- Nikolai Patruschev und John Bolton werden sich in Jerusalem, im Beisein von Meir Ben-Schabbat treffen.
Ein Gipfel mit drei nationalen Sicherheitsberatern aus den USA, Israel und Russland wird im Juni 2019 in Jerusalem stattfinden. Dieses beispiellose Ereignis hat bereits zu "Offenbarungen" und zu "Dementis" geführt über das, was dort diskutiert werden soll. Fast alle Kommentatoren gehen von falschen Vorstellungen aus, die sie alle unisono wiederholen. Wir müssen sie zurechtrücken, bevor wir bewerten, was auf diesem Gipfel auf dem Spiel steht.
Das Spiel der Großmächte in der Region
Während des Kalten Krieges ist es der US-Strategie der Eindämmung (Containment) gelungen, den sowjetischen Einfluss im Nahen Osten abzuwehren. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR hat Russland die Region verlassen und ist dorthin erst mit dem westlichen Krieg gegen Syrien zurückgekehrt.
Russland ist in der Levante seit der Kaiserin Katherina II. präsent (außer von 1991-2011), die auf Wunsch der Einwohner ihre Flotte sandte, um Beirut zu verteidigen. Russlands Politik zielt zunächst darauf ab, die Wiege des Christentums (das Damaskus ist und nicht Jerusalem) zu schützen, das Fundament der russischen Kultur. Auf diese Weise hat Russland seinen Einfluss auf den östlichen Mittelmeerraum erweitert und ist bis zu den warmen Gewässern des Indischen Ozeans gekommen.
Im Jahr 2011 war Russland der einzige Staat, der die farbigen Revolutionen des Maghreb (den "Arabischen Frühling") von den Kriegen gegen Libyen und Syrien unterschieden hat. Der Westen, der seine eigene Interpretation dieser Ereignisse besitzt, hat noch immer nicht die Mühe aufgebracht, um die Ansicht Russlands zu verstehen. Es geht hier nicht darum, festzustellen, wer Recht hat und wer nicht - das ist ein anderes Thema [1]—, sondern um zuzugeben, dass es zwei völlig verschiedene Narrative der Fakten gibt. Es ist erwähnenswert, dass der Westen zustimmt, dass Moskau nicht verdaut hat, wie der Westen die Resolution, die die Zivilbevölkerung in Libyen schützen sollte, verletzt hat. So anerkennt der Westen, dass es nicht die Russen waren, sondern der westliche Imperialismus, der das Problem geschaffen hat, dem wir heute gegenüberstehen.
Auf der Grundlage seiner eigenen Analyse hat Russland begonnen, sein Vetorecht gegen die westlichen Resolutionen über Syrien im UN-Sicherheitsrat einzulegen. Zur gleichen Zeit hat es, auf Anfrage von Syrien, Verhandlungen mit Damaskus geführt, um Truppen der Organisation des Vertrages der kollektiven Sicherheit (OVKS) in Syrien für die Friedenssicherung bereitzustellen. Letztlich haben sich Washington und Moskau in Genf getroffen, in Anwesenheit der westlichen Nationen und ohne die nahöstlichen Akteure, um eine geteilte Oberhoheit über den Nahen Osten zu erstellen. Es war im Juni 2012. Diese Hochzeit dauerte nur wenige Tage. Sie wurde von Frankreich, im Auftrag von US-Außenministerin Hillary Clinton, gebrochen.
Sieben Jahre später, fordert Moskau seinen Anteil. In der Tat ist es Russland - und nicht die OVKS -, das militärisch in Syrien eingesetzt wurde und, neben der syrischen Armee und der Hisbollah, die Dschihadisten besiegt hat - und absolut nicht Washington und seine Verbündeten, die sie bewaffnet haben [2]—. Es fordert diesen Anteil von Jerusalem, weil eine Million russischsprachige Bürger Israelis sind, und einer von ihnen, Avigdor Lieberman, nun die Regierung Netanjahu zweimal zu Fall gebracht hat [3].
Diese Entwicklung zuzugeben ist für jene schwer, die bei dem USA/Israel-Bündnis geblieben sind, das die Bush Jr. Ära geprägt hat. Die israelischen Behörden gingen dennoch seit der Niederlage von Daesch viel öfter nach Moskau als nach Washington.
Das Spiel der regionalen Mächte gegenüber Israel
Es gibt eine als selbstverständlich angesehene Behauptung, dass sich die Kräfte der „Achse des Widerstands“ (Palästina-Libanon-Syrien-Irak-Iran) der Vernichtung der Israelis gewidmet hätten, wie es einst die Nazis gegenüber den Juden taten. Das ist eine groteske Kopie.
