Analysen 15.-22.5.2024: Warum die USA abstürzen/ Pepe Escobar: De-Dollarisierung/ Xi Jinping lobt Ungarn/ US-Wirtschftskrieg: Deutschland + Europa verliert/ Dagmar Henn: Deutschland + Georgien/ Thierry Meyssan/ Putin's Strategie/ Alexander Dugin
wie das finanzkapital den hegemon zerstört - ohne krieg die frage im titel ist falsch gestellt. über das schicksal der menschheit auf dieser erde entscheidet gott, aber sicher nicht ein paar reiche soziopathen. aber der text beschreibt sehr gut, wie sich das finanzkapital in seiner gier sein eigenens grab schaufelt!!! die feinde der menschheit und der menschlichkeit zerstören sich selber...
Von Conor Gallagher: Werden die US-amerikanischen Oligarchen Grenzen akzeptieren oder den Dritten Weltkrieg wählen? Die Frage ist: Wird das amerikanische Kapital jemals freiwillig aufgeben? Wird es jemals sagen: „Okay, wir sind mit dem, was wir hier haben, zufrieden, macht ihr euer Ding in eurem Einflussbereich“? 14. Mai 2024 - übernommen mit Dank von globalbridge.ch 15. Mai 2024
Die den Reichen verpflichteten Politiker haben es immer verstanden, die Macht der Gewerkschaften kleinzuhalten. Wo trotzdem gestreikt wird, ist es dann aber auch ein TV-Thema. (Screenshot)
(Red.globalbridge.ch) Die milliardenschweren US-Unternehmer haben in den vergangenen Jahrzehnten Millionen von Arbeitsplätzen nach China verlegt, um niedrigere Produktionskosten zu erlangen und damit die eigenen Profite zu erhöhen. Heute sind die USA und mit ihnen Europa nicht zuletzt auch militärisch in hohem Masse von China abhängig. Der üblicherweise für «The Irish Times» schreibende Publizist Conor Gallagher hat zu diesem Thema einige bemerkenswerte Fakten zusammengetragen. (cm)
Vor kurzem stieß ich auf einen Artikel der «Century Foundation» mit dem Titel „A Bolder American Foreign Policy Means More Values and Less War“. („Eine mutigere amerikanische Außenpolitik bedeutet mehr Werte und weniger Krieg.“) Das Hauptargument dort ist, dass die USA „Werte“ wie „Multilateralismus und Menschenrechte, die den Kern ihrer Identität bilden, wieder in den Mittelpunkt stellen müssen“. Die «Century Foundation» bezeichnet sich selbst als „fortschrittliche, unabhängige Denkfabrik“, und der genannte Artikel scheint es gut zu meinen, ist aber genauso realitätsfern wie die kriegstreiberischen Strategiepapiere der neokonservativen Denkfabriken, die behaupten, Washington werde sich gegen Russland, China, den Iran und wen auch immer durchsetzen. Die Autoren der «Century Foundation» haben ein hollywoodreifes Bild von Amerika, das nicht von brutalem Klassenkampf, sondern von Tugendhaftigkeit geprägt ist, die sich auch in seiner Außenpolitik niederschlägt, die für internationales humanitäres Recht oder Menschenrechte steht. Ich denke, jeder, der ein Grundverständnis der aktuellen Ereignisse oder der jüngeren Geschichte hat, weiß, wie lächerlich das ist, und doch wird es von jedem angeblichen Think Tank bis zum Erbrechen wiederholt. Ich gehe davon aus, dass dies ein klassisches Beispiel für Upton Sinclairs Ausspruch ist: „Es ist schwierig, einen Mann dazu zu bringen, etwas zu verstehen, wenn sein Gehalt davon abhängt, dass er es nicht versteht.“ Ich glaube, dass die «Century Foundation» mit ihrem Fokus auf Werte zwar etwas erreicht hat. Es ist nur so, dass sie es umgekehrt meint. Das Problem ist, dass es die Werte sind, die die USA an den Rand des Dritten Weltkriegs gebracht haben, und zwar an mehreren Orten.
Was sind also die Grundwerte, die sie in eine solche Lage bringen – und wem gehören sie?
Ich denke, die Geschichte des ehemaligen US-Präsidenten Herbert Hoover (1874-1964, US-Präsident 1929-1933, mit Schweizer Vorfahren namens Huber) ist lehrreich. Er hatte Anteile an Minen in Russland, bis sie von den Bolschewiken beschlagnahmt wurden (1). Hoover hat das nie vergessen und blieb für den Rest seines Lebens voller Angst vor den Kommunisten – und das aus gutem Grund, wenn man bedenkt, wie viel er zu verlieren hatte. Obwohl Hoover 1932 aus dem Amt gejagt wurde, spielte er eine zentrale Rolle bei der Organisation der Kapitalisten gegen die Arbeiterorganisation in den USA und im Ausland. Sein Vermächtnis lebt in der neokonservativen «Hoover Institution» in Stanford fort. Zeit seines Lebens blieb er ein großer Bewunderer des vor-sowjetischen Russlands: „Oben gab es eine russische Adelsfamilie und unten 100.000 Bauern und Arbeiter, und dazwischen gab es nur die Priesterschaft und die Aufseher.“ Das fasst ziemlich genau die dauerhafte Vision der Kapitalistenklasse zusammen, nicht nur für Russland, sondern überall. Der Besitz russischer Minen oder die Opiumkriege in China spielen in meinem oder Ihrem – des Lesers – Alltag vielleicht keine große Rolle, aber Sie können darauf wetten, dass sie ein wichtiger Bestandteil der Ideologie der amerikanischen herrschenden Klasse sind. Wessen Werte? Der vorherrschende Wert, der hier im Spiel ist, ist der Glaube, dass westliche Kapitalisten das Recht und die Pflicht haben, jeden Winkel der Erde auszubeuten und davon zu profitieren. Genauso wie das Kapital die Arbeit beherrschen muss, muss es expandieren und neue Einnahmequellen finden. Wenn die Regierungen in Russland und China diesen Fortschritt behindern, müssen sie vernichtet werden. Anstelle von Phrasen wie mehr amerikanische „Werte“ sind die folgenden Fragen oder Denkübungen für Think Tanks zum Nachdenken – ob sie einen weiteren Krieg gewinnen oder vielleicht sogar aufhören wollen, so viele davon zu beginnen.
Kann man mit Gangstern Realpolitik betreiben?
Die USA sind ein Marktstaat, der vom transnationalen Kapital beherrscht und für dieses geführt wird. Ihre Außenpolitik und das Militär sind ein Werkzeug der amerikanischen Oligarchie. Daher muss sich jede ernsthafte politische Diskussion mit der Tatsache auseinandersetzen, dass die nationalen Interessen, wie sie heute zum Ausdruck kommen, in keiner Weise national sind, sondern die Interessen einer kleinen Gruppe von Superreichen repräsentieren. Wenn US-Beamte von der Verbreitung der „Freiheit“ sprechen, lügen sie nicht. Nur ist ihre Vorstellung von Freiheit ein Staat, der sich hohen Profiten verschrieben hat – frei von den politischen Launen der lokalen Bevölkerung, die die erwartete Rendite einer Investition schmälern könnten. Erinnern wir uns daran, dass es wahrscheinlich kein Problem mit Russland gäbe, wenn Putin in den 1990er Jahren die Schocktherapie der westlichen Finanzkapitalisten nicht beendet hätte, die mit der Plünderung der russischen Ressourcen ein Vermögen gemacht haben. Wie Herbert Hoover werden sie von dieser Gelegenheit, die ihnen entrissen wurde, verfolgt und sie versuchen nun schon seit einem Vierteljahrhundert, sie zurückzubekommen.
Die Frage ist: Wird das amerikanische Kapital jemals freiwillig aufgeben? Wird es jemals sagen: „Okay, wir sind mit dem, was wir hier haben, zufrieden, macht ihr euer Ding in eurem Einflussbereich“? die frage im titel ist falsch gestellt. über das schicksal der menschheit auf dieser erde entscheidet gott, aber sicher nicht ein paar reiche soziopathen. Es ist ja nicht so, dass Moskau und Peking es nicht schon versucht hätten. Russland hat zum Beispiel die Idee geäußert, der NATO beizutreten oder ein anderes Sicherheitsabkommen auszuarbeiten. Nach dem Ende der UdSSR hat Russland jahrzehntelang vergeblich versucht, in den Club des Westens aufgenommen zu werden. Auch China wiederholt immer wieder, dass die Welt sowohl für Peking als auch für Washington groß genug ist. Es hat die USA eingeladen, sich an seiner «Belt and Road»-Initiative zu beteiligen. Die USA hätten dabei helfen können, Projekte zu lenken, die beiden Ländern zugute gekommen wären. Eine solche Zusammenarbeit zwischen den beiden Großmächten wäre zwar kein Allheilmittel für alle Probleme der Welt, aber sie würde wahrscheinlich einen viel besseren Platz als den derzeitigen bedeuten. Stattdessen wollten die USA den ganzen Kuchen, und stattdessen bekamen wir die TPP, Sanktionen, Exportverbote, einen neuen Kalten Krieg, einen Spionageballon-Skandal, den katastrophalen Versuch, Russland zu schwächen, bevor es sich mit China anlegt, den erfolgreichen Versuch, Europa von Eurasien abzutrennen, mit katastrophalen Folgen für Europa, und den Wunsch, eine Fortsetzung der Ukraine in Taiwan und/oder im Südchinesischen Meer zu sehen. Es herrscht große Verwirrung darüber, warum der Westen in einem aussichtslosen Unterfangen weiter eskaliert. Warum, zum Beispiel, betteln die westlichen Regierungen um Granaten für die Ukraine, anstatt ein Limit zu akzeptieren? Die Verzweiflung scheint von der schleichenden Erkenntnis herzurühren, dass ihr System aus den Fugen gerät. Das gesamte amerikanische Elitedenken der Nachkriegszeit basiert auf dem Fundament der weltweiten Profiterweiterung mit Silicon und Feuer. Wenn sie alles auf Russland werfen und verlieren, könnte eine ganz neue Domino-Theorie ins Spiel kommen – eine, bei der das parasitäre westliche Finanzkapital zurückgedrängt wird. (Zugegebenermaßen könnte es in den meisten Fällen auch durch eine lokalere Form ersetzt werden, aber es ist dennoch beängstigend für die westlichen Bonzen.) Sehen Sie sich nur an, was mit Frankreich in Françafrique geschieht! Und mit den USA im Nahen Osten! Die Tatsache, dass der Westen nicht einmal mehr genug Waffen herstellen kann, um seine Stellvertreterkriege zu versorgen, bedeutet mit ziemlicher Sicherheit, dass die Dominosteine weiter fallen werden. Dies ist ein Ruck für das System – hier beschrieben von Malcolm Harris in seinem 2023 erschienenen Buch «Palo Alto»: «Der Kriegskapitalismus konnte sich eine Augenbinde aufsetzen und mit Zuversicht in ein Labyrinth aus schrecklichen, absurden Plänen laufen, weil er das Echolot der Klassenmacht als Wegweiser hatte: Solange die Reichen gestärkt und die Arbeiterklasse geschwächt wurde, musste es in die richtige Richtung gehen. Es spielte keine Rolle, dass die Kapitalisten in Finanzzuckerhochs, Monopol-Superprofite und einen internationalen Produktionswettlauf nach unten investierten, anstatt in starke Arbeitsplätze und eine erweiterte industrielle Basis. Im einundzwanzigsten Jahrhundert würde sich sowieso alles um Software drehen, Baby. Die Roboter werden es herausfinden. Die führenden Köpfe des Silicon Valley saßen auf diesem Weltsystem wie die Kirsche auf dem Eis, isoliert vom schmelzenden Fundament durch einen reichen Turm aus Sahne.» Ende Zitat Malcolm Harris. Wahrscheinlich fühlen sie sich immer noch isoliert von den Folgen ihres Handelns, die vor allem ihre Stellvertreter und die Arbeiterklasse treffen, die mit Inflation und sinkendem Lebensstandard zu kämpfen hat, aber die Panik vor der Implosion dieses Systems ist real – und das aus gutem Grund. Die Vorstellung, dass die USA einfach mehr Geld ausgeben und mehr Wunderwaffen entwickeln können, bricht auf demütigende Weise zusammen. Die große Gefahr besteht darin, dass eine westliche Kapitalistenklasse, die keine Erinnerung an einen Weltkrieg hat, den Kampf gegen Russland oder China als mehr als nur einen Versuch ansieht, sie strategisch zu schwächen. Um Hoover heraufzubeschwören, müssen sie den Zugang zu ihren Minen in Russland zurückgewinnen oder riskieren, sie überall zu verlieren, was dies zu einem existenziellen Kampf für die westlichen Regierungen und das Kapital, dem sie dienen, machen würde. Auf der Gegenseite haben russische Offizielle bereits erklärt, dass ihre Militäroperation gegen den Westen in der Ukraine existenziell ist. Nun, dann haben wir es mit zwei nuklear bewaffneten Seiten zu tun, die beide diesen Kampf als existenziell betrachten.
