Krieg in Europa (von 1618 bis 1648). Dieser Dreißigjährige Krieg endete mit dem Westfälischen Frieden und führte zur Schaffung des Völkerrechts, das von 1648 bis zur Gründung der Vereinten Nationen die Welt regierte. Bis vor wenigen Jahren, als die Vereinigten Staaten es ablösten und sagten: „Wir befolgen nicht länger das Völkerrecht. Wir befolgen unser eigenes Recht. Wir nennen es die regelbasierte Ordnung, und es sind unsere Regeln, und unsere Ordnungsregeln sind das Gegenteil von allem, was das Völkerrecht zuvor gesagt hat.“
Es handelt sich um einen radikalen Wandel, über den kaum jemand spricht. Denn was soll man tun, wenn die USA, die Ukraine, Israel und die NATO plötzlich die Prinzipien auf den Kopf stellen, die seit fast vier Jahrhunderten als die eigentliche Basis der Zivilisation gelten? Das ist sehr radikal.
Die Vereinigten Staaten haben ein unipolares Streben nach Kontrolle über Länder. Die gesamte Grundlage des Völkerrechts nach dem Dreißigjährigen Krieg bestand darin, zukünftige Kriege zu verhindern, indem man sagte, kein Land dürfe sich in die politischen Angelegenheiten anderer Länder einmischen. Jedes Land hat seine eigene Autonomie, und darum wurde der Krieg im Wesentlichen geführt. Die katholischen Länder griffen die protestantischen Länder an, und es war der größte und verheerendste Krieg, den Europa bis zum Ersten Weltkrieg hatte. Aber am Ende kamen sie zusammen und sagten beim Westfälischen Frieden: „Wie verhindern wir, dass so etwas wieder passiert? Wir werden anerkennen, dass alle Nationen souverän sind und dass es keinem Land, wie ich sagte, erlaubt ist, sich in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen, um einen Regimewechsel herbeizuführen.“ Es sollte religiöse und politische Freiheit geben, und die Welt sollte multipolar sein. Sie verwendeten dieses Wort nicht, aber das bedeutete, dass es keine einzelne Gruppe geben würde, die sie beherrschte, und sie bezogen sich speziell auf die katholische Kirche und die Habsburgermonarchie. Die Habsburger kontrollierten Spanien, das über das gesamte Silber aus der Neuen Welt verfügte, und waren – ebenso wie Frankreich – die größte Militärmacht. Zudem standen sie mit ihnen im Kampf gegen Deutschland, Schweden und die protestantischen Länder Nordeuropas auf einer Allianz.
Eine multipolare Welt war die Grundlage des Völkerrechts, und das sollte auch die Grundlage der Vereinten Nationen sein. Und eine Verletzung dieser Prinzipien wurde als Angriff auf die Zivilisation selbst betrachtet. Emmanuel Kant und andere deutsche Philosophen schrieben, dass dies letztlich ein universelles Gesetz sei und dass man dieses universelle Gesetz der individuellen Freiheit für Personen, aber auch für Nationen brauche.
All dies wird nun von den USA und ihren Verbündeten sowie dem Stellvertreterstaat Israel im Nahen Osten zurückgewiesen. Die Welt wird in Blöcke zwischen Ost und West aufgeteilt. Im heutigen Konflikt geht es eigentlich darum, ob die BRICS+-Staaten – Russland, China, Iran und die Verbündeten, die sie um sich geschart haben – in der Lage sein werden, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen, oder ob sie sich allem unterwerfen müssen, was die USA tun.
Sie haben in den letzten Tagen in der Ukraine gesehen, dass der Nichtpräsident Selenskyj gerade gesagt hat: „Wir werden das Geld aufbringen, um Waffen zu kaufen und alle unsere Beamten zu bestechen, damit sie loyal sind, indem wir die Titanminen der Ukraine verkaufen, indem wir die natürlichen Ressourcen verkaufen. Selbst wenn Russland die Macht übernimmt, wird das von Amerika unterstützte Völkerrecht sagen: Moment mal, wir haben all diese Ressourcen bereits privatisiert. Ja, du kannst sie übernehmen, Russland, aber du wirst keine Kontrolle über das Land haben und auch keine Möglichkeit, es zu besteuern, weil wir alles privatisiert haben.“ Das ist eine Art Transformation der Organisation der Welt, die niemand vorher hätte erwarten können. Es gibt also eine Art ideologische Inquisition, die von den Vereinigten Staaten auf der ganzen Welt durchgeführt wird und die die grundlegendsten Prinzipien nationaler Souveränität ablehnt.
Das Bemerkenswerte daran ist, dass wir eine wirtschaftlich schrumpfende und deindustrialisierende Welt erleben – die Vereinigten Staaten und Europa – die versucht, die globale Mehrheit davon abzuhalten, ihre eigene wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit anzustreben. Der Rest der Welt stellt 85 % der Weltbevölkerung und versucht, sich von über einem Jahrhundert Kolonialismus und dem finanziellen Neokolonialismus zu erholen, den die Vereinigten Staaten nach 1945 eingeführt haben. Die US-zentrierten Regeln des internationalen Handels und der Investitionen zwangen andere Länder sozusagen dazu, Rohstoffe zu liefern, anstatt ihre eigene Bevölkerung und ihre eigene Wirtschaft zu industrialisieren und zu ernähren und ihren eigenen Lebensstandard zu erhöhen. Also haben wir diese „Goldene Milliarde“ aus USA und NATO, die diesen neuen Kalten Krieg gegen den Großteil der westlichen Welt führt, ohne wirklich eine Armee zu haben, um ihn durchzusetzen. Ihre politischen Entscheidungsträger sind einem völlig anderen Weg gefolgt als zuvor. Sie betrachten andere Länder und Gegner als eine ganz andere Zivilisation. Und darauf werde ich gleich eingehen. Es versucht, die Welt zu beherrschen, verfügt jedoch nicht mehr über die militärische Dominanz von 1945. Es hat seine frühere Fähigkeit verloren, das Weltwährungssystem und die wirtschaftlichen Mittel zu beherrschen. Sein Ziel, seine frühere unipolare Politik beizubehalten, wurde durch eine völlig andere Strategie ersetzt, die auf einer Eskalation des Ganzen beruht. Wir haben es mit dem Ende der Zivilisation zu tun, und das Ende der Zivilisation soll darin bestehen, dass die Vereinigten Staaten die Kontrolle über die ganze Welt übernehmen, indem sie eine neoliberale Privatisierungsethik durchsetzen und die ganze Welt unter Thatcherismus und Reaganismus stellen.
RICHARD WOLFF: Lassen Sie mich darauf eingehen. Ich schätze Michaels historischen Rahmen sehr. Ich denke, es ist sehr hilfreich, ihn im Hinterkopf zu behalten. So lassen sich alle möglichen Fehler vermeiden. Lassen Sie mich zu der Geschichte, die er erzählt, einige Kommentare hinzufügen. Meiner Ansicht nach handelt es sich um den verzweifelten Versuch einer untergehenden Situation – eines untergehenden Regimes, wenn Sie so wollen, einer untergehenden historischen Phase, die nicht aufgeben will, was ich verstehe. Normalerweise gehen diese Imperien nicht leise unter, wenn sie untergehen. Ich denke, die Theorie, dass Sie alle üblichen Regeln brechen, die – entweder explizit oder implizit – mehrere Jahrhunderte lang galten, ist die richtige Art, dies zu betrachten. Sie wird uns helfen, Dinge zu verstehen, die wir vielleicht nicht als miteinander verbunden sehen, die aber dennoch vorhanden sind.
Erstens, das Ausmaß des Grauens in Gaza. Ich möchte das klarstellen. Was von Leuten geleugnet wurde, die nicht ertragen konnten, was den Juden in Europa im Holocaust angetan wurde. Wir haben das Phänomen, dass Leute es leugnen müssen. Das ist eine Art, zu erkennen, wie schrecklich das war, dass man es nicht ertragen kann. Also löscht man es buchstäblich aus.
Das ist nicht die angemessene Reaktion – das sollte man erkennen –, aber es hilft zu unterstreichen, wie schrecklich es war, dass Menschen das tun mussten. Es unterstreicht in Gaza, dass die Israelis nicht wollen, dass man das einen Völkermord nennt, denn wenn man das tut, dann sind die Opfer eines Holocausts damit beschäftigt, einen weiteren zu begehen. Das ist schrecklich.
Die USA können sich aus mehreren Gründen nicht damit abfinden. Erstens, weil Israel derselbe Siedlerkolonialismus ist wie die USA. Wir sind ein Land von Europäern, die in die westliche Hemisphäre kommen und die einheimische Bevölkerung ethnisch auslöschen, mit Ausnahme der schrecklichen Bedingungen, unter denen die wenigen Verbliebenen in den sogenannten Reservaten leben, die über die USA verstreut sind und ihren Lebensunterhalt mit Glücksspiel, Casinos usw. verdienen. Es ist diese bemerkenswerte Auslöschung. Die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika: Dies sind schreckliche Beispiele für Siedlerkolonialismus, aber sie wurden zu einer Zeit durchgeführt, als dies historisch möglich war. Israel hat die unglückliche historische Tatsache, dass dies nicht mehr möglich ist, und der Versuch, es jetzt zu tun, ist selbstzerstörerisch – obwohl es eine Weile dauern könnte.
