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Analysen: 5.-12.6.2024: Niederlande: Geheimdienstler als Premierminister/ Huthis treffen US-Flugzeugträger/ Putin + Deutschland/ Rainer Rupp/ China/ Indien/ Türkei fällt NATO + EU in den Rücken/ US-Zukunft: Hyper-Inflation + Verarmung

 

 

 

"Strengstes Asylregime aller Zeiten": Niederlande verschärfen Migrationspolitik 

Von Wladimir Kornilow: Verschwörungstheoretiker hatten recht: Der Tiefe Staat tritt aus dem Schatten
Die Niederlande – als der Leuchtturm unter allen westlichen Demokratien in Europa – führen vor, dass man den größten Gefahren, die der Populismus bringt, am besten durch einen Spitzenbeamten der Geheimdienste als Premierminister anstelle eines hinlänglich observierten Wahlsiegers begegnen sollte.

Verschwörungstheoretiker hatten recht: Der Tiefe Staat tritt aus dem Schatten

 

In den nächsten Tagen werden die Niederlande, die als "das liberalste Land der Welt" gelten, einen neuen Premierminister bekommen. Damit endet eine mehr als sechsmonatige Saga, während der die Sieger der Novemberwahlen versuchten, auf der Grundlage ihrer Ergebnisse eine Regierung zu bilden. Bemerkenswert an dieser Geschichte ist die Tatsache, dass der Premierminister letztendlich ein Mann sein wird, der mit den Wahlen überhaupt nichts zu tun hatte! Kurz gesagt: die Entscheidung von Millionen niederländischer Wähler wird nun einfach ignoriert. Und jetzt versucht man, eine allgemeine Billigung dieser Idee zu präsentieren.

Die Niederlande haben seit vielen Jahrzehnten ein ziemlich verworrenes Mehrparteiensystem, das trotzdem als Beispiel für alle anderen Länder angeführt wurde. Seit langem gibt es dort keine Partei mehr, die eine absolute Mehrheit beanspruchen kann. Es gab jedoch einen gewissen Konsens: im Regelfall wurde zum Premierminister der Parteichef derjenigen Partei ernannt, die eine relative Mehrheit erlangt hatte und im Laufe langer Verhandlungen eine Koalition gemäß den Wahlergebnissen bilden konnte.

Es war also theoretisch möglich, den ersten Platz zu belegen, aber nicht in die Regierung einzutreten, wenn es der zweitplatzierten Partei gelang, die Unterstützung der Mehrheit der Abgeordneten im Parlament zu gewinnen. Das letzte Mal, dass die zweitplatzierte Partei eine Regierung bildete, war im Jahr 1982. Aber noch einmal: Premierminister wurde immer der Parteichef derjenigen Partei, die in der Regierungskoalition die meisten Mandate hatte – die Entscheidung der Wähler wurde also immer berücksichtigt.

Bekanntermaßen war das europäische Establishment im November letzten Jahres zutiefst über die Tatsache schockiert, dass in diesem liberalen Land die systemfremde, islam- und migrantenfeindliche Partei für die Freiheit (PVV) unter der Führung von Geert Wilders den ersten Platz belegte. In den westlichen Medien wurde damals wie verrückt über den "Sieg Putins" in den Niederlanden berichtet.

Aber der Mainstream riss sich schnell wieder zusammen. Die liberalen Parteien, die sich auf eine Koalition mit ihrem Erzrivalen geeinigt hatten, machten zunächst zur Bedingung, dass Wilders selbst nicht an der Regierung beteiligt wird. Und jetzt kündigte die Koalition an, dass der 67-jährige Beamte Dick Schoof Premierminister werden soll. Und das ist kein gewöhnlicher Beamter! Schoof bekleidete seit den 1990er Jahren alle hierarchischen Positionen in den niederländischen Geheimdiensten und staatlichen Sicherheitsbehörden. In den 2000er Jahren leitete er den Nationalen Dienst zur Bekämpfung des Terrorismus, den Allgemeinen Nachrichten- und Sicherheitsdienst (den allmächtigen Geheimdienst des Landes, AIVD) und wurde zum Spitzenbeamten im niederländischen Ministerium für Justiz und Sicherheit.

Nach dem Erreichen aller möglichen Höhen für einen Staatsbeamten stand Schoof in diesem Frühjahr kurz vor seiner Pensionierung. Und plötzlich stößt ein Bürokrat, der nie von jemandem gewählt wurde und seine gesamte Karriere im Verborgenen verbrachte, an die Spitze der niederländischen Politik und wird wohl eine Position einnehmen, die bisher nur Meinungsführern vorbehalten war. Niederländische Kommentatoren bemerkten in diesem Zusammenhang zu Recht: "Zum ersten Mal werden wir einen Premierminister haben, der mehr über jeden von uns weiß als wir über ihn."

Viele merken an, dass Schoof über alle führenden Politiker der niederländischen Parteien Dossiers hat. Früher wurde seinem Spezialdienst vorgeworfen, Bürger über gefälschte Konten in sozialen Netzwerken auszuspionieren. Die Zeitung NRC erinnert daran, dass Schoofs Spezialdienste einerseits für Wilders' Sicherheit verantwortlich waren und ihn andererseits überwachten, da sie ihn unter anderem der Zusammenarbeit mit Russland verdächtigten. Das heißt, dass der neue Premierminister mehr über den Vorsitzenden der größten Koalitionspartei wissen wird als jeder andere. Und auch über andere Politiker. Lorenz Beis, Soziologe an der Universität Amsterdam, analysierte die Körpersprache aller bei Schoofs Treffen mit den Fraktionsvorsitzenden und kam zu dem Schluss: "Sie haben Angst vor ihm. Was für eine irreale Situation, in der wir uns befinden." Jan Hommel, ein in den Niederlanden populärer Blogger, schreibt: "Früher kontrollierte die Regierung die Spezialdienste, jetzt kontrollieren die Spezialdienste die Regierung. Daran muss man sich gewöhnen."

In der Tat entpuppte sich alles, was verschiedene Verschwörungstheoretiker über den Tiefen Staat (Deep State) im Westen schrieben, plötzlich als mehr als nur eine Theorie. Der berühmte Schriftsteller David Icke, der ein Klassiker unter den modernen westlichen Verschwörungstheoretikern und Autor unglaublicher Theorien über den Tiefen Staat ist, macht jetzt einen ganz vernünftigen Eindruck, wenn er sagt: "Die Niederlande dienen als Schablone für jedes Land: ein nicht gewählter Spionagechef als Premierminister und die Verfolgung gewählter Politiker wegen ihrer Enthüllungen. Das ist technokratische Tyrannei, manifestiert in einer falschen 'liberalen Demokratie'." Icke und andere westliche Verschwörungstheoretiker zeigen nun mit dem Finger auf Den Haag und fragen: "Und wo haben wir uns geirrt?"

Umfragen von EenVandaag zeigen, dass nur 39 Prozent der Niederländer etwas über Schoof wissen. Und der höchste Prozentsatz (61 Prozent) derjenigen, die noch nie von ihm gehört haben, findet sich unter den Wählern von Wilders' Partei, die im November ihren Wahlsieg feierten. Man hätte aber sehen sollen, wie sich die Mainstream-Medien und die Politiker beeilten, plötzlich eine allgemeine Billigung der Entscheidung zur Ernennung der 'grauen Eminenz' der Sicherheitsdienste zum Regierungschef vorzuspiegeln! In bester Tradition sowjetischer Agitation und Propaganda wird den Niederländern nun versichert, dass Schoof die beste Wahl sei, die man sich überhaupt vorstellen könne. "Der richtige Mann am richtigen Platz", rufen die Kommentatoren.

Die liberale Zeitung De Volkskrant organisierte umgehend eine Umfrage unter Wählern, die die Personalentscheidung loben – auch wenn sie gar nichts über ihn wissen. Das Hauptargument lautet: "Man kann einem kahlen Frosch keine Federn rupfen" – ein niederländisches Sprichwort. Welch Argument für die Auswahl des Premierministers eines europäischen Landes! Aber immer noch besser als das Argument von De Telegraaf, der auflagenstärksten Zeitung des Landes: "Wenigstens wird Dick Schoof keinen Helm mit einem Dildo auf dem Kopf tragen." Reicht das etwa nicht, um den niederländischen Premierminister zu ernennen (wohlgemerkt zu ernennen, nicht zu wählen)? Wir betonen es nochmals: Hierbei handelt sich nicht um eine sogenannte "Bananenrepublik", sondern um ein Land, das im Westen seit vielen Jahrzehnten als leuchtendes Beispiel für angebliche Volksherrschaft und liberale Demokratie angeführt wird. Doch sobald eine Bedrohung für den Mainstream auftauchte, nahm kurzerhand der Tiefe Saat die Zügel lieber selbst in die Hand. Und was ist nun mit der Wahlfreiheit der Wähler? Nun: die "freien und demokratischen" Medien werden es schon zu erklären wissen, warum es für jeden Wähler besser ist, dem Tiefen Staat hinter den Kulissen zu vertrauen.

Übersetzt aus dem Russischen und zuerst auf RIA Nowosti erschienen am 4. Juni 2024.