In Wirklichkeit ist die Hisbollah ursprünglich ein Netz von schiitischem Widerstand gegen die israelische Besatzung des Libanon. Sie wurde nacheinander durch Syrien und dann, nach dem Rückzug der syrischen Friedenstruppen im Libanon im Jahr 2005, vom Iran bewaffnet. Ihr Ziel war niemals "die Juden ins Meer zu werfen", sondern im Gegenteil immer ihre Absicht, die rechtliche Gleichheit für Alle zu bekräftigen. Die israelische Besetzung des Libanon war eine Realität, die weit über den Willen der israelischen Regierung hinaus ging, die durch die Initiative von General Ariel Scharon, Beirut einzunehmen, überholt wurde. Es ist auch das Ergebnis der Zusammenarbeit von libanesischen christlichen und drusischen Milizen, einschließlich jener von Samir Geagea und Walid Dschumblatt.
Ebenso hat Syrien auf den israelischen Expansionismus reagiert, indem es sich zuerst verteidigte, dann die palästinensische Bevölkerung unterstützte. Dies ist völlig legitim, da man weiß, dass Palästina und das aktuelle Syrien vor dem ersten Weltkrieg eine einzige politische Einheit bildeten [4]. Niemand bestreitet, nicht einmal die Vereinigten Staaten, dass Israel seit siebzig Jahren nicht aufgehört hat, Gebiete von seinen Nachbarn Stück für Stück einzuverleiben, und es auch weiterhin tut.
Seit dem Beginn des Kalten Krieges, während ihrer Politik der Eindämmung der Sowjets, waren sich die Vereinigten Staaten dieses israelischen Expansionismus bewusst, der die Stabilität in der Region störte. Sie bewaffneten Syrien, damit es ihm widerstehen - aber es nicht angreifen kann, - und bewaffneten ebenfalls andere Kräfte, einschließlich des Irak [5].
Es war der Staatssekretär, John Foster Dulles, und er allein, der die "Achse des Widerstands" schuf. Er sorgte so dafür, dass Syrien und Irak sich nicht an die Sowjetunion wandten, um sich zu verteidigen und ihre militärische Hilfe zu bekommen.
Die Verwaltung von Dwight Eisenhower wusste, dass Israel das Ergebnis des Willens von Woodrow Wilson und David Llyod George war [6], aber sie betrachtete es wie ein verrücktes Pferd, das man zugleich schützen und zähmen muss.
Washington schloss sich also den britischen Ideen an: dem Vertrag der militärischen Unterstützung zwischen Damaskus und Teheran, und dann, im Jahre 1958, dem Bagdad-Pakt, der die Erstellung des CenTO (regionale Äquivalent der NATO) ermöglicht. Die Situation hat sich geändert, die Akteure haben sich geändert, aber nicht ihre Motive.
Der Fall des Iran ist heute das Hauptproblem. In der Tat, die meisten seiner Führer gehen diese Frage nicht im politischen, sondern im religiösen Sinn an. Eine schiitische Prophezeiung versichert, dass die Juden wieder einen Staat in Palästina bilden werden, aber dass er schnell zerstört wird. Der Führer der islamischen Revolution, Ajatollah Ali Khamenei, hält diesen Text für einen kanonischen. Er rezitiert diesen Countdown und hat somit gesagt, dass Israel in sechs Jahren (im Jahr 2025) verschwunden sein wird.
Die Spannung der Positionen, in Iran um diese Prophezeiung herum und in Israel um das Gesetz "Nationalstaat des jüdischen Volkes, Israel" (2018), ist die Quelle der Fortsetzung dieses Konflikts, den zu lösen ein wenig Intelligenz genügen würde. Das ist, was Donald Trump und Jared Kushner versucht haben zu tun und das ist auch, wo sie versagt haben: wenn die wirtschaftliche Entwicklung auch die Frage der Reparationen wieder gut machen kann, wird kein Fortschritt möglich sein, ohne die Vorstellungen der Welt, die die Juden, die Araber und die Perser haben, zu ändern.
Was ist die "Achse des Widerstands"?
Die iranischen religiösen Verantwortlichen verwenden oft den Begriff "Achse des Widerstands", um sich auf das Bündnis gegen Israel zu beziehen. Aber kein Vertrag formalisiert diese Achse. Nie hielten seine Führer einen Gipfel ab, um sich abzusprechen.
Seit der US-Invasion des Irak im Jahr 2003 haben sich die Achsenmächte langsam gespalten, so dass heute ihre internen Konflikte wichtiger sind als ihr externer Kampf.
Im Jahr 2003 wurde der religiöse Führer der irakischen Schiiten, Mohammad Sadeq al-Sadr ermordet. Ob zu Recht oder nicht, seine Anhänger halten den Großen Ayatollah Ali al-Sistani dafür für verantwortlich. Dieser ist ein Iraner der im Irak lebt, wo er die schiitischen Seminare leitet. Allmählich spaltete sich die schiitische Gemeinschaft in Pro-Iraner von al-Sistani und pro-Araber des Sohnes des Verstorbenen, Muktada al-Sadr. Dieser brach allmählich mit Damaskus und dann im Jahr 2017 mit Teheran, und begab sich nach Riyad an die Seite des Prinzen Mohamed Bin Salman.