Aber lassen Sie mich Ihnen noch ein paar andere Möglichkeiten zeigen, wie man eine Verbindung herstellen kann. Die internationalen Regeln besagten, dass Länder ihre Reserven, die Deckung ihrer Währung, in ausländischen Banken aufbewahren konnten. Russland hielt einen Großteil seiner Dollar- und Goldbestände in ausländischen Banken. Diese wurden zu Beginn dieses Krieges beschlagnahmt. Das ist ein Verstoß. Bis heute gibt es in Europa, sogar in England, rechtliche Konsequenzen, die in Frage gestellt werden. Sie entschieden beispielsweise, dass sie es nicht konnten, weil sie auch hin- und hergerissen waren, ob sie bestehende Gesetze aushebeln sollten. Also nahmen sie das Geld nicht. Sie froren es ein, was bereits nicht legal ist. Aber als es darum ging, das Geld der Ukraine zu geben, entschieden sie sich, nur die Zinsen zu geben, die sie mit diesen gestohlenen Geldern verdient hatten. Das ist ein Spiel mit dem Aufgeben der Regel, der Idee des geheiligten Privateigentums Russlands. Und dann nimmt man die Zinsen davon. Auch das ist Diebstahl. Das sind Anwaltsspielchen. Was hier wichtig ist, ist, wie Michael sagt, es zu belassen.
Dann ist da noch der Krieg in der Ukraine selbst. Okay. Die Ukraine sagt, sie braucht Sicherheit. Russland sagt, sie braucht Sicherheit. Die Ukraine verhält sich gegenüber ihren russischen Minderheiten schlecht. Die Russen wollen ihre Minderheit schützen. Okay. Das muss geklärt werden. Das ist nicht das erste Mal, dass es einen Konflikt dieser Art gibt. Dieser Konflikt ist nichts Einzigartiges. Wissen Sie, es gab Deutsche, die im Sudetenland in der Tschechoslowakei lebten. Es gab andere Beispiele. Das hätte wie die anderen gelöst werden können, wurde es aber nicht. Und das ist das Interessante. Man hat sich dagegen entschieden. Nun, ja, die Vereinigten Staaten zeigen ihre Muskeln. Aber ich sehe das ein bisschen weniger pompös, als – wie Michael es ausdrückte – eine Neugestaltung der Welt. Das ist es, aber es kommt aus einer defensiven Haltung. Es kommt aus Verzweiflung. Es kommt aus dem Gedanken: „Wir verlieren in der Welt und wir werden es nicht dulden, wieder zu verlieren. Ihr werdet uns nicht davon abhalten, in der Ukraine zu tun, was wir tun wollen.“ Sie werden uns nicht davon abhalten, Israel als unseren sicheren Außenposten zu haben. Sie können es nicht angreifen. Uns ist egal, was Ihr Anliegen ist. Sie sind Palästinenser, Sie waren dort, das interessiert uns nicht. Wir brauchen einen verlässlichen Agenten im Nahen Osten. Israel war das, und wir werden es schützen. Und jetzt kontrollieren wir die Ukraine. Wir haben ihre Politik ein paar Jahre zuvor neu geordnet, um das zu erreichen. Es gehört uns. Es ist Teil unserer NATO-Erweiterung.‘ Und das Grauenhafte ist, dass die Russen Widerstand leisten. Die Russen sollten sagen – und das hat nichts damit zu tun, ob die Russen in all dem Recht haben oder nicht – ‚Dies ist ein Imperium‘, oder, um es mit den Worten von Lyndon Johnson auszudrücken: ‚Bis hierhin und nicht weiter‘ (in gutem texanischen Englisch). Ich sehe also, wie Russland die Reserven weggenommen werden, ich sehe, wie missverstanden wird, was in Bezug auf Russlands Verbündete vor sich geht, die Macht, die die BRICS haben. Vergessen wir, ja, dass es Zeit braucht, den Dollar zu ersetzen. Die BRICS haben einige Schritte in diese Richtung unternommen, aber es ist noch ein weiter Weg. Keine Frage. Keine Frage. Aber die Realität ist, dass die BRICS echte Schritte unternommen haben. Und einer der wichtigsten war die Unterstützung Russlands gegen die Vereinigten Staaten und Europa in der Ukraine. Das ist die Realität. Es geht nicht um richtig oder falsch oder irgendetwas anderes. Es geht darum, wie man versucht, mit dem umzugehen und zu verstehen, was vor sich geht.
Die Vereinigten Staaten sind verzweifelt. Und ich möchte, dass die Leute das auch von innen sehen. Wenn es nur äußerlich wäre, würde ich diese Dinge nicht sagen. Aber es ist auch intern. Der Grund, warum wir eine Persönlichkeit wie Trump in der Position haben, Präsident zu sein, ist da. Das ist ein Symptom. Die Leute sind so wütend über das, was mit ihrem Leben hier passiert, dass sie etwas anderes wollen, und es ist ihnen egal, wen er missbraucht hat, was er gesagt hat oder wie oft er bankrott gegangen ist. Das sind Einzelheiten. Er sagt, er wird alles ändern und dorthin zurückkehren, wo es besser war. Das verstehen die Leute, deren Realität abgenommen hat. Wenn die Produktion die Vereinigten Staaten verlässt, wie es geschehen ist. Die Fertigungsindustrie hat die Vereinigten Staaten zu einem großen Teil verlassen und ist ins Ausland verlagert worden. Sie hat die besten Arbeitsplätze und die stärksten Gewerkschaften mitgenommen und sie durch die Verlagerung dezimiert. Die UAW ist nur noch ein Schatten dessen, was sie einmal war. Dasselbe gilt für die Stahlarbeiter und all die anderen. Das ist Realität. Das bedeutet, dass die Arbeitsplätze nicht mehr das sind, was sie einmal waren. Das heißt, der Lebensstandard ist nicht mehr das, was er einmal war, und die Sicherheit der Arbeitsplätze ist nicht mehr das, was sie einmal war. Und was durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen zur Erzielung von Gewinnen aus der Expansion ins Ausland erreicht wurde, wird nun mit einer weiteren technologischen Welle fortgesetzt. Diesmal nicht mit Computern und Robotern. Diesmal mit künstlicher Intelligenz, die zu Profitzwecken auf Kosten der Qualität und Quantität der Arbeitsplätze eingesetzt wird. Die Leute haben recht. Das Imperium, das hier Produktion und Einkommenswachstum konzentrierte, ist jetzt nicht mehr hier. Es ist weg. Und die Leute verstehen, dass sie zurückgelassen wurden. Das ist kein Geheimnis.
Mein letzter Punkt. Die Medien sind seit mehreren Jahren, zusammen mit den Demokraten, von dem Problem besessen: Der Wirtschaft geht es gut. Warum antwortet die Masse der Menschen bei jeder öffentlichen Umfrage mit der Aussage, die Wirtschaft sei eine Katastrophe? Die Wirtschaft ist eine Katastrophe. Ich stecke in einer Katastrophe. Das liegt nicht daran, dass sie dumm sind. Es liegt nicht daran, dass sie nicht gebildet sind. Nichts von alledem. Es ist eine andere Erfahrung. Die Leute fragen mich: Geht es der Börse gut? Nun, 85 bis 90 Prozent der Aktien sind im Besitz von 10 Prozent der Menschen. Ihnen geht es gut. Aber die anderen 90 Prozent sind Zuschauer eines Wohlstandsprozesses, von dem sie ausgeschlossen sind, und sie identifizieren sich mit dem schrumpfenden amerikanischen Imperium im Ausland. Für sie bedeutet das, dass sie ihren Status als amerikanische Arbeiter verlieren und ihren Status als Amerikaner. Kurz gesagt, sie verlieren und sie wollen nicht weiter verlieren. Niemand spricht das an. Die Republikaner sagen: „Lasst uns einen Schritt zurückgehen.“ Okay, das ist eine Fantasie. Das ist kein sehr guter langfristiger Vorschlag. Damit kommt man nicht weit. Er hat beim ersten Mal einen Großteil des Nutzens davon eingebüßt, als er nichts unternommen hat (entschuldigen Sie mein Spanisch), um uns wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Das wird er auch in seiner zweiten Amtszeit nicht tun. Was wir hier haben, ist eine sich verschlechternde Situation und das Schauspiel einer Politik, die das alles weder versteht noch im Griff hat. Wir sehen also ein dysfunktionales System, das von einer dysfunktionalen Regierung geführt wird. Ich möchte alle daran erinnern, was ein großer Taktiker einmal als die Voraussetzungen für eine Revolution bezeichnet hat. Es gibt zwei davon. Erstens, dass die Leute an der Macht nicht mehr wissen, wie man regiert. Zweitens, dass die Masse der Bevölkerung das Gefühl hat, dass die Leute an der Spitze nicht mehr regieren können. Wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind, wird es eine Revolution geben. Wir sind in diesem Land sehr nah dran.
MICHAEL HUDSON: Nun, Richard, Sie beginnen damit, das Einzigartige an der heutigen Situation zu diskutieren. Sie verwenden das Wort „Verzweiflung“. Was Sie beschrieben haben, ist die ganze Zeit „Verzweiflung“. Das ist es tatsächlich, was die Situation einzigartig macht. Die Vereinigten Staaten und der Westen können keinen militärischen Besatzungskrieg mehr führen. Das ist ein weiterer Teil des Nebenprodukts dessen, was Sie wirtschaftlich beschrieben haben. Die Ukraine hat gezeigt, dass die Vereinigten Staaten keinen Krieg gewinnen können und dass die NATO Stellvertreterarmeen braucht, weil ihre eigene Bevölkerung Widerstand leisten würde, wenn es eine Wehrpflicht gäbe. Die Streitkräfte der USA und der NATO können also nur eine Strategie anwenden: Sie können nur bombardieren und Raketen abfeuern. Die grundlegende politische Tatsache bleibt, dass sie zu schwach sind, um auf dem Schlachtfeld zu gewinnen, gemäß den Kriegsregeln, die früher das Völkerrecht bestimmten und Völkermord illegal machten.
Ich möchte mich auf die Auswirkungen all dessen konzentrieren, was Sie beschrieben haben, auf die Frage, was es für das Völkerrecht bedeutet und auf die globale Spaltung, die wir heute erleben. Ich denke, der Kampf der USA und der NATO um die Kontrolle der Welt – vom Atlantik bis zum Pazifik und von den Vereinigten Staaten und England bis hin zum Chinesischen Meer – kann nur auf schmutzige Weise gewonnen werden – unter Verletzung des Völkerrechts – indem man sich auf das Töten von Zivilisten und das Bombardieren von Krankenhäusern, Schulen und anderen grundlegenden Einrichtungen konzentriert. Das ist es, was diesen Krieg einzigartig macht.