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 David Icke (2010) - 10.06.2024 🇺🇸🇮🇱 Rothschild Zionismus - AugenAufMA "Das könnte jetzt umstritten sein. Er wurde von ihnen erschaffen, wird bis heute von ihnen kontrolliert und wurde als Geheimgesellschaft im Internet gegründet, um massiv zur Manipulation und Kontrolle unserer globalen Gesellschaft und einzelner Länder beizutragen, usw., usw.
Das ist der Rothschild-Zionismus. Antizionismus ist kein Antisemitismus, nicht daß Antisemitismus das bedeutet, was wir denken, denn beim Zionismus geht es nicht um das jüdische Volk. Auch wenn es so aussieht, ist es ein politisches System.
In seinem Kern eine politische Philosophie. Es ist ein Geheimbund, der seine Agenten an die Schaltstellen der Macht setzt.
Und die Propaganda setzt Zionisten mit Juden gleich, was in weiten Teilen falsch ist, um den Zionismus und seine Taten zu decken." Ein David Icke Vortrag aus dem Mai 2010, Deutsch vertont.


Von Viktoria Nikiforowa: Ein getroffener US-Flugzeugträger und eine Chance für Russlands Arktisroute
In ihrem Kampf gegen Israel beschießen die Huthi im Roten Meer US-Flugzeuträger und mit Israel verbundene Frachtschiffe. Je länger dieser Zustand anhält, desto unmöglicher wird der Handel über den Suezkanal, und eine Umschiffung Afrikas ist teuer. Die nördliche Seeroute könnte da Abhilfe schaffen. Wir leben heute in einer erstaunlich kleinen Welt. Ein paar Explosionen im Fernen Süden wirken sich sofort auf den Hohen Norden aus, wecken Emotionen im Wilden Westen und ein Gefühl tiefer Zufriedenheit in Moskau.

Der Ferne Süden ist nicht nur der Teil des Roten Meeres, wo unsere Touristen schnorcheln und tauchen, sondern auch sein südlichster Teil, rund um den Jemen. Dort an der Küste sitzen die jemenitischen Huthis wie Räuber aus dem Märchen und beschießen westliche Schiffe. Das gelingt ihnen jedes Mal besser. Am letzten Tag des Frühlings feuerten die Huthi ballistische Raketen und Marschflugkörper auf den atomgetriebenen US-Flugzeugträger "Dwight D. Eisenhower" ["Mighty Ike"] ab und behaupteten, sie hätten ihn getroffen.

Der "feinste Fünf-Sterne-Flugzeugträger", wie ihn die Amerikaner bezeichnen, wurde 1977 vom Stapel gelassen und kostete den amerikanischen Fiskus mehr als fünf Milliarden Dollar in aktuellen Preisen. Seine geplante Lebensdauer beträgt 50 Jahre, und jetzt soll sie verlängert werden. Das ist aber nur möglich, wenn der Flugzeugträger "Mighty Ike" überhaupt bis zu seinem Jahrestag durchhält. Die Existenz des Flugzeugträgers "Mighty Ike" kostet den amerikanischen Fiskus fast 800 Millionen Dollar pro Jahr (ohne Instandhaltung von 90 Flugzeugen). Jetzt befindet sich der Flugzeugträger im Roten Meer an der Spitze einer Flugzeugträgergruppe, und die Flugzeuge, die von seinem Deck aus starten, treffen das jemenitische Gebiet.

Offiziell gilt der Flugzeugträger "Dwight D. Eisenhower" als unangreifbar. Auf die Meldung über den Beschuss durch die Huthi reagierte man in den Vereinigten Staaten mit Empörung — es handele sich um eine Fälschung. Aber die jemenitischen Guerillakämpfer lesen keine westlichen Zeitungen, sodass sie binnen 24 Stunden den Flugzeugträger erneut beschossen — mit Raketen und Drohnen. Gleichzeitig wurde auch ein US-amerikanischer Zerstörer beschossen. Darüber hinaus wurden mehrere unter israelischer Flagge fahrende Handelsschiffe getroffen.

Im Heimatland des Flugzeugträgers "Mighty Ike" herrschte diesbezüglich eisiges Schweigen. Soll man etwa zugeben, dass die "Schönheit" und der "Stolz" der amerikanischen Flugzeugträgerflotte unter Guerillabeschuss steht und nichts dagegen zu unternehmen vermag? Wie kann das überhaupt möglich sein?

Die westlichen Medien reagieren genauso wie im Februar, als die Huthi das britische Trockenfrachtschiff "Rubymar" angriffen. Vierzehn Tage lang waren die Propagandisten hysterisch: "Sie hätten das nicht schaffen können, sie haben nichts getroffen, es ist alles gelogen." Und dann, nachdem die Schiffsbesatzung evakuiert worden war, mussten sie das Offensichtliche zugeben — das Trockenfrachtschiff "Rubymar" war gesunken.

Die Tatsache, dass der Verkehr westlicher Schiffe — sowohl militärischer als auch kommerzieller Art — durch das Rote Meer praktisch lahmgelegt ist, kann jedoch nicht verschwiegen werden. Allein in Norwegen sind die Preise für Schiffsversicherungen im letzten Jahr auf das Hundertfache gestiegen. Die drastisch gestiegenen Transportkosten treiben die Importpreise in den westlichen Ländern in die Höhe. Als Reaktion darauf bombardieren amerikanische und britische Kriegsschiffe den Jemen, aber wenn dort Zivilisten getötet werden, beginnen die Huthi, westliche Schiffe noch heftiger zu beschießen. Die Spirale der Konfrontation ist nun in vollem Gange.

Und so begann in der Heimat der "Dwight D. Eisenhower" die Drehung des Globus in dem hektischen Versuch, eine sichere Alternative zum Roten Meer als Handelsroute zu finden. Und Bingo! – da, ganz oben auf dem Globus, gab es eine. Oh yes, das ist die "Arctic Trade Route" — so nennen die Amerikaner unsere nördliche Seeroute. Sie ist deutlich kürzer als der südliche Durchgang durch das Rote Meer von Europa nach Asien: 7.300 anstatt 11.200 Seemeilen und 20 anstatt 33 Tage Fahrzeit.

Aber hier liegt das Problem: Wie die US-Zeitung Foreign Policy anmerkte, verläuft die nördliche Seeroute durch russisches Gebiet, und die UdSSR begann bereits in den 1930er Jahren mit dem Aufbau ihrer Infrastruktur. Das bedeutet, dass die westlichen Länder die Russen für den Transit bezahlen müssten, und wenn einem Schiff bei schwierigen Eisverhältnissen etwas zustößt, müssten sie die Russen um Hilfe bitten und auch dafür bezahlen. Die Häfen und Ankerplätze entlang der nördlichen Seeroute liegen ebenfalls auf russischem Gebiet. Und wenn der Verkehr auf der nördlichen Seeroute bis 2030 ganzjährig wird — was Prognosen zufolge der Fall sein wird —, dann verfügt Moskau über die kürzeste, sicherste und unglaublich profitable Route von den Warägern zu den Griechen — also von Europa nach Asien.

Dem haben die Amerikaner und ihre Vasallen nichts entgegenzusetzen, schon allein die Geografie spielt gegen sie. Sie haben schlichtweg keinerlei Platz, um in diesem Gebiet irgendwo Militärbasen einzurichten, und ihre Eisbrecherflotte ist nicht mit der russischen vergleichbar. Die Amerikaner hoffen (der Artikel in Foreign Policy deutet dies ungeschickt an), dass Russland und China in Bezug auf die nördliche Seeroute einige unlösbare Widersprüche haben werden. Zwar sind die chinesischen Kameraden wirklich geschickt im Aushandeln und in der Verteidigung ihrer Geschäftsinteressen, aber jede Verschärfung in dieser Frage wäre für sie unrentabel.

Die Hauptgefahr für China im Wirtschaftskrieg (und nicht nur in diesem) mit den USA besteht darin, dass Peking von den Seehandelswegen — von der Taiwanstraße bis zum Suezkanal — abgeschnitten wird. Und wenn Washington diese Drohung wahr macht, wird die einzige Route, über die China alle Importe — von Soja bis Munition, von Schweinefleisch bis Granaten — erhalten kann, die nördliche Seeroute sein. Und genau darin liegt ihre wichtigste strategische Bedeutung in der künftigen geopolitischen Landschaft. Selbst Foreign Policy betonte vor drei Jahren die militärische Bedeutung dieser Region: "Die Arktis bietet Russland die beste Möglichkeit, seinen internationalen Einfluss auszuweiten, und bleibt eine strategische Schlüsselregion, in der das Land einen unbestrittenen militärischen Vorteil gegenüber seinen NATO-Gegnern hat."

So schlagen die Probleme des Flugzeugträgers "Mighty Ike" im Roten Meer in alle Teile der Welt aus. Für seine Besitzer ist es an der Zeit, Geografie zu lernen — sie ist wichtiger als jede politische Intrige.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 3. Juni 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen.

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über die boshaftigkeit der kriegstreiber-medien...


Putin beim Interview in Sankt Petersburg, 06. Juni 2024.

Von Dagmar Henn: Putin, die Zuneigung zu Deutschland und der Wahn der Mainstream-Medien
Eigentlich ist es immer das Gleiche. Egal, was der russische Präsident sagt, es belegt einzig böse Absichten. Das weiß die ganze deutsche Medienlandschaft. Er könnte nicht einmal sagen, dass die Sonne im Westen untergeht oder dass es im Winter schneit. Heiliger Zirkelschluss! Die Argumentation, mit der deutsche Medien und Politiker auf die jüngsten Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin Deutschland betreffend reagieren, ist schon ein ganz besonderes Kunststück, das eigentlich nach den Gesetzen der Logik nicht zulässig sein dürfte. Putin trifft sich mit der AfD, die deshalb böse ist, weil Putin böse ist, und der wiederum ist böse, weil er sich mit der AfD trifft?