Die große Ironie an der Lage des Westens ist, dass die eigene Gier des Finanzkapitals seine Fähigkeit, seine Gier auf der ganzen Welt zu befriedigen, ausgehöhlt hat. Sie haben den Westen ausgehöhlt, um schnelles Geld zu machen. Dort, wo die Produktion nicht ganz verschwunden ist, ist sie völlig heruntergewirtschaftet (siehe etwa Boeing). Die Regierung wurde auf eine Ansammlung wertloser Kriecher reduziert, die nur darauf aus sind, von ihrer Knechtschaft zu profitieren. Es war die Gier der amerikanischen Eliten, die dazu geführt hat, dass die amerikanische Arbeiterklasse zwischen 2001 und 2018 3,7 Millionen anständig bezahlte Arbeitsplätze verloren hat, und das nur durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach China. Les Leopold rechnet in seinem Buch «Wall Street’s War on Workers» vor, dass die Ausbeutung der USA durch die Wall Street (einschließlich China, NAFTA, Aktienrückkäufe usw.) seit 1996 zu 30 Millionen entlassenen Amerikanern geführt hat. Kein Wunder, dass sie verzweifelt nach neuen Märkten suchen. Aber konzentrieren wir uns einen Moment lang auf China, das mit Russland um den ersten Platz auf der Feindesliste konkurriert. Die vorsätzliche Dezimierung der US-Produktion in den letzten Jahrzehnten hat die Forschungskapazität der USA zerstört. Das bedeutet, dass die USA für Flugzeugträger und U-Boote auf Komponenten aus China angewiesen sind. Das bedeutet, dass eine Billion Dollar (a trillion dollars) an Verteidigungsausgaben dazu beiträgt, China zu bereichern: genau das Land, das angeblich hinter den erhöhten Verteidigungsausgaben steht. Man habe nicht wissen können, dass dies passieren würde, sagen sie, obwohl man damals davor gewarnt hat, dass genau diese Situation eintreten würde. Die Arbeiter wussten es. Hier ist ein Artikel aus der New York Times aus dem Jahr 2000 mit dem Titel „Gewerkschaften marschieren gegen China-Handelsabkommen“: «Tausende von Stahlarbeitern, Lastwagenfahrern, Automobilarbeitern und anderen Gewerkschaftsmitgliedern versammelten sich heute auf dem Capitol Hill und zogen durch die Hallen des Kongresses, um ein Handelsabkommen mit China zu verhindern. Ihre Botschaft, die von Gewerkschaftsführern und einfachen Mitgliedern, die von so weit her wie Michigan und Nebraska angereist waren, vermittelt wurde, lautete, dass der Handel für amerikanische Unternehmen, aber nicht für amerikanische Arbeitnehmer funktioniert. … [die Gewerkschaftsmitglieder] sagten, sie seien nur gegen ein Abkommen mit einem Land, das die Rechte der Arbeitnehmer nicht respektiert und ihrer Meinung nach vor nichts zurückschrecken würde, um die Arbeitsplätze zu stehlen, die das Rückgrat der amerikanischen Mittelschicht sind.» Ende Zitat New York Times. Es überrascht nicht, dass die meisten US-Gesetzgeber nicht über ihr Votum für die Normalisierung der Handelsbeziehungen mit China im Jahr 2000 (das den Weg zur WTO ebnete) sprechen wollten, als «Politico» eine Geschichte zum 20-Jahr-Jubiläum von Chinas Beitritt zur WTO schrieb. Aber vier amerikanische „Experten“, die die Normalisierung der Handelsbeziehungen mit China geplant und ausgehandelt haben, werden in dem «Politico»-Artikel so beschrieben, als würden sie es nicht bereuen. Warum sollten sie auch? Sie wurden mit besseren Positionen belohnt. Es ist völlig unklar, wie genau die USA diesen Krieg, den sie sich so sehr wünschen, mit China führen wollen, wenn man bedenkt, dass sie bei Mineralien und Komponenten, die für das amerikanische Militär von entscheidender Bedeutung sind, so sehr auf China angewiesen sind. Wie «Army Technology» hervorhebt: «Das US-Innenministerium hat 2018 eine Liste von 35 Mineralien veröffentlicht, die es als wesentlich für die Wirtschaft und die nationale Sicherheit erachtet (aktualisiert im Jahr 2022), darunter viele Seltene Erden. Das Problem für die USA ist, dass die lokale Produktion dieser Materialien sehr begrenzt ist. Das Ausmaß der Abhängigkeit von Importen variiert von Mineral zu Mineral. Beryllium wird vor allem zur Herstellung von Leichtbaumaterialien für Kampfjets verwendet, Lithium ist für die moderne Batterieproduktion unerlässlich und Zinn wird in der Elektronik, einschließlich der Halbleiter für Soldaten, eingesetzt, ein Sektor, der bis 2030 einen Wert von 17,5 Mrd. $ erreichen soll. Während die USA einige der oben genannten Mineralien selbst produzieren, sind sie bei vielen anderen Rohstoffen vollständig von China und anderen Ländern abhängig. Cerium wird in Batterien und in den meisten Geräten mit einem Bildschirm verwendet. Aus Neodym und Samarium geschmiedete Magnete sind unempfindlich gegenüber extremen Temperaturen und werden in Stellmotoren für Kampfflugzeuge, Raketensteuerungen, Kontrollsystemen, Flugzeug- und Panzermotoren, Satellitenkommunikation sowie Radar- und Sonarsystemen eingesetzt.» Ende Zitat „Army Technology”.
Auch hier war es die Wall Street, die die Verarbeitung von Seltenen Erden und anderen Mineralien nach China verlagerte, die Bergbauaktivitäten an chinesische Unternehmen verkaufte und dafür die Früchte erntete. Matt Stoller und Lukas Kunce erzählen die Geschichte in einem Artikel aus dem Jahr 2019 bei «The American Conservative»: «In den 1970er und 1980er Jahren investierte das Verteidigungsministerium in die Entwicklung einer Technologie zur Nutzung sogenannter Seltene-Erden-Magnete. Die Investition war so erfolgreich, dass es den Ingenieuren von General Motors mit Hilfe von Zuschüssen des Pentagons gelang, einen Seltene-Erden-Magneten zu entwickeln, der heute für fast jedes High-Tech-Militärgerät im Inventar der USA unverzichtbar ist, von intelligenten Bomben und Kampfjets bis hin zu Lasern und Kommunikationsgeräten. Der Nutzen der DARPA-Investition war nicht auf das Militär beschränkt. Die Magnete machen Handys und moderne kommerzielle Elektronik möglich. China hat den Wert dieser Magnete schon früh erkannt. Der chinesische Premierminister Deng Xiaoping sagte 1992: „Der Nahe Osten hat Öl, China hat Seltene Erden“, um die Bedeutung einer Strategie für Seltene Erden zu unterstreichen, die er für China verfolgte. Teil dieser Strategie war es, die Kontrolle über die Industrie zu übernehmen, indem man die Motivationen der Wall Street manipulierte. Zwei von Xiaopings Schwiegersöhnen traten Mitte der 1990er Jahre an den Investmentbanker Archibald Cox, Jr. heran, um seinen Hedgefonds als Fassade für ihre Unternehmen zu nutzen, um das US-Unternehmen für Seltene Erden zu kaufen. Sie waren erfolgreich und kauften die Fabrik, um anschließend die Arbeitsplätze in Indiana, die Patente und das Know-how nach China zu verlegen. Dies war nicht der einzige große Schritt, denn Cox zog später in eine 12 Millionen Dollar teure Luxusresidenz in New York. Das Ergebnis ist dem von Huawei bemerkenswert ähnlich: Die USA haben sich vollständig von einer Technologie und einem Markt getrennt, den sie vor nur 30 Jahren geschaffen und beherrscht hatten. China hat ein nahezu vollständiges Monopol auf Seltene Erden, und das US-Militär ist laut Studien der US-Regierung nun zu 100 Prozent von China abhängig, wenn es um die Ressourcen für die Herstellung seiner modernen Waffensysteme geht. Ende Zitat «The American Conservative»-
Können die USA erwarten, dass sich weitere Soldaten für die Stellvertreterkriege melden, wenn sie mit Stöcken und Küchenmessern gegen Hyperschallraketen antreten müssen?
Eine Studie der Bank of America aus dem Jahr 2020 kommt zu dem Ergebnis, dass es amerikanische und europäische Unternehmen über fünf Jahre hinweg 1 Billion Dollar (1 trillion dollars) kosten würde, die gesamte exportbezogene Produktion, die nicht für den chinesischen Verbrauch bestimmt ist, aus China heraus zurückzuverlagern. Hat sich in dieser Sache etwas getan oder geht man einfach davon aus, dass die KI schon eine Lösung finden wird? Angenommen, die USA würden morgen 1 Billion Dollar bereitstellen, um Unternehmen bei der Rückverlagerung der Produktion zu unterstützen, welche weiteren Probleme würden dann auftreten? Es gibt mindestens eines, das sich bereits aus dem «CHIPS Act» und dem «Inflation Reduction Act» ergibt. Laut diesem Tracker wurden 263 Milliarden Dollar investiert und 113.400 Arbeitsplätze geschaffen, aber gleichzeitig ist ein neues großes Problem entstanden. Es gibt nicht genügend Arbeitskräfte mit den erforderlichen Fähigkeiten. Die «Taiwan Semiconductor Manufacturing Company» musste den Produktionsstart ihrer Werke in Arizona wegen des Mangels an Arbeitskräften auf 2025 verschieben, und es wird erwartet, dass der Mangel auch in den kommenden Jahren anhält. Die Werft, die die neue Fregatte der US Navy baut, kann keine Arbeiter finden, was zu einer dreijährigen Verzögerung führt – mindestens. Übertragen Sie das auf andere Branchen und fügen Sie die bröckelnde Infrastruktur des Landes hinzu, und der Preis steigt weiter. Außerdem stellt sich die Frage, wie man die Macht der parasitären Finanzkapitalisten eindämmen kann, die sofort alle Bemühungen um eine Verbesserung der nationalen Situation zunichte machen würden.
Den US-Finanzkapitalismus im Zaum halten
Dies bringt uns zu einer weiteren großen Ironie. Jeder in der US-Regierung, der noch einen Funken Verstand hat und die USA wieder zu einem starken Nationalstaat machen will, sollte sich an eine unwahrscheinliche Quelle wenden, wenn es darum geht, die US-Oligarchie zu zügeln: Er sollte sich an den russischen Präsidenten Wladimir Putin wenden, der die Oligarchie in seinem Land erfolgreich gebändigt hat, zumindest an den Stellen, an denen sie dem nationalen Interesse im Wege stand. Das amerikanische System hat es versäumt, sich aus eigener Kraft auch nur ein wenig zu reformieren, was bedeutet, dass die ausgehöhlte imperiale Macht nun wiederholt bloßgestellt und mit Gewalt im Ausland zurückgedrängt wird. Es gibt Parallelen zu Russland während des Ersten Weltkriegs, als industrielle und bürokratische Unzulänglichkeiten, wirtschaftliche Not und eine Regierung ohne Legitimität zum Aufstieg der Bolschewiki führten. Ich habe noch keinen Think Tank gesehen, der dies empfohlen hätte, aber bei der Geschwindigkeit, mit der die USA immer wieder Kriege beginnen, sollten sie sich besser schnell etwas einfallen lassen.
Anmerkungen (1): Es ist interessant, dass der Urgroßvater der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, ein Textilimperium in Russland hatte. Er besaß eines der größten Vermögen des Landes, aber die Unternehmen wurden nach den Revolutionen von 1917 verstaatlicht.
Zum Originaltext auf «nakedcapitalism», wo auch zahlreiche Informationen auf die entsprechenden Quellen verlinkt sind.
die wichtigste nachricht kam erst am 14.5.24. deshalb hier noch einmal... Pepe Escobar: Die De-Dollarisierung schlägt ein wie eine Bombe: Das dezentralisierte monetäre Ökosystem der BRICS+ wird kommen 13. Mai 2024 – übernommen von sputnikglobe.com 14. Mai 2024 Machen Sie sich bereit für das, was die geoökonomische Bombe des Jahres 2024 sein könnte: das Aufkommen eines dezentralen monetären Ökosystems. Willkommen bei The Unit – einem Konzept, das bereits von der vom BRICS+ Business Council eingerichteten Arbeitsgruppe für Finanzdienstleistungen und Investitionen erörtert wurde und ernsthafte Aussichten hat, bereits 2025 zur offiziellen BRICS+-Politik zu werden.
Laut Alexey Subbotin, dem Gründer von Arkhangelsk Capital Management und einem der Ideengeber der Einheit, handelt es sich dabei um ein neues Problemlösungssystem, das das zentrale geoökonomische Problem dieser unruhigen Zeiten angeht: eine globale Vertrauenskrise. Er weiß alles aus erster Hand: Als erfahrener Finanzfachmann mit Erfahrungen im Investmentbanking, in der Vermögensverwaltung und in Unternehmensangelegenheiten leitet Subbotin das Projekt Unit unter der Schirmherrschaft von IRIAS, einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation, die 1976 im Einklang mit dem UN-Statut gegründet wurde.
Die globale Mehrheit hat genug von dem zentral gesteuerten Währungsrahmen, der vor 80 Jahren in Bretton Woods eingeführt wurde, und seinen endemischen Mängeln: chronische Defizite, die unverantwortliche Militärausgaben anheizen, Spekulationsblasen, politisch motivierte Sanktionen und Sekundärsanktionen, Missbrauch der Abwicklungs- und Zahlungsinfrastruktur, Protektionismus und das Fehlen eines fairen Schiedsverfahrens. Im Gegensatz dazu bietet die Unit eine zuverlässige, schnelle und wirtschaftlich effiziente Lösung für grenzüberschreitende Zahlungen. Als neue Form einer internationalen Währung, die dezentral ausgegeben und dann auf nationaler Ebene anerkannt und reguliert werden kann, stellt die – transaktionsbezogene – Einheit einen Wendepunkt dar. Die Unit bietet eine einzigartige Lösung für Engpässe in der globalen Finanzinfrastruktur: Sie ist sowohl für traditionelle Bankgeschäfte als auch für die neuesten Formen des digitalen Bankwesens geeignet.
Die Einheit kann auch dazu beitragen, die unfaire Preisbildung im Rohstoffhandel zu überwinden, indem sie eine neue – faire und effiziente – Eurasische Handelsbörse einrichtet, an der Handel und Abwicklung in einer neuen Währung erfolgen können, die Handelsströme und Kapital überbrückt und so den Weg für die Entwicklung neuer Finanzprodukte für ausländische Direktinvestitionen ebnet. Die Stärke der Unit besteht konzeptionell darin, die direkte Abhängigkeit von der Währung anderer Nationen zu beseitigen und insbesondere der globalen Mehrheit eine neue Form von unpolitischem Geld anzubieten – mit einem enormen Potenzial für die Verankerung von fairem Handel und Investitionen. Es handelt sich in der Tat um ein neues Konzept einer internationalen Währung, die in Gold (40 %) und BRICS+-Währungen (60 %) verankert ist. Sie ist weder Kryptowährung noch Stablecoin – wie hier gezeigt wird.
Die Schönheit der Fraktalmethode
Die globale Mehrheit wird den Hauptzweck der Einheit sofort begreifen: die Harmonisierung der Handels- und Finanzströme, indem sie von politischem Druck oder „Regeln“, die nach Belieben verdreht werden können, ferngehalten werden. Die unvermeidliche Folge ist finanzielle Souveränität. Was bei dem ganzen Prozess zählt, ist eine unabhängige, auf Wirtschaftswachstum ausgerichtete Geldpolitik. Das ist der entscheidende Anreiz für die globale Mehrheit: ein vollständiges Ökosystem, das eine unabhängige, komplementäre monetäre Infrastruktur bietet. Und das kann sicherlich auf willige Unit-Partner im kollektiven Westen ausgedehnt werden.
Nun zur praktischen Ebene: Wie Subbotin erklärt, kann das Unit-Ökosystem leicht skaliert werden, da es auf einer fraktalen Architektur beruht, die durch einfache Regeln unterstützt wird. Neue Unit-Knoten können sowohl von staatlichen als auch von privaten Akteuren eingerichtet werden, wobei ein detailliertes Regelwerk befolgt wird, das von der UN-geprüften IRIAS verwaltet wird. Die Organisatoren der Unit verwenden ein verteiltes Hauptbuch (Distributed Ledger): eine Technologie, die Transparenz gewährleistet und Kapitalkontrollen oder Wechselkursmanipulationen ausschließt. Dies bedeutet, dass die Verbindung zu allen offenen DEX- und digitalen Plattformen, die sowohl von Geschäfts- als auch von Zentralbanken auf der ganzen Welt betrieben werden, möglich ist. Das Endspiel besteht darin, dass im Grunde jeder die Unit für Buchhaltung, Preisbildung, Abrechnung, Zahlung, Sparen und Investitionen nutzen kann.
Kein Wunder, dass die institutionellen Möglichkeiten recht verlockend sind – so kann die Unit für die Buchhaltung und Abrechnung der BRICS+, für die Zahlung und Preisbildung der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) oder als Reservewährung für die afrikanischen Länder südlich der Sahara verwendet werden. Und jetzt kommt der Clou: Die Unit wurde bereits vom BRICS-Wirtschaftsrat unterstützt und steht auf der Tagesordnung des entscheidenden Ministertreffens in Russland im nächsten Monat, bei dem der Fahrplan für das Gipfeltreffen im Oktober in Kasan ausgearbeitet werden soll. Das bedeutet, dass die Unit alles hat, was nötig ist, um als ernsthaftes Thema bei BRICS+ auf den Tisch zu kommen und schließlich schon 2025 verabschiedet zu werden.