Die US-Marinekämpfe konzentrieren sich auf zivile statt auf militärische Ziele. Man hat gesehen, wie die Ukraine die russischsprachige Zivilbevölkerung ins Visier nahm und hoffte, dass die Zivilisten sagen würden: „Bitte bombardiert uns nicht mehr. Wir wollen, dass unser eigener Boris Jelzin oder irgendein Pinochet oder Selenskyj die Macht übernimmt. Für den Frieden tun wir alles.“ Aber das haben sie nicht getan. Sie haben sich um Russland geschart und gesagt: „Wisst ihr was, es ist falsch, dass ihr uns tötet, und wir werden uns euch nicht unterwerfen, denn wenn ihr uns jetzt tötet, was werdet ihr dann tun, wenn Frieden herrscht?“ Das ist also ein Völkermord in der Ukraine, genau wie es ein Völkermord in Israel ist.
Die anderen Länder sehen, dass es sich um ein moralisches Übel handelt und dass es ein Angriff auf die Prinzipien der Zivilisation und der Menschheit ist. Was also sollen die USA und die NATO tun? Sie verlassen sich darauf, dass die Ukraine und die israelischen Nazis jede Bevölkerung ausrotten oder vernichten, die sich ihrer wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Kontrolle widersetzt oder ihnen einfach im Weg steht. Es ist ein Vernichtungskrieg – kein militärischer Krieg gegen Armeen – sondern ein Vernichtungskrieg gegen Menschen, um einen Neokolonialismus zu schaffen. Das ist es, was die USA und die NATO tun. Sie versuchen, einen Neokolonialismus zu schaffen, um eine Welt zu schaffen. Nicht eine Gruppe verschiedener Zivilisationen. Eine Zivilisation, das ist die neoliberale Zivilisation der USA. Und andere Länder sind auf ihre Weise keine wirkliche alternative Zivilisation. Es gibt keine Pluralität von Zivilisationen, bei der jedes Land oder jede Region ihre Wahl treffen kann. Es soll nur eine geben.
Das ist böse, aber es ist historisch ein Merkmal religiöser Kriege und Hasskriege – ethnischer, nationaler und sogar rassistischer – wie im Fall des europäischen Kolonialismus und des amerikanischen Krieges in Asien. Soldaten und sogar die einheimische Zivilbevölkerung werden durch Propaganda dazu gebracht, den Feind als Untermenschen zu betrachten und ihn deshalb auf völlig andere Weise zu behandeln als es die Kriegsregeln vorsehen. Das ist der Charakter des israelischen Krieges gegen islamische Länder und gegen jede Bevölkerung, die sich der Expansion Israels vom Meer bis zum Ozean in den Weg stellt. Das heißt, gegen alles Land, alles Öl und alle natürlichen Ressourcen, die sich vom Mittelmeer bis zum Indischen Ozean erstrecken. Das ist das Ziel. Der weite westasiatische Raum soll in ein Land ohne Volk verwandelt werden. Das ist es, was Netanjahu meint. Ein Land ohne Volk, genau wie es Israels Siedler den Palästinensern angetan haben, die dort seit Jahrtausenden lebten. Die Bewohner werden als Nicht-Menschen betrachtet und wie das biblische Amalek behandelt, das der Herr seinen Gläubigen auferlegte, zusammen mit all seinem Vieh, seinen Bäumen und seinen lebenserhaltenden Produktionsmitteln auszurotten. Wenn Israel also in Gaza oder ins Westjordanland oder jetzt in den Libanon einmarschiert, kämpft es nicht gegen eine andere Armee. Es zerstört die Krankenhäuser. Es reißt die Olivenbäume nieder, die 30 bis 50 Jahre zum Wachsen brauchen. Es zerstört die Infrastruktur. Es macht es unmöglich, dort weiterzuleben. Das macht diesen Krieg einzigartig und noch zerstörerischer als die früheren Kriege, die zumindest die Zivilisation und die grundlegende Infrastruktur intakt ließen. Aber er ist zerstörerisch wegen dem, was Sie sagten: Die Verzweiflung des Westens, der USA und Europas, ist die einzige Art von Krieg, die sie führen können.
RICHARD WOLFF: Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen, die wir hoffentlich einem amerikanischen Publikum näherbringen können, auch wenn ich sie schon einmal erzählt habe. Ich habe einmal einige europäische Besucher in eine Stadt in Massachusetts namens Old Deerfield mitgenommen. Sie ist Teil einer kleinen Stadt namens Deerfield am Deerfield River im Westen von Massachusetts. Die Stadt Old Deerfield ist eine nachgebaute Gemeinde, in der alle Häuser so nachgebaut wurden, wie sie in der Kolonialzeit aussahen, bevor die Vereinigten Staaten ein unabhängiges Land wurden. Wenn Sie diesen Ort besuchen und sich diese interessanten alten nachgebauten Häuser ansehen, hineingehen und die Kolonialmöbel und all das sehen, werden Sie mit kleinen Plaketten an der Außenseite jedes Hauses konfrontiert, die Ihnen eine kleine, knappe Beschreibung des Lebens geben, als dieses Haus von einer Familie bewohnt wurde usw. Und ich ging hin und sah es mir an, wie meine Gäste, und wir alle reagierten sofort auf das, was auf den Plaketten steht. Meines Wissens steht das gerade jetzt, während wir sprechen, darauf. Es beschreibt die Familie von John Jones, seine Frau und die Kinder, und dann, an diesem schwierigen Tag im Jahr 1691, griffen die Wilden an. Und dann geht es in regelmäßigen Abständen um die Wilden, die schließlich zurückgeschlagen wurden. Und die Europäer sahen sich an, und ich sah sie an, und sie hatten mich. Die Europäer kamen hierher, töteten diese Menschen, nahmen ihr Land und nannten sie Wilde; sie erschossen sie wie Tiere, weil die Ureinwohner keine Gewehre und kein Schießpulver und all das hatten, die Europäer jedoch schon. Es war also ziemlich einfach, sie zu erschießen und mit ihnen wie mit Tieren umzugehen. Sie waren wild. Als sie sich dagegen wehrten, dass ihnen ihr Land und ihre Tiere weggenommen wurden, wurden sie noch wilder und absolut der Ausrottung unterworfen, was als 100 % akzeptable gesellschaftliche Lösung angesehen wurde. Man könnte es die endgültige Lösung des „Problems“ der amerikanischen Ureinwohner nennen.
Aber wissen Sie, es geht hier nicht um Europäer oder Ureinwohner Amerikas. Es geht um den Siedlerkolonialismus, der ein „Problem“ hat. Deshalb muss er sich vorstellen, dass das Land leer ist, denn sonst würde er mit der Frage konfrontiert werden: „Was macht ihr, wenn das Land voll ist?“ Nun, man schafft eine „Sie gegen uns“-Konfrontation. Wenn man die Literatur derjenigen liest, die Netanjahu unterstützen, ist es das, was sie jeden Tag sagen. Es heißt „Sie oder wir“.
Das war es, was die Kolonialisten in Old Deerfield fühlten. Entweder sie oder wir, und sie feierten den Angriff der Wilden, weil er bestätigte, wie wild sie waren. Er bestätigte nicht, dass der Siedlerkolonialismus in Frage gestellt werden könnte. Das kam ihnen nie in den Sinn. Ich meine, es ist eine Studie darüber, was mit Menschen passieren kann, wenn sie sich selbst in eine Sackgasse manövrieren oder gefangen sind, der sie sich nicht stellen wollen. Nun, dann haben sie es überdacht, also ist es keine Sackgasse, es ist kein Problem. Es ist jetzt verständlich, dass wir diese lästigen Tiere loswerden, die der edlen christlichen Zivilisation, die wir aufbauen, im Weg stehen.
Und in Israel ersetzen Sie es einfach durch jüdisch oder zionistisch oder was auch immer Sie wollen. Aber wir müssen verstehen, dass das nichts Neues ist. Michael hat Recht. Es ist eine besondere historische Konstellation. Das ist es, was verblasst. Ich fürchte, wenn wir dem zu viel Einmaligkeit beimessen, übersehen wir die Tatsache, dass es sich um eine Wiederholung handelt. Sehen Sie, die Welt blickt auf die Jahre 1933 bis 1945 zurück. Zwölf Jahre, eine lange Zeit. Zwölf Jahre. Herr Hitler kam im Januar 1933 an die Macht und war im Zweiten Weltkrieg erledigt. Von 1933 bis 1945 – zwölf Jahre – herrschten also die Nazis, und die ganze Welt hat seitdem voller Entsetzen auf das zurückgeblickt, was sie getan haben und was sie waren. Diese zwölf Jahre lang war es beängstigend, und die Leute schüttelten den Kopf, wollten es nicht glauben und wandten sich davon ab. Aber schließlich – und es dauerte 75 Jahre, bis rechtsgerichtete Faschisten ihre Köpfe aus dem Sand streckten – sehen wir sie jetzt wieder. Aber auch das hat wieder lange gedauert.
Das Verhalten der Israelis wird noch lange anhalten, und wir werden mit demselben Entsetzen darauf zurückblicken, wie wir auf die Taten der Nazis in ihrem Teil Europas zurückblicken. Nur werden wir aus dieser Zeit vielleicht etwas mehr gelernt haben als beim ersten Mal.