Unter Ausnutzung ihres lokalen Wahlsieges bei den Parlamentswahlen in den palästinensischen Gebieten machte die Hamas im Jahr 2006 einen Putsch gegen die Fatah und erklärte sich in dem Gaza-Streifen für unabhängig [7]. Im Jahr 2012 zog ihre politische Führung, die im Exil in Damaskus lebte, plötzlich nach Doha, während Katar die Dschihadisten gegen Syrien finanzierte. Die Hamas erklärte sich "zum palästinensischen Zweig der Muslim-Bruderschaft", eine in Syrien verbotene politische Partei. Ihre Männer und Agenten des israelischen Mossad drangen in die syrische Stadt Jarmuk ein, um dort ihre marxistischen Rivalen des PFLP-Generalkommando zu ermorden. Die syrische Armee umzingelte die Stadt und der palästinensische Präsident, Mahmoud Abbas versicherte ihm seine Unterstützung.
Es ist absurd für den Westen, die "Achse des Widerstands" zerstören zu wollen, die sie wollten und geholfen haben zu schaffen, nur weil sie die Kontrolle verloren haben. Er braucht nur warten, sie zerfällt allein.
Die Iraner sind treue Freunde, aber sie neigen kulturell dazu, ihre Freunde in ihre Sachen mit hineinzuziehen. Niemals werden die Syrer die Iraner vertreiben, die sie vor dem israelischen Expansionismus beschützen und denen sie Dank schulden, am Anfang des Krieges (2011-14) durchgehalten zu haben. Aber wenn die Iraner echte Freunde der Syrer wären, würden sie sich militärisch von diesem Land zugunsten Russlands zurückziehen, so dass die Vereinigten Staaten die Legitimität der Regierung von Baschar Al-Assad anerkennen könnten. Stattdessen verwenden sie die Gegenwart ihrer Truppen, um Israel zu provozieren und feuern von Syrien aus Raketen auf dessen Territorium.
Die drei nationalen Sicherheitsberater
John Bolton (USA), Meir Ben-Schabbat (Israel) und Nikolai Patruschev (Russland), die drei nationalen Sicherheitsberater, haben die gleichen Funktionen, aber nicht die gleiche Erfahrung.
Bolton ist von der ontologischen Überlegenheit seines Landes über alle anderen überzeugt. Er hat in internationalen Beziehungen Erfahrung, die er zuerst während der Abrüstungs-Verhandlungen und vor allem als Botschafter im UN-Sicherheitsrat (2005 / 06) gewonnen hat. Obwohl er extravagante Initiativen ergreift, ist er durchaus fähig, nachzugeben, wenn er denkt, Unrecht zu haben. Das ist übrigens der Grund, warum Präsident Trump ihn auf diesem Posten beibehalten hat, weil er die Fähigkeit hat, persönlich die Fehler seines Lagers hinzunehmen.
- Meir Ben-Shabbat
Meir Ben-Schabbat ist ein gläubiger Mann, überzeugt, einem auserwählten, aber verfluchten Volk anzugehören. Er ist kein Diplomat, sondern ein Spionageabwehr-Experte. Aber als er den Shin Bet leitete, hat er eine echte Finesse gezeigt, um zugleich gegen die Hamas zu kämpfen, um sie zu manipulieren und möglicherweise mit ihr zu verhandeln. Seine ausgezeichnete Kenntnis der verschiedenen Kräfte des Nahen Ostens erlaubt ihm sofort zu begreifen, was überdauern kann und was nur vergänglich sein wird.
Nikolai Patruschev ist schließlich ein hoher russischer Amtsträger. Er ist sicherlich jener der drei, der den besten Überblick in den Weltangelegenheiten besitzt. Als er Vladimir Putin an der Spitze des FSB nachfolgte, war er mit Versuchen der Abwerbung seiner Direktoren durch die Vereinigten Staaten und Israel konfrontiert. Am Ende, nach Jahren der Turbulenz, übernahm er die Leitung dieses Apparates. Dann sah er sich der Destabilisierung der Ukraine durch die Vereinigten Staaten und der Europäischen Union ausgesetzt, die schließlich zum Beitritt der Krim zur Russischen Föderation geführt hat. Er wird keinen Fall gegen einen anderen aushandeln, sondern wird vielmehr sicherstellen, dass alle Entscheidungen im Einklang stehen.
Diese drei Strategen müssen die Konturen einer Verteilung der Karten definieren, welche die Diplomaten anschließend werden aushandeln müssen. Ihre Aufgabe besteht darin, eine lebensfähige Vereinbarung auf lange Sicht zu finden, während die der Diplomaten sein wird, die Verluste der Verlierer zu kompensieren, um ihnen den Vertrag akzeptabel zu machen.