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Analysen 2.-9.5.18: Freihandel: Die EU im Konflikt mit den USA 1+2/USA im Niedergang? – Aber in der EU so mächtig wie noch nie/Der Westen funktioniert nach dem Vasallenprinzip /Hybride Kriegsführung: Die moderne NATO-Strategie

 

 

Hybride Kriegsführung: Die moderne NATO-Strategie

Hybride Kriegsführung: Die moderne NATO-Strategie
Westliche Medien werfen Russland gerne vor, das Konzept der hybriden Kriegsführung erdacht und implementiert zu haben. Wenn man sich mit dem Thema befasst, wird jedoch schnell klar, dass hinter dieser Strategie die NATO-Staaten stehen, allen voran die USA.

von Hasan Posdnjakow

Schon 2007 veröffentlichten NATO-Generäle unter dem Titel "Towards a Grand Strategy for an Uncertain World" (Hin zu einer Gesamt- und Leitstrategie für eine Welt der Ungewissheit) ein Strategiepapier, in dem die Grundsätze der hybriden Kriegsführung präzise formuliert werden, wie die Studie der Informationsstelle Militarisierung (IMI) "Krieg im Informationsraum" feststellt. Im NATO-Papier wird analysiert:

Angela Merkel während ihrer Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz.

Die Globalisierung der Informationsströme hat zur direkten Auswirkung, dass alle möglichen Formen von irrationalen Vorstellungen oder politischem Fanatismus frei zugänglich im Umlauf sind. Grundzüge der offenen Gesellschaft wie die Redefreiheit können infolge dessen gegen sich selbst und andere Freiheiten verwendet werden. Deswegen müsse die NATO "dringend eine Informationsstrategie" entwickeln, die es ihr selbst und ihren Mitgliedsstaaten ermöglicht, das Steuer wieder in die Hand zu nehmen; andernfalls riskiert sie die Niederlage an der Heimatfront, selbst wenn ihre Streitkräfte auf taktischer oder operativer Ebene gewinnen. Dabei müsse die NATO drei Ziele anstreben:

• Sie muss die Wahrnehmung der Weltöffentlichkeit dahingehend beeinflussen, dass es sich bei der NATO um eine Macht des Guten handelt.

• Zweitens muss sie auf den Bildschirmen präsent sein, noch bevor es dem Gegner gelingt, die Nachrichten zu verbreiten, d.h. die NATO muss die Informationshoheit im Öffentlichkeitsbereich gewinnen und behalten.

• Sie muss drittens helfen, die Herzen und Köpfe sowohl ihrer eigenen Nationen (für das gerechte Vorgehen der NATO) als auch der Menschen in den Einsatzgebieten zu gewinnen.

Die IMI-Studie hält fest, dass sich "gerade NATO-Staaten schon lange 'hybrider' Mittel (bedienen), um in verschiedensten Ländern missliebige Machthaber zu stürzen". Dabei zitiert die Studie aus einem Dokument, das gegen die sogenannte Lawfare (mit diesem Kofferwort kennzeichnet die NATO-Propaganda jeglichen Versuch, die völkerrechtswidrigen Kriege der westlichen Kriegsallianz mittels juristischer Mittel zu bekämpfen oder zumindest zu begrenzen) gerichtet ist:



Die NATO muss sich aggressiv der Lawfare-Bewegung entgegenstellen. Folgende Botschaft müsse verbreitet werden: Die NATO bekämpft wirklich böse Menschen, die die Menschenrechte verletzen. Diese Taktik nutzt zudem die Methoden des sogenannten Framings – eine bewusste Manipulation der öffentlichen Meinung für gewisse Partikularinteressen, mit der zuletzt vor allem die ARD auffiel. Der NATO-Rat selbst erklärte im Jahr 2009, wie der Friedensaktivist Bernhard Trautvetter in der neusten Ausgabe der Zeitschrift Marxistische Blätter zitiert: Immer mehr (kommt es) darauf an, dass das Bündnis seine […] Rolle, Ziele und Missionen in geeigneter Weise, zeitgerecht, genau und flexibel vermittelt. Die strategische Kommunikation ist ein fester Bestandteil unserer Bemühungen um die Erreichung der politischen und militärischen Ziele des Bündnisses. Trautvetter verweist im besagten Artikel auch auf eine pikante Aussage des US-Militärstrategen Colonel John Boyd: Du musst in die Köpfe der Menschen gehen. Das ist der Ort, an dem Schlachten gewonnen werden. In welchen Riesenmaßstäben die hybride Kriegsführung der NATO inzwischen operiert, zeigt ein Beispiel aus der Studie. Im Rahmen der NATO/EU-Übung PACE 2017 wurden Cyber-Angriffe auf EU-Staaten simuliert. Die feindlichen Akteure bei dieser Übung waren unter anderem ein fiktionaler Staat "Froterre", mit dem Russland gemeint war, sowie auch eine Antiglobalisierungsbewegung, die von Froterre gesteuert werde. Das Fazit der IMI-Studie dazu: Jegliche kritische Position wird als von Russland gesteuert bzw. unterwandert diskreditiert und damit auch eine Legitimationsbasis für Gegenmaßnahmen an der Heimatfront postuliert. Dieses Szenario wurde auch während der Gelbwesten-Proteste in Frankreich deutlich, als die westliche Presse und Politiker fast unisono Russland beschuldigten, diese zu befeuern.

Der Generalstabschef der britischen Armee, General Sir Nicholas Carter, während seiner Rede am 22. Januar 2018 beim Royal United Services Institute (RUSI).

Auch die Bundeswehr nutzt längst die Strategie der hybriden Kriegsführung. Ein weiteres Zitat aus der IMI-Studie, das auf die zunehmende Bedeutung des Informationskampfes für die Landstreitkräfte hinweist, diesmal aus einem Thesenpapier der Bundeswehr aus dem Jahr 2017: Das Gefechtsfeld wird transparenter und komplexer, sowohl im Sinne von verbesserten Aufklärungsfähigkeiten aller Seiten als auch hinsichtlich der Verbreitung von Meldungen/Nachrichten/Gerüchten quasi weltweit, in alle gesellschaftlichen Bereiche und in die eigene Truppe hinein. […] Taktische Cyber-Kräfte unterstützen offensiv und defensiv den Einsatz von Landstreitkräften und […] ermöglichen auch […] den Angriff auf gegnerische Systeme und die offensive Beeinflussung von Entwicklungen im Informationsraum. Das Thesenpapier fabuliert auch von einem möglichen Krieg mit Russland, bei dem die NATO Täuschungsmanöver auf dem Informationskampffeld einsetzt (was die westliche Militärallianz gerne immer wieder Moskau vorwirft): Parallel wird in offenen Quellen (soziale Netzwerke, Messenger Services, Nachrichtenkommentare etc.) eine Vielzahl von Meldungen platziert, die auf ein Ausweichen der NATO-Kräfte hindeuten und so die eigene Absicht verschleiern helfen. Doch nicht nur das: Nachdem sich der Erfolg des Gegenangriffs abzeichnet, befiehlt der BrigKdr (Brigardekommandierende) eine offensive und mehrsprachige Informationskampagne, die durch Bilder, Text, Videos etc. die Erfolge der NATO-Truppen herausstreicht und zeigt, dass Kollateralschäden vermieden werden, aber auch eigene Verluste nicht verschweigt. Zeitgleich werden ausgesuchte Angehörige des Gegners und deren Angehörige adressiert. Durch diese zeitnahe, ehrliche und offene Berichterstattung wird gegnerischer Propaganda entgegengewirkt, die öffentliche Meinung sowohl in den NATO-Staaten als auch beim Gegner beeinflusst und die Informationshoheit umstritten oder gewonnen. Hier verwischt sich die Grenze zwischen der Planung der Propaganda und der eigentlichen Propaganda, denn ist die NATO-Propaganda nur "ehrliche und offene Berichterstattung", während Nachrichten des bösen Iwan natürlich nur "gegnerische Propaganda" sein kann. Der Freiheitskämpfer des einen ist der Terrorist des anderen, wie ein englisches Sprichwort besagt.