Wären die Zeiten normaler … aber es geschieht tatsächlich, dass Putin auf die Frage, ob die russische Regierung Kontakte mit der AfD habe, mit der Antwort reagiert, "wir werden mit allen zusammenarbeiten, die mit Russland kooperieren wollen." Und daraufhin der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag, in einer Regierungserklärung, zur AfD gewandt erklärt: "Das ist schon peinlich, dass Sie heute großes Lob vom russischen Präsidenten bekommen haben." Was man als persönlichen Anfall von Wahn verbuchen könnte, wäre nicht genau dies mit Begeisterung von den Medien aufgenommen worden.

Das, was Putin gesagt hat, war eine ganz normale Aussage, die jeder Regierungschef, der im Interesse seines Landes und dessen Bevölkerung agiert, als einen der Grundsätze seines Handelns haben dürfte. "Wir werden mit allen zusammenarbeiten, die mit uns kooperieren wollen." Worin liegt nun die Verfehlung? Dass man nach Vorstellung von Olaf Scholz und anderen westlichen Politikern nur mit jenen zusammenarbeiten darf, die die Moralprüfung bestanden haben? Oder gar nur mit jenen, die auch Washington genehm sind? Wäre dieser Satz einer der Grundsätze der deutschen Bundesregierung, das Mistloch, in dem sich das Land derzeit befindet, wäre bestenfalls halb so tief. Und dessen Ausmaße scheinen dem russischen Präsidenten bestens bekannt zu sein: "Jeder alternative Standpunkt wird wie eine gegen den Staat gerichtete Haltung aufgenommen. Und alle werden gleich zu Agenten des Kreml ernannt", so eine weitere Aussage Putins. Was dann die meisten deutschen Medien, die diesen Satz zitieren, eilfertig gleich untermauern, wie die Frankfurter Rundschau, die als Beispiel anführt, dass "der AfD-Abgeordnete Steffen Kotré Interview-Gast im staatlichen russischen Fernsehsender Rossija 1 gewesen sei. Und sich dort wenig begeistert über die Lieferung deutscher Panzer an die Ukraine zeigte. Was belegt das? Wird auch Buch geführt, wie häufig welche deutschen Politiker anderen ausländischen Fernsehsendern Interviews geben, so jemand wie Roderich Kiesewetter beispielsweise? Der ja ebenfalls Opposition ist? Mitnichten. Stattdessen wird ein 2015 von einem Deutschrussen gegründetes "Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit" angeführt, das "enge Verbindungen zu Russland" habe, als weiterer Beleg für das abgründige Wirken.

Wobei eben eine entscheidende Frage völlig umgangen wird: Beeinträchtigen diese Kontakte in irgendeiner Weise die deutsche Souveränität, wenn sie weder im Geheimen stattfinden noch die von deutscher Seite Beteiligten materiellen Einfluss auf zentrale Entscheidungen haben? Mehr noch, wollte man den Satz, aus dem Putin ein Vorwurf gemacht wird, auf die deutschen Verhältnisse umsetzen, was wäre nötig, um den unverkennbar massiven US-amerikanischen Einfluss auszugleichen? Ein Standpunkt, der in Deutschland längst nicht mehr eingenommen werden darf. Die Frage der Souveränität, die Putin explizit angesprochen hat, wird in den Medien weitgehend übergangen. Nur der Merkur greift diese Sätze auf. "Wir verstehen, dass die Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nie im wahrsten Sinne des Wortes ein souveräner Staat war." Wer genau aufpasst, merkt, dass der Jurist Putin Bundesrepublik gesagt hat, nicht Deutschland. Es ist die Westrepublik, die nie souverän war. Was eine ganze Reihe von interessanten Fragen aufwirft, aber keine davon wird im Merkur aufgegriffen. Stattdessen erfolgt darauf folgende Replik: "Die deutsche Souveränität zu leugnen, ist das zentrale Motiv der Reichsbürger-Szene. Deren Argumentation: Deutschland sei von den 'westlichen Siegermächten besetzt'. Als Konsequenz daraus lehnen sie alle demokratischen Institutionen ab und sprechen und handeln sehr häufig antisemitisch, rechtsextrem und geschichtsrevisionistisch."

Das klingt, als hätte der neueste Volontär seinen Text durch Rückgriffe auf ein Schmuddelportal wie Psiram ergänzt, weil er mit der Frage der Souveränität selbst nicht das Mindeste anzufangen weiß. Nein, man muss da nicht argumentieren. Einfach schreiben, die Reichsbürger denken auch so, und schon ist gut. Oder eben böse. Nur, falls besagter Merkur-Volontär dies auf den Tisch bekommt: Die Frage der Souveränität ist mitnichten irgendeine Fantasie, die man zwielichtigen Gestalten zuschreiben kann, sondern ein grundlegendes Thema politischer Debatte. Und es ist seit Nord Stream bei weitem nicht nur Putin, der an der deutschen Souveränität zweifelt; das dürfte auf die Hälfte aller Zuschauer weltweit zutreffen, die damals jenen Moment gesehen haben, als Scholz neben US-Präsident Joe Biden stand und dieser ankündigte, die Pipeline werde man zu verhindern wissen.

Das Bizarrste an den Reaktionen auf dieses Interview ist, dass aus den Sätzen Putins eine weit größere Zuneigung zu Deutschland und den Deutschen spricht, als aus den Reaktionen, die in Deutschland darauf erfolgen. "Es ist sogar seltsam, dass niemand in der heutigen deutschen Führung die deutschen Interessen verteidigt." Ja, die Sätze in diesem Interview werden sogar noch persönlich. Kein Wunder, dass diese Passage überhaupt nicht mehr wiedergegeben wird. Sie ist nämlich so wahr wie erschreckend: "Natürlich ist mir Deutschland nicht gleichgültig. Ich habe viele Freunde dort, die ich versuche, nicht zu behelligen, um sie nicht in irgendwelche Schwierigkeiten innerhalb des Landes zu bringen."

Das ist eine furchtbare Aussage über die deutschen Zustände. Aber sie ist wahr; jede Reaktion auf einen der vorhergehenden Sätze belegt, dass sie wohlbegründet ist. Wenn schon der Verzehr belegter Brote in der russischen Botschaft zum Vorwurf gemacht werden kann, wie unverzeihlich sind dann persönliche Beziehungen zum russischen Präsidenten?

Übrigens, die Rheinische Post hat in ihrem Artikel "Putin unterstützt russische Zusammenarbeit mit der AfD" eine besonders kreative Formulierung für den deutschen Umgang mit der AfD gefunden: den "vergleichsweise milden Gegenwind, mit dem die AfD als Oppositionspartei in Deutschland konfrontiert ist." Man fragt sich angesichts der realen deutschen Zustände (wie etwa jüngst der 70 bundesweit koordinierten Hausdurchsuchungen wegen Äußerungen im Internet), wie dann ein starker Gegenwind aussähe. Massenverhaftungen oder doch gleich öffentliche Erschießungen? So ist das. Putin sagt einige klare, verständliche, vernünftige und sogar persönlich authentische Sätze, und das, was in Medien und Politik hineininterpretiert wird, hat nichts mehr damit zu tun. Und das Fazit ist dasselbe wie immer: Es wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre.

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Chinas Präsident Xi Jinping trifft am 30. Mai 2024 zur Eröffnungszeremonie des 10. Ministertreffens des Kooperationsforums China-Arabische Staaten im Staatlichen Gästehaus Diaoyutai in Peking ein.

Rainer Rupp: Die Lage im Nahen Osten – und Chinas Rolle in der Region
    Chinas Beziehungen zum arabischen Raum, insbesondere zu Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, werden aufgrund des nicht mehr aufzuhaltenden globalen Trends in Richtung Multipolarität immer enger, während die USA im Mittleren Osten die Kontrolle bereits verloren haben.

Das 19. Jahrestreffen des China-Arab States Cooperation Forum (Kooperationsforum zwischen China und den arabischen Staaten, CASCF) in Peking am 29. Mai dieses Jahres stand unter dem Eindruck des von Washington und dem kollektiven Westen unterstützten israelischen Genozids und des zehntausendfachen Massenmordes an Kindern und Zivilisten in Gaza. Das  (CASCF) ist eine formelle Dialoginitiative zwischen China und der Arabischen Liga, die 2004 gegründet wurde.

Die Stärkung der chinesisch-arabischen Beziehungen wurde im Rahmen des parallel zum Forum stattfindenden "Treffens zum 8. Strategischen Politischen Dialog auf hoher Beamtenebene" besonders deutlich. Diese Gespräche fanden statt vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen geopolitischen Verschiebungen im Mittleren Osten, der sich abzeichnenden Niederlage von USA/NATO/EU im Ukraine-Krieg und der zunehmenden Drohungen der USA mit einem Handelskrieg, aber auch mit einem heißen Krieg gegen China.

Auf dem Kooperationsforum betonte der chinesische Präsident Xi Jinping Chinas Engagement für eine Partnerschaft für Frieden und Stabilität. Bereits zuvor hatte es bei Gesprächen eine übereinstimmende arabisch-chinesische Einschätzung der Katastrophe in Gaza gegeben, wobei China die Gründung eines souveränen Staates Palästina unterstützt.

An dem Forum nahmen führende Politiker aus Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain und Tunesien teil. Darüber hinaus haben sich China und Russland als Anführer der BRICS positioniert, zu denen nun auch die VAE und Ägypten gehören und zu denen auch Saudi-Arabien eingeladen wurde. Die arabischen Staaten haben Chinas Friedensplan für die Ukraine stärker unterstützt als westliche Vorschläge, wobei Saudi-Arabien die Volksrepublik China als wichtigen Vermittler für einen Waffenstillstand im Gazastreifen vorgeschlagen hat.