MICHAEL HUDSON: Ich denke, was Sie beschreiben, Richard, ist, dass es heute etwas Einzigartiges gibt , nämlich dass es eine ganze Ideologie gibt, die etwas unterstützt, das unterstützt, was die Siedler in Amerika getan haben – und Sie haben ganz recht, diese Parallele zu ziehen – und was Siedlerstaaten anderswo tun, und was die Vereinigten Staaten und die NATO versuchen, in anderen Ländern zu expandieren. Es ist viel mehr als ein Kampf der Zivilisationen, wie hier zwischen den englischen Siedlern und der einheimischen Bevölkerung. Es ist ein Angriff auf das Grundprinzip dessen, was die Menschen traditionell als Zivilisation betrachtet haben, und ich denke, Amerikas politische Entscheidungsträger haben erkannt, dass ihr Plan einer Weltdiktatur, den sie 1992 als das „Ende der Geschichte“ von Francis Fukuyama feierten, ein Fehlschlag war. Ihre Vorstellung von Zivilisation ist, dass alle Ronald Reagan und Margaret Thatcher folgen und die Wirtschaft privatisieren. Jetzt, da die Sowjetunion tot ist, gibt es keine Alternative?
Fukuyamas Buch wurde ein Jahr später sehr schnell durch ein Buch seines Harvard-Lehrers Samuel Huntington ersetzt : Kampf der Kulturen: Neugestaltung der Weltordnung . Und Huntington beschrieb die wahre Organisation, die Zivilisation, als US-Nationalismus, Neoliberalismus und seine Doktrin einer unipolaren Welt, das war seine Definition der Zivilisation als einer universellen Welt. Andere Zivilisationen sind im Grunde die Art und Weise, wie indigene Bevölkerungen behandelt wurden, und Huntington warnte, dass die Vereinigten Staaten in Zukunft mit Konflikten konfrontiert seien, die nicht einfach eine Abkehr von einer anderen Handels- und Währungspolitik von Ländern darstellten, die dem Erbe des Kolonialismus und der US-Dominanz entkommen wollten. Er meinte einen Kulturkonflikt, und das ist wirklich der Schlüssel: Die US-Dominanz nicht zu akzeptieren, wurde als Versuch angesehen, eine neue Zivilisation zu schaffen. Es war also nicht nur der Kampf der englischen Siedler Amerikas oder der jüdischen Siedler Palästinas um Land. Es war ein kultureller Zivilisationskampf. Das machte es im Grunde anders, denn das Prinzip der nationalen Selbstbestimmung und der persönlichen religiösen und politischen Freiheit galt früher als Grundlage der Zivilisation. Offensichtlich geschah das, was Sie beschreiben, während des Dreißigjährigen Krieges bei der Besiedlung Amerikas, aber die Neokonservativen in den USA betrachteten die Idee der politischen Unabhängigkeit anderer Länder plötzlich als eine neue fremde Zivilisation, die den gesamten Westen bedrohte. Die Vorstellung, dass es eine Alternative geben könnte und diese Art der Gestaltung internationaler Beziehungen stellt die gesamte traditionelle universelle Moral auf den Kopf.
Nun, die englische Besiedlung Amerikas und die spanische Besiedlung Amerikas taten dies auch, aber die Rechtstheoretiker diskutierten es kaum. Es schien außerhalb des Bereichs dessen zu liegen, was man im Rahmen des Völkerrechts diskutieren konnte. Und diese Lücke, diese Schaffung eines neuen Völkerrechts, das den Siedlerkolonialismus rechtfertigte, das Recht einer Nation, das Volk und die Kultur einer anderen zu übernehmen und zu zerstören, sowie einfach nur ihr Land zu nehmen, ist im Wesentlichen das, wogegen der Zweite Weltkrieg gekämpft wurde, das Prinzip des Nationalsozialismus.
das ist jetzt aber eine ganz falsche analyse: das gegenteil ist wahr. der 1.+2. weltkrieg wurde von england und den USA inszeniert. hitler wurde von den amis aufgebaut. die ideologie der nazis kommt von den satanisten aus den USA. siehe hier... Ploppa Hermann: Hitlers amerikanische Lehrer
und hier... Verborgene Geschichte Ein Geheimbund um Cecil Rhodes, Rothschild, Milner, Esher, Grey, Breit, Starr, Sead planten den 1. Weltkrieg mit 17 Mio. Toten.
RICHARD WOLFF: Ich denke, die Art und Weise, wie das heutzutage dargestellt wird, veranschaulicht, was Michael uns verständlich machen möchte. Ich möchte Ihnen nur die Worte zeigen. Der Kampf der Kulturen ist ein sehr praktischer Weg, und hier ist ein zweiter Weg, der verwendet wird, um dasselbe zu verdeutlichen: dass eine Kultur für Demokratie ist und ihr in etwa gleichkommt, während die andere Kultur dem Autoritarismus gleichkommt oder ihm ebenbürtig ist.
Dies ist eine wunderbare Dichotomisierung, denn sie ermöglicht es einem, China zu betrachten, und egal, wie oft die Chinesen einem sagen: „Wir haben zwei Ziele.“ Das sagen sie übrigens schon seit 50 Jahren. Erstens, hundert Jahre der Demütigung zu beenden, womit sie Kolonialismus meinen, denn obwohl China als Ganzes nie eine Kolonie wurde, wurden Teile davon doch eine: Die Städte entlang der Küste wurden teilweise von den Deutschen, teilweise von den Briten eingenommen, es war schrecklich, und sie kämpften im Boxeraufstand und wurden besiegt, und so weiter. Das zweite Ziel Chinas war, sein Volk aus der schlimmsten Armut zu befreien, die die Welt je gesehen hat. Zwei Ziele: nicht von Ausländern gedemütigt zu werden und im Grunde genommen seinen Lebensstandard zu erhöhen. Das ist es, was sie sich vorgenommen haben, und sie waren dabei die erfolgreichsten in der Weltgeschichte, wenn man das Ausmaß der Verbesserungen und die Zeit misst, die es brauchte, um sie zu erreichen. Nach diesen Maßstäben sind sie ein durchschlagender Erfolg. Beachten Sie, dass ich mich nicht zu ihren internen Bürgerrechten oder einer ganzen Reihe anderer Qualitäten äußere, die ein anderes Thema sind. Aber die Vereinigten Staaten können nicht erkennen, was sie tun oder warum sie es tun. Sie sprechen nicht mehr von einem großen Kampf zwischen Kapitalismus und Sozialismus, weil das wirklich nicht mehr passt. Sie haben es also mit Demokratie und Autoritarismus zu tun, was nicht mehr Anziehungskraft oder Analysekraft hat, als es der alte Kampf zwischen Kapitalismus und Sozialismus je hatte. Dies sind Möglichkeiten, mit der Rationalisierung umzugehen, die die Vereinigten Staaten brauchen, um das zu erreichen, was für sie zur Sicherheit geworden ist. Wenn Sie eine Weltmacht werden, dann erfordert Sicherheit, dass Sie die Welt kontrollieren. Wenn Sie sich keine Sorgen um den Rest der Welt machen wollen, dann seien Sie keine Weltmacht. Seien Sie eine wirklich starke Macht, wo auch immer Sie sind. Aber die Vereinigten Staaten haben 700 bis 800 Stützpunkte im ganzen Land. Das sind die Bestrebungen einer Weltmacht. Und jetzt haben sie das Problem: Wie rationalisiert man den Wunsch, für immer das zu sein, was kein Imperium erreicht hat? Antwort: Alle anderen sind eine Bedrohung für alles Gute auf der Welt. Sie sind entweder nicht menschlich, eine wirklich schlechte Zivilisation oder autoritär.
Letzter Punkt. Die Ironie hier – ob ein Hegel als Philosoph, ein Bertolt Brecht als Theaterautor oder ein George Carlin als Komiker – man muss diese Genialität haben, um sie zu erfassen. Die autoritärste politische Struktur existiert in jedem kapitalistischen Unternehmen. Der CEO sagt allen anderen, was sie zu tun haben. Und die Leute, die er herumkommandiert, die Angestellten, haben absolut keinen Einfluss auf ihn. Sie wählen ihn nicht. Sie billigen nichts, was er tut. Wenn er sie nicht mag, werden sie gefeuert. Oh mein Gott. Andere Gesellschaften als autoritär zu betrachten, wenn dies für die überwiegende Mehrheit der Menschen an fünf von sieben Tagen in der Woche die Realität ist, erfordert außerordentliche ideologische Disziplin, denn es ist schwer, in einem Bereich so blind zu sein, dass man einen anderen Bereich mit Schimpfwörtern belegen kann, die auf einen selbst zutreffen.
Das ist ein Extremzustand, und ich glaube nicht, dass diese Kulturen das lange aufrechterhalten können. Und wenn ich recht habe, dann ist das ein weiterer Grund für die Regierenden der Vereinigten Staaten, sehr, sehr besorgt über ihre Situation zu sein.
MICHAEL HUDSON: Die Frage ist also, was wir dagegen tun werden. Was wird das Ergebnis sein? Als die Engländer die amerikanischen Ureinwohner angriffen, hatten sie keine Gelegenheit, eine Alternative zu schaffen. Sie konnten nur immer weiter nach Westen zurückweichen, bis sie in Reservate oder, wie die Nazis es nannten, Konzentrationslager zurückgedrängt wurden. Nun, die US-Präsidenten Biden und Donald Trump haben beide wiederholt versucht, ihre große Angst auszudrücken, dass andere Länder tun werden, was die amerikanischen Ureinwohner und die Palästinenser nicht tun konnten, nämlich eine Alternative schaffen werden. Und deshalb haben sie China als Amerikas existentiellen Feind bezeichnet, und um den Boden für seine Eroberung zu bereiten, haben sie gesagt, dass dies eine Schwächung Russlands und des Irans erfordert, weil diese beiden großen militärischen Verbündeten Chinas und Lieferanten von Öl und der Energie sind, die China braucht. Die US-Außenpolitik leidet jedoch unter der Hybris, die sie schon immer hatte. Sie geht davon aus, dass andere Länder nicht aktiv reagieren werden. Sie werden sich passiv ergeben, so wie es die amerikanischen Ureinwohner gegenüber den Siedlern taten, oder so wie es die Palästinenser taten, als diese einfach das Land verließen oder getötet wurden.