Plakat mit dem WM-Maskottchen vor der russischen Botschaft in Kiew im ZDF-Beitrag

Auch ein Dokument der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, eines wenig bekannten Thinktanks, der führend an der Gestaltung der deutschen Militärpolitik beteiligt ist, beschreibt die offensive hybride Kriegsführung seitens der NATO freimütig, wie die IMI-Studie zitiert: Wichtiger Bestandteil unserer Maßnahmen gegen Russland sollte das verstärkte Einbinden der russischen Zivilgesellschaft sein, sowohl in Russland selbst als auch im Ausland (unter anderem der russischen Diaspora), zum Beispiel durch die Förderung von unabhängigen Initiativen in den Medien, der politischen Debatte, des gesellschaftlichen Handelns etc. Obgleich sie keinen direkten Versuch darstellen, einen Regimewechsel in Russland herbeizuführen, könnten derartige Bestrebungen langfristig zur Entstehung alternativer politischer Eliten in Russland beitragen. Was jetzt der genaue Unterschied sein soll zwischen einem "direkten Versuch […], einen Regimewechsel in Russland herbeizuführend" und "Bestrebungen", "langfristig […] alternative politische Eliten in Russland" zu züchten, das wissen wohl nur die NATO-Scholastiker. Zumal in dem besagten Plan auch die Mittel, wie ein Regime-Change in Russland erreicht werden soll, genau beschrieben sind: "Fördermittel, Netzwerkarbeit, Satellitenfernsehen, soziale Medien, Internetportale und das Umgehen von VPN-Sperren". Die IMI-Studie erwähnt eine Entscheidung des EU-Parlamentes aus dem Jahr 201. Diese zeigt, dass die angebliche Gegenpropaganda nicht nur mutmaßlich feindliche Akteure im Ausland im Auge hat, sondern auch inländische kritische Medien und Organisationen zum Schweigen bringen will. Im Beschluss wird Besorgnis "über die zahlreichen EU-internen Multiplikatoren der gegen die Union gerichteten Propaganda" geäußert. Als Handlungsempfehlung an die EU-Staaten formulieren die EU-Parlamentarier:

Auch in Finnland wird es demnächst ein Zentrum gegen Hackerangriffe, Propaganda und allgemeine Destabilisierung durch den vermeintlichen oder tatsächlichen Feind im Cyberraum geben.
 
 
Die Mitgliedstaaten (sind) dafür verantwortlich […], feindliche Informationsmaßnahmen, die in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführt werden oder darauf abzielen, ihre Interessen zu untergraben, aktiv, vorbeugend und gemeinsam zu bekämpfen. Der niederländische Politikwissenschaftler Kees van der Pijl erklärt in seinem Buch "Der Abschuss", in dem er die Ukraine-Krise analysiert, dass die US-Botschaft in Kiew vor dem Maidan-Umsturz unter dem Deckmantel des Aufbaus der "technologischen Kapazitäten der Zivilgesellschaft" Oppositionsaktivisten darin unterrichtete, soziale Medien und das Internet zu nutzen, um die öffentliche Meinung zu steuern und Proteste anzustiften. Van der Pijl zitiert auch Nuland, die selbst erklärte, dass die USA fünf Milliarden Dollar in die "Demokratie-Werbung" in der Ukraine investiert hätten. Diese Fakten zeigen, dass der Ursprung der hybriden Kriegsführung und die besten Anwendungsbeispiele in der Politik der NATO-Staaten zu suchen ist. Wenn jetzt NATO-Propagandisten und ihr verlängerter Arm in den westlichen Staats- und Konzernmedien von einer angeblichen russischen hybriden Kriegsführung fabulieren, dann ist das nichts weiter als der sprichwörtliche Dieb, der da ruft: "Haltet den Dieb!"

 


 

Freihandel: Die EU im Konflikt mit den USA – Teil 1

Freihandel: Die EU im Konflikt mit den USA – Teil 1
USA und EU – die Handelssupermächte des Westens. Wer ist Koch und wer ist Kellner?
Neue Finanzakteure und ihre zivile Privatarmee haben die Dominanz des US-Kapitals innerhalb des westlichen Kapitalismus weiter ausdifferenziert und verstärkt, insbesondere in den Kernstaaten der EU. Einige Widersprüche zur Supermacht werden heftiger.

In seinem aktuellen Buch "Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts" untersucht Werner Rügemer unter anderem die Rolle des "Freihandels" in der westlichen Politik sowie die diesbezüglichen Machtverhältnisse und Konfliktlinien zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten. Mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht RT Deutsch nachfolgend den ersten Teil des Kapitels "Freihandel: Die EU im Konflikt mit den USA".