Werden Musk und die NDB mit an Bord sein?
Für die Konzeptentwickler der Unit, die ich über ein Jahr lang bei mehreren ausführlichen Gesprächen in Moskau begleitet habe, steht die Information der Öffentlichkeit über das neue System im Vordergrund. Das Unit-Team ist überhaupt nicht daran interessiert, sich direkt in politisches Fahrwasser zu begeben oder mit ideologisch aufgeladenen Argumenten in die Enge getrieben zu werden. Direkte Verweise auf inspirierende, aber manchmal umstrittene Konzepte oder Autoren wie Zoltan Pozsar könnten das Unit-Konzept in eine Schublade stecken und damit seine potenzielle Wirkung einschränken. Was vor uns liegt, könnte außerordentlich spannend sein, da die Anziehungskraft der Unit von Elon Musk bis zur Neuen Entwicklungsbank (New Development Bank – NDB) der BRICS reichen und hoffentlich eine Reihe von wichtigen Akteuren ansprechen könnte. Nach einer positiven Bewertung durch Finanzminister Anton Siluanow – der auch in der neuen russischen Regierung im Amt bleibt – ist es nicht weit hergeholt, sich vorzustellen, dass Putin und Xi diese Woche in Peking von Angesicht zu Angesicht darüber diskutieren.
Die wichtigste Erkenntnis ist, dass die Unit als eine machbare, technische Lösung für das theoretisch Unlösbare angesehen werden sollte: ein weltweit anerkanntes Zahlungs- und Handelssystem, das gegen politischen Druck immun ist. Es ist das einzige Spiel in der Stadt – es gibt keine anderen. In der Zwischenzeit sind die Planer der Unit offen für konstruktive Kritik und jede Art von Zusammenarbeit. Doch früher oder später werden die Schlachtreihen aufgereiht sein – und dann wird es darum gehen, das Spiel ernsthaft zu verbessern.
„Akademisch fundiert, technologisch innovativ“
Vasily Zhabykin, Mitverfasser des Unit-Whitepapers und Gründer von CFA.Center, dem technologischen Partner von Unit im Skolkovo Innovation Hub in Moskau, betont: Die Unit „steht für unpolitisches Geld und kann das Bindeglied zwischen dem globalen Süden und dem Westen sein“. Er weist darauf hin, dass „die Unit im Gegensatz zu den meisten anderen Konzepten mit ‚Dollarkillern‘ usw. alle Räder am Laufen halten kann. Wir wollen niemandem schaden. Unser Ziel ist es, die Effizienz der derzeit gestörten Kapital- und Geldströme zu verbessern. Die Unit ist vielmehr das 'Heilmittel für das zentralisierte Krebsgeschwür'“. Subbotin und das Unit-Team „sind sehr daran interessiert, neue Partner kennenzulernen, die unseren Ansatz teilen und bereit sind, einen zusätzlichen Nutzen in unser Projekt einzubringen“. Wenn das der Fall ist, sollten sie „uns 3 Aufzählungspunkte schicken, wie sie die Unit unterstützen und verbessern können“. Ein mutiger Folgeschritt sollte beispielsweise eine virtuelle Konferenz über die Unit sein, an der unter anderem der führende russische Wirtschaftswissenschaftler Sergey Glazyev, Yannis Varoufakis, Jeffrey Sachs und Michael Hudson teilnehmen.
„Ich verfolge die Entwicklung von Unit seit mehr als einem Jahr und kann bestätigen, dass Unit eine sehr zeitgemäße, praktikable Lösung bietet. Sie ist wissenschaftlich fundiert, technologisch innovativ und gleichzeitig komplementär zur bestehenden Bankeninfrastruktur.
Der Start unter der Schirmherrschaft einer UN-Institution verleiht Unit eine Legitimität, die dem derzeitigen Bretton-Woods-Rahmen eindeutig fehlt. Die jüngsten Maßnahmen der US-Regierung und das lautstarke Schweigen des IWF zeigen deutlich, dass ein Wandel notwendig ist.
Ein dezentraler Ansatz für die Emission einer potenziellen globalen Handelswährung, deren innerer Wert in physischem Gold und BRICS+-Währungen verankert ist, macht Unit zum vielversprechendsten von mehreren in Betracht gezogenen Ansätzen. Sie gleicht die politischen Prioritäten aller Teilnehmer aus und hilft gleichzeitig jeder souveränen Wirtschaft, sich auf ihrem optimalen Weg zu entwickeln.
Die Neue Entwicklungsbank (NDB) und BRICS+ werden das Konzept der Einheit übernehmen und dazu beitragen, dass sie zur Spitze der neu entstehenden globalen Finanzinfrastruktur wird, die frei von bösartigen politischen Einmischungen ist und sich stattdessen auf fairen Handel und nachhaltiges Wirtschaftswachstum konzentriert.“
Ein klares, praktisches Beispiel für eine mögliche Problemlösung durch die Unit sind die Handelsbeziehungen zwischen Russland und dem Iran. Dies sind zwei der wichtigsten BRICS-Mitglieder. Der russische Handel mit dem Iran ist aufgrund von Sanktionen unrentabel – und beide können keine Zahlungen in US-Dollar oder Euro leisten. Russische Unternehmen erleiden nach der Umstellung auf Zahlungen in Landeswährung erhebliche Verluste. Bei jeder Überweisung verlieren russische Unternehmen im Durchschnitt bis zu 25 % aufgrund der Diskrepanz zwischen dem Marktkurs im Iran und dem staatlichen Kurs. Und hier ist der entscheidende Punkt: Sowohl BRICS+ als auch die globale Mehrheit können nur durch die Entwicklung engerer geoökonomischer Beziehungen gestärkt werden. Der Wegfall des westlichen Spekulationskapitals wird den lokalen Rohstoffhandel befreien und die Bündelung von investierbarem Kapital für eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen. Der Schlüssel zur Freisetzung dieses enormen Potenzials könnte die Unit sein.
***** BRICS nations tackle dollar weaponization and financial system flaws Bruno Martarello De Conti* of the University of Campinas highlights the importance of BRICS amid the dysfunctionality of the current international monetary and financial system, particularly the dominance of the US dollar and its use as a geopolitical weapon. “It's really necessary for the BRICS to construct alternatives for the use of the dollar So it can be done through the usage of local currencies for bilateral trade as Russia is doing with China for instance. But also this idea of developing a BRICS currency is a good idea,” De Conti told Sputnik on the sidelines of the World Youth Festival in Russia’s Sirius....
Bruno Martarello De Conti* von der Universität Campinas unterstreicht die Bedeutung der BRICS-Staaten angesichts der Dysfunktionalität des derzeitigen internationalen Währungs- und Finanzsystems, insbesondere der Dominanz des US-Dollars und seiner Verwendung als geopolitische Waffe. "Es ist wirklich notwendig, dass die BRICS Alternativen zur Verwendung des Dollars aufbauen. Das kann durch die Verwendung lokaler Währungen für den bilateralen Handel geschehen, wie es beispielsweise Russland mit China tut. Aber auch die Idee, eine BRICS-Währung zu entwickeln, ist eine gute Idee", sagte De Conti gegenüber Sputnik am Rande des Weltjugendfestivals im russischen Sirius....
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*Prof. Dr. Bruno Martarello De Conti Im Wintersemester 2017/18 übernahm Prof. Dr. Bruno de Conti, Wirtschaftswissenschaftler an der Universidade Estadual de Campinas (UNICAMP), die Sérgio Buarque de Holanda Gastprofessur am Forschungszentrum Brasilien des ZI Lateinamerika-Institut. *****
Xi Jinping bei Victor Orbán in Budapest am 9. Mai 2024
Von Pierre Lévy: Salz in die Wunden der EU: Xi Jinping lobt Ungarn für seinen Willen zur "Unabhängigkeit" Der ungarische Präsident habe ein so gutes Verhältnis zur russischen und chinesischen Führung, dass manche EU-Politiker in seiner Gegenwart nicht mehr offen reden würden. Mittlerweile habe man Angst, Victor Orbán könnte dem "Feind" Informationen weitergeben.
Ungarn ist seit langem den Bürokraten in Brüssel ein Dorn im Auge. Die Europäische Kommission, das Europarlament, aber auch die meisten Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten beschuldigen den ungarischen Premierminister Viktor Orbán, die "Rechtsstaatlichkeit" in seinem Land zu untergraben, die Unabhängigkeit der Justiz zu unterminieren, eine Korruption zugunsten seiner politischen Freunde zu dulden und die Kontrolle über die großen Medien zementieren zu wollen. In diesem Zusammenhang ist Ungarn Angeklagter in verschiedenen Sanktionsverfahren. Dem Land ist der Zugang zu europäischen Finanzmitteln teilweise blockiert worden.
Was die anderen EU-Granden aber am meisten verletzt, ist die Aufrechterhaltung guter wirtschaftlicher und politischer Kontakte sowohl zu Russland als auch zu China. Im Oktober 2023 reiste Herr Orbán als einziger der 27 Staats- und Regierungschefs nach Peking. Denn dort wurde der dritte Jahrestag der "Neuen Seidenstraßen"-Initiative gefeiert, der großen Initiative der Volksrepublik zur Ankurbelung eines internationalen Handels, der nicht vom Westen dominiert wird. Dieser Initiative schloss sich Ungarn 2015 als erstes EU-Land an und ist bis heute deren einziger Partner in der EU, nachdem sich Italien kürzlich unter der EU-freundlicheren Regierung von Giorgia Meloni wieder aus der Initiative zurückgezogen hat. Viktor Orbán hatte seinen Eindruck sogar noch verschlimmert, als er vor Ort demonstrativ ein bilaterales Treffen mit Wladimir Putin veranstaltete. In Peking hatte er sich für den chinesischen Friedensplan zur Aushandlung eines Friedens in der Ukraine ausgesprochen, und das zu einem Zeitpunkt, als die EU gerade beschloss, ihre Waffenlieferungen an Kiew zu beschleunigen.
Zwar hat man in Budapest bisher alle dreizehn antirussischen Sanktionspakete, gegen die man hätte ein Veto einlegen können, durchgehen lassen und ebenso schließlich die finanzielle Unterstützung der EU für die Ukraine akzeptiert. Orbáns Beziehungen zu Moskau und Peking stoßen jedoch daher auf zunehmende Feindseligkeit bei vielen seiner europäischen Kollegen. Sie wagen es nicht mehr, in seiner Gegenwart zu sprechen – aus Angst, Informationen an den "Feind" durchsickern zu lassen. Der rechtskonservative Viktor Orbán, der bei den Wahlen im April 2022 triumphal wiedergewählt wurde, kann davon ausgehen, dass er freie Hand hat, zumal er einen Teil seiner Kampagne mit dem Thema Frieden geführt hatte, während seine Gegner sich an der offiziellen Kriegstreiberei der EU orientierten.
Mit seinem Empfang für das chinesische Staatsoberhaupt Xi Jinping am 9. Mai hat er seine EU-Kollegen erneut in Rage gebracht. Der chinesische Präsident hatte seine Europa-Tour in Frankreich begonnen. Dabei meinte Emmanuel Macron (in Anwesenheit von Ursula von der Leyen, die er eingeladen hatte, um "die Einheit der Europäer" zu demonstrieren), Xi wegen der aktuellen Industrie- und Handelspolitik des früheren "Reichs der Mitte" tadeln zu dürfen. Obendrein hegte Macron aber auch noch die völlig irrige Hoffnung, Xi Jinping die westlichen Thesen gegenüber Russland nahebringen zu können.
Die zweite Station des chinesischen Staatsoberhaupts war Belgrad vorbehalten, die Beziehungen zu Serbien wurden im letzten Jahrzehnt spürbar gefestigt. Der Austausch mit der serbischen Führung war herzlich, was die Herrschaften in Brüssel bereits verärgerte, weil nach deren Ansichten Serbien als EU-Kandidat seine Außenpolitik an die des EU-Blocks anpassen müsste. Noch ernster liegt der Fall bei Ungarn, das seit 20 Jahren Mitglied der EU ist und wo der chinesische Präsident seine dritte und letzte Station in Europa machte. Im Übrigen ist noch zu erwähnen, dass die USA, die sich überall auf dem Alten Kontinent wie zu Hause fühlen, nicht zögerten, sofort die Errichtung einer "antiwestlichen Achse" zwischen Peking, Budapest und Belgrad anzuprangern, von der lediglich Russland profitieren könne.
Bei der Begrüßung seines chinesischen Gastgebers erinnerte Viktor Orbán an die alte Freundschaft zwischen den beiden Ländern, die "auf Prinzipien gegründet ist ", und nannte als solche explizit den "gegenseitigen Respekt" und die Anerkennung des Ein-China-Prinzips. Xi Jinping seinerseits begrüßte die Tatsache, dass "die chinesisch-ungarischen Beziehungen in ihrer 75-jährigen Geschichte ihren Höhepunkt erreicht haben" und sprach sich dafür aus, "unsere strategische Partnerschaft auf neue Höhen zu bringen".
Xi betonte die Bedeutung der gegenwärtigen, aber auch der künftigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern. Peking finanziert beispielsweise den Bau der Eisenbahnverbindung zwischen Budapest und Belgrad und ist vor allem der größte ausländische Investor in Ungarn, im letzten Jahr mit einer Summe von etwa 15 Milliarden Euro. Ein bedeutendes Beispiel ist der Mischkonzern BYD, Weltmeister im Bereich der Elektroautos und deren Batterien, der derzeit eine riesige Fabrik im Süden Ungarns errichtet. Der Vorteil für die chinesische Firma: Die Fahrzeuge können zollfrei auf dem europäischen Binnenmarkt verkauft werden. Die ungarische Regierung ihrerseits kompensiert auf diese Weise teilweise die in Brüssel eingefrorenen EU-Finanzierungen für das Land.
Insgesamt wurden in Budapest achtzehn neue Verträge angekündigt. Neben der Industrie und dem Transportwesen ist auch der Energiesektor ein Schwerpunktbereich. Der Bau einer Ölpipeline zwischen Ungarn und Serbien wurde ebenfalls vereinbart. Ungarn ist eines der wenigen Länder, die noch russisches Öl importieren. Auch die Zusammenarbeit im Atomenergiebereich soll in den Vordergrund gerückt werden. Auf kultureller Ebene schließlich wird Budapest bald einen chinesischen Campus beherbergen, ein einzigartiges Beispiel in der EU, was die akademischen Beziehungen festigen dürfte.
Der Besuch des chinesischen Präsidenten erscheint daher als klarer diplomatischer Erfolg für Ungarn, das den Ehrgeiz hat, eine "Brücke" zwischen Ost und West zu sein, und anderseits als eine Ohrfeige für Brüssel, von wo unablässig eine einheitliche Außenpolitik gegenüber den großen "Feinden" oder zumindest Rivalen gefordert wird. Die EU-Granden sind wütend auf Peking, dem es auf diese Weise gelungen ist, einen Keil in die EU zu treiben.
Doch das Schlimmste steht ihnen vielleicht noch bevor: Ungarn, das für eine Deeskalation gegenüber Moskau und für engere Beziehungen zu Peking eintritt – also für das Gegenteil der derzeitigen EU-Politik – wird in der zweiten Hälfte dieses Jahres den turnusmäßigen Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernehmen. Und Xi Jinping lobte Ungarn für dessen Willen zur "Unabhängigkeit" – was für eine feinsinnige Art, unauffällig Salz in die offenen Wunden zu streuen.