China und Russland haben die Führung übernommen, um eine alternative Weltordnung zu schaffen, die ihre Unabhängigkeit verteidigen soll. Und darüber sprechen wir in dieser Sendung seit etwa einem Monat. Sie haben eine Reihe alternativer Organisationen zu denen des Westens geschaffen. Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit ist zu einem defensiven Gegengewicht zur NATO geworden, und die BRICS bilden eine Allianz mit allen Facetten, um unabhängig von den USA und dem NATO-Block Handels- und Finanzautonomie zu erreichen. Der Vorstoß der NATO in die Ukraine, mit dem sie Russlands Überlebensfähigkeit als Fiskalstaat beenden wollte, ist jedoch gescheitert. Russland ist noch stärker geworden, und die von der NATO unterstützten Truppen der Ukraine stehen kurz vor einer völligen Niederlage. Die Vereinigten Staaten haben ihre militärische Unterstützung also auf ihr langfristiges Ziel verlagert, die Kontrolle über den weltweiten Ölhandel zu erlangen.
Ihr Argument ist, dass sie sich die wichtigsten Kontrollorgane aneignen werden, wenn sie auf dem Schlachtfeld nicht gewinnen können. Und ihre Politik hier ist der in der Ukraine sehr ähnlich. Sie unterstützt Israel bei der Eroberung des gesamten Nahen Ostens, angefangen bei der einheimischen palästinensischen Bevölkerung und der Ausdehnung des Territoriums bis hin zum Libanon, Syrien und Irak, was in der seit langem geäußerten Hoffnung gipfelt, dass sie den Iran besiegen und in das Großisrael einbeziehen und, wie ich sagte, den gesamten Erdöl-, Land- und geografischen Streifen vom Mittelmeer bis zum Indischen Ozean kontrollieren können. Und wie in der Ukraine konzentriert sich Israels Militär viel mehr auf die Bevölkerung, die ihm im Weg steht, als auf militärische Ziele. Das ist ihm wirklich egal. Wenn man die Krankenhäuser, die Infrastruktur, die Kultur einer Zivilisation zerstören kann, die Grundlage, die sie politisch und kulturell zusammenhält, dann muss man keinen militärischen Krieg führen, den man mit Sicherheit verlieren wird. Nun, es ist diese Konzentration auf Angriffe auf Zivilisten und kulturellen Völkermord, die die Kriegsregeln der zivilisierten Welt verletzt, die es am Anfang gibt. Die US-NATO-Länder haben keine eigenen Truppen, ihr Ziel ist also auf ganze Bevölkerungen ausgedehnt: „Nun, wir können sie bombardieren. Wir werden nicht gegen sie kämpfen. Wir können sie nur bombardieren, solange sie keine Bomben haben, um sich zu wehren.“ Und die Palästinenser haben keine Bomben und sie werden auch nicht von anderen islamischen Ländern unterstützt. Es gibt keine religiöse oder ideologische Unterstützung für die Länder im Nahen Osten und in Westasien, die bereit sind zu erkennen, dass sie alle bedroht sind, dass dieses Streben nach Lebensraum nicht einfach ein jüdischer Lebensraum für die eigene Bevölkerung ist, sondern ein westlicher Lebensraum, um die natürlichen Ressourcen, die Bodenschätze, Öl, Mineralien, das Land, die Infrastruktur zu kontrollieren.
Das Konzept des Lebensraums hat sich in eine umfassende Kontrolle aller Voraussetzungen des gesellschaftlichen Überlebens verwandelt. Deshalb konzentrieren sich die israelischen Soldaten darauf, Kinder zu töten und Krankenhäuser und Schulen zu bombardieren. Wenn man die Kinder tötet, wird es keine Bevölkerung mehr geben, man muss in Zukunft kämpfen. Netanjahu und das israelische Kabinett: Noch einmal: „Deshalb töten wir Kinder. Deshalb bombardieren wir Krankenhäuser. Wir wollen nicht, dass die Bevölkerung überlebt.“ Nun, dieses Ziel ist Völkermord und es besteht darin, andere Völker und Länder am Überleben und Leben zu hindern, um eine Alternative zu bieten. Wie die Ukraine schürt Israel Rassenhass, um seinen Völkermord an den Palästinensern und Arabern zu rechtfertigen. So wie es seine Gegner als Untermenschen bezeichnet, so wie die Ukrainer die Russischsprachigen als Kakerlaken bezeichneten, behandeln die Israelis die Araber als solche. Das ist es, was Huntingtons Kampf der Kulturen in der Praxis bedeutet: Aus seiner Sicht gibt es wirklich nur eine Zivilisation, und die anderen Zivilisationen sind die einheimische Bevölkerung, wie die Siedler. Was wird damit erreicht? Es belebt die Hassideologie der Nazis aus dem Zweiten Weltkrieg wieder, die so schockierend war, dass sie die ganze Welt zu einem Bündnis zur Selbstverteidigung treibt.
Das ist es, was die USA, unsere Planer, nicht erkannt haben: dass Länder befürchten, dass der Völkermord in Gaza und im Westjordanland Israels ihr eigenes Schicksal sein könnte, wenn die USA versuchen, sie daran zu hindern, ihre eigene Unabhängigkeit zu verfolgen oder ihre eigene Selbständigkeit zu erreichen, ihr eigenes Währungssystem, ihren eigenen Handel, ihre Fähigkeit, amerikanische Unternehmen zu besteuern oder sie zu bestrafen, wenn sie ihr Land verschmutzen, wenn sie von der neoliberalen Politik der USA abweichen. Das ist im Grunde die neue Religion der USA. Wenn andere Länder versuchen, ihren Dollarschulden oder den unaufhörlichen Folgen eines Regimewechsels zu entkommen, werden sie wie die Opfer der Siedler enden.
Wir können uns also die wirtschaftliche Regelung eines Landes vorstellen, eine wirtschaftliche Regelung, die darin besteht, die Handelsregeln eines Landes, seine nationalen Gesetze, seine Fähigkeit, Unternehmen zu besteuern, zu übernehmen, um seine Öl- und Mineralressourcen in seinem eigenen natürlichen Interesse zu kontrollieren, anstatt zuzulassen, dass amerikanische und europäische Firmen sie übernehmen und ihre gesamte Produktion und den wirtschaftlichen Wert dieser Ressourcen für sich abschöpfen. Wir befinden uns also wirklich in einem Kampf um die Art unserer Zivilisation. Und es kann zu einem globalen Bruch kommen, aber wenn es einen globalen Bruch zwischen den 15 % der Bevölkerung gibt, die zu den USA und der NATO gehören, und den 85 % des gesamten Rests der Welt, dem Teil der Welt, der industrialisiert ist, dem Teil der Welt, der über die natürlichen Ressourcen verfügt, dann geht es bei dem Kampf, den wir heute erleben, diesem neuen Kalten Krieg, wirklich darum, worum es bei der Zivilisation geht, im Gegensatz zur wirklich zivilisationsfeindlichen Haltung der USA und der NATO.
RICHARD WOLFF: Lassen Sie mich das noch ergänzen, wenn ich darf, denn ich glaube, es gibt noch eine andere Dimension. Man bekommt eine andere Einsicht, wenn man sich fragt: Was kommt als Nächstes? Israel ist vermutlich um seine Sicherheit besorgt. Das sagt es die ganze Zeit, und ich nehme an, das ist Teil der Geschichte. Okay. Wenn Sie eine Nation sind, die um ihre Sicherheit besorgt ist, dann tun Sie Folgendes: Sie machen sich durch das, was Sie tun, zum absoluten Feind aller Araber und der meisten Muslime. Falls die Amerikaner es nicht wissen: Es wird weithin bekannt gemacht. Die Zerstörung Palästinas ist in jedem muslimischen Land auf diesem Planeten jeden Tag eine Schlagzeile. Es ist also nicht wie in den Vereinigten Staaten, sondern wir, unser Volk, unsere Glaubensbrüder, unsere Brüder und Schwestern, werden abgeschlachtet.
Erstens: Wie auch immer dies endet, wann auch immer es endet, Israel wird sich mit einem Grad globaler Isolation und Feindschaft auseinandersetzen müssen, der sich in Millionen großer, kleiner und mittlerer Entscheidungen ausdrücken wird, die von Hunderten Millionen, Milliarden Menschen auf der ganzen Welt bei jeder sich bietenden Gelegenheit getroffen werden. Nicht nur die Houthis haben herausgefunden, wie sie zuschlagen können. Alle anderen auch.
Nummer zwei und wahrscheinlich noch wichtiger. Diese Bemühungen zerstören die israelische Wirtschaft. Sie werden viele, viele Jahre, wenn nicht auf unbestimmte Zeit, vollkommen von den Vereinigten Staaten abhängig sein. Sie werden keine Unabhängigkeit von den Vereinigten Staaten haben. Sie werden nicht nur ständig Waffen brauchen, sondern auch Geldspritzen und Handelsabkommen. Was auch immer, sie werden es brauchen. Und die Vereinigten Staaten werden mit allen Regimen, die in den Vereinigten Staaten an die Macht kommen, alle Fäden in der Hand halten. Kurz gesagt, Israel schafft durch seinen Krieg ein Maß an Unsicherheit, Abhängigkeit und Ungewissheit, das diese Gesellschaft auf unbestimmte Zeit in der Zukunft verfolgen wird. Diese Strategie bringt ihnen weder Sicherheit noch Unabhängigkeit. Es ist ein Witz. Es ist kein lustiger Witz. Es ist ein Witz auf Kosten der Israelis, indem sie sich selbst sagen, es geht um sie oder uns, indem sie sich weigern, einen Ausweg zu finden. Sie manövrieren sich selbst in eine internationale, politische und ideologische Ecke. Sie werden noch sehr, sehr lange verzweifelt sein.