Teil II – Schwelende Konflikte und Trumps neue Standortpolitik

Teil I – Historische Entwicklung und erstickte Konflikte

Kann die EU "mehr Selbständigkeit" gegenüber den USA gewinnen, wie die EU-Verantwortlichen als Absicht verkünden? Der größte öffentlich ausgetragene Konflikt ist der Freihandel. Skizzieren wir zunächst dessen Entwicklung seit dem Zweiten Weltkrieg.

Machtgestützte Harmonie

"Freihandel" war seit der Globalisierung des Kapitalismus die Forderung der expandierenden Staaten wie Großbritanniens und der USA, um für die Produkte ihrer Unternehmen neue Märkte in den weniger kapitalistisch entwickelten Staaten zu erschließen.

Das erste Freihandelsabkommen, das nicht nur eine große Zahl an Staaten umfassen, sondern auf dem Prinzip der Gleichberechtigung beruhen sollte, war die International Trade Organization (ITO). Sie sollte eine Institution der gerade gegründeten UNO sein. Gelten sollten die universellen Menschenrechte – einschließlich der Sozial- und Arbeitsrechte – sowie das Völkerrecht, also die Gleichberechtigung der Völker und die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates.

GATT: Ohne Sozial- und Arbeitsrechte, ohne Völkerrecht

Aber die US-Regierung verhinderte die ITO und organisierte 1947 eine alternative Freihandels-Institution: das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen, General Agreement on Tariffs and Trade (GATT). Damit schlossen die USA nicht nur den Systemgegner Sowjetunion und andere sozialistische Staaten aus, sondern auch Staaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Wege waren, sich aus kolonialer Abhängigkeit zu befreien.

Das GATT begann mit 23 Staaten. Mitglieder waren die USA, die europäischen Kolonialstaaten Großbritannien, Frankreich, Belgien und die Niederlande, die Commonwealth-Staaten Australien, Ceylon, Kanada, Indien, Pakistan und Neuseeland, weitere kleine Apartheid- und abhängige Staaten wie Südrhodesien, Südafrika, Syrien, Kuba, Libanon, Burma, die vorsozialistische Tschechoslowakei, die kleinen Monarchien Luxemburg und Norwegen, die südamerikanischen Staaten Chile und Brasilien sowie das noch westlich abhängige China.

1947 hatten die USA auch das von der US-Mafia und US-Konzernen mithilfe eines einheimischen Diktators regierte Kuba als Gründungsmitglied in das GATT aufgenommen. Nach der Niederschlagung der Diktatur durch eine Volksbewegung unter Fidel Castro verhängten die USA 1961 ein bis heute geltendes Handelsembargo. Gleichzeitig versuchten sie, die demokratische Regierung Kubas militärisch zu stürzen. Der Geheimdienst CIA versuchte mehrere Male, den Regierungschef zu ermorden. Die USA halten auf Kuba bis heute den Marinestützpunkt Guantanamo, der als Gefangenen- und Folterlager genutzt wird – ganz unabhängig davon, dass der Pachtvertrag ausgelaufen ist.

Dies zeigt: Freihandel in der US-Version ist von Anfang an tendenziell nicht mit Demokratie, Menschenrechten und Völkerrecht vereinbar, sondern ist verbunden mit verschiedenen Formen des "America First", mit Ausschluss, Diktatoren-Einsetzung und notfalls militärischer Intervention.

Freihandelszone mit Marshall-Plan und NATO

Neben dem GATT bauten die USA eigene Freihandelszonen auf, etwa mit Japan und Südkorea. Ebenso zielte der Marshall-Plan, der nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA für die westeuropäischen Staaten aufgelegt wurde, auf eine geopolitisch ausgerichtete Freihandels- und Einflusszone. US-Kredite finanzierten ein Investitions- und Konjunkturprogramm für US-Unternehmen. Die USA verlangten von den Empfängerstaaten den Abbau von Zöllen, eine Zahlungsunion und einen einheitlichen, transnationalen Markt. Dieser sollte mit US-Regeln kompatibel werden. So wurde zudem die EU vorgeprägt.