Engere politische Beziehungen werden natürlich durch gute, für beide Seiten vorteilhafte wirtschaftliche Beziehungen auf ein solides Fundament gestellt. Das ist auch im Verhältnis Chinas zu den arabischen Staaten der Fall. Hier folgen einige Beispiele für die wirtschaftliche Grundlage der arabisch-chinesischen Annäherung:

China bezieht mehr als ein Drittel seines Öls von sechs Mitgliedern des Golfkooperationsrates, wobei nur Russland mehr als Saudi-Arabien liefert (85,9 Millionen Tonnen im Jahr 2023). Ein erheblicher Teil des saudisch-chinesischen Ölhandels wird in "Petro-Yuan" abgewickelt, was laut dem Vorsitzenden des Silk Road Fund (Seidenstraße-Fonds), Zhu Lun, auf die mit dem Dollar verbundenen "geopolitischen Risiken" zurückzuführen ist.

Die Entdollarisierung und die Ausweitung des arabisch-chinesischen Handels auf den Nicht-Energie-Sektor waren die Ziele, die Xi bei seinem Besuch in Riad im Dezember 2022 formuliert hatte. Beim gerade beendeten Forum in Peking rief er zu mehr gemeinsamen arabisch-chinesischen Investitionen in KI und grüne Technologien auf.

Im Juni 2023 unterzeichnete Riad ein Abkommen über 5,6 Milliarden Dollar mit einem chinesischen Elektroautohersteller zur Gründung eines Joint Ventures in Saudi-Arabien.

Xi schlug vor, ein "gemeinsames Zentrum zur Beobachtung von Weltraummüll" einzurichten und gemeinsam mit arabischen Ländern Raumflugzeuge für wissenschaftliche Flüge und Passagierflüge zu entwickeln.

Auf dem Kooperationsforum zwischen China und den arabischen Staaten unterzeichnete Peking im Rahmen des Seidenstraßen-Programms mit allen 22 arabischen Ländern und der Arabischen Liga Kooperationsvereinbarungen für über 200 Großprojekte, von denen fast zwei Milliarden Menschen profitieren werden. Zugleich wurde beim Forum-Treffen in Peking deutlich, dass China von den arabischen Staaten diplomatische Unterstützung in der Taiwan-Frage erwartet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Nahe und Mittlere Osten dem Würgegriff Washingtons entgleitet. In ihrer größenwahnsinnigen Arroganz haben die kriegsgeilen Eliten in Washington die seit Langem schwelende Unzufriedenheit in den arabischen Ländern mit dem US-Diktat komplett ignoriert. Sie glaubten z. B., dass das saudische Königshaus ohne US-Schutzgarantie nicht überlebensfähig sei, sowohl wegen innenpolitischer Probleme als auch wegen angeblich böser iranischer Absichten. Folglich glaubte man in Washington, man könne Saudi-Arabien so behandeln, wie dies der Kaiser in Rom zu Glanzzeiten des Imperiums tat, indem er seine Vasallen herumkommandiert und ausgebeutet hat.

Der beste Beweis für diese Hybris war ein Artikel von Präsident Bidens Nationalem Sicherheitsberater, Jake Sullivan. Der war eine Woche vom dem 7. Oktober letzten Jahres erschienen, dem Tag des blutigen Ausbruchs der Hamas aus dem israelischen "Gefangenenlager" Gaza mit 1300 toten israelischen Soldaten und Zivilisten. In dem Essay hatte Sullivan geschrieben, wie schön und ruhig der Nahe Osten sei und wie dies den USA ermögliche, die Dinge in anderen Regionen, wie z. B. in der Ukraine oder im Indo-Pazifik, zu regeln.

Die irrationale israelische Überreaktion auf den Hamas-Angriff und die massive politische und militärische Unterstützung des israelischen Genozids und der zehntausendfache Massenmord an Kindern und Zivilisten (nach derzeitigem Stand sind es über 35.000 Tote) durch den kollektiven Westen unter Führung Washingtons haben vor allem den USA, aber auch Deutschland weltweit enormen diplomatischen Schaden zugefügt.

Schon vor ein paar Monaten wurde in der Financial Times ein westlicher Diplomat zitiert, der vor dem Hintergrund dessen, was in Gaza geschieht, gesagt habe, "dass der Globale Süden nie wieder auf uns hören wird, wenn wir über Russland und die Ukraine oder über Menschenrechte sprechen".

Wahrscheinlich hat der Globale Süden dem Westen schon lange nicht mehr zugehört, aber jetzt hat der Westen, der stets gern als Moralapostel und Musterdemokrat andere Länder verurteilt, selbst den lebenden Beweis für seine abscheuliche und verräterische Doppelzüngigkeit geliefert. Die US-/NATO-/EU-Propagandalügen mögen bei indoktrinierten westlichen Bevölkerungen immer noch funktionieren, besonders in den USA, Großbritannien und Deutschland, aber sie funktionieren nicht mehr im Rest der Welt. Die USA und der Westen haben den Rest der Welt verloren und können ihn nicht mehr wie früher tyrannisieren und Schutzgeld fordern. Russland und China haben den Ländern der Welt bewiesen, dass es auch anders geht, z. B. mit der Aussöhnung der beiden islamischen Staaten Iran und Saudi-Arabien. Von deren jahrzehntelanger Feindschaft haben nur die USA profitiert, die die saudische Gegnerschaft und deren Furcht vor Iran kräftig geschürt haben, was ihnen ermöglichte, einerseits den Saudis teure US-Waffen zu verkaufen und andererseits das Niveau der saudischen Ölproduktion entsprechend US-amerikanischer Prioritäten zu steuern und – nicht zuletzt – darauf zu bestehen, dass die Saudis ihr Öl international nur gegen US-Dollar verkaufen, was die Position des Dollars im Weltwährungssystem stärkte.

Es ist nicht erst seit der Katastrophe in Gaza und der US-Haltung dazu so, dass der Widerstand in den wichtigen arabischen ölproduzierenden Ländern gegen die US-Gängelei und Willkür gewachsen ist, aber Gaza hat diese Entwicklung beschleunigt und durch die Unterstützung der gesamten Bevölkerung des arabischen Raums auf ein breiteres Fundament gestellt. Selbst langjährige westliche Verbündete wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar haben genug davon, von den USA schikaniert zu werden, und haben sich der großen antiwestlichen Bewegung der von China und Russland geführten BRICS+ angeschlossen. Niemand lässt sich mehr von den USA einschüchtern. Die US-Autorität wird sogar von den Huthi im Jemen infrage gestellt, die seit Monaten Raketen gegen westliche Schiffe abfeuern, die etwas mit Israel zu tun haben oder die einem israelischen Unterstützerstaat gehören. Damit wollen sie die Palästinenser im Kampf gegen Israel unterstützen. Vor wenigen Tagen haben die Huthi sogar einen US-Flugzeugträger im Roten Meer mit Raketen beschossen, und weder die USA noch der kollektive Westen sind aktuell dazu fähig, etwas dagegen zu unternehmen.

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Symbolbild: Begleitet von Schleppern transportiert der LNG-Tanker "Arctic Lady" eine Ladung Flüssiggas zum Terminal "Deutsche Ostsee" im Hafen Lubmin (18. April 2024)

IWF warnt Europa vor Gefährdung der Energiesicherheit
Trotz der Diversifizierung der Energieimporte und eines Rückgangs des Verbrauchs bleiben die Energiepreise in Europa weiter hoch. Eine aktuelle Studie des Internationalen Währungsfonds geht davon aus, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird ‒ wegen der Sanktionen gegen Russland und des Konflikts zwischen Moskau und Kiew. Der Ukraine-Konflikt und die Sanktionen gegen Russland könnten die Energiesicherheit und die wirtschaftliche Entwicklung in West- und Mitteleuropa beeinträchtigen, warnen Analysten des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Warnung erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die EU Beschränkungen für Flüssiggasimporte aus Russland erwägt.

Trotz der "beeindruckenden Reihe" von Maßnahmen, die von den politischen Entscheidungsträgern seit dem Ausbruch der Feindseligkeiten und den Handelsbeschränkungen für Moskau ergriffen wurden, bleiben die Energiekosten weiter hoch, so die am Dienstag veröffentlichte Studie des IWF. Mit Europa sind in dem Dokument die Europäische Union, das Vereinigte Königreich, Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz gemeint. Die von den Autoren des Berichts durchgeführten Simulationen legen nahe, dass die Ukraine-Krise und die daraus resultierenden Maßnahmen gegen Russland mittelfristig "gemischte Auswirkungen" auf den Energiesektor haben werden. Die Verringerung der Energieabhängigkeit von Russland durch die Diversifizierung der Lieferungen könnte den Kontinent besser auf einen künftigen Energieversorgungsschock vorbereitet haben, so die These des Papiers. Die EU hat ihre Käufe von Energieträgern aus den USA und Afrika erhöht und arbeitet auch daran, ihre eigene Energieproduktion zu steigern.

Trotz einer Zunahme der Energieversorgungsquellen und eines gewissen Rückgangs des Verbrauchs bleiben die Preise jedoch höher, als sie es ohne den Konflikt gewesen wären, heißt es in dem Papier. Die Feindseligkeiten "könnten die Energiepreise in Europa dauerhaft erhöhen, was die Energiesicherheit schwächen würde, da der Anteil der Energieausgaben am Bruttoinlandsprodukt steigt und die Wirtschaftstätigkeit dadurch empfindlicher auf Energieunterbrechungen reagiert", heißt es weiter in dem Dokument. Im Jahr 2022 erlebte Europa die schlimmste Energiekrise seit den 1970er Jahren, ausgelöst durch die Sanktionen gegen Russland. Die Strompreise stiegen im August 2022 sprunghaft von 45 auf 598 Euro pro Megawattstunde. Die EU stellte die Nutzung russischer Kohle schrittweise ein und verhängte ein Embargo für Erdöl aus dem Land, wodurch die Einfuhren um 90 Prozent zurückgingen. Gleichzeitig sank der Anteil Russlands an den Gaseinfuhren der EU von 41 Prozent im Jahr 2021 auf 15 Prozent im Jahr 2023. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, alle verbleibenden Importe fossiler Brennstoffe aus Russland bis 2030 auslaufen zu lassen.