MICHAEL HUDSON: Ich glaube, dass Israel nur eine der ersten Arenen in diesem großen internationalen Kampf ist. Die Vereinigten Staaten haben nicht gesagt, dass die Palästinenser ein existentieller Feind sind. Sie haben bemerkt, dass die anderen islamischen Länder Israel unterstützen. Die Türkei unterstützt Israel. Saudi-Arabien unterstützt Israel. Ägypten unterstützt Israel ganz besonders. Sie kämpfen nicht dagegen, weil die Führer im Grunde gekauft sind und mit der Unterstützung Israels Geld verdienen, und sie stellen den Nutzen ihrer eigenen Führer über ihr gesamtes nationales Schicksal. Ich mache mir mehr Sorgen darüber, was andere Länder tun werden, um eine viel stärkere Antwort zu erhalten als die Länder des Nahen Ostens. Im Wesentlichen wird die Antwort etwas sein, was die Ölländer des Nahen Ostens nicht getan haben. Die BRICS-Staaten sind dabei, sich vom Westen abzukoppeln, um ihre eigene multipolare Welt des gegenseitigen Nutzens und der Entwicklung zu schaffen. Dies ist dasselbe Thema, um das im Dreißigjährigen Krieg gekämpft wurde. Das Problem ist, dass es kaum eine Chance gibt, dass der Westen einen Westfälischen Frieden akzeptiert und eine solche Welt ermöglicht, oder zumindest eine Welt, an der die Vereinigten Staaten, Europa und Israel teilhaben möchten. Das ist der Unterschied. Zumindest am Ende des Dreißigjährigen Krieges akzeptierte Europa ein gemeinsames Interesse an der Beendigung des Krieges und stellte fest: „Wir wollen nicht, dass unsere Zivilisation – wenn man sie so nennen kann – noch weiter auseinandergerissen wird.“ Das ist heute nicht der Fall.
Die Politik der Vereinigten Staaten besteht darin, andere Länder, die sich der amerikanischen Politik widersetzen, auseinander zu reißen, indem sie behaupten, sie seien nicht nur eine andere Zivilisation, sondern tatsächlich eine andere Spezies. Jede Zivilisation ist eine Spezies, und irgendwie sind wir wieder bei den ethnischen Rassenstereotypen angelangt, die dem Siedlerkolonialismus und den amerikanischen Kriegen in Asien, Vietnam, Korea und überall sonst zugrunde lagen. Das Problem ist, dass sie nicht an gegenseitigem Nutzen interessiert sind. Sie sind nicht an einer Welt interessiert, in der alle friedlich zusammenleben können. Deshalb wird es für Israel keine Zweistaatenlösung geben. Alles, was die USA wollen, ist die Möglichkeit, ihre rohe Macht einzusetzen, um zu kontrollieren und sich alle Ressourcen und Einnahmen zu sichern, die sie wollen. Das Ziel ist Eroberung ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Kosten und Vorteile.
Man kann sich das also nicht ansehen und sagen: „Was liegt denn nun im wirtschaftlichen Interesse der Vereinigten Staaten und Europas? Liegt es nicht in ihrem wirtschaftlichen Interesse, sich mit Russland und China zusammenzuschließen und eine prosperierende Welt zum gegenseitigen Nutzen zu haben?“ Die Politiker sagen: „Nein, das ist uns egal.“ Die deutschen Politiker sind bereit, die deutsche Wirtschaft zu opfern, ihre Industrie zu zerstören, ihr BIP Quartal für Quartal schrumpfen zu lassen, ihren Lebensstandard zu senken – und das alles, weil das der Preis dafür ist, eine Weltordnung zu verhindern, die anders ist als die, an der die Vereinigten Staaten – die uns unterstützen – interessiert sind.
Andrei Martynov meinte, die USA führten heute einen Kampf gegen die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs, und zwar in dem Sinne, dass sie um Prinzipien kämpften, darum, worum es damals ging, darum, welche Art von internationalen Beziehungen aufgebaut werden sollten. Es sei ein Kampf gegen alle anderen Völker, als handle es sich um einen Überlebenskampf zwischen verschiedenen Spezies, eine Art darwinistisches „Überleben des Stärkeren“.
Und doch ist der Westen heute wirtschaftlich und militärisch am wenigsten gerüstet, abgesehen von seinen Atomwaffen. Und da herrscht Gleichstand, denn sowohl die USA als auch Russland und China haben die Macht, die ganze Welt in die Luft zu jagen und das Neopaläolithikum von vorne zu beginnen. In diesem Kampf werden also Bevölkerungen, die ihre eigene politische Unabhängigkeit anstreben, als Spezies behandelt, die ausgerottet werden müssen. Das ist die Essenz der Nazi-Ideologie, und sie wiederholt sich heute. Wenn es also zu einem Kampf der Kulturen kommt, was bedeutet das für die Vereinten Nationen? Alle Länder außer den USA, der NATO und Israel wollen Frieden. Aber die Vereinten Nationen sind machtlos, die Völkermörder auszuschließen, die das Völkerrecht verletzen. Wenn Israel die Lieferung humanitärer UN-Notnahrungsmittel an die hungernden Opfer in Gaza blockiert, haben die Vereinten Nationen nicht die militärische Macht, Israels Blockade einfach zu überwinden. Es hat keine eigenen Panzer, um einfach zu sagen: „Ihr wollt ihre Lastwagen reinlassen, wir schicken die Lastwagen hinter dem Panzerkonvoi rein, und wenn eure israelischen Wachen uns blockieren, schießen wir euch einfach nieder.“ Es hat keine derartige Macht. Ägypten hat die Macht, aber die Amerikaner haben den Arabischen Frühling manipuliert, um den gewählten Nachfolger Mubaraks an die Macht zu bringen. Der Diktator wurde von der völlig korrupten ägyptischen herrschenden Klasse eingesetzt. Und die einzige Frage ist, ob die Armee irgendwie eine Erinnerung an Abdul Nasser haben wird. So muss es nicht sein. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass Ägypten nicht ein Beifallkundler und Unterstützer Israels sein wird, wie es das jetzt schon ist. Es wird nicht helfen, Nahrungsmittelhilfe zu liefern. Es hat genau das Gegenteil getan. Es errichtet Blockaden und sagt: „Wir wollen keine Palästinenser hier. Wir wollen, dass sie verhungern, anstatt nach Ägypten zu kommen.“ Das ist absolut verachtenswert.
Ich glaube nicht, dass die weiter östlich gelegenen Gebiete um China, Russland, Zentralasien und Südasien auch nur annähernd so passiv und korrupt sein werden wie die islamischen Staaten. Man kann sehen, dass sie sehr schnell daran arbeiten, eine Alternative zu schaffen, an der die islamischen Länder im Grunde überhaupt kein Interesse haben. Sie versuchen, beide Seiten zu spielen, so wie die Türkei zu sagen versucht: „Wir werden Teil der NATO und gleichzeitig Teil der BRICS-Staaten.“ Wie die Chinesen sagen: „Wer versucht, zwei Wege gleichzeitig einzuschlagen, wird sich ein gebrochenes Hüftgelenk zuziehen.“ Das ist im Grunde das, was wir hier haben.
Was also werden die Vereinigten Staaten tun, wenn sie Palästina nicht einmal als Mitglied aufnehmen können? Es waren die Vereinten Nationen, die Israel geschaffen haben, und sie selbst tragen die Verantwortung dafür, Israel anzuerkennen und sein ausdrückliches Ziel des Völkermords an den Palästinensern in den neuen Siedlerländern zu unterstützen. 1948 akzeptierten die Vereinten Nationen den Siedlerstaat, obwohl die Stern-Bande alle Palästinenser tötete, um ihre zionistischen Anhänger ins Land zu lassen, und die Vereinten Nationen nicht in der Lage waren, dies zu verhindern. Und die Vereinten Nationen sind nicht in der Lage, so zu handeln, wie sie aufgebaut sind, mit einem Sicherheitsrat, der von den Vereinigten Staaten blockiert werden kann, und in dem die einzigen beiden Länder, die sich den Vereinigten Staaten widersetzen, Israel und einige pazifische Inselstaaten, durch Abstimmungen Israel verurteilen können. Der ganze Rest der Welt ist gegen sie und kann nichts tun.
Es ist offensichtlich, dass es, wenn es irgendeine Möglichkeit geben soll, diesen Angriff auf die Zivilisation zu verhindern, eine neue Alternative zu den Vereinten Nationen braucht. Und diese Alternative muss einen militärischen Arm haben, der das Völkerrecht durchsetzt. Und sie muss erkennen, dass es sich hier um eine existenzielle Frage handelt, die eine eigene ideologische Doktrin erfordert, die klar dargelegt werden muss, was die Prinzipien sind und wie diese Prinzipien verteidigt werden sollen. Ich sehe im Moment keine Anzeichen dafür, dass das passiert. Die Vertreter der Vereinten Nationen neigen dazu, dieses Problem zu vertuschen, indem sie die Fantasie zum Ausdruck bringen, dass sie irgendwie sagen: „Nun, wir wollen wirklich eine Zweistaatenlösung, aber wir werden Palästina nicht anerkennen und wir werden überhaupt nichts gegen den Völkermord in Israel unternehmen. Wir werden die Verhaftung nicht anordnen. Wir werden Israel nicht isolieren. Wir werden Handel mit Israel zulassen. Wir werden den Völkermord in Israel akzeptieren, weil es die Freiheit hat, zu tun, was es will.“ Damit sind die Vereinten Nationen im Grunde zu einem Arm des US-Außenministeriums und Militärs geworden. Und das ist eine unmögliche Überlebenschance, wenn es eine Alternative zu der amerikanischen Ordnung geben soll, von der wir gesprochen haben.