USA verhängen drastische Zölle auf chinesische Waren Die Maßnahmen betreffen Importe im Wert von 18 Milliarden US-Dollar, darunter Stahl und Aluminium, Halbleiter, wichtige Mineralien und Solarzellen. Das Weiße Haus behauptet, die neuen Maßnahmen seien zum "Schutz amerikanischer Arbeitnehmer und Unternehmen" gedacht. Die USA haben am Dienstag drastische Zölle auf chinesische Produkte eingeführt, die Zölle auf Elektrofahrzeuge auf über 100 Prozent vervierfacht und neue Zölle auf Computerchips, Solarzellen und Lithium-Ionen-Batterien verhängt. Das Weiße Haus erklärte, die neuen Maßnahmen dienten dem "Schutz der amerikanischen Arbeitnehmer und Unternehmen". Die Zölle betreffen chinesische Importgüter im Wert von 18 Milliarden US-Dollar, darunter Stahl und Aluminium, Halbleiter, Batterien, wichtige Mineralien, Solarzellen und Kräne. Laut US-Präsident Biden sind die Maßnahmen eine Reaktion auf jahrelange "unfaire Handelspraktiken" Chinas, darunter erzwungene Technologietransfers, Verletzungen des geistigen Eigentums und Cyberhacking US-amerikanischer Unternehmen."China wendet dasselbe Schema an wie in der Vergangenheit, um sein eigenes Wachstum auf Kosten anderer anzukurbeln, indem es trotz überschüssiger chinesischer Kapazitäten weiter investiert und die Weltmärkte mit Exporten überschwemmt, die aufgrund unlauterer Praktiken zu niedrig angesetzt sind", so die nationale Wirtschaftsberaterin des Weißen Hauses, Lael Brainard, vor Journalisten. Die überarbeiteten Zölle sind nach Ansicht der US-Handelsbeauftragten Katherine Tai gerechtfertigt. Sie hat China beschuldigt, geistiges Eigentum der USA zu stehlen, und behauptet, dass Peking in einigen Fällen mit Cyberangriffen auf US-amerikanische Technologie "aggressiver" geworden sei. Sie sagte, dass frühere "Section 301"-Zölle wirksam gewesen seien, indem sie die US-Einfuhren chinesischer Waren reduziert hätten, während die Einfuhren aus anderen Ländern gestiegen seien. Nach Angaben des US-Zensus-Büros importierte das Land im Jahr 2023 Waren im Wert von 427 Milliarden US-Dollar aus China und exportierte 148 Milliarden US-Dollar.
US-Beamte haben China wiederholt als größter "Konkurrent" der USA bezeichnet und gleichzeitig die wirtschaftlichen Beschränkungen gegen das Land verschärft. Die Zölle auf chinesische Waren wurden unter dem früheren US-Präsidenten Donald Trump erheblich angehoben, der den ersten Schlag in einem Handelskrieg, der 2018 begann, führte. Eine ähnlich feindselige Haltung wurde auch unter seinem Nachfolger Joe Biden fortgesetzt, der mehrere Maßnahmen gegen die chinesische Wirtschaft ergriffen hat. Peking hat gewarnt, dass solche Maßnahmen gegen die Grundsätze des fairen Wettbewerbs verstoßen und die Stabilität des Welthandels beeinträchtigen. Die zunehmenden Handelsspannungen zwischen den USA und China bedrohen das globale Wirtschaftswachstum insgesamt, warnte der Internationale Währungsfonds letzte Woche.
Bundeskanzler Olaf Scholz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Eröffnung der Hannover Messe. Sowohl die EU als auch Deutschland verlieren global an Bedeutung.
EU und Deutschland geben im globalen Handel massiv Anteile an China ab Eine Studie des IW zeigt, dass Deutschland und die EU Anteile am globalen Handel verlieren. Im Globalen Süden büßen beide massiv ein. Gewinner sind China und Russland. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie liegen nicht allein in einer angeblichen chinesischen Subventionspraxis, wie die EU meint. Gestern drohte Ursula von der Leyen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping mit Strafmaßnahmen der EU. Grund ist die wirtschaftliche Schwäche der EU, für die von der Leyen China verantwortlich macht. Von der Leyen behauptet, China überschwemme den europäischen Markt mit Elektroautos und Stahl. Diese Waren könnten durch staatliche Subventionen günstiger angeboten werden als die der Produzenten in der EU. Von der Leyen sieht darin eine Wettbewerbsverzerrung und drohte Xi, entsprechende chinesische Waren mit Strafzöllen zu belegen.
Doch nicht nur auf dem EU-Markt behaupten sich chinesische Produkte besser als die ihrer europäischen Konkurrenten. Die EU fällt im Handel mit den Ländern des Globalen Südens gegenüber China und Russland immer weiter zurück, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, IW. Bezüglich des Handels mit den sogenannten Transactional 25, T25, hat China die USA inzwischen überholt, die EU, einst auf Platz eins, befindet sich in einem seit Jahren anhaltenden Abwärtstrend. Inzwischen liegt sie nur noch auf Platz drei. Auch Deutschland ist im Abwärtstaumel. Russland ist dabei, Deutschland im Handel mit den T25 zu überholen. Bei den T25 handelt es sich um eine Gruppe von Staaten des Globalen Südens, die nicht eindeutig einem Lager zugeordnet werden können. Sie entscheiden sich je nach Interessenlage für Kooperation mit China und Russland oder mit den Ländern des kollektiven Westens.
Die Studie zeigt deutlich, dass China auch bei diesen Wechselstaaten deutlich an Attraktivität gewonnen, die EU und Deutschland dagegen massiv verloren haben. Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Die Verschiebung der Handelsströme und der damit verbundene Einflussverlust sind nicht allein auf angeblich wettbewerbsverzerrende Subventionen des chinesischen Staates zurückzuführen, führt die Studie aus. Das IW attestiert der Bundesregierung mangelnden politischen Willen, am Einflussverlust etwas zu ändern. Das ist hinsichtlich der EU kaum anders. Die von der EU großspurig angekündigte Alternative zum chinesischen Infrastrukturprojekt One Belt one Road, Global Gateway, gilt mit einem Umfang von 300 Milliarden Euro als wenig ambitioniert. Von diesen 300 Milliarden Euro soll zudem die Hälfte von privaten Investoren eingebracht werden. Freihandelsabkommen knüpft die EU zudem an für die Partnerländer nur schwer zu akzeptierende Bedingungen an. So verbindet das Mercosur-Abkommen Freihandel mit einseitigen Umweltauflagen. Deutsche Politik agiert nicht anders und versucht, wie die EU mittels wirtschaftlicher Kooperationen sich die Möglichkeit politischer Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Partnerstaaten vertraglich zusichern zu lassen. Das ist unattraktiv. Deutsche Außenpolitik bindet Kooperationen beispielsweise regelmäßig an das Bekenntnis der Partnerländer zu einem deutschen Wertekanon, der allerdings nur regionale Bedeutung hat. Zur Illustration, was gemeint ist, sei hier beispielhaft der Auftritt der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und der deutschen Elf bei der Fußballweltmeisterschaft 2022 mit einer sogenannten "One-Love-Armbinde" verwiesen. Mit ihr sollte auf die Diskriminierung von LGBT-Personen aufmerksam gemacht werden. Die Aktion wurde vielfach kritisiert. Sie wirkte deplatziert, bevormundend und hatte klar erkennbare neokoloniale Züge. Sie hatte zur Folge, dass die deutsche Mannschaft nach ihrem frühen Ausscheiden weltweit verhöhnt wurde.
China und auch Russland verknüpfen ihre Kooperationen dagegen nicht mit der Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Das macht sie deutlich attraktiver. Zudem gelang es China, aber auch Russland beispielsweise während der Corona-Krise durch kostenlose Abgabe von Schutzkleidung und Impfstoff Sympathien zu gewinnen. Die auch von der EU unterstützte Covax-Initiative gilt als Flop. Statt Solidarität zu zeigen, haben die reicheren Länder, darunter auch die EU, den Markt leergekauft. Aktuell kommt ein massiver Ansehensverlust hinzu, vor allem Deutschlands, aber auch der EU aufgrund der Unterstützung Israels im Gaza-Konflikt. Damit dürfte sich der Trend nicht nur verstetigen, sondern noch beschleunigen. Das geopolitische Gewicht Deutschlands nimmt ab, ist das ernüchternde Ergebnis der Studie. Eine Trendwende ist weder in Deutschland noch auf EU-Ebene in Sicht, da eine Reflexion der zu Einflussverlust führenden Politik nicht auf der Tagesordnung steht. Sowohl Deutschland als auch die EU bestehen darauf, weltweit Vorgaben machen zu können. Dieser Anspruch korrespondiert jedoch immer weniger mit ihrer tatsächlichen geopolitischen und wirtschaftlichen Bedeutung.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen.
Sogenannte "friedliche Demonstranten" beim Versuch, sich Zutritt zum Parlament in der georgischen Hauptstadt Tiflis zu verschaffen
das demokratie-verstäntnis des westens hier ein paradebeispiel für die agressive einflussnahme des westens. das gute daran: sie entlarven sich selber.
EU fordert von Georgien Rücknahme von Transparenz-Gese Offene Drohung der EU gegen Georgien. Das gestern verabschiedete Transparenz-Gesetz müsse zurückgenommen werden. Es wirke sich negativ auf den Weg Georgiens in die EU aus, erklärt EU-Au0enbeauftragter Josep Borrell. Die USA drohen mit Sanktionen. Die Proteste gehen auch heute weiter. Die EU droht Georgien mit negativen Auswirkungen auf die EU-Beitrittsverhandlungen, sollte Georgien das gestern verabschiedete Transparenz-Gesetz nicht zurückziehen. Das Gesetz sieht vor, dass Medien und Personen des öffentlichen Lebens, die zu mehr als 20 Prozent vom Ausland bezahlt werden, dies offenlegen müssen. Das Gesetz müsse zurückgezogen werden, fordert nun die EU. "Wir fordern die georgischen Behörden nachdrücklich auf, das Gesetz zurückzuziehen, ihr Bekenntnis zum EU-Beitritt aufrechtzuerhalten und die in den neun Schritten beschriebenen notwendigen Reformen voranzutreiben", erklärten der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell und EU-Kommissar Oliver Varhelyi. Zuvor haben bereits die USA mit Sanktionen gegen das Land im Südkaukasus gedroht, sollte das Gesetz nicht zurückgenommen werden. Das Gesetzgebungsverfahren wurde von umfassenden Protesten begleitet. Auch nach der Verabschiedung kommt das Land nicht zur Ruhe. Zur Stunde versammeln sich erneut Demonstranten, teilen russische Medien mit. Die Proteste werden vom Ausland unterstützt. Gestern zeigte sich der SPD-Abgeordnete Michael Roth bei den Protesten. Er war mit einer Delegation von Abgeordneten aus mehreren europäischen Ländern in die georgische Hauptstadt Tiflis gereist, um an den Protesten teilzunehmen. Sie seien Ausdruck des Wunsches der Georgier nach Freiheit und Demokratie, behauptet Roth. Die vom Westen unterstützten Protesten gegen die gewählte Regierung und das von ihr in einem regulären Gesetzgebungsprozess verabschidete Gesetz werden von Gewalt begleitet. Dabei kam es zu Versuchen, das Parlamentsgebäude zu stürmen. Sowohl in den USA als auch in der EU gibt es ähnliche Gesetze. Erst am 7. Mai trat das Medienfreiheitsgesetz in der EU in Kraft, das nicht nur die Registrierung von aus dem Ausland finanzierte Medien erzwingt, sondern auch repressive Maßnahmen gegen sie erlaubt. Trotzdem wird das Gesetz von westlicher Politik und westlichen Medien als "russisch" geframed. In Russland gibt es ebenfalls eine Kennzeichnungspflicht für vom Ausland bezahlte Medien und Medienschaffende, die allerdings ebenfalls wie das georgische Gesetz der Transparenz dient und nicht automatisch mit weiteren Auflagen oder Zensur verbunden ist.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen.
Von Dagmar Henn:Deutschland bräuchte auch so ein Gesetz wie Georgien Getroffene Hunde bellen, heißt es, und das passt mit Sicherheit auf die Unmutsbekundungen der EU wie auch der Bundesregierung über das nun verabschiedete Gesetz in Georgien. Es erschwert die Arbeit. Aber eigentlich wäre so etwas auch für Deutschland eine gute Idee. Jetzt muss man als Deutsche sogar auf Georgien neidisch sein. Das ist wirklich gemein. Warum? Weil eigentlich genau eine derartige Pflicht, ausländische Finanzierung kenntlich zu machen, zumindest etwas Klarheit in diesen Astroturfing-Saustall bringen würde, den die deutsche politische Szenerie derzeit darstellt. Und es wäre schlicht eine Freude, wenn beispielsweise der freundliche Austausch von Kurznachrichten zwischen dem Handy einer Ursula von der Leyen und einem Vertreter des US-Konzerns Pfizer irgendwo gemeldet werden müsste, als Kontakt mit einem Lobbyisten aus einem Drittstaat. Oder wenn, beispielsweise, Medienkonzerne wie Facebook der Regel unterlägen, alle Handlungen zu unterlassen, die ihr Angebot im Interesse der US-Politik filtern. Ach, ein schöner Traum. Die EU bastelt gerade an einer Richtlinie, bei der es um den Umgang mit "Interessenvertretung von Drittstaaten" geht. Ein Dokument, das alle abstoßenden Eigenschaften von EU-Dokumenten in sich vereint. Schwer lesbar, arrogant, und himmelweit von einer Sicht entfernt, die irgendwie mit Demokratie zu tun hat. Denn problematisch ist es nur, wenn es um russische Interessen geht; an sich betrachtet man diese Interessenvertretung von Drittstaaten als legale Dienstleistung, die möglichst wenig eingeschränkt werden sollte. Und es wird selbstverständlich nur beabsichtigt, offen sichtbare politische Werbung irgendwie zu kennzeichnen. Das ist aber nur ein winziger Bruchteil und geradezu der ungefährlichste Anteil, weil direkte politische Aussagen meist noch einfach zuzuordnen sind.
Aber wie ist es beispielsweise mit Organisationen wie der Deutschen Umwelthilfe, die auf ganz andere Weise, nämlich durch Klagen vor deutschen Gerichten, besagte Interessen von Drittstaaten vertritt, und dabei so tut, als sei sie eine ganz harmlose Umweltschutzorganisation? Wie steht es mit der Finanzierung von Strukturen wie Fridays for Future? Sicher, es ist mittlerweile nicht ausgeschlossen, dass da auch die deutsche Oligarchie beteiligt ist, schließlich ist der Reemtsma-Clan prominent genug vertreten. Aber es wäre dennoch schön, wenn da zumindest ein Etikett zu sehen wäre, das ein wenig weiter hilft. Oder das Zentrum Liberale Moderne, diese olivgrüne Giftspritze rund um Marie-Luise Beck und Ralf Fücks: Alliance for Open Society International, Contestations of the Liberal Scripts, National Philantropic Trust und (der darf, weil sowieso westlicher Agent) The Khodorkovsky Foundation finden sich unter den Kooperationspartnern und Zuwendungsgebern; dazu kommen dann noch ein paar deutsche Oligarchenstiftungen (der Verband der Chemischen Industrie dürfte das mittlerweile bitter bereuen, seit die Energiepreise zum Abbruch der Zelte in Deutschland zwingen) und ganz viele Quellen für Regierungsmittel. Es wäre interessant zu wissen, ob dieser Laden nun als US-Agent gesehen werden muss, finanziell. Politisch ist das keine Frage, wenn man genauer betrachtet, wofür sich diese Truppe einsetzt und wann. Schließlich waren Fücks und Beck die fanatischsten Ukro-Fanboys selbst unter den in dieser Hinsicht schon reichlich geschädigten Grünen.