Moskau hat sich jedoch zu einem führenden Lieferanten von verflüssigtem Erdgas (LNG) für die EU entwickelt: Im vergangenen Jahr kamen 16 Prozent der LNG-Importe aus Russland. Die EU erwägt derzeit ein Einfuhrverbot für russisches LNG als Teil der 14. Sanktionspakets gegen Moskau. Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden die EU-Länder an der Wiederausfuhr von russischem LNG hindern, wären aber nicht mit einem völligen Verbot verbunden. Moskau hat erklärt, dass jegliche Beschränkungen für russisches LNG ‒ zusammen mit den Bemühungen, das Land von den Energiemärkten zu verdrängen ‒ nur zu höheren Gaspreisen für die EU-Verbraucher führen würden. Seit dem Beginn der massiven westlichen Sanktionskampagne im Jahr 2022 hat Moskau den Großteil seiner Energieexporte nach Asien, vor allem nach China und Indien, umgeleitet.

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Der Westen hat bisher noch nie einen solchen Hass auf Indien gezeigt
Dass besonders britische Zeitungen Hass- und Dreckschleudern sind, wissen Chinesen, Russen und Iraner inzwischen. Für die Inder war diese Erfahrung in diesem Jahr neu.

Von Dmitrij Kossyrew: Der Westen hat bisher noch nie einen solchen Hass auf Indien gezeigt
China, der Iran und Russland sind mediale Hasskampagnen gegen sich im Westen inzwischen gewohnt. Indien erlebte das dieses Jahr wohl zum ersten Mal. Wie wird das bevölkerungsreichste Land der Welt mit der neuen Erfahrung umgehen? Und warum hasst der Westen eigentlich jedes erfolgreiche Land? Die indischen Parlamentswahlen, deren endgültige Stimmenauszählung diese Woche bekannt gegeben wurde, haben zwei wichtige Ergebnisse gebracht. Das erste und wichtigste ist ein monatelanger Hass des Westens auf Indien, der alle vorstellbaren Grenzen überschreitet. Das hat es noch nie gegeben, und diese unerwartete Erfahrung für die Inder wird nun vieles in der Weltpolitik verändern.

Das zweite Ergebnis ist nicht gerade sensationell. Die regierende Bharatiya Janata Party behielt ihre Mehrheit im Parlament, Narendra Modi bleibt für eine dritte Amtszeit Premierminister, obwohl die Opposition mehr Stimmen erhielt als 2019. Das heißt, in diesem Teil wird alles so bleiben, wie es ist, aber ob sich die Haltung der indischen Nation als Ganzes zur Außenwelt ändern wird – hier müssen wir abwarten, es wird jedoch nicht ohne Sensationen sein.

Einer der indischen Analysten schrieb am Tag der Bekanntgabe der Wahlergebnisse, dass die Hasswelle, die aus dem Westen auf die indischen Küsten zurollte und an ihnen zerschellte, genauestens untersucht werden muss. Das heißt, dass der Informationsangriff zunächst einmal dokumentiert wird, vorzugsweise offiziell und auf hohem Niveau.

Viele haben bereits mit der Dokumentation begonnen. Und es stellt sich heraus, dass noch nie zuvor derartige Mengen von Dreck über die Regierung des Landes und über das Land als Ganzes ausgegossen wurden, und noch nie waren westliche Indophobiker so zahlreich und allgegenwärtig. Wie eine Hydra mit einer unglaublichen Anzahl von Köpfen.

Hier ist Kanwal Sibal, ehemaliger Botschafter in Moskau und später Außenminister (bis 2017), der die prominentesten Köpfe aufzählt und ihre völlige Übereinstimmung untereinander offenbart. Aus den USA sind es die New York Times, die Washington Post und Foreign Affairs, aus Großbritannien der Guardian, die Financial Times und vor allem der Economist. Letzterer bringt wie immer das Denken dieses kollektiven und wütenden Geistes auf den Punkt, indem er die Sanktionen auflistet, die der Westen gegen Indien verhängen sollte. Im Wesentlichen, fordert man, Indien den Zugang zu Technologien zu verweigern, über die der Westen noch (noch!) verfügt, bis auf Weiteres. Es an der kurzen Leine zu halten.

Der ganze Medienrummel fand, wohlgemerkt, während des indischen Wahlkampfes statt. Beeinflusste er diesen? Natürlich tat er das. Indien ist ein englischsprachiges Land, oder besser gesagt, fast jeder Inder ist dreisprachig: Er kennt die Landessprache Hindi, die Sprache seines Heimatstaates und als drittes Englisch. Der gebildetste Teil der Bevölkerung, der einen Universitätsabschluss hat, beherrscht Englisch sogar besser als die ersten beiden. Daher rührt übrigens auch das Phänomen, dass sich die englischsprachigen Medien in Indien in Bezug auf die Politik stark vom Rest unterscheiden. Wenn ein Journalist bis zu den Ohren in der englischen Mediensphäre sitzt, wird er von deren Geist durchdrungen sein, ob er will oder nicht.

Das bevölkerungsreichste Land der Welt steht auf der schwarzen Liste zusammen mit China, Kuba, Eritrea, Iran, Russland, Saudi-Arabien usw. – nun, zumindest in Bezug auf die Unterdrückung der Religionsfreiheit. Moment, wo unterdrückt Russland Religionen? Aber das ist die Ansicht der amerikanischen Nichtregierungsorganisation Commission on World Religious Freedom. Ihr Name und der anderer Stiftungen, einschließlich der Soros-Familienstrukturen, taucht jetzt in den indischen Medien auf, die gleichzeitig die Verbindung all dieser Stiftungen mit verschiedenen Medien aufdecken. Das heißt, die Fonds bezahlen und bereiten Berichte vor, die dann in den Massenmedien veröffentlicht werden... Dazu kommen Rating-Agenturen, die ihre Einschätzungen zur Wirtschaft abgeben, und alles andere, was uns bekannt ist. Das Gesamtergebnis ist die Schaffung eines schlechten Images: Es gibt kein Land, das mehr Angst macht als Indien, das autoritär ist, seine Oppositionellen und Terroristen in der ganzen Welt erschießt und eine hoffnungslose Wirtschaft hat...

Die echten Motive der medialen Kampagnen sind wie oft in der Wirtschaft zu finden. Es ist klar, dass Narendra Modi, der seine dritte Wahl gewonnen hat, nicht die Art von Führer ist, die der Westen braucht, unabhängig von seinen Absichten oder seiner Ideologie. Ein starker Führer eines riesigen Landes ist schlecht für den Westen, und Ziel des letzteren war bei dieser Wahl im Wesentlichen, dass das Land auseinanderbricht und sich Dutzende Parteien und Bündnisse bekämpfen. 

Im Dezember letzten Jahres wurde die Wut der westlichen Hydra gegen Indien durch die Schätzung von Standard & Poor's angeheizt, dass sich das Land bis 2030 fest als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, gemessen am BIP, etablieren würde. Zumal es jetzt schneller wächst als China - und dies unter Modi und seiner Partei auch weiterhin tun wird. Aber dies ist nicht das einzige Zählsystem. Nach einem anderen, genaueren System (Kaufkraftparität) liegt Indien seit langem an dritter Stelle, mit China an erster und den USA an zweiter Stelle. Russland ist übrigens Vierter.

Vieles hängt jetzt davon ab, welche Lehren die politische Klasse Indiens aus der für sie neuen Erfahrung mit westlicher Hasspropaganda ziehen wird. Zu den zu ziehenden Lehren gehört die immer wiederkehrende Frage, wie man mit China umgehen soll. Delhis Diplomatie hat in den letzten Jahren versucht, einen Mittelweg zu finden und sich weder mit dem Westen noch mit dem Osten (oder genauer gesagt mit dem globalen Süden) übermäßig zu streiten. Wie wir sehen können, wird dies vom Westen als Bedrohung empfunden. Überhaupt ist nur ein schwacher Vasall mit wackeligen Machtverhältnissen und rückständiger Wirtschaft für den Westen keine Bedrohung.

Für die indische Öffentlichkeit mit ihrem wachsenden Vertrauen in die Stärke ihres Landes besteht die eigentliche Herausforderung darin, nicht den wackeligen Westen, sondern China "einzuholen und zu überholen". Es gibt ein komplexes Geflecht von Gefühlen, in dem es Raum für Neid, Abneigung und vieles mehr gibt. Und so machte dieser Tage in Peking die Nachricht die Runde, dass nach den Wahlen ein ernsthaftes Treffen zwischen den Führern der beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt möglich ist. Zumindest hat niemand in China einen Medienangriff auf seinen westlichen Nachbarn gestartet, um dessen politisches System zu untergraben.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 5. Juni 2024 auf ria.ru erschienen. 