Präsident Netanjahu behauptet, das Wesen des Judentums selbst bestehe in der Ausrottung der nichtjüdischen Bevölkerung, und er sagt dies, um gegen den Völkermord zu protestieren. Zu behaupten, die Palästinenser seien Menschen und dürften nicht getötet werden, ist antisemitisch, denn Israel ist ein jüdischer Staat und seine Siedler könnten Vergeltungsschläge erleiden, wenn sie die einheimische Bevölkerung töten, und weil sie so viele Palästinenser getötet haben, ist es nur natürlich, dass die Palästinenser und Araber zurückschlagen wollen. Und diese Tatsache, dass sie sich verteidigen wollen, stellt, wie Sie gerade sagten, eine existentielle Bedrohung für Israel dar. Und deshalb ist jedes Land, das sich gegen die Angriffe mit den Bomben der Vereinigten Staaten wehrt (es sind die Bomben der Vereinigten Staaten, die Israel abwirft), antisemitisch. Deutschland und die Vereinigten Staaten verabschieden Gesetze, die jede Unterstützung der Palästinenser, jede Behauptung, sie seien Menschen, jede Demonstration auf dem Campus, jede politische Demonstration als Gesetzesbruch bezeichnen. Das ist das Verwerfliche, das gilt ganz sicher für Deutschland, aber auch für die Vereinigten Staaten und die anderen NATO-Staaten. Wir sprechen hier von einer Ideologie, die im Prinzip zivilisationsfeindlich ist. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, denn das Rad wurde in vielerlei Hinsicht bereits nach dem Dreißigjährigen Krieg erfunden. Das wurde, glaube ich, zur Grundlage der deutschen Philosophie und der gesamten europäischen Rechtsphilosophie. Sie versuchen, es neu zu erfinden, aber das Völkerrecht braucht ein Mittel zur Durchsetzung. Solange die Vereinten Nationen ein Vetorecht haben, können Sie nichts tun.
Die Prinzipien der Vereinten Nationen sind also ziemlich klar. Die Prinzipien und Ziele sollten denen von 1648 ähneln und darauf abzielen, der neoliberalen Inquisition Amerikas die Möglichkeit zu nehmen, sich in die Politik anderer Länder einzumischen. Georgien hat in dieser Hinsicht kürzlich einen positiven Anfang gemacht. Die NGOs, die vom US-amerikanischen National Endowment for Democracy finanziert werden, wurden geschlossen. Das ist Faschismus, um einen Regimewechsel zu fördern und sich in die Innenpolitik anderer Länder einzumischen, in der Hoffnung, einen lokalen Boris Jelzin oder Selenskyj oder einen Schah zu schaffen. Das National Endowment for Democracy möchte Georgien in eine zweite Ukraine verwandeln, die bis zum letzten Georgier kämpft, wenn sie eine US-Marionette einsetzen können, um gegen Russland in den Krieg zu ziehen.
Hier ist also das Problem, das angegangen werden muss. Der Westen muss über die Idee eines Kampfes der Zivilisationen hinausgehen. Er geht über diese Idee eines Kampfes der Zivilisationen hinaus, er will tatsächlich die einzige Zivilisation sein, die übrig bleibt. Aber er ist unzivilisiert. Seine Ideologie, Länder zu zerstören, die sich seiner politischen und wirtschaftlichen Eroberung widersetzen, ist daher eine Opposition gegen die Zivilisation. Es ist Barbarei. Anstatt also einen Kampf der Zivilisationen zwischen Nationen zu erleben, wie im Dreißigjährigen Krieg in Europa, erleben wir einen Krieg gegen die Zivilisation selbst, und die große Frage ist, ob die globale Mehrheit der Zivilisation erkennen wird, wie wahrhaft existentiell Amerikas Kampf zur Umkehrung der Prinzipien der Zivilisation für diese anderen Länder ist. Und der unmittelbarste kurzfristige Test wird meiner Meinung nach Amerikas Unterstützung des Kampfes Israels gegen den Iran sein.
Was in den 1990er Jahren wie das Ende der Zivilisation aussah, ist heute ein Überlebenskrieg für Länder, die sich aus dem Einflussbereich der USA und der NATO zurückziehen wollen. Diese amerikanisch-israelisch-ukrainische Politik der Entmenschlichung des Feindes ist eine militärische Taktik, die, wie wir bereits besprochen haben, bis in biblische Zeiten zurückreicht – was Israel Amalek nennt und die US-Diplomatie Autokratie oder Sozialismus. Russlands Präsident Putin bedauert heute, wie leichtgläubig er war, als er glaubte, der Westen würde irgendwie handeln, um einen Krieg in der Ukraine zu vermeiden, weil das in seinem eigenen Interesse liege. Es lag im Interesse Europas, russisches Öl zu importieren, weil dies die Grundlage seiner Industrie war, und doch hat es das nicht getan. US-Regierungsvertreter hatten nie die Absicht, ihr Versprechen einzuhalten, die NATO nicht nach Osten auszudehnen. Ebenso bedauert der neu gewählte iranische Präsident, wie leichtgläubig er war, als er glaubte, der Westen würde die Handels- und Finanzsanktionen gegen den Iran aufheben oder zumindest abmildern, wenn der Iran davon absehe, sein Land gegen die Bombardierung und Ermordung israelischer Politiker zu verteidigen. Das ist nicht geschehen, also hat er seine Position jetzt verhärtet. Die große Frage ist also, was bedeutet das für die chinesische Außenpolitik – da Amerika China als Amerikas existentiellen Feind bezeichnet –, die darauf basiert, ein Win-Win-Abkommen anzubieten, das beiden Ländern international zugutekommt? Aber die US-Führung hat nicht die Absicht, eine solche Politik zu betreiben, weil sie nicht will, dass irgendjemand sonst von den Vorteilen des technologischen und wirtschaftlichen Fortschritts profitiert. Sie haben nur ein Ziel: die unipolare Kontrolle des gesamten Planeten und seiner Regierungen, seiner Volkswirtschaften, seiner natürlichen Ressourcen, seines Landes und seines Wassers. Wie in einem Religionskrieg sind sie bereit, für das Ideal zu sterben und die ganze Welt in einem Atomkrieg zu stürzen, wenn sie scheitern. Genau das droht heute in der Ukraine und diese Woche auch in Israel und im Iran.
RICHARD WOLFF: Eine der Fragen, die sich viele Menschen zu all dem stellen, ist, warum Regierungen, insbesondere in Europa, aber auch anderswo, – die meisten von ihnen – weiterhin nicht bereit sind, das Vorgehen der Vereinigten Staaten in Frage zu stellen. Es gibt die Houthis, das stimmt – aber sie sind nicht einmal eine Regierung. Sie sind ein Teil des Jemen. Der Jemen ist eine Sache und die Houthis sind eine Gemeinschaft innerhalb des Jemen. Aber man muss lange und weit suchen, wo man sonst noch Leute findet, die bereit sind, etwas zu tun. Ich verstehe, dass vieles getan wird – im Verborgenen –, von dem wir nichts wissen, das wir nicht messen oder das wir nicht sehen können. Deshalb möchte ich, wenn ich kann, in der Zeit, die uns zur Verfügung steht, darauf eingehen, warum Olaf Scholz in Deutschland oder Emmanuel Macron in Frankreich oder die EU-Führung und so weiter und so fort bereit sind – wie Michael richtig sagt und wie viele betont haben –, in der Ukraine mit den Vereinigten Staaten zu kooperieren. Und ich meine, machen Sie mit: verurteilen Sie Russland als das totale Böse, liefern Sie den Ukrainern Waffen, liefern Sie Geld und all das; warum sie im Grunde mit Israel im Nahen Osten zusammenarbeiten, manche mehr, manche weniger, das verstehe ich, aber warum tun sie es? Und dann fragen die Leute: Warum sollten Schweden und Finnland der NATO beitreten? Warum passiert das? Warum, selbst wenn Deutschland in einer Rezession steckt? Ich glaube, im letzten und in diesem Quartal lag das BIP-Wachstum unter Null, das zählt also (zwei Quartale in Folge unter Null, dann befinden Sie sich in einer offiziellen Rezession, zumindest nach den üblichen Maßstäben). Hier ist meine Antwort. In den letzten 75 Jahren der US-Dominanz nach dem Zweiten Weltkrieg galt jede Regierung, die die USA irgendwo auf der Welt, aber insbesondere in Europa, an der Macht vorfanden und die nicht mit den amerikanischen Zielen übereinstimmte, als inakzeptabel. Zu Beginn, zum Beispiel nach dem Zweiten Weltkrieg – nur zur Erinnerung, da die Geschichte dieser Sache so wenig bekannt ist – hatte die erste Regierung in Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg mehrere Mitglieder der französischen Kommunistischen Partei im Kabinett von Charles de Gaulle. Okay. Das bedeutete, dass die Vereinigten Staaten es mit einer Regierung Frankreichs zu tun hatten, die Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen war und in deren Kabinett die Kommunistische Partei (die damals sehr pro-sowjetisch war) saß. Die zweitgrößte politische Partei für 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg war Italien, die Italienische Kommunistische Partei, die größte kommunistische Partei außerhalb Russlands weltweit. So entwickelte sich in Europa, in Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien, überall, sogar in Großbritannien, eine Version dessen, was in den Vereinigten Staaten McCarthyismus genannt wurde. Es war nicht so schlimm wie in den Vereinigten Staaten. Man konnte den kommunistischen und sozialistischen Parteien dort nicht das antun, was man in den Vereinigten Staaten konnte. Das lag an besonderen historischen kulturellen Unterschieden zwischen ihnen. Aber man konnte sie ausschalten. Was Sie erreicht haben, war eine Situation zu schaffen, in der die Spitzen der politischen Macht, die dominierende Rolle der großen politischen Parteien, waren Leute, die für die Vereinigten Staaten akzeptabel waren. Und das wurde so zur Routine und so normal, dass man es nicht mehr von außen aufzwingen musste. Es wurde von innen verstanden. Leute, die sich auf die Seite der Vereinigten Staaten stellten, sahen ihre Karrieren viel reibungsloser aufwärts gehen als Leute, die die Kühnheit hatten, nicht in diese Richtung zu gehen. Und in jedem dieser Länder gibt es einen nach dem anderen, der das gelernt hat. Und jetzt kommen wir zur Gegenwart. Was wir haben, sind dominante politische Strukturen, die überwiegend von Leuten bevölkert sind, die aus eigener Erfahrung entschieden haben, dass es der richtige Weg ist, mit den Vereinigten Staaten zu gehen, und dass es ein Rezept für Niederlage und Niedergang, für Katastrophe ist, sich gegen die Vereinigten Staaten zu stellen. Sie sind sich dessen bewusst, was die Russen und die Chinesen tun, aber sie sind noch nicht davon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten nicht in der Lage sein werden, diesen anderen das aufzuzwingen, was sie den Europäern so erfolgreich aufgezwungen haben. Olaf Scholz kann nicht über diesen Tellerrand hinausblicken, ebenso wenig wie Herr Macron, Jens Stoltenberg oder Josep Borrell oder eine der anderen führenden Persönlichkeiten der europäischen Politik. Und das gilt von Skandinavien bis Griechenland, von England bis zu den mitteleuropäischen Ländern. So sehen sie die Welt. Erinnern wir uns daran, dass die Bemühungen der Sowjetunion der Aufgabe nicht gewachsen waren, wie die Rückschläge von 1989, 1990 und 1991 gezeigt haben, und der Ort, wo das nicht passiert ist – der Ferne Osten – ist weit weg von Europa. Folgendes ist also los. Die europäischen Führungen haben sich entschieden, auf die USA zu setzen – auf dieses Pferd setzen sie, weil es das schon immer getan hat – aber sie sind heute mehr denn je besorgt, dass sie vielleicht auf das falsche Pferd gesetzt haben. Unter der Oberfläche der europäischen Politik gibt es eine Bewegung, zum Teil von rechts – das ist der Aufstieg aller Quasi-Faschisten, Sie wissen schon, die Regierung in Italien, die Alternative für Deutschland in Deutschland, Marine Le Pen in Frankreich – aber auch von links mit dem Amtsantritt von Sarah Wagenknecht in Deutschland, die sehr klar gegen den Krieg in der Ukraine positioniert ist. In Frankreich ist Jean-Luc Mélanchon, der derzeit Vorsitzende der größten politischen Partei in der französischen Assemblée Nationale, ein Marxist. Das gilt auch für Sarah Wagenknecht auf der linken Seite. Sie alle waren ihr ganzes politisches Leben lang Marxisten und sind in ihren Ländern ganz klar als solche bekannt.