Der Sowjetunion und den neuen sozialistischen Staaten wurden die Hilfen nicht, den kapitalistischen Staaten nur unter bestimmten Bedingungen gewährt: Dazu gehörte die antikommunistische Säuberung der Gewerkschaften, Verwaltungen und Regierungen z.B. in der Bundesrepublik Deutschland, in Italien, den Niederlanden, Frankreich usw. Griechenland beispielsweise bekam erst Hilfen, als das US-Militär die antifaschistische Volksbewegung niedergeschlagen hatte.

Marshall-Plan und NATO hatten dasselbe Ziel: Expansion und Sicherung des US-dominierten Kapitalismus. Im Weltkrieg war General George Marshall Generalstabschef der Army. Als Außenminister verkündete er 1947 den Marshall-Plan und bereitete gleichzeitig die Gründung der NATO vor. 1950 wurde er Verteidigungsminister, ihm unterstand die NATO-Zentrale, die zunächst ihren Sitz in Washington hatte. In Paragraph 2 des NATO-Vertrags heißt es, dass die Mitglieder die "ökonomische Zusammenarbeit" fördern sollen. Dazu unterhält die NATO ein eigenes Ökonomisches Komitee. Die transatlantische Wirtschaft, die EU und die NATO bilden bis heute eine Einheit, wie sich auch beim gemeinsamen Vorrücken von EU und NATO in Osteuropa und im Falle der Ukraine zeigt. Der gegenwärtige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte: "Was die EU tut, muss komplementär zur NATO sein."

So sehr die US-Regierung die EU seit 2017 in einen "Handelskrieg" manövriert hat: Die NATO und deren Führung durch die USA bleiben unbestritten. Zudem befolgt die EU die schon unter Präsident Obama erhobene und von seinem Nachfolger Trump wiederholte Forderung, die europäischen NATO-Staaten müssten ihr Verteidigungsbudget auf zwei Prozent ihres Bruttosozialprodukts erhöhen, verbunden mit der verschärften Aufrüstung gegen Russland.

Der Handelskrieg zwischen den USA auf der einen und der Volksrepublik China bzw. der EU auf der anderen Seite schlägt sich bereits auf die Börsenkurse nieder und drückt die Stimmung der Händler. (Symbolbild von 2011)

Privilegien und Embargos

Neben dem GATT setzten die USA mit den geostrategisch wichtigen Staaten, auch Japan, Südkorea und den Philippinen, Sonderregelungen durch. Der besonders bevorzugten Bundesrepublik wurden Staatsschulden, die vor Jahrzehnten gemacht worden waren, weitgehend erlassen bzw. langfristig und niederzinsig gestundet; zusätzlich wurde die Bundesrepublik von völkerrechtlich üblichen Kriegsreparationen bis heute freigestellt (Londoner Schuldenabkommen 1953, 2+4-Vertrag 1990/91).

Dagegen blieben die sozialistischen Staaten bis zuletzt draußen. Weder die Sowjetunion noch die Volksrepublik China erhielten jemals auch nur Beobachterstatus im GATT. Zusätzlich wurden auch die anderen sozialistischen Staaten boykottiert.

Gegenüber der Sowjetunion, ihren verbündeten Staaten und China betrieben die USA ab 1948 mit allen späteren NATO-Staaten und Japan das Coordinating Committee on Multilateral Export Control (CoCom). Auch "neutrale" Staaten wie die Schweiz, Schweden und Österreich beteiligten sich. Das Komitee bestand bis 1994 und definierte auf einer ständig aktualisierten Liste die technischen Güter, die nicht an sozialistische Staaten geliefert werden durften. CoCom war ein informeller Club, dem kein Völkerrecht und keine üblichen internationalen Rechtsregeln zugrunde lagen, und funktionierte lediglich auf außerrechtlichen Druck der USA.

1962 beschloss der NATO-Rat auf US-Initiative: Bundesdeutsche Unternehmen dürfen keine Großröhren für die geplanten Erdgas- und Öl-Pipelines aus der Sowjetunion in die DDR liefern. Die Regierung der Bundesrepublik und die Unternehmen wie Mannesmann und Hoesch beugten sich.

Mehr zum Thema - Altkanzler Schröder: Deutschland darf sich von USA nicht wie ein besetztes Land behandeln lassen

 

Erstickte Konflikte

Bei allem wirtschaftlichen Streit zwischen den USA und der EU: Die NATO blieb bisher völlig unumstritten. Auch unter dem ansonsten viel kritisierten US-Präsidenten Trump ändert sich daran nichts. Die EU-Verantwortlichen erfüllen begeistert die schon vom Vorgänger Obama erhobene Forderung nach Erhöhung der Militäretats.