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Von Sergei Sawtschuk: USA drängen die Ukraine zum Krieg mit der Türkei
Die Pläne Ankaras, russisches Erdgas nach Europa weiterzuverkaufen, laufen den Absichten der USA für die Wirtschaft der EU zuwider. Daher ist es kein Zufall, dass die US-Handlanger in der Ukraine gezielt versuchen, russische Gas-Pumpstationen anzugreifen, die Erdgas in die Türkei überführen. In einer Rede vor ausländischen Journalisten auf dem Internationalen Wirtschaftsforums Sankt Petersburg teilte Russlands Präsident Wladimir Putin mit, dass ukrainische bewaffnete Formationen bereits mehrere Versuche unternommen haben, russische Verkehrs- und Energieinfrastruktur anzugreifen. Vor einer Woche haben die russischen Streitkräfte einen Angriff von Marinedrohnen auf eine der Kompressorstationen, die Kohlenwasserstoffe in die Türkei pumpen, abgewehrt. Eine einfache Analyse legt nahe, dass es sich entweder um die Kompressorstation Russkaja handelt, die den Betrieb der Turkish-Stream-Gasleitung sicherstellt, oder um ihr Pendant, die Station Beregowaja, die den Ausgangspunkt der Blue-Stream-Gasleitung darstellt.

Jeder Auftritt des russischen Staatschefs wird weltweit sehr aufmerksam verfolgt, und es besteht kein Zweifel, dass seine Worte in Ankara gehört und weitreichende Schlussfolgerungen gezogen wurden. Um es in der sowjetischen Terminologie zu sagen: Die Türkei ist ein Land der Widersprüche. Einerseits ist sie mit einer Bevölkerung von mehr als 85 Millionen Menschen der größte Staat in der Schwarzmeerregion, seit 1952 ein Mitglied der Nordatlantischen Allianz, Eigentümer der größten Flotte in der Region und Träger des geostrategischen Projekts des sogenannten Groß-Turan. Gleichzeitig ist es ein Staat mit einem großen Energiedefizit, einer nicht sehr stabilen Wirtschaft und einer traurigen Inflationsbilanz.

Im Gegensatz zur Europäischen Union, die seit 25 Jahren verspricht, die Türken aufzunehmen, hat Ankara nie daran gedacht, die wirtschaftliche und energiepolitische Zusammenarbeit mit Moskau abzubrechen, die es ihm ermöglicht, endlose finanzielle und haushaltspolitische Stürme zu überstehen und die Lage im Inneren nach und nach zu verbessern. Ankara wird oft Multi-Direktionalität und der Wunsch, gleichzeitig auf mehreren Stühlen zu sitzen, vorgeworfen, weil es bereit ist, mit allen gleichzeitig Handel zu treiben, auch mit den USA, Europa und der Ukraine. Wenn wir die gleiche Situation jedoch mit den Augen der Türken selbst betrachten, sehen wir, dass sie nur versuchen, ihre Interessen zu sichern. Und wenn es jemanden gibt, der bereit ist, mit Öl, Gas, Getreide, Flüssiggas, Mehl und so weiter zu handeln, warum sollte Russland das nicht nutzen? Es gibt viele, die dazu bereit sind: Die Türkei ist, wie wir bereits gesagt haben, geografisch, politisch und in Bezug auf den europäischen Handel strategisch günstig gelegen.

Ein Blick in die Statistiken des Kreml-Protokolldienstes zeigt, dass Recep Tayyip Erdoğan der Staatschef ist, der den Rekord für die Anzahl und Häufigkeit der Treffen mit Wladimir Putin hält. Die beiden Präsidenten haben sich seit 2014, als Erdoğan an die Macht kam, fast zwanzigmal getroffen, wobei die Treffen überwiegend in Russland stattfanden. Infolge dieser Reisen ist es Erdoğan gelungen, die staatlichen Angelegenheiten erheblich zu verbessern und sich zum ersten Mal in seiner Geschichte der Zielmarke der Energieversorgungssicherheit zu nähern. Zum Jahresende 2023 produzierten die türkischen Stromerzeugungsunternehmen 326 Milliarden Kilowattstunden Strom, während der Verbrauch 330 Milliarden betrug. Die wichtigste Energiequelle ist nach wie vor die Kohle (36 Prozent), aber das Erdgas nähert sich ihr rasch an (22 Prozent). Weitere 20 Prozent der Stromerzeugung entfallen auf die Wasserkraftwerke. Mit anderen Worten: Die Energiebilanz ist immer noch defizitär, aber das Defizit schrumpft, und sobald das Kernkraftwerk Akkuyu in Betrieb ist, wird die Türkei vom ständigen Abnehmer zum Exporteur von Elektrizität, die der Region traditionell fehlte.

Der Bau der beiden oben erwähnten Pipelines hat Ankara geholfen, seine bisherigen Erfolge zu verwirklichen und auf zukünftige Erfolge hinzuarbeiten. Die Blue-Stream-Pipeline versorgt die Türken mit 17 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr, wobei die ursprüngliche Kapazität zusätzlich erhöht wurde. Die Turkish-Stream-Pipeline besteht aus zwei Strängen mit einer Kapazität von jeweils 15,75 Milliarden Kubikmetern. Aus öffentlich zugänglichen Quellen ist bekannt, dass der erste Strang für die Gasversorgung der Verbraucher innerhalb der Türkei bestimmt ist, während der zweite Strang über Griechenland vollständig den Westen versorgt. Laut den Plänen Ankaras soll hier ein Gasknotenpunkt entstehen, der es Moskau einerseits ermöglicht, die Exportmengen zu erhöhen, und andererseits der Türkei die Möglichkeit gibt, jene Länder der Eurozone mit blauem Brennstoff zu versorgen, die sich nicht länger vor der Krise verstecken, in die sie nach dem Abbruch der direkten Beziehungen zu Russland geraten sind.

Und hier kommen wir zum Kern der Sache. Die Ziele der ukrainischen Seeterroristen, die Kompressorstationen in der Nähe von Anapa angreifen, sind durchaus verständlich. Die Beschädigung oder Zerstörung der Pumpinfrastruktur wird zu einem teilweisen oder vollständigen Stopp der Gasexporte in den Süden führen. Für Russland wäre ein solcher Schlag überaus schmerzhaft, insbesondere vor dem Hintergrund des Verlustes des europäischen Marktes und des von Gazprom Ende letzten Jahres gemeldeten Nettoverlustes von 369 Milliarden Rubel. Die Beiträge aus dem Erdöl- und Erdgasgeschäft zum Staatshaushalt spielen immer noch eine wichtige Rolle, auch wenn ihr Anteil allmählich abnimmt.

Der Schaden für die Türkei könnte aber noch viel größer ausfallen, denn die Lieferungen aus Russland (50,5 Milliarden Kubikmeter) machen fast 40 Prozent aller türkischen Gasimporte aus. Der Verlust der Blue-Stream- und der Turkish-Stream-Pipeline würde die türkische Wirtschaft völlig außer Gefecht setzen, denn es gibt einfach nichts, was diese Mengen ersetzen könnte. Die Flüssiggaseinfuhren aus Algerien, Katar und den Vereinigten Staaten können nicht einmal ein Zehntel des Gesamtbedarfs decken.

Außerdem könnte der lange gehegte Traum der Türkei, zum größten Gasknotenpunkt in Südosteuropa zu werden, damit ein Ende finden. Türkische Geologen sind mit manischem Eifer und mit Erfolg auf der Suche nach geeigneten Gegenden, in denen sie unterirdische Speicheranlagen bauen können, um Gas zu speichern und dann an Griechenland, Bulgarien, Serbien, Ungarn und weiter westlich an alle Interessenten zu verkaufen. Die russische Seite, vertreten durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten Alexander Nowak, hat wiederholt betont, dass Moskau dieses Projekt unterstützt, man aber nur dann über die Verlegung zusätzlicher Pipelines auf dem Grund des Schwarzen Meeres sprechen kann, wenn zuverlässige Märkte gefunden werden. Sprich: wenn Ankara Verträge mit großen europäischen Importeuren abschließt. Natürlich zu seinem eigenen Vorteil, denn das Gas aus den türkischen unterirdischen Speicheranlagen wird mit einem Aufschlag verkauft werden.

Russland ist mit dieser Vereinbarung voll zufrieden. Es kehrt auf den europäischen Markt zurück, wenn auch auf Umwegen und nicht in vollem Umfang, und erhält langfristige Verträge mit der Türkei, die sehr interessiert ist und eine dauerhafte Einnahmequelle darstellt. Es ist Russland völlig egal, wie viel die Türken beim Weiterverkauf verdienen: Ab dem Moment der Bezahlung und dem Passieren des Messpunkts ist dieses Gas nicht mehr russisch, sondern türkisch.

Diese Vorgehensweise ist für alle von Vorteil, auch für Europa, das in den vergangenen zwei Jahren am eigenen Leib erfahren hat, dass alle Hoffnungen auf Flüssigerdgas aus Übersee und erhöhte Lieferungen aus Norwegen vergeblich waren. Die Existenz der Streams und die Pläne, neue Gaspipelines durch den südlichen Teil Europas zu legen, passen einem einzelnen geopolitischen – in Übersee beheimateten – Akteur nicht. Er will keine Stabilisierung der türkischen Wirtschaft und damit eine Stärkung der türkischen Souveränität. Genauso wenig braucht er die Wiederherstellung der europäischen Wirtschaft und Industrie, auf deren Kosten dieser Akteur seine eigene Wirtschaft in Erwartung der unvermeidlichen zweiten Runde des Handelskriegs mit China stärkt. Dafür bekommt Kiew Drohnenboote und eine stillschweigende Duldung der Angriffe auf die Gasinfrastruktur. Es ist ein globales Spiel im Gange, bei dem es nicht nur darum geht, Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen, sondern auch zu verhindern, dass andere Länder der Region erstarken.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 9. Juni 2024.