Okay. Ich denke, Sie werden in den kommenden Monaten und Jahren erleben, was für die Vereinigten Staaten sehr beunruhigend sein wird, nämlich dass es zu Ausbrüchen von Meinungsverschiedenheiten kommen wird. Sie werden die Entstehung weiterer Regierungen wie die von Herrn Orbán auf der rechten Seite in Ungarn, die tschechische Regierung und andere erleben, die sich immer weniger sicher sein werden. Deshalb sind die Vereinigten Staaten verzweifelt. Das ist zum Teil der Grund, warum Israel verzweifelt ist. Sie sind jetzt davon überzeugt, dass die Zeit nicht auf ihrer Seite ist. Sie haben Angst. Sie werden es nicht sagen, und sie haben Recht, Angst zu haben, denn ihre Verbündeten in Europa – diejenigen, auf die sie immer noch zählen, obwohl sie ihnen gegenüber respektlos sind, aber sie sind davon überzeugt, dass sie sie brauchen – und das tun sie auch. Es ist sehr wichtig, dass die Leute verstehen: Europa befindet sich in einer schrecklichen, schrecklichen Situation und die Europäer wissen das irgendwie. Sie sind gefangen zwischen den Vereinigten Staaten und China. Es ist nicht klar, welcher Platz für Europa in diesem neuen BRICS versus G7 entstehen wird. In der G7 ist Europa eine Fußnote. Im G7-Vergleich gegen China ist Europa eher eine Fußnote.
Europa ist es nicht gewohnt, eine Fußnote zu sein. Europa ist es gewohnt, das Sagen zu haben. Es steht eine schwere Aufgabe bevor, all das zu bewältigen. Es wird Tumult geben, es wird noch lange Zeit in Europa Unruhe geben, und es wird hart und schwierig werden. Und eine der Möglichkeiten, die sich ergeben könnten, ist der Versuch, entweder aus Europa einen echten dritten Akteur in der Welt zu machen – mit einer eigenen Armee, einem eigenen Atomwaffenarsenal und all dem – oder sich mit den BRICS-Staaten und China zusammenzuschließen und eine Multipolarität anzustreben, in der die Europäer, indem sie sich daran beteiligen, einen Platz einnehmen, den sie sonst nicht hätten.
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Dies sind reale existentielle Bedingungen, die in der nächsten Zeit ausgefochten werden, und das Schreckliche daran ist – und hier möchte ich meinen Hut vor Ihnen ziehen, Nima, dafür, dass Sie diese Gespräche in Gang gebracht haben –, dass dies das ist, worüber gesprochen werden muss. Wenn Sie wie Aristoteles und Platon glauben, dass ein Leben ohne Selbstreflexion nicht lebenswert ist; wenn Sie denken, dass es besser ist zu verstehen, was mit Ihnen geschieht, als es nicht zu tun; wenn Sie das Gute und das Schlechte, die Risiken und die Hoffnungen kennen wollen – dann sind dies die Gespräche, die geführt werden müssen, und die Mainstream-Medien halten sich so weit wie möglich davon fern. Und Leute wie Sie und diese Programme sind daher von entscheidender Bedeutung. Es geht nicht darum, dem zuzustimmen, was ich sage, oder dem, was Michael sagt, das ist es nicht. Es ist wichtig, diese Fragen anzusprechen, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen, die Michael heute mit uns und für uns Revue passieren lässt; sich mit dem auseinandersetzen zu müssen, worauf dies hinweist, statt in einer Scheinwelt zu leben, in der ein Kampf der Kulturen stattfindet, sodass man sich nicht mit den wirklichen Problemen auseinandersetzen muss, die unser aller Schicksal bestimmen werden.
MICHAEL HUDSON: Nun, Präsident Putin sagte vor einigen Monaten, dass Russland, Deutschland und Europa eines Tages wieder Handel treiben würden, aber das könne 30 Jahre dauern.
RICHARD WOLFF: Das könnte sein. Das ist meine Vermutung: Nach dem Wenigen, das ich weiß (und das ist nicht viel), aber ich spreche Deutsch, ich lese Deutsch, wissen Sie, also habe ich Zugang zu dem, was in diesem Land vor sich geht. Ich kann Ihnen versichern, dass es, was auch immer sonst passiert, weniger als 30 Jahre dauern wird. In Deutschland wird eine enorme Diskussion und Debatte über diese Themen geführt, mit viel unverblümterer Ehrlichkeit, als wir uns hier in den Vereinigten Staaten vorstellen. Genau wie man in Israel sagen muss, gibt es mehr Widerstand gegen das, was Netanjahu tut, als wir hier in den Vereinigten Staaten zugelassen haben. Die Ironie: Sie haben eine Zeitung, sie hatten Zugang, sie können tatsächlich Zugang haben (ich sage nicht, dass es angemessen ist, und ich leugne nicht eine Minute lang, was Israel im Grunde tut), aber es gibt eine Opposition, die die Israelis gegen die Politik ihrer Regierung aufgebaut haben. Wir sollten das nicht vergessen, und dass sich diese politischen Winde ändern können. Israel gewinnt (lassen Sie mich das meinem amerikanischen Publikum sagen) nicht in Gaza, es gewinnt nicht im Libanon. Es könnte gewinnen. Ich bin offen, ich verstehe, aber noch nicht. Und, wow, wissen Sie, ein Jahr nach dem Beginn der Hamas-Ära gibt es immer noch eine Hamas? Nach allem, was Sie getan haben? Das ist unglaublich! Ich frage meine amerikanischen Mitbürger, ob es starken Widerstand geben würde, wenn einer unserer 50 Staaten in diesem Land einer derartigen Zerstörung ausgesetzt wäre, wie Israel sie in Gaza angerichtet hat. Antworten Sie nicht so schnell, denn die Wahrheit ist, dass wir es nicht wissen. Aber in Israel wissen wir es. Es gibt eine Hamas; sie wehrt sich immer noch. Das ist unglaublich, und auf lange Sicht wird das genauso wichtig sein, wie es sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herausstellte, als wir alle vom norwegischen Widerstand und dem französischen Widerstand und den italienischen Partisanen erfuhren und sich herausstellte, dass es in jedem Land, auch in Deutschland, Gegner der Nazis gab.
MICHAEL HUDSON: Ich schreibe eine monatliche Kolumne für die deutsche Finanzpresse auf deutsch . Sie haben also recht, es gibt einen Widerstand.
NIMA ALKHORSHID: Ich weiß nicht, ob Sie erfahren haben, dass CNN berichtet hat, dass Joe Biden nach Deutschland kommen wird, um Deutschlands höchste Auszeichnung entgegenzunehmen.
RICHARD WOLFF: Ja, wir sehen, dass Herr Scholz versucht, zu spielen: „Wir sind auf Ihrer Seite, keine Sorge, wir sind loyal. Sie helfen mir, hierher zu kommen, also helfe ich Ihnen, dorthin zu kommen.“ Auf jeden Fall. Übrigens, dieselbe Beziehung besteht zwischen Biden und Netanjahu.
NIMA ALKHORSHID: Ja. Vielen Dank, dass Sie heute bei uns waren, Richard und Michael. Bis bald.
(Erneut veröffentlicht aus Dialogue Works mit Genehmigung des Autors oder Vertreters)
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