Was die EU-Kommission antreibt, einen Richtlinienentwurf vorzulegen, ist eher die Befürchtung, Mitgliedsländer könnten selbst Vorschriften erlassen (was im Falle Ungarns bereits geschehen ist), und die Hoffnung, man könne das in Zukunft mit Verweis auf eine entsprechende EU-weite Regelung abschmettern. Das zeigt sich an folgender Bemerkung zu solchen Vorschriften: "Die Hindernisse für die Erbringung solcher Dienstleistungen in mehr als einem Mitgliedsstaat, die innerhalb des Binnenmarkts durch die unterschiedlichen Vorschriften für Interessensvertretungstätigkeiten im Auftrag von Drittländern entstehen, dürften daher zunehmen." Wenn dann politisch argumentiert wird, klingt auch das seltsam. "Verdeckte Interessenvertretungstätigkeiten im Auftrag von Drittländern können sich auf die Erarbeitung, Formulierung oder Umsetzung der Innen- und Außenpolitik der Union sowie auf ihre Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen auswirken. Dies wiederum wirkt sich auf die Demokratie im Allgemeinen aus, die einen gemeinsamen Wert der Union darstellt, dessen Sicherung für die Union und ihre Mitgliedstaaten von grundlegender Bedeutung ist."
Wie soll man das sagen – dieses Kind liegt bereits im Brunnen. Und auch die EU-Bürokratie selbst, deren Spitze die Kommission bildet, ist nicht wirklich daran interessiert, die nationalen Interessen der EU-Länder zu fördern. Im Gegenteil, am liebsten wäre es ihr, würden derartige Interessen gar nicht mehr gedacht werden, ein Zustand, der mittlerweile beinahe erreicht ist. Natürlich ist dieses Dokument gespickt mit Wörtern wie "Transparenz", die üblichen Werbefloskeln, hinter denen sich eine Praxis verbirgt, die zutiefst korrupt ist, wie die Geschichte um von der Leyen und ihre SMS belegt. Aber letztlich ist nicht zu übersehen, dass die Dienstleistungsfreiheit weit über der Demokratie steht, und noch wesentlich weiter über dem Interesse der Bevölkerungen der EU-Mitgliedsstaaten, dass auch ihre Interessen irgendwie zum Zug kommen. Die werden mit den berühmten Werten vertröstet wie ihre Vorfahren einst mit einem besseren Leben im Jenseits. Ja, sogar der Schutz von Geschäftsgeheimnissen steht über dem Schutz der demokratischen Prozesse. Was gleich sicherstellt, dass die Algorithmen, die dafür sorgen, dass bei Google und Facebook US-Freundliches vor US-Feindliches sortiert wird, nie und nimmer infrage gestellt werden. Nicht einmal, weil es sich dabei um eine Manipulation der politischen Wahrnehmung und damit selbstverständlich auch des Prozesses der politischen Meinungsbildung handelt (und zwar in diesem Falle tatsächlich verborgen, während bei uns bei RT die Zuordnung für jedermann offen erkennbar ist, was die ganzen Vorwürfe von "russischer Desinformation" eigentlich von vorneherein absurd macht). Nein, die beiden monströsen Maschinen zur Erzeugung einer proamerikanischen Weltsicht könnten sich auf das heilige Geschäftsgeheimnis berufen, das eine Offenlegung ihres Gebarens unmöglich macht.
Die ganze EU ist und bleibt ein Sumpf. Und die Frösche werden niemals zulassen, dass er trockengelegt wird. Stattdessen werden allen Staaten Vorhaltungen gemacht, die es wagen, den entsprechenden Einflussorganisationen der EU die Arbeit zu erschweren. Oder den deutschen Parteistiftungen, die mit zu diesem gigantischen Gewebe politischer Manipulation gehören, bis hin zur gezielten Züchtung genehmer politischer Eliten. Vor vielen Jahren gab es da einmal ein Bilderbuchbeispiel in Honduras, als die Stiftung der FDP nicht nur einen Putsch vorbereitete, sondern auch das dafür erforderliche Personal ausgebrütet hatte. Das macht es natürlich besonders mühsam, eine solche Fantasie Wirklichkeit werden zu lassen. Denn sollte man in Deutschland eine Erkennbarkeit (und um mehr geht es eigentlich erst einmal nicht) solcher auf Beeinflussung politischer Prozesse zielender Strukturen durchsetzen wollen, hieße das auf der anderen Seite, dass auch derartige Tätigkeiten von deutscher Seite zumindest überdacht werden müssten. Und da ist es mitnichten so, als hätte Deutschland saubere Hände – siehe Honduras. Mehr noch. Als in den USA in den 1970ern auffiel, dass es allmählich schwierig wurde, Geld an den Mann zu bringen, das unmittelbar von der CIA kam, wurde das deutsche Parteistiftungsmodell kopiert, in Gestalt des NED. Schlicht einen Schritt weiter weg von der Geldquelle und vermeintlich unabhängig, und schon ist das Ganze kein Problem mehr …
Deutschland ist also Opfer und Täter in einem, selbst rund um die Welt mit der Nase tief im Dreck, daheim aber mit weit offenen Scheunentüren für transatlantische "Freunde". Nichts davon ist wirklich das Ergebnis eines demokratischen Prozesses, da sich an allen entscheidenden Punkten der deutschen Nachkriegsgeschichte, wie beispielsweise zur Wiederbewaffnung, massive Eingriffe finden. Aber mittlerweile hat die Kunstrasenbegrünung eine Dichte erreicht, die den eigentlichen politischen Prozess völlig überwuchert. Diese mit Geld aufgeblasenen Meinungsbildner, die auch noch zusätzlich fremde Interessen vertreten, sind kreuz und quer verwoben mit Medien und Politik. Und trotz unablässiger Meinungserforschung ist eigentlich gar nicht mehr erkennbar, wo der demokratische Wille tatsächlich läge. Schon um dies herauszufinden, müsste man nicht nur die ganze Astroturfing-Szenerie mit Sponsorenlogos pflastern wie Rennfahreroveralls (von der Leyen mit einem Pfizer-Aufnäher auf dem Kostüm vor den Kameras, das hätte was), sondern zusätzlich noch mindestens einen Monat lang eine strenge Nulldiät im Fernseh- und Internetverzehr anordnen, damit sich überhaupt wieder eine Kultur politischen Gesprächs entwickeln kann.
Georgien hat vielleicht jetzt gerade noch die Kurve gekriegt und die völlige Verlotterung seiner politischen Landschaft verhindert. Wird man sehen. Aber wenn man das von Deutschland aus sieht, wird man schon neidisch und fragt sich, ob nicht eine Kennzeichnungspflicht dieser "Interessenvertretungen von Drittländern" wenigstens dafür hätte sorgen können, dass in einem Moment wie jenem, als die Sprengung von Nord Stream in Washington angekündigt wurde, zumindest ein Zucken des Widerwillens über das Gesicht des zuständigen Regierungsvertreters läuft.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
von Thierry Meyssan: Die Europäischen Parlamentswahlen: eine teure Maskerade
Voltaire Netzwerk | Paris (Frankreich) |Die Europawahlen haben nur den Zweck zu zeigen, dass die Europäische Union demokratisch ist, weil sie Wahlen organisiert. Natürlich hat dieses Parlament überhaupt nicht die Attribute nationaler Parlamente. In Wirklichkeit hat es fast keinen Nutzen... außer gewählt zu werden. Es wird während einer Amtszeit zwischen 15 Milliarde Euro kosten, ohne die Kosten der Wahl selbst.
Die Wahl des neuen Europäischen Parlaments findet je nach Mitgliedstaat vom 6. bis 9. Juni statt. Die Parlamentarier werden nur sehr begrenzte Befugnisse haben: Sie stimmen über die von der Kommission ausgearbeiteten Gesetze ab. Seit seiner Gründung ist es nur der Transmissionsriemen der NATO in den europäischen Institutionen. Die Kommission stützt sich sowohl auf den Rat der Staats- und Regierungschefs als auch auf die europäischen Arbeitgeber (BusinessEurope). Die Parlamentarier haben auch eine Resolutions-Befugnis, mit der sie ihre Meinung mit einfacher Mehrheit äußern, ohne dass jemand sie liest oder weiterverfolgt. Da die gegenwärtige Mehrheit atlantisch eingestellt ist, übernehmen all diese Meinungen das Wortgeklingel der NATO-Propaganda auf.
Diese Wahlen haben in den verschiedenen Mitgliedstaaten traditionsgemäß die Funktion eines Blitzableiters. Die Exekutive fürchtet sie daher und fördert eine Vermehrung alternativer Listen in den Gebieten ihrer Konkurrenten. In Frankreich, wo die Gesetzgebung zur Wahlkampffinanzierung sehr restriktiv ist, kommt das Geld, das die Vereinigten Staaten und der Élysée-Palast in diese Kampagnen stecken, hauptsächlich von ausländischen Staaten (in der Regel afrikanischen) und den Druckereien der Kandidaten. Diese Strategie hat zu einer beeindruckenden Vervielfachung der Listen geführt: bereits 21 in Frankreich und 35 in Deutschland!
Obwohl die Wahlen immer listenbasiert sind, hat jeder Mitgliedstaat sein eigenes Wahlsystem. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Sperrlisten wie in Deutschland und Frankreich. In einigen anderen übertragbaren Listen: Jede zu besetzende Position wird einzeln gewählt (was die Rolle der Parteien bei gleichzeitiger Beibehaltung der Proportionalwahl verringert), wie in Irland und Malta. In anderen Fällen können die Wähler die Reihenfolge der von ihnen gewählten Kandidaten ändern, z. B. in Schweden und Belgien. Oder, wie in Luxemburg, können sie Kandidaten aus verschiedenen Listen auswählen. Jede dieser Abstimmungsmethoden hat ihre Vor- und Nachteile, aber ergibt nicht dasselbe.
Die EU-Verträge hatten europäische Parteien vorgesehen, aber bis heute gibt es sie nicht; ein Zeichen dafür, dass es kein europäisches Volk gibt.
Nationale Parteien sind daher eingeladen, sich in europäischen Parteienbündnissen zusammenzuschließen, die ihren Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission nominieren können. Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs muss ihn fortan aus ihrer Mitte wählen. Diese indirekte Wahlmethode wurde 2014 eingeführt. In der Praxis wurde die größte Koalition im Voraus identifiziert. Jean-Claude Juncker und dann Ursula von der Leyen wurden daher ernannt, bevor ihre Koalition eine relative Mehrheit erhielt.
Sollte Mario Draghi sich an der Spitze der Kommission durchsetzen, müsste also die Koalition, die als Sieger hervorging, im letzten Moment ihre Haltung ändern. Sie hätte erneut Ursula von der Leyen nominiert, aber nachdem sie vom Draghi-Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen erfahren hatte, würde sie sich für ihn entscheiden. Diese Manipulation würde es ermöglichen, die Diskussionsthemen abrupt zu wechseln: Während der Wahlen ist von der Bilanz der von der Leyen-Regierung die Rede, dann plötzlich aber von der Föderalisierung der Europäischen Union zu Lasten der Mitgliedstaaten. Dies ist ein Thema, von dem die Wähler nichts verstehen. Sie denken vielleicht, dass "in der Zahl Stärke liegt", aber nicht, was das Verschwinden der einzelnen Mitgliedstaaten für sie bedeuten würde. Die Union ist schon in keiner Weise eine demokratische Organisation, und der europäische Staat wäre es noch weniger. Auch wenn Mario Draghi nicht kandidieren kann, lautet die zentrale und doch verborgene Frage: "Sollen die Bevölkerungen der Europäischen Union einen einzigen Staat bilden oder nicht, obwohl sie bis heute kein gemeinsames Volk bilden?" Mit anderen Worten, werden sie akzeptieren, dass ihnen Entscheidungen von einer Mehrheit von "Regionen" (wir sollten nicht mehr von Mitgliedstaaten sprechen) auferlegt werden, denen sie nicht angehören?
Dieses Problem war bereits 1939 von Reichskanzler Adolf Hitler explizit angesprochen worden. Er beabsichtigte, ein Großdeutschland zu bilden, das sich aus allen deutschsprachigen Völkern zusammensetzte, im Zentrum einer Konstellation kleiner europäischer Staaten, die jeweils um eine ethnische Gruppe herum gegründet gewesen wären. Nach dem Fall des Reiches 1946 forderte der britische Premierminister Winston Churchill die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa, an denen sein Land nicht teilnehmen sollte [1]. Für das "Imperium, über dem die Sonne nie untergeht" ging es darum, mit einem einzigen Gesprächspartner umgehen zu können, der nicht mit ihm hätte konkurrieren können. Auch dieses Projekt wurde nicht realisiert, diesmal zugunsten eines "gemeinsamen Marktes". Zu ihm kehren wir jetzt zurück.
In wirtschaftlicher Hinsicht bewegt sich die Union in Richtung einer Spezialisierung der Arbeit: Deutschland ist beispielsweise für Autos, Frankreich für Luxusgüter und Polen für landwirtschaftliche Produkte zuständig. Aber was werden die deutschen und französischen Bauern denken, die geopfert werden, oder die polnischen Autohersteller, die ebenfalls geopfert werden?
In der Außen- und Verteidigungspolitik befindet sich die Union bereits auf einer atlantischen Linie. Das heißt, sie verteidigt die gleichen Positionen wie Washington und London. Aber diese Linie würde allen aufgezwungen werden, auch den Ungarn, die sich weigern, antirussisch zu werden, oder den Spaniern, die sich weigern, die israelischen Völkermörder zu unterstützen. Gemäß den Verträgen ist die NATO für die Verteidigung der Union zuständig. US-Präsident Donald Trump forderte, dass diese Verteidigung die Vereinigten Staaten nichts kosten sollte und die Europäer daher ihre Militärbudgets auf 2% ihres BIP erhöhen müssten. Bisher haben dies nur acht der 27 Staaten getan. Wenn die EU nun zu einem einzigen Staat würde, wäre Washingtons Wunsch für alle eine Verpflichtung. Für einige Staaten, wie Italien, Spanien oder Luxemburg, würde dies eine plötzliche Belastung ihrer Sozialprogramme bedeuten. Es ist unwahrscheinlich, dass die betroffenen Bevölkerungsgruppen dies schätzen würden.
Hinzu kommt noch der besondere Fall Frankreichs, das einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die Atombombe besitzt. Es sollte diese Trümpfe in den Dienst des einheitlichen Staates stellen, auf die Gefahr hin, dass die Mehrheit des Europäischen Rates sie gegen die französische Meinung einsetzt. Auch hier werden die betroffenen Bevölkerungen, in diesem Fall die Franzosen, dies nicht akzeptieren.