Auf wirtschaftlicher Ebene sah es etwas anders aus. Die USA bahnten durch ihre Art der Globalisierung Konflikte an, die aber von der EU nicht durchgestanden wurden: Sie passte sich an.

North American Free Trade Agreement (NAFTA)

In den 1990er Jahren schufen die USA außerhalb des multilateralen GATT einen neuen Typ von Freihandelsabkommen. Dafür steht NAFTA. Es wurde 1994 nur mit den zwei ausgesuchten Nachbarstaaten Mexiko und Kanada geschlossen. Es ging um Bedingungen für Auslagerungen etwa der US-Automobilindustrie sowie um besonderen Schutz für US-Investoren in den beiden Ländern, in Kanada etwa auch beim Öl-Fracking. Vor allem durch die massenhafte Niedriglöhnerei in den mexikanischen Zulieferbetrieben erlangten die US-Konzerne einen Wettbewerbsvorteil. Doch Auto- und Pharmakonzerne aus der EU und Japan zogen nach und errichteten ebenso Zulieferbetriebe in Mexiko und Kanada.

Systemische Finanzoasen-Nutzung

Schon lange vorher hatten die USA neben GATT einen Alleingang gemacht. 1971 beschloss der US-Kongress den Foreign Sales Corporation Act (FSCA). US-Unternehmen können seitdem für die steuerliche Förderung von Exporten Briefkastenfirmen in Finanzoasen betreiben.

The City of London – neben der New Yorker Wall Street eine der globalen Drehscheiben der globalen Finanzströme.

Die EU klagte in GATT und dann vor der World Trade Organization (WTO) jahrelang gegen diese Exportsubvention, die den Wettbewerb verzerrte. Schließlich urteilte die WTO 2002: Dies ist unzulässig, die USA müssen an die EU 4,043 Milliarden US-Dollar Strafgeld bezahlen. Doch die EU forderte das Strafgeld nie ein, sondern passte sich an die US-Praxis an, erlaubte ihren eigenen Unternehmen dasselbe und öffnete die eigenen Finanzoasen wie Luxemburg, die Niederlande und Irland auch den US-Unternehmen.

Deshalb fallen die Maßnahmen der EU gegen die Steuerhinterziehung von US-Konzernen so dürftig aus. Einzelne Konzerne wie Apple und Microsoft werden kurzzeitig angeprangert. Statt etwa das riesige, auf "Steuergestaltung" spezialisierte Büro von PwC in Luxemburg zu schließen und die Gewinne am Ort und im Staat ihrer Entstehung zu besteuern, schlägt die Europäische Kommission z.B. eine defensive Ausweichlösung vor: eine Drei-Prozent-Digitalsteuer, die nur die paar bekannten Digitalkonzerne beträfe und zudem doch nicht eingeführt wird.

Exterritoriale Strafen wegen Iran-Embargo

Europäische Banken wie die Deutsche Bank, BNP Paribas, Barclays und UBS wurden in den USA immer wieder drastisch bestraft, etwa wegen Irreführung dortiger Kunden. Aber schon unter den Präsidenten Bush und Obama begannen die USA mit exterritorialen Bestrafungen europäischer Unternehmen, auch wenn die Handlungen nicht in den USA begangen worden waren. Damit verletzen die USA das Völkerrecht.

Die französische Bank BNP Paribas musste 2015 wegen Verletzung von US-Sanktionsregeln knapp neun Milliarden US-Dollar Strafe zahlen. Die Ermittlungen reichten bis 2002 zurück. Die Bank hatte für Kunden aus Kuba, Iran und Sudan Transaktionen durchgeführt, die teilweise in US-Dollar über Konten in New York liefen. Grundlage waren einseitige Embargos, die die USA außerhalb von GATT und WTO beschlossen hatten. Die französische Regierung kritisierte das heftig, ohne Konsequenzen.

Auf Verlangen der USA entließ die Commerzbank 2015 in Deutschland vier Mitarbeiter. Sie hatten ein Jahrzehnt lang Zahlungen für die staatliche Reederei des Iran abgewickelt. Nach deutschem und EU-Recht war das legal. Nach vierjährigen Ermittlungen hatte die Bank Gesetzesverstöße eingestanden. Sie verpflichtete sich, die Mitarbeiter wegen "kriminellen Verhaltens" zu entlassen, an die US-Behörde ein Strafgeld von 1,45 Milliarden US-Dollar zu zahlen und drittens sich in Deutschland bis 2018 überwachen zu lassen. Der betroffene Abteilungsleiter klagte gegen seine Kündigung und bekam auch in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht Hessen Recht: Es liege kein arbeitsrechtliches Fehlverhalten vor, das Arbeitsverhältnis bestehe fort. (Az. 18 Sa 1498/15) Die Commerzbank argumentierte dann vor dem Bundesarbeitsgericht: Der Druck aus den USA sei so "außerordentlich" und "gewaltig" gewesen, dass es zwecklos war, sich zu wehren. Die US-Behörde habe eine "wirksame Abschreckung durch persönliche Bestrafung" gefordert. Deshalb verlangte der Anwalt der Bank vom Bundesarbeitsgericht die Anerkennung eines Rechtsbruchs: "Es kommt nicht darauf an, ob ein Kündigungsgrund gegeben ist und ob die Kündigung mit der deutschen Rechtsordnung vereinbar ist." Schließlich handelte die Bank 2017 mit dem arbeitslosen Abteilungsleiter einen geheimen Aufhebungsvertrag aus.

Die von den USA beauftragte Beratungsfirma Alix Partners hat bis 2018 Zugang zu allen von ihr verlangten Unterlagen aller Commerzbank-Filialen weltweit und berichtet in die USA, ob die Bank nun alle US-America-First-Embargoregeln einhält. Die Kosten der Überwachung trägt die Überwachte.

Die Unterwerfung der deutschen Seite zeigt sich auch darin, dass sich die Commerzbank in beiden Staaten durch US-Kanzleien vertreten ließ: in Deutschland durch Allen & Overy, in den USA durch Cleary Gottlieb Steen & Hamilton. Auch die Bundesregierung unterwirft sich und trägt den Rechtsbruch mit: Der deutsche Staat ist der weitaus größte Eigentümer der Bank. Auch Miteigentümer BlackRock hat nichts zu kritisieren.

Freihandel ohne Geheimdienste?

Der designierte deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte bereits Wochen vor seiner Vereidigung erklärt: Wir werden nicht weiter über das Freihandelsabkommen TTIP verhandeln, solange die NSA deutsche Gesetze verletzt. Trotzdem verhandelte die EU weiter.

Der Autokonzern Daimler wurde in den USA wegen Korruption in Kroatien, China, Russland, Ungarn, dem Irak usw. auf der Grundlage des Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) angeklagt. In den USA hatte Daimler niemanden bestochen, aber für die Schmiergelder hatte der Konzern Briefkastenfirmen in Delaware und US-Bankkonten benutzt. Er stimmte 2010 einem Vergleich zu: Strafzahlung von 93,6 Millionen US-Dollar, Gewinnabführung von 91,4 Millionen und Überwachung aller Mitarbeiter auf Terrorismus. Drei Jahre lang wurde der Ex-FBI-Direktor Louis Free von Daimler bezahlt, um die Durchführung zu überwachen. So werden die Stammdaten der weltweit 280.000 Beschäftigten weiter vierteljährlich mit Terrorlisten abgeglichen, die von den USA an die EU geliefert werden. Bei bestätigtem Verdacht kann "personenbedingt" gekündigt werden.

Wie bei Commerzbank und BNP Paribas zeigt sich: Daimler ist vom Wohlwollen der USA abhängig. Der Konzern untersteht der US-Börsenaufsicht, da die Aktien in New York gelistet sind. Er betreibt zehn Niederlassungen in den USA mit 17.000 Mitarbeitern. Er profitiert von US-Finanzoasen, staatlichen Zuschüssen und Steuererleichterungen, die weiter gehen als in Deutschland und sonst in der EU. Zudem profitiert er von den besonders niedrigen US-Arbeitsrechtsstandards zumal in den "Right to Work*-Staaten": Dort gibt es fast keine Gewerkschaften, die Löhne sind niedriger als sonst in den USA und noch viel niedriger als in Deutschland. Der