Sergei Sawtschuk ist ein russischer Kolumnist und Blogger.

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Der türkische Außenminister Hakan Fidan (li.) im einvernehmlichen Gespräch mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow, hier im Januar 2024 bei der UN in New York. Russland war im Jahr 2006 Gründungsstaat der damaligen BRIC-Vereinigung.

Von Kirill Strelnikow: Flirt mit der BRICS-Gruppe: Türkei fällt NATO und EU in den Rücken
Die türkische Führung hat angekündigt, sich für den Beitritt zur BRICS-Staaten-Gruppe bewerben zu wollen, was einen Schlag für die Europäische Union und die NATO darstellen könnte. Der türkische Außenminister Hakan Fidan erklärte, dass die BRICS eine gute Alternative zur EU bieten könne. In ihrer Fähigkeit, meisterhaft zwischen zahlreichen "Stühlen" zu balancieren und dabei die internationale Expertengemeinschaft regelmäßig in Verwirrung und Schock zu stürzen, übertraf die türkische Führung längst Ostap Bender [Held des Romans "Zwölf Stühle" von Ilja Ilf und Jewgeni Petrow]. Doch nun scheint es, als hätten die Türken einen "Stuhl mit Schätzen" gefunden, vor dem die Diamanten der Schwiegermutter von Kisa Worobjaninow [Held des Romans "Zwölf Stühle"] verblassen — und "dieser Stuhl steht am runden Tisch der BRICS". Während seines gestrigen Besuchs in China erklärte der türkische Außenminister Hakan Fidan, dass die Türkei beschlossen habe, ihren Beitritt zu den BRICS-Staaten anzustreben. Um darüber zu diskutieren, beabsichtige er, an dem Treffen der Außenminister der BRICS-Mitgliedsländer teilzunehmen, das am 10. und 11. Juni in Nischni Nowgorod stattfinden wird. Zu sagen, dass die Worte des türkischen Spitzenvertreters im Westen negative Reaktionen hervorgerufen haben, heißt gar nichts zu sagen. Die Kommentare der offiziellen Vertreter enthalten so viel "Galle und Säure", dass die gesamte "Sahne", die für das Bankett anlässlich des bevorstehenden "Friedensgipfels" in der Schweiz vorbereitet wurde, sauer geworden ist. Während früher alle spektakulären Demarchen der Türkei dazu dienten, den Westen zu erpressen und hart um alle möglichen Boni zu verhandeln, woran eigentlich schon alle gewohnt sind ("Turkey, Sir!"), deutet jetzt alles darauf hin, dass die Türken endlich den "Zug" fanden, der sie bequem in eine "strahlende neo-osmanische" Zukunft bringen sollte. Der türkische Außenminister sagte ganz direkt, dass sie "ihr abgelaufenes Ticket zur EU" bereits abgegeben hätten: "Die BRICS können der Türkei eine gute Alternative zur Europäischen Union bieten, deren Beitritt Ankara bereits im April 1987 beantragt hat. Und diese Aussage klingt diesmal ernster als das traditionelle: 'Ich verlasse dich, also warte nicht mit dem Abendessen'". Die Türkei bereitete ihre Entscheidung, den BRICS beizutreten, schon seit geraumer Zeit vor, indem sie die Situation, die Statistiken und die interne Dynamik in der Organisation sorgfältig studierte und die globalen politischen, militärischen und wirtschaftlichen Trends beobachtete. Im Juli 2018 kündigte Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Rande des BRICS-Gipfels in Johannesburg erstmals offiziell den Wunsch der Türkei an, den BRICS beizutreten, und der russische Präsident Wladimir Putin erklärte damals, dass Ankara den BRICS im Jahr 2022 beitreten könnte. Im Jahr 2022, nach dem Beginn einer speziellen Militäroperation in der Ukraine, machte die Türkei eine Pause, um zu sehen, was von Russland übrig bleiben würde und "welcher Stuhl weicher sein würde". Aber es stellte sich heraus, dass unser Land nach zwei Jahren eines quasi heißen Krieges mit dem kollektiven Westen keineswegs zerbrochen, sondern sogar stärker geworden ist. Und für die Türkei erwies es sich als gelassener und profitabler, mit Russland befreundet zu sein als mit dem Westen (ein kleines Beispiel: allein in den ersten sechs Monaten der speziellen Militäroperation in der Ukraine explodierte das Handelsvolumen zwischen Russland und der Türkei um fast 50 Prozent, und nach Angaben der türkischen Wirtschaftszeitung Dünya können die Lagerhäuser des Landes derzeit kaum das Liefervolumen bewältigen, da die Importe aus Europa und dem Fernen Osten nach Russland umgeleitet werden). Aber vor allem wurde der türkischen Staatsführung plötzlich klar, dass sie gerade den kontinuierlichen und unumkehrbaren Zusammenbruch der alten, unipolaren Welt und der westlichen Hegemonie erleben, der sie 30 Jahre lang vergeblich versucht hatten beizutreten. Kurzzeitig öffnete sich vor ihnen ein Zeitfenster mit Perspektiven, von denen mehrere Generationen von türkischen Machthabern träumten.

Im Laufe ihres Bestehens haben die BRICS ihre Nachhaltigkeit und ihre Vorteile für ihre Mitglieder mehr als deutlich unter Beweis gestellt. Diese Vorteile werden im Zuge der Fragmentierung und Zerstörung der westlich geprägten wirtschaftlichen und politischen Systeme nur noch zunehmen, was durch die Beitritt-Warteschlange von fast 30 interessierten Staaten deutlich wird. Hier nur einige Zahlen aus dem "Jahrbuch junger Politikwissenschaftler": Landfläche der BRICS- und G7-Länder — 33,9 Prozent gegenüber 16,1 Prozent; Bevölkerung — 45,2 Prozent gegenüber 9,7 Prozent; BIP in Kaufkraftparität — 36,7 Prozent gegenüber 29,6 Prozent; Industrieproduktion — 39,3 Prozent gegenüber 31,2 Prozent; Weizenproduktion — 44,7 Prozent gegenüber 19,7 Prozent. Am wichtigsten ist aber, dass die BRICS keine starre Struktur sind, sondern eine Art Wirtschaftsclub, in dem jeder unabhängig vom jeweiligen Politiksystem profitieren sollte: die Mitgliedsstaaten respektieren die Souveränität der anderen, greifen nicht in deren innere Angelegenheiten ein und handeln in ihren eigenen und gemeinsamen Interessen, wobei sie unabhängig und souverän bleiben, d. h. sie geben keinen Teil ihrer Souveränität für irgendwelche Vergünstigungen ab. Das ist eine super-innovative Formel für die moderne Welt. Für die Türkei ist die BRICS-Mitgliedschaft eine Chance, ihre ehrgeizigen Ambitionen zu befriedigen und ihren Wunschtraum zu verwirklichen, ein "Weltmakler" zu werden. Die Republik ist bereits auf dem Weg (unter aktiver Beteiligung Russlands) zum größten regionalen Kraftstoff- und Energieknotenpunkt, der zu einem Zentrum für die Umverteilung der Gasströme zwischen Russland und den Ländern Europas und Asiens werden könnte, was enorme finanzielle Vorteile mit sich bringen und den Einfluss der Türkei in der Welt stärken würde. Doch Ankara glaubt, dass es durch seinen Beitritt zu den BRICS vor dem Hintergrund der "großen Weltneuordnung" noch viel mehr gewinnen kann. Bei seinem Besuch in China betonte der türkische Außenminister Fidan wiederholt, dass die Türkei und China "zwei große Zivilisationen" seien, die "durch ihre aktive und ergebnisorientierte Außenpolitik eine zunehmende Rolle bei der Lösung globaler Probleme spielen". Übersetzt ins Russische klingt das so: "Wir haben jedes Recht, zu den 'Großen' zu gehören und globale Politik und Wirtschaft zu betreiben, anstatt im 'Vorzimmer' der EU zu warten". Um den begehrten "Schatz"-Sessel am BRICS-Tisch zu besetzen, "verkauft" sich die türkische Führung sehr geschickt. So erklärte Herr Fidan in China, dass "die geostrategische Lage der Türkei und ihre ausgedehnten Handelsverbindungen freien und einfachen Zugang zu einem Markt mit einem Volumen von 28 Billionen US-Dollar und etwa 1,5 Milliarden Menschen bieten, der sich von Europa über den Nahen Osten und Nordafrika bis nach Zentralasien erstreckt, und das alles innerhalb von vier Flugstunden". Klingt gut? Wo bekommt man dann eine "Mitgliedskarte"? Um jegliche Bedenken hinsichtlich der gleichzeitigen NATO-Mitgliedschaft der Türkei auszuräumen, veröffentlichten die Türken gestern eine Erklärung, die von Fahrettin Altun, dem Leiter der Kommunikationsabteilung der Präsidialverwaltung, abgegeben wurde: "Es gibt keine Türkei mehr, die Befehle aus dem Westen entgegennimmt und nicht in der Lage ist, ihre eigene unabhängige Politik und Strategie zu entwickeln". Übersetzung: "Unabhängig von der NATO-Mitgliedschaft werden wir nur das tun, was für uns günstig ist, macht euch keine Sorgen". Die "beeindruckenden Pirouetten" der Türkei sind im Kreml natürlich nicht unbemerkt geblieben. Präsidentensprecher Dmitri Peskow erklärte, dass "Russland das große Interesse einiger Länder am BRICS-Format, einschließlich der Türkei, begrüßt". Aber die BRICS seien "keine Straßenbahn, auf die man aufspringen kann", was bedeutet, dass man die Entwicklung beobachten muss: "Die Organisation ist selbstverständlich nicht in der Lage, das Interesse aller interessierten Staaten in vollem Umfang zu befriedigen, aber die BRICS ist daran interessiert, Kontakte mit allen interessierten Staaten zu pflegen". Das bedeutet, dass die Entscheidung über die Aufnahme der Türkei in die BRICS ausschließlich auf der Grundlage realer Taten und nicht auf der Grundlage schön klingenden Geredes und unter Berücksichtigung aller Risiken getroffen werden wird. Und wenn die Türken, anders als üblich, nicht wieder anfangen, "auf Stühlen hin und her zu hüpfen", können wir in absehbarer Zeit von der Aufnahme eines neuen Mitglieds in die BRICS erfahren, und die EU und die NATO werden einen weiteren schmerzhaften Schlag erhalten.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 5. Juni 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen.