Darüber hinaus wäre der „Europa-Staat“ (ohne Verbindung zum europäischen Kontinent, der ja viel größer ist) daher ein Imperium, obwohl ein Teil seines Territoriums (Nordzypern) seit 1974 von der Türkei besetzt ist, er dies aber toleriert.
Keines dieser Probleme ist neu. Ihretwegen haben einige Politiker, darunter General Charles De Gaulle, den "gemeinsamen Markt" akzeptiert und ein "föderales Europa" abgelehnt. Diese Probleme stehen jetzt wieder im Mittelpunkt der Sorgen der atlantischen europäischen Führer, aber nicht ihrer Völker. Deshalb werden sie alles tun, um diese Probleme bei den kommenden Wahlen zu verbergen. Das ist das zentrale Thema, aber es ist jenes, das nervt.
Zu diesen politischen Problemen kommt noch ein organisatorisches. Das Industriezeitalter ist dem der Informatik und der künstlichen Intelligenz gewichen. Die vertikalen Organisationen des frühen 20. Jahrhunderts, sei es in der Wirtschaft oder in der Politik, sind anderen, horizontalen, vernetzten Organisationen gewichen. Das vertikale Modell des Europa-Staates ist also überholt, bevor es selbst das Licht der Welt erblickt hat. Darüber hinaus haben alle, die diese riesige Verwaltungsmaschinerie kennen, bereits ihre Leere erkannt, die letztendlich nur dazu führt, das Wachstum, das sie stimulieren sollte, zu bremsen. Die EU liegt jetzt schon weit hinter China, Russland und den Vereinigten Staaten. Das föderale Projekt wird es ihr nicht nur nicht erlauben, wieder auf die Beine zu kommen, sondern sie hinter die aufstrebenden Mächte zurückfallen lassen.
Man könnte denken, dass die Befürworter des Europa-Staates ein Interesse daran haben, eine breite Beteiligung zu fördern, um ihr Projekt zu legitimieren. Dies ist jedoch nicht der Fall, da das föderale Projekt während dieser Kampagne nicht erwähnt wird; dass man es für die Zukunft mit Mario Draghi reserviert. Also tun sie alles in ihrer Macht Stehende, um zu betonen, dass die Institution Wahlen praktiziert (was ausreichen würde, um sie demokratisch zu machen) und sicherzustellen, dass sich so wenig Menschen wie möglich beteiligen. Die Wahlbeteiligung in der gesamten EU erreicht möglicherweise nicht die Hälfte der Wählerschaft.
Interview von Thierry Meyssan durch Monika Berchvok
von Thierry Meyssan
Thierry Meyssan, der jedem der ihn darum bittet Interviews gibt, ohne Diskriminierung, erklärte Monika Berchvok seine Analyse der Konfrontation in Gaza.
VOLTAIRE NETZWERK | PARIS (FRANKREICH) | 9. JANUAR 2024
Monika Berchvok: Für Sie ist die These von einem Überraschungsangriff am 7. Oktober kaum zu glauben. Was sind also die Ungereimtheiten, die Sie an ein 9/11-Szenario denken lassen?
Thierry Meyssan: Die Koalitionsregierung von Benjamin Netanjahu war, wie die New York Times berichtete, ein Jahr zuvor durch einen Bericht des Militärgeheimdienstes alarmiert worden. Er hat nicht reagiert. Als ihn sein Verteidigungsminister in diesem Sommer im Ministerrat zur Ordnung rief, entließ er ihn, wie Haaretz enthüllte. Unter dem Druck seiner Partei nahm er ihn jedoch bald darauf wieder auf. Darauf stapelten sich Berichte auf seinem Schreibtisch. Unter diesen befindet sich einer der Geheimdienste, den er seinem Verfasser als nicht sehr glaubwürdig zurückschickte und der ihm dann noch zwei andere Male mit Einführungen von verschiedenen Offizieren zurückgeschickt wurde. Oder dann noch zwei CIA-Berichte. Und ein weiterer Schritt von einem seiner persönlichen Freunde, dem Direktor des Memri. Und als ob das noch nicht genug wäre, ein Anruf des ägyptischen Geheimdienstministers. Der Premierminister hat nicht nur nichts unternommen, sondern auch gehandelt, um diesen Angriff zu erleichtern: Er hat die Initiative ergriffen, um die Grenzsoldaten zu demobilisieren, damit niemand eingreifen konnte, als der Angriff begann. Beachten Sie, dass ich die Ereignisse genauso sehe wie Papst Franziskus: In seiner Weihnachtsbotschaft bezeichnete der Heilige Vater den Krieg in Gaza zweimal als "Wahnsinn ohne Entschuldigung". Doch kurz darauf bezog er sich auf den "abscheulichen Angriff vom 7. Oktober", was bedeutete, dass er nicht glaubte, dass der israelische Krieg eine Antwort auf diesen Angriff war. Er forderte ein Ende der Kämpfe und eine Lösung der Palästinenserfrage.
MB: Es gäbe also eine so große Spaltung innerhalb der israelischen Regierung? Was ist das Ziel des Netanjahu-Clans?
TM: In den Monaten vor dem Angriff auf den palästinensischen Widerstand war Israel Schauplatz eines Staatsstreichs. Dieses Land hat keine Verfassung, aber es hat grundlegende Gesetze. Sie regeln das Gleichgewicht der Kräfte, indem sie der Justiz die Fähigkeit anvertrauen, Rivalitäten zwischen der Regierung und der Knesset zu neutralisieren. Unter dem Impuls des Law and Liberty Forums, das von dem amerikanisch-israelischen „Straussianer“ Elliott Abrams finanziert wird, hat der Rechtsausschuss der Knesset unter dem Vorsitz von Simtcha Rothman, der auch Präsident des Law and Liberty Forum ist, die israelischen Institutionen zerlegt. Im Laufe des Sommers vervielfachten sich die Riesendemonstrationen. Aber nichts half. Das Netanjahu-Team hat die Regeln für die Verabschiedung von Gesetzen geändert, die "Angemessenheitsklausel" in gerichtlichen Entscheidungen abgeschafft, die Ernennungsmacht des Premierministers gestärkt und die Rolle der Rechtsberater des Ministeriums geschwächt. Kurz gesagt, das Grundgesetz über Menschenwürde und Freiheit ist zu einer bloßen Vorschrift geworden. Rassismus ist zu einer Meinung geworden, wie jede andere. Und die Ultraorthodoxen konnten ihre Taschen mit verschiedenen Subventionen und Privilegien vollstopfen. Israel ist heute ganz und gar nicht mehr dasselbe Land wie vor sechs Monaten.
MB: Die israelische Zivilgesellschaft ist gespalten und scheint am Ende ihrer Kräfte zu sein. Glauben Sie, dass das zionistische Modell tot ist?
TM: Der Zionismus ist eine Ideologie aus einem anderen Jahrhundert. Er ist ein jüdischer Nationalismus im Dienste des britischen Empires. Jahrhundertelang haben die Juden sich dagegen gewehrt, bevor Theodor Hertzl sie zum Ideal mancher von ihnen machte.
MB: Die Situation in Gaza verwandelt sich mehr und mehr in ethnische Säuberungen. Ist die IDF fähig, die volle Kontrolle über dieses Territorium zu übernehmen und es von seiner Bevölkerung zu entleeren?
TM: Die Idee der ethnischen Säuberung ist nicht neu. Sie wurzelt in den Positionen des Ukrainers Vladimir Jabotinsky, die Menachem Begin, Yitzhak Shamir und die Familie Netanjahu in Israel für sich beanspruchten, ebenso wie Leo Strauss und Elliott Abrams in den Vereinigten Staaten. Diese Gruppe, jüdischer Suprematisten, behauptet, Palästina sei "ein Land ohne Volk, für ein Volk ohne Land". Unter diesen Bedingungen gibt es also keine einheimischen Palästinenser. Sie müssen gehen oder abgeschlachtet werden. Meines Wissens nach, ist sie heute die einzige Gruppe der Welt, die öffentlich Völkermord befürwortet.
MB: Auf palästinensischer Seite scheint die Hamas auch in zwei antagonistische Tendenzen gespalten zu sein?
TM: Die Hamas ist der palästinensische Ableger der Muslimbruderschaft. Ihr Name ist ein Akronym für "Islamic Resistance Movement", was dem arabischen Wort für "Eifer" entspricht. Ihre Ideologie hat nichts mit der Befreiung Palästinas zu tun, sondern mit der Errichtung eines Kalifats. Ihr Slogan lautet: "Gott ist ihr Ziel, der Prophet ist ihr Vorbild, der Koran ist ihre Verfassung: Der Dschihad ist ihr Weg und der Tod um Gottes willen ist ihr höchster Wunsch." Seit ihrer Gründung hatte sie die volle Unterstützung der Familie Natanjahu, die in ihr eine Alternative zu Jassir Arafats säkularer Fatah sah. Der Prinz von Wales und derzeitige Charles III. war einer der Beschützer der Bruderschaft. Barack Obama hat einen Verbindungsoffizier der Muslimbruderschaft im Nationalen Sicherheitsrat der USA eingesetzt. Im Juni 2013 wurde sogar ein Führer der Muslimbruderschaft im Weißen Haus empfangen.
Angesichts des Scheiterns der Muslimbruderschaft während des sogenannten "Arabischen Frühlings" hat sich jedoch eine Fraktion der Hamas von der Bruderschaft distanziert. Es gibt also nicht mehr nur eine Hamas, sondern zwei. Die historische Hamas wird von Mahmoud Al-Zahar regiert, dem Führer der Muslimbruderschaft in Gaza. Ihm unterstehen der Milliardär Khaled Meshaal in Katar und Yahya Sinwar in Gaza. Im Gegenteil, der Zweig der Hamas, der sich dem palästinensischen Widerstand angeschlossen hat, wird von Khalil Hayya geleitet.
Über diese Spaltung der Hamas berichten die westlichen Medien nicht, sondern nur einige arabische Medien. Präsident Baschar al-Assad versöhnte sich im Oktober 2022 mit Khalil Hayya, als dieser sich weigerte, Khaled Meshaal zu empfangen. In seinen und auch meinen Augen hat der Premierminister von Gaza, Ismail Haniyyeh, 2012 den Angriff auf Jarmuk, die palästinensische Flüchtlingsstadt in Syrien organisiert. Damals drangen Hamas- und Al-Kaida-Kämpfer in die Stadt ein, um die "Feinde Gottes" zu eliminieren. Sie wurden von israelischen Mossad-Offizieren betreut und machten sich auf den Weg zu den Häusern von PFLP-Kadern, die sie ermordet haben. Unter ihnen war auch ein Freund von mir. Vor einigen Tagen hielt Präsident Baschar al-Assad eine Rede gegen die historische Hamas und für denjenigen, der sich dem palästinensischen Widerstand angeschlossen hat.
MB: Was bedeutet der authentische palästinensische Widerstand für Sie?
TM: Der palästinensische Widerstand hat nichts mit dem Obskurantismus der Muslimbruderschaft zu tun, auch nicht mit dem Opportunismus der Milliardäre der Hamas. Er ist eine nationale Befreiungsbewegung vom Kolonialismus der jüdischen Suprematisten.
MB: Können Sie uns noch etwas über die Geschichte der Muslimbruderschaft sagen? Versucht dieser Geheimbund nach seinen Niederlagen in Syrien und Ägypten wieder ins Spiel zu kommen?
TM: Die Bruderschaft wurde 1928 von Hassan el-Banna in Ägypten gegründet. Einen Teil meines letzten Buches habe ich seiner internationalen Geschichte gewidmet. Ich war jedoch nicht in der Lage, die Unterstützung zu klären, die sie in ihren Anfängen erhielt. Dennoch wurde sie nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Werkzeug im Dienste des britischen MI6 und bald auch der amerikanischen CIA. Sie hat einen "Geheimapparat" aufgebaut, der sich auf politische Morde in Ägypten spezialisiert hat. Ein ägyptischer Freimaurer, Sayyed Qutb, wurde ihr Theoretiker für den Dschihad. Die Organisation der Bruderschaft wurde von der Vereinigten Großloge von England übernommen. Die Bruderschaft expandierte nach Pakistan mit Al-Bannas Schwiegersohn Saeed Ramadan, dem Vater von Tariq Ramadan, und dem Philosophen Sayyid Abul Ala Maududi. Anschließend ging Ramadan nach München, um bei Radio Free Europe für die CIA zu arbeiten, an der Seite des Ukrainers Stepan Bandera, einem großen Juden-Vernichter. Die Muslimbruderschaft begann ihre militärischen Aktionen während des Krieges in Nordjemen in den 1960er Jahren, gegen die arabischen Nationalisten von Gamal Abdel Nasser. Aber erst mit Zbigniew Brzezinski wurde sie zu einem unverzichtbaren Akteur in der US-Strategie in Afghanistan. Letzterer brachte die Bruderschaftsdiktatur von General Zia-ul-Haq in Pakistan an die Macht und hetzte die Kämpfer der saudischen Milliardärsbruderschaft Osama bin Laden in Afghanistan gegen die Sowjets. In dieser Zeit nutzte Saudi-Arabien die Muslimische Weltliga, um die Muslimbruderschaft mit einem größeren Budget als seine eigene nationale Armee auszustatten.
Die Bruderschaft hat vergeblich versucht, in mehreren Staaten die Macht zu übernehmen, insbesondere in Syrien mit der Operation Hama. Sie hat sich in den Bosnien-Herzegowina-Krieg eingemischt, wo sie die Arabische Legion gründete. Osama bin Laden wurde Militärberater von Präsident Alija Izetbegovic, dessen amerikanischer „Straussianer“ Richard Perle sein diplomatischer Berater und der Franzose Bernard-Henri Lévy sein Kommunikationsberater wurden.
Aber das große Werk der Bruderschaft kam erst mit Al-Kaida und Daesch. Diese dschihadistischen Organisationen, die in jeder Hinsicht mit der historischen Hamas vergleichbar sind, wurden von der CIA und dem Pentagon vor allem in Algerien, Irak, Libyen, Syrien, Ägypten und Tunesien eingesetzt, um die Widerstandsfähigkeit der arabischen Länder zu zerstören. Frankreich, das während des Kalten Krieges ihren Führern Asyl gewährt hatte, bekämpfte sie mit dem Bündnis zwischen François Mitterrand und Charles Pasqua. Frankreich hat erkannt, dass die Bewaffnete Islamische Gruppe (GIA) nur ein britisches Manöver war, um es von dem Maghreb auszuschließen. Heute jedoch versteht niemand, dass die Bruderschaft nur ein Werkzeug ist, um die Massen zu manipulieren. Unsere Staats- und Regierungschefs, von Emmanuel Macron bis Jean-Luc Mélenchon, lassen sich von ihrer Rhetorik, die sie im wörtlichen Sinn hinnehmen, täuschen. Sie behandeln sie wie eine religiöse Organisation, was sie überhaupt nicht ist.
MB: Katar spielt eine mehr als undurchsichtige Rolle. Was ist sein Platz in der Verschwörung?
TM: Am Anfang hat sich Katar als neutrale Macht positioniert und seine guten Dienste zur Verfügung gestellt. Aber viele haben sich Sorgen gemacht, weil Katar den politischen Flügel der Hamas beherbergt, weil manche persönliche Freunde des Emirs sind und weil Katar Hamas-Beamte in Gaza bezahlt. Katar entgegnete, dass es all dies nur auf Ersuchen der Vereinigten Staaten tue, wie Katar es auch für die Taliban getan hatte. Nachdem Abdel Fattah al-Sisi, auf Anstoß der 40 Millionen ägyptischen demonstrierenden Bürger, die Diktatur von Mohammed Mursi gestürzt hatte, informierte er tatsächlich Saudi-Arabien, dass die Muslimbruderschaft einen Putsch gegen König Salman vorbereite. Plötzlich wurde die Bruderschaft, die jahrelang verwöhnt worden war, zum Feind des Königreichs. Katar übernahm daraufhin öffentlich seine Rolle als Pate des Islamismus, während Kronprinz MBS versuchte, sein Land zu öffnen. Als Donald Trump 2017 seine Anti-Terror-Rede in Riad hielt, warnte Saudi-Arabien Katar, die Beziehungen zur Muslimbruderschaft und ihren Milizen al-Kaida und Daesch sofort einzustellen. Das wurde zur Golfkrise. In den letzten Tagen sind die Dinge aber klarer geworden: Emir Al-Thani hat einen seiner Minister, Frau Lolwah Al-Khater, nach Tel Aviv geschickt. Sie nahm am israelischen Kriegsrat teil, um die Schwierigkeiten im Abkommen über die Freilassung der Geiseln auszubügeln. Aber sie verstand nicht, dass dem Kriegskabinett Gegner der Diktatur von Benjamin Netanjahu angehörten, darunter General Benny Gantz. Sie hat sich als das erwiesen, was sie wirklich ist: keine neutrale Verhandlungsführerin, sondern eine Autorität, die fähig ist, Entscheidungen im Namen der Hamas zu treffen. Aus diesem Grund sagte am Ende des Treffens Joshua Zarka, stellvertretender Generaldirektor für strategische Angelegenheiten im Außenministerium, dass Israel "mit Katar abrechnen wird", sobald es seine Rolle als Vermittler erfüllt hat. Die Opposition von Netanjahu innerhalb des Kriegskabinetts begann zu hinterfragen, ob all dies, der Putsch im Sommer und der Anschlag vom 7. Oktober, nicht eine Inszenierung der Biden-Regierung war.
MB: Die USA säßen also auf dem Fahrersitz. Was wäre Bidens Strategie in der Region?
TM: Joe Biden verfügt nicht über alle seine Fähigkeiten. In den USA gibt es sogar eine wöchentliche Fernsehsendung über seine gesundheitlichen Probleme und geistigen Abwesenheiten. In seinem Schatten hat eine kleine Gruppe die Strategie von George W. Bush und Barack Obama wiederbelebt: alle politischen Strukturen im "Erweiterten Nahen Osten", außer denen Israels, zu zerstören. Das ist es, was in Libyen, im Sudan, im Gazastreifen geschieht und was im Jemen fortgesetzt wird. Die Biden-Regierung versichert, sie wolle das Massaker in Gaza beenden, setzt aber ihre Lieferungen von Granaten und Bomben fort, damit die Zerstörung weitergeführt wird. Sie behauptet, die Bewegungsfreiheit im Roten Meer aufrechterhalten zu wollen, bildet aber eine internationale Koalition gegen Ansar Allah, die sie fälschlicherweise als antisemitisch und als die "Huthis" (d.h. die "al-Huthi-Bande") bezeichnet. Washington hat gerade die Unterzeichnung des Friedensvertrags im Jemen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen abgesagt. Es lässt einen Krieg wieder aufleben, der bereits beendet war.
MB: Wie sieht Trumps Bilanz angesichts dieses Chaos in der Geopolitik des Nahen Ostens aus? Könnte seine Rückkehr zu einem anderen Ausweg aus diesem Konflikt führen?
TM:Donald Trump ist ein politisches UFO. Er beruft sich auf den ehemaligen US-Präsidenten Andrew Jackson (1829-1837) und hat keine Beziehung zu republikanischen und demokratischen Ideologien. Seine erste Entscheidung, als er ins Weiße Haus einzog, war, dem CIA-Direktor seinen Sitz im Nationalen Sicherheitsrat zu entziehen. Dies führte zu ersten Schwierigkeiten und dem erzwungenen Rücktritt von General Mike Flynn. Donald Trump wollte internationale Probleme durch Handel, nicht durch Waffen lösen. Man mag es für einen illusorischen Weg halten, aber er ist der einzige US-Präsident, der noch nie einen Krieg begonnen hat. Er stoppte abrupt Washingtons Einsatz terroristischer Stellvertreter, darunter al-Kaida und Daesch. Er hat die Rolle der NATO in Frage gestellt; ein Militärbündnis, das nach den Worten seines ersten Generalsekretärs auf das folgende abzielt: "keep the Americans in, the Russians out und the Germans down! [die Amerikaner drinnen, die Russen draußen und die Deutschen unter Vormundschaft zu halten!]. Wenn er an der Macht wäre, würde er der Mehrheit der israelischen Bürger helfen, die "revisionistischen Zionisten", d.h. die Gruppe von Benjamin Netanjahu, loszuwerden; er würde die Umsetzung der Abraham-Abkommen fortsetzen und die westliche Unterstützung der Muslimbruderschaft beenden; er würde der Mehrheit der Ukrainer helfen, Wolodymyr Selenskyj loszuwerden und Frieden mit Russland zu schließen. Etc. Donald Trump ist jedoch noch nicht gewählt worden und das derzeitige Team an der Macht, versucht ihn zu zwingen, sein Programm aufzugeben, um Zugang zum Weißen Haus zu erhalten.
MB: Ist nun der durch die US-zionistische Achse verkörperte Westen auf lange Sicht dem Untergang geweiht?
TM: Sie bezeichnen die Gruppe, die derzeit den politischen Westen regiert, als "amerikanisch-zionistisch". Das ist eine Art, die Sache zu sehen. Ich glaube jedoch nicht, dass sie an einen Staat gebunden ist. Wie es der Zufall will, sind diese Leute in den Vereinigten Staaten und Israel an der Macht, aber sie könnten auch anderswo an der Macht sein. Sie halten sich für jüdische Nationalisten, aber sind keine Nationalisten. Diese Leute sind weiße Suprematisten. Sie lehnen die Gleichheit der Menschen ab und halten es für unbedeutend, Massen von Menschen zu massakrieren. Für sie gilt: "Man kann kein Omelett machen, ohne Eier zu zerschlagen." Es war diese Denkweise, die den Zweiten Weltkrieg und seine gigantischen Massaker an Zivilisten provozierte. Heute erkennen viele Staats- und Regierungschefs der Welt, dass sie sich nicht von den Nazis unterscheiden und die gleichen Schrecken bringen. Die Dritte Welt ist heute jedoch gebildet und Mitglied der Vereinten Nationen. Sie kann die Macht dieser Menschen nicht länger ertragen. Russland strebt die Wiederherstellung des Völkerrechts an, das Zar Nikolaus II. 1899 auf der Haager Konferenz mit dem französischen Nobelpreisträger Léon Bourgeois geschaffen hatte. China strebt nach Gerechtigkeit und wird "ungleiche Verträge" nicht länger tolerieren.
Ich habe den Eindruck, dass dieses Regierungssystem bereits tot ist. Bei den Vereinten Nationen wurde die jährliche Resolution, die ein Ende der Blockade Kubas fordert, von 197 gegen 2 Staaten (den Vereinigten Staaten und Israel) angenommen. Die Resolution für einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand in Gaza wurde von 153 Staaten angenommen, das ist zwar etwas weniger, aber es steht viel mehr auf dem Spiel. Wie dem auch sei, wir sehen, dass es gegen die Politik dieser Leute eine Mehrheit gibt. Wenn der Damm brechen wird, und wir stehen kurz davor, wird der politische Westen zusammenbrechen. Wir müssen unbedingt dieses Floß verlassen, bevor es untergeht.
Aus historischem Anlass hat Präsident Wladimir Putin bei der Eröffnungszeremonie am 7. Mai im Andreassaal des Großen Kremlpalastes in Moskau eine bemerkenswert kurze Rede gehalten, denn Russland befindet sich in einer turbulenten Phase der Gestaltung seines Schicksals.
Es gab so viel zu sagen angesichts der Bedeutung des Abschlusses von Putins zwei Jahrzehnten an der Macht und des Beginns einer neuen sechsjährigen Amtszeit im Kreml bis 2030. Es war eine wahrhaft außergewöhnliche politische Karriere eines Mannes der Geschichte, der sowohl die Wiedergeburt und Renaissance seines Landes als auch die Rückkehr Russlands in den Mittelpunkt der Weltpolitik choreografiert hat. In der Tat ist die Erwartung groß, dass Putins sechsjährige Amtszeit mit der Gestaltung der Weltordnung des 21. Jahrhunderts zusammenfällt.
Putin hatte dem russischen Volk eine einzige tiefgreifende Botschaft zu übermitteln, nämlich die Bedeutung der nationalen Einheit für die jüngste Vergangenheit und die Zukunft – ohne Einheit ist alles verloren, während mit Einheit alles möglich ist.
Putins Charakterisierung der Gegenwart als „diese schwierige Schlüsselperiode“ in der Geschichte Russlands lässt aufhorchen. Offensichtlich hegt er keine unrealistischen Hoffnungen auf ein baldiges Ende des Krieges in der Ukraine. In der Tat ist der Westen keineswegs zum Frieden bereit. Das hat die ehemalige Unterstaatssekretärin Victoria Nuland in einem Interview mit Politico am vergangenen Wochenende öffentlich und unverblümt zugegeben.
Putin hat zwei wichtige Ernennungen in seiner neuen Regierung vorgenommen – die Ernennung von Michail Mischustin, der als brillanter Technokrat die russische Wirtschaft unter den Bedingungen von Sanktionen und Krieg gelenkt hat, für eine weitere Amtszeit als Premierminister und zweitens die Ersetzung von Verteidigungsminister Sergej Schoigu durch den Ersten Stellvertretenden Premierminister Andrej Belousow. Beides sind Signale für die zu erwartenden professionellen Anforderungen angesichts der entscheidenden Bedeutung der Verwaltung der Wirtschaft, die ein langwieriger Krieg unweigerlich mit sich bringen würde.
Putin hat sich für seine bevorstehende Amtszeit ein äußerst ehrgeiziges soziales und wirtschaftliches Programm vorgenommen, für dessen Erfolg öffentliche Investitionen in großem Umfang erforderlich sind. Putin hat sich auch zum Ziel gesetzt, Russland zur viertgrößten Volkswirtschaft der Welt hinter den USA, China, Japan und Indien zu machen – eine beachtliche Leistung.
Andererseits ist der russische Verteidigungshaushalt in den zwei Jahren des Ukraine-Kriegs auf 6,7 % des BIP angewachsen und hat damit fast das Niveau der Sowjetzeit erreicht. An dieser Stelle kommt Belousov ins Spiel. Er ist ein erfahrener Wirtschaftswissenschaftler, der über ein Jahrzehnt lang als Putins vertrauter Wirtschaftsberater fungiert hat. Belousov ist ein keynesianischer Statist und ein seltener Befürworter staatlicher Kontrolle in der „postsowjetischen“ Wirtschaft mit einer sauberen Bilanz im öffentlichen Leben, der nun für die Feinabstimmung des militärisch-industriellen Komplexes Russlands eingesetzt wird.
Der Wechsel an der Spitze des Verteidigungssektors ist besonders interessant, weil er zu einem günstigen Zeitpunkt erfolgt. Die russischen Truppen haben in den letzten Monaten schrittweise Fortschritte in der Ostukraine gemacht und am vergangenen Wochenende eine neue Offensive in der nordöstlichen Region Charkow gestartet.
Nach westlicher Lesart steht Moskau kurz davor, eine große Militäroffensive in der Ukraine anzuordnen, um die ukrainische Armee zu zerschlagen. Putin spürt jedoch eindeutig die Notwendigkeit der Anpassung und Entwicklung, während die russischen Streitkräfte versuchen, so viele Gebietsgewinne wie möglich zu erzielen, bevor das neue 61 Milliarden Dollar schwere US-Hilfspaket anläuft.
Der Pressesprecher des Kremls, Dmitri Peskow, erklärte, dass die Ernennung eines zivilen Verteidigungsministers auf die Notwendigkeit von „Innovation“ zurückzuführen sei. Tass zitierte Peskow mit den Worten: „Auf dem Schlachtfeld gewinnt heute derjenige, der offener für Innovationen ist ... Deshalb hat der Präsident in dieser Phase die Entscheidung getroffen, einen Zivilisten an die Spitze des Verteidigungsministeriums zu stellen.“
Peskows Bemerkung ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Putin sich auf einen langen Zeitraum vorbereitet. Sechs Jahre sind eine lange Zeit, und es ist sehr wahrscheinlich, dass der Stellvertreterkrieg mit den USA weit über die Ukraine oder Europa hinaus eskalieren wird.
Die komplexe Situation, in der sich die russische Präsenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Niamey, Niger, heute befindet, spiegelt also die geopolitischen Probleme wider, die sich in Afrika entwickeln. Allein in der vergangenen Woche hatte Russland intensive Kontakte auf hoher Ebene mit westafrikanischen Ländern an der Atlantikküste.
Es scheint, dass die eigentliche militärische Strategieplanung von General Waleri Gerassimow, dem Chef des Generalstabs, unter strenger Aufsicht von Putin selbst durchgeführt werden soll. Eine ehemalige Beraterin der russischen Zentralbank, Alexandra Prokopenko, schrieb auf X: „Putins Priorität ist der Krieg; ein Zermürbungskrieg wird durch die Wirtschaft gewonnen.“ Im Klartext: Putin will den Krieg gewinnen, indem er die Ukraine in einem langwierigen Wettrüsten im industriellen Maßstab zermürbt.
Der Besuch des US-Außenministers Antony Blinken am Dienstag in Kiew ist ein symbolträchtiger Vertrauensbeweis für Präsident Wladimir Zelenski, dessen Amtszeit am 20. Mai endet, was natürlich die Legitimität seines Regimes in Frage stellt. Blinkens Besuch ist eine direkte Reaktion auf die neue Offensive der russischen Streitkräfte in der sensiblen Region Charkow, die am vergangenen Freitag begann und bei der die ukrainischen Verteidigungslinien Risse bekommen haben.
Bloomberg berichtete gestern, dass die US-Regierung daran arbeitet, der Ukraine eine zusätzliche Patriot-Luftabwehrbatterie sowie Radare zu liefern, um das Land bei der Abwehr russischer Luftangriffe zu unterstützen. Blinken erklärte, das geplante Hilfspaket im Wert von 61 Milliarden Dollar werde auf dem Schlachtfeld „einen echten Unterschied machen“. Er betonte, dass „die Ukraine auf ihre Partner zählen kann, wenn es um nachhaltige, langfristige Unterstützung geht“.
Mit seinem Überraschungsbesuch in Kiew will Blinken Moskau verdeutlichen, dass jede Annahme, die USA würden die Ukraine früher oder später im Stich lassen, insbesondere wenn Donald Trump bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen ins Weiße Haus einzieht, einen schweren Fehler darstellt.
Das aggressive Narrativ, das in Washington propagiert wird, lautet so: „Unabhängig von den Ergebnissen im November wird ein Versäumnis des Kongresses, auf dem jüngsten Hilfspaket in Worten und Taten aufzubauen, die Führungsrolle und Glaubwürdigkeit der USA in der Welt untergraben und unsere Feinde ermutigen", so Liana Fix, Expertin für russische und europäische Außen- und Sicherheitspolitik beim Council on Foreign Relations in New York.
In diesem Szenario wird Russland versuchen, die Beziehungen zu China, Iran usw. zu festigen. Russland sieht, dass das Zusammenspiel der Kräfte zu seinen Gunsten wirkt. Die russische Weltsicht steht im Einklang mit der des globalen Südens. Der indische Außenminister S. Jaishankar sagte gestern auf einem öffentlichen Forum in Neu-Delhi: „Kein Land ist heute dominant genug... Wir befinden uns in einer Übergangszeit, in der der alten Ordnung das Gas ausgeht, aber die neue Ordnung noch nicht da ist.“ Jaishankar wies auch darauf hin, dass Russland über natürliche Ressourcen wie Öl, Kohle und Metalle verschiedener Art verfügt, die Indien beziehen kann.
Russlands außenpolitischer Kurs hat nicht nur den zweijährigen Konflikt in der Ukraine überstanden, sondern die ihm zugrunde liegende Denkweise hat sich tatsächlich bestätigt. Dies zeigt sich am besten in dem uneingeschränkten Vertrauen, das Putin in Außenminister Sergej Lawrow setzt, der bereits seit 20 Jahren an der Spitze der Geschicke steht und damit nach Andrej Gromyko der dienstälteste Spitzendiplomat auf dem Smolenskaja-Platz ist.
auch bei dugin fehlt der spirituelle hintergrund. es geht in wirklichkeit um die konfrontation mit den satanistischen eliten...
Der Philosoph, Politikwissenschaftler und Soziologe Alexander Dugin (zweiter von links) am 27.02.2024 auf dem zweiten Kongress der internationalen russophilen Bewegung in Moskau.
Von Alexander Dugin: Nicht nur ein Interessenkonflikt: In der Ukraine wird über das Schicksal der Welt entschieden Multipolarität lasse sich als Wahrung der kulturellen und zivilisatorischen Vielfalt unserer Welt begreifen, meint der streitbare und nicht unumstrittene Philosoph Alexander Dugin in seinem jüngsten Artikel. Sie wird damit zum Kernanliegen der konservativen Kräfte, die sich gegen postmoderne Uniformität des Westens wehren.
Der Amtsantritt von Präsident Putin markiert eine neue Etappe in der Geschichte Russlands. Einige Linien früherer Perioden werden sicherlich fortgesetzt werden. Einige werden eine kritische Schwelle erreichen. Andere werden rückgängig gemacht werden. Aber es muss auch etwas Neues kommen. Ich möchte die Aufmerksamkeit auf den ideologischen Aspekt lenken, der ein grundlegender Vektor für die weitere Entwicklung Russlands im internationalen Kontext werden kann.
In unserer erbitterten Konfrontation mit dem Westen, der am Rande eines nuklearen Konflikts und des Dritten Weltkriegs steht, wird das Problem der Werte immer deutlicher und kontrastreicher. Der Krieg in der Ukraine ist nicht nur ein Konflikt zwischen Staaten mit ihren ganz und gar rationalen nationalen Interessen, sondern ein Zusammenprall von Zivilisationen, die ihre Wertesysteme erbittert verteidigen. Heute kann man mit Sicherheit sagen, dass Russland endgültig auf den Schutz traditioneller Werte gesetzt hat und mit ihnen die grundlegenden Prozesse zur Stärkung seiner eigenen zivilisatorischen Identität und geopolitischen Souveränität verbindet. Dabei handelt es sich nicht einfach um unterschiedliche Interessen von getrennten Einheiten innerhalb derselben – westlichen – Zivilisation, wie es bis vor kurzem noch möglich war, den Konflikt zwischen Russland und dem kollektiven Westen zu interpretieren, wenn auch mit einer gewissen Dehnung. Jetzt aber ist es offensichtlich geworden, dass zwei Wertesysteme aufeinanderprallen. Der moderne kollektive Westen steht fest auf der Seite:
des absoluten Individualismus; der LGBT* und der Genderpolitik; des Kosmopolitismus; der "Cancel Culture" ("Kultur des Tilgens"); des Posthumanismus; der unbeschränkten Migration; der Zerstörung aller Formen von Identität; der kritischen Rassentheorie (nach der ehemals unterdrückte Völker das Recht haben, ihre ehemaligen Unterdrücker zu unterdrücken); der relativistischen und nihilistischen Philosophie der Postmoderne.
Der Westen zensiert gnadenlos seine eigene Geschichte, verbietet Bücher und Kunstwerke. Der US-Kongress bereitet sich darauf vor, ganze Schriftstücke zu streichen, die angeblich bestimmte Personengruppen aus ethnischen und religiösen Gründen beleidigen. Darüber hinaus hat die Entwicklung digitaler Technologien und neuronaler Netze die Übertragung der Weltherrschaft von der Menschheit auf die künstliche Intelligenz auf die Tagesordnung gesetzt – und eine Reihe westlicher Autoren preisen dies bereits als unglaublichen Erfolg und lang erwarteten Moment der Singularität.
Im Gegensatz dazu vertritt Putins Russland ausdrücklich eine ganz andere Werteordnung, von der viele im Dekret Nr. 809 vom 9. November 2022 festgeschrieben sind. Russland verteidigt entschieden:
die kollektive Identität gegen den Individualismus; den Patriotismus gegen den Kosmopolitismus; die gesunde Familie gegen die Legalisierung von Perversionen; die Religion gegen Nihilismus, Materialismus und Relativismus; das menschliche Wesen gegen posthumanistische Experimente; die organische Identität gegen ihre Aushöhlung; die historische Wahrheit gegen die "Cancel Culture".
Es gibt also zwei gegensätzliche Orientierungen, mehr noch, zwei antagonistische Ideologien, zwei Weltanschauungssysteme. Russland wählt die Tradition – der Westen hingegen wählt alles, was nicht traditionell und sogar antitraditionell ist.
Das macht den Konflikt in der Ukraine, wo sich diese beiden Zivilisationen in einer erbitterten und entscheidenden Schlacht gegenüberstehen, zu etwas, das weit mehr als ein gewöhnlicher Interessenkonflikt ist. Das ist er natürlich auch, aber es ist nicht die Hauptsache. Die Hauptsache ist, dass zwei Modelle der weiteren Entwicklung der Menschheit in die Konfrontation eingetreten sind – der liberale, globalistische, antitraditionelle Weg des modernen Westens oder der alternative, multipolare, polyzentrische Weg mit der Bewahrung von Tradition und traditionellen Werten, für den Russland kämpft.
Und hier ist es höchste Zeit festzustellen, dass die multipolare Welt, zu der sich Russland in der vorangegangenen Phase von Putins Herrschaft bekannt hat, nur dann Sinn macht, wenn wir das Recht jedes Pols, jeder Zivilisation (heute eindeutig in BRICS vertreten) auf ihre eigene Identität, ihre eigene Tradition, ihr eigenes Wertesystem anerkennen. Multipolarität wird sinnvoll und gerechtfertigt, wenn wir von der Pluralität der bestehenden Kulturen ausgehen und ihr Recht anerkennen, die jeweils eigene Identität zu bewahren und sich auf der Grundlage interner Prinzipien zu entwickeln. Das bedeutet, dass die Pole der multipolaren Welt im Gegensatz zum globalistischen unipolaren Modell, in dem westliche Werte als universelle Werte standardmäßig dominieren, mehr oder weniger dem Weg Russlands folgen, aber nur unter dem Schutz ihrer traditionellen Werte, die jedes Mal anders sind.
Wir sehen dies deutlich im heutigen China. Es lehnt nicht nur Globalismus, Liberalismus und globalen Kapitalismus als Dogma ab, während es viele Merkmale der sozialistischen Ordnung beibehält, sondern wendet sich zunehmend den ewigen Werten der chinesischen Kultur zu, indem es die politische und soziale Ethik des Konfuzius, die die Gesellschaft mehrere Jahrtausende lang inspiriert und geordnet hat, in einer neuen Runde wiederbelebt. Es ist kein Zufall, dass eine der führenden Theorien der internationalen Beziehungen im modernen China auf der antiken Idee der Tianxia beruht, nach der China im Zentrum des Weltsystems steht und alle anderen Nationen, die das Himmelsreich umgeben, an der Peripherie liegen. China ist sein eigenes absolutes Zentrum, offen für die Welt, aber streng auf seine Souveränität, Einzigartigkeit und Identität bedacht.
Das moderne Indien (Bharat) bewegt sich in die gleiche Richtung, insbesondere unter der Herrschaft von Narendra Modi. Auch hier wird es von einer tiefen Identität, der Hindutva, beherrscht, die die Grundlagen der alten vedischen Kultur, Religion, Philosophie und Gesellschaftsordnung wiederbelebt.
Noch kategorischer lehnt die islamischeWelt das Wertesystem des kollektiven Westens ab, das mit den islamischen Gesetzen, Regeln und Haltungen überhaupt nicht vereinbar ist. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf der Tradition.
In diese Richtung bewegen sich die Völker Afrikas, die eine neue Runde der Entkolonialisierung einläuten – dieses Mal des Bewusstseins, der Kultur und der Denkweise. Immer mehr afrikanische Denker, Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besinnen sich auf die Wurzeln ihrer autochthonen Kulturen.
Auch Lateinamerika entdeckt allmählich diese neuen Horizonte des Traditionalismus, der Religion und der kulturellen Wurzeln und gerät dabei immer mehr in direkten Konflikt mit der Politik der Vereinigten Staaten und des kollektiven Westens. Die Besonderheit Lateinamerikas besteht darin, dass der antikoloniale Kampf lange Zeit überwiegend unter linken Parolen geführt wurde. Jetzt ändert sich die Situation: Die Linke entdeckt die traditionellen und konservativen Ursprünge ihres Kampfes (z. B. in der katholisch dominierten "Theologie der Befreiung") und eine konservative antikoloniale Front wächst (z. B. die "Theologie der Völker").
Bislang ist jedoch keine der auf Multipolarität ausgerichteten und die Tradition bevorzugenden Zivilisationen in einen direkten bewaffneten Konflikt mit dem Westen eingetreten, mit Ausnahme Russlands. Viele zögern und warten auf das Finale dieser dramatischen Konfrontation. Obwohl potenziell die Mehrheit der Menschheit die Hegemonie des Westens und seiner Wertesysteme ablehnt, ist außer uns niemand bereit, in eine direkte Auseinandersetzung mit ihm zu treten.
Damit hat Russland die einmalige Chance, sich an die Spitze der globalen konservativen Wende zu stellen. Es ist an der Zeit, direkt zu erklären, dass Russland den Anspruch der westlichen Zivilisation auf die Universalität ihrer Werte bekämpft und voll und ganz für die eigene (russisch-nationale, orthodoxe) und für alle anderen Traditionen eintritt. Denn im Falle des Triumphs des Globalismus und der Aufrechterhaltung der westlichen Hegemonie sind auch sie von der drohenden Zerstörung bedroht.
Alle Zivilisationen der Welt sind konservativ, das ist ihre Identität. Und sie sind sich dessen zunehmend bewusst. Nur der postmoderne Westen hat sich zu einem radikalen Bruch mit seinen klassischen christlichen Wurzeln entschlossen und begonnen, eine Kultur der Degeneration, der Perversion, der Pathologie und der technischen Ersetzung des Menschen durch posthumane Organismen (von der KI bis zu Cyborgs, Chimären und Produkten der Gentechnik) aufzubauen. Im Westen selbst lehnt ein bedeutender Teil der Gesellschaft diesen Weg ab und wendet sich zunehmend gegen den Kurs der herrschenden postmodernen liberalen Eliten auf die endgültige Abschaffung der kulturellen und historischen Identität der westlichen Gesellschaften selbst.
In seiner neuen Amtszeit als Präsident wäre es durchaus sinnvoll, wenn Putin die Verteidigung der Tradition – in Russland und in der Welt, einschließlich des Westens selbst – zu seiner wichtigsten ideologischen Mission erklären würde. Wladimir Putin ist in den Augen der gesamten Menschheit bereits der größte Führer, der diese Rolle spielt und der westlichen Hegemonie heldenhaft Widerstand leistet. Es ist höchste Zeit, Russlands globale Mission zum Schutz der Zivilisationen und ihrer traditionellen Werte zu verkünden. Hören Sie auf, mit dem Westen mitzuspielen und seine Strategien, Begriffe, Protokolle und Kriterien zu übernehmen. Die zivilisatorische Souveränität besteht darin, dass jede Nation das uneingeschränkte Recht hat, jede externe Politik zu akzeptieren oder abzulehnen, sich auf ihre eigene Art und Weise zu entwickeln, unabhängig davon, dass jemand von außen damit unzufrieden sein mag.
So erklärte die britische Zeitung Mirror kürzlich, am 7. Mai, neun Worte aus der Antrittsrede von Präsident Putin zu einer "schrecklichen Bedrohung für den Westen". Diese Worte lauteten: "Russland selbst und nur es selbst wird sein eigenes Schicksal bestimmen!" Das heißt, jede Andeutung von Souveränität wird vom Westen als eine Kriegserklärung an ihn aufgefasst. Russland hat sich darauf eingelassen und ist bereit, jeden zu unterstützen, der seine Souveränität ebenso stark verteidigt wie es selbst.
Natürlich hat jede Zivilisation ihre eigenen traditionellen Werte. Aber heute werden sie alle von einer aggressiven, intoleranten, betrügerischen und pervertierten Zivilisation angegriffen, die einen gnadenlosen Krieg gegen jede Tradition führt – gegen die Tradition als solche. Putins Russland kann sich in einer solchen Situation offen zum Träger einer umgekehrten Mission erklären – zum Verteidiger von Tradition und Norm, von Kontinuität und Identität.
Früher, im zwanzigsten Jahrhundert, beruhte der Einfluss Russlands in der Welt hauptsächlich auf der linken Bewegung. Heute ist sie jedoch allmählich verschwunden, entweder vom Liberalismus aufgesogen oder von selbst erschöpft (mit wenigen Ausnahmen und meist im Bündnis mit antikolonialen konservativen Tendenzen). Jetzt lohnt es sich, auf die Konservativen, die Verfechter der zivilisatorischen Identität zu setzen. Und so wird ein neuer Slogan geboren: Traditionalisten aller Länder, vereinigt euch! Und wir sollten uns nicht genieren, schämen oder verstecken. Je selbstbewusster wir diesen Weg beschreiten, desto schneller und zuverlässiger wird unser Einfluss in der Welt wachsen. Wenn wir uns entschieden haben, auf Multipolarität zu setzen, müssen wir darin konsequent sein.
Jeder sieht in Putin bereits die Schlüsselfigur des konservativen Aufbruchs. Es ist an der Zeit, dies offen auszusprechen. Kritik aus dem Westen lässt sich in jedem Fall nicht vermeiden, aber die entscheidenden Faktoren in den Beziehungen zum Westen sind jetzt andere. Und unsere Verbündeten – aktuelle und potenzielle – werden Russland mit neuem Elan unterstützen. Schließlich werden ihnen unsere weitreichenden Ziele und Absichten nun klar sein. Sie werden uns vertrauen und ohne Misstrauen und Zögern gemeinsam mit uns eine gerechte und ausgewogene Welt im Interesse der gesamten Menschheit aufbauen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 14. Mai 2024 auf ria.ru erschienen.
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