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ein älterer text: was auf die USA zu kommt - hyper-inflation und verarmung


Dies könnte bald auch dem US-Dollar blühen:
Geldscheine über 100.000, 200.000, 500.000 und eine Million Reichsmark

Von Karin Kneissl: Dollar-Dämmerung: Der Anfang vom Ende des aktuellen Währungskorbs
Der Ukraine-Krieg und vor allem die Russland-Sanktionen beschleunigen eine Entwicklung, die schon lange im Gange war. Es handelt sich um eine Art "Wachablösung", geopolitisch wie währungspolitisch. Was vor 20 Jahren noch ein Thema für den kleinen Kreis war, nämlich die Möglichkeit, dass der US-Dollar seine Vormachtstellung einbüßen könnte, hat sich in den letzten Monaten bis in die Redaktion der Financial Times und der Direktion der Europäischen Zentralbank (EZB) durchgesprochen.

Geopolitische Verschiebungen führen dazu, dass die Weltwirtschaft in "konkurrierende Blöcke" zerfalle, was zu einem inflationären Umfeld führen könne, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde am 17. April. Dass es diesmal um die Zentralbanken und nicht "bloß" um den Bankensektor ging, wurde in der Rede klar – Lagarde sprach von tiefgreifenden Auswirkungen für die Zentralbanken, einschließlich "mehr Instabilität", da das Angebot weniger elastisch werde. Lagarde wies darauf hin, dass die Zentralbanken während einer anderen großen Periode geopolitischer Umwälzungen in den 1970er-Jahren schlecht abgeschnitten haben. "Sie haben es nicht geschafft, einen Anker der monetären Stabilität zu setzen."

In dieser zersplitterten Welt braut sich mit der aktuellen Finanzkrise etwas zusammen, das die Zentralbanken erschüttern könnte. Eine Kreditverknappung zeichnet sich jedenfalls in den USA ab. Und es sind die Zentralbanken, welche die entscheidende Rolle in der Kreditvergabe innehaben. Es ist etwas Bedeutendes schiefgelaufen, wenn man die Lagarde-Rede im Ohr hat. Spät, aber doch begriff auch die EZB, dass die Inflation zum Problem wurde, und zwar auf lange Sicht und nicht nur vorübergehend, wie seitens der EZB oft betont wird. Zeitgleich verschiebt sich die Zusammensetzung im globalen Währungskorb und damit verändert sich auch die weltpolitische Balance.

Orientierung kommt von Orient

So lautet ein Wortspiel, das ich gerne bediene und auch in diesem Zusammenhang einbringen möchte. Denn es sind die Entwicklungen auf den östlichen Erdölmärkten, welche viel in Bewegung bringen. Der US-Dollar ist nicht tot, aber er ist auch nicht unsterblich – ungefähr so bringen es Erdölmarkt Analysten von "Energy Intelligence" auf den Punkt. Denn der Boden unter dem Petrodollar verschiebt sich, genau wie vieles im Nahen Osten seit Dezember, als der chinesische Präsident Xi Jinping in Riad den Golfstaaten des Nahen Ostens Kaufgarantien für Erdöl und Erdgas sowie Zugang zu sauberer Energie und digitalen Technologien anbot, wobei die Bezahlung in Yuan erfolgen sollte.

So hat Xi den Saudis und anderen Golfstaaten im Dezember neue Zahlungsmodalitäten angeboten. Das iranisch-saudische Abkommen ist bis zu einem gewissen Grad als von China vermittelter Ersatz für US-Sicherheitsgarantien für die Saudis und ihre Nachbarn am Golf zu verstehen. Währungspolitik und Geopolitik verzahnen sich neu. Begonnen hat dies eben im Orient. Diese Angebote und Vereinbarungen könnten auch das Ende des Dollar-Monopols im Ölhandel des Nahen Ostens bedeuten. Es zeichnet sich ab, dass auch andere Währungen und vielleicht auch andere als Dollar-Benchmarks verwendet werden. In einem bemerkenswerten Essay schrieb der Leiter der chinesischen Zentralbank, Zhou Xiaochuan, im März 2009 über eine solche Entwicklung. Ohne den US-Dollar beim Namen zu nennen, forderte er angesichts verantwortungsloser Geldpolitik und hoher Überschuldung doch dessen Ablöse als Weltleitwährung.

Zu den besonders interessanten Ereignissen der letzten Woche gehörte, dass erstmals auch eine internationale Transaktion in Yuan getätigt wurde. TotalEnergies verrechnete Ende März eine LNG-Ladung aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an die China National Offshore Oil Corp. CNOOC über die Shanghai Petroleum & Gas Exchange in Yuan. Damit ist nun auch offiziell der Anfang vom Ende des Petrodollars eingeleitet.

Der Bumerang der Russland-Sanktionen

Es vergeht kein Tag, an dem Washington oder Brüssel nicht neue Sanktionen verhängen, die langen Listen sanktionierter Personen von Caracas über Moskau bis Peking noch erweitern. Als gäbe es kein Morgen, werden Staaten und Firmen mit Exportverboten, Handelsauflagen und vielem anderen drangsaliert. Was die USA erfanden, praktiziert nunmehr auch die EU, nämlich die Exterritorialität nationaler Jurisdiktion und verletzt dabei geltendes Völkerrecht. Die auch als "sanctions from hell" bezeichneten Russland-Sanktionen aus dem Frühjahr 2022 erweisen sich aber seither als Bumerang. Von Riad bis Peking wurde vielen klar: Was mit Russland passiert, kann jedem von uns passieren.

Dieser Unmut spitzte sich zu, als die USA den meisten russischen Banken den Zugang zur angeblich international kontrollierten Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications (SWIFT) verwehrten und russische Devisenreserven in Höhe von rund 300 Milliarden Dollar einfroren. Die Financial Times berichtete kürzlich, dass sich der Anteil des Renminbi am Wert der Handelsfinanzierung im letzten Jahr auf 4,5 Prozent verdoppelt hat, ein Wert, der immer noch weit hinter dem des Dollars (86,8 Prozent) zurückbleibt. Die Devisenreserven sind stärker diversifiziert. Chinas Anteil liegt bei nur 2,45 Prozent, aber der Anteil der USA ist in diesem Jahrhundert allmählich auf 59,54 Prozent gesunken. Es ist wahrscheinlich, dass es in Zukunft immer mehr und immer schneller zu einer Abkehr von der starken Abhängigkeit vom Dollar im internationalen Handel kommen wird, wobei Öl an erster Stelle steht.

Um solche Umstellungen zu ermöglichen, müssen die zur Umgehung von SWIFT eingerichteten digitalen Kommunikationssysteme gehärtet und erweitert werden. Russland hat dies bereits in beträchtlichem Umfang getan – was den Begriff der "Entdollarisierung" hervorbrachte –, und China und andere arbeiten daran. Chinas Instrument dafür, sein Cross-Border Interbank Payment System, hat Berichten zufolge mehr als 1.300 Teilnehmer in über 100 Ländern und Regionen.

Zur Erinnerung: Während der in den USA losgetretenen Finanzkrise von 2008 forderte der damalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einen zum allmächtigen Swift alternativen EU-Mechanismus, um nicht die Zeche für sämtliche US-Sanktionen mitzahlen zu müssen. Es ging damals um die Iran-Sanktionen. Auch bei anderen Rohstoffen ist eine nicht auf dem Dollar basierende Preiskomponente im Gespräch. Sowohl die BRICS-Organisation als auch das BRICS-Mitglied Brasilien könnten dabei eine wichtige Rolle spielen:

Die BRICS-Mitglieder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika haben alle ihr Interesse an Alternativen zur US-Währung in verschiedenen Funktionen bekundet, und ein BRICS-Gipfel im August dieses Jahres in Südafrika sollte aufmerksam verfolgt werden. Argentinien und Iran haben einen Antrag auf Beitritt gestellt, und auch Saudi-Arabien hat Interesse signalisiert.

Als ich im Frühjahr 2017 an meinem Buch "Die Wachablöse" schrieb, in welchem ich den Aufstieg Chinas zum Technologieführer und geopolitischen Akteur sowie der damit verbundenen Neuordnung erklärte, war vieles noch Theorie. Der Krieg in der Ukraine hat mit einem hohen Blutzoll eine Entwicklung beschleunigt, die bereits im Gange war. Die Russland-Sanktionen werden retrospektiv als der Wendepunkt für das internationale Währungssystem gelten. Was in dieser unsicheren Gemengelage sonst noch auf die Weltwirtschaft und die Menschen hereinbrechen wird, wissen wir nicht. Aber weder Inflation noch die Energiekrise oder die hohe Staatsverschuldung der USA haben im Vorjahr begonnen. Und all dies wird uns noch beuteln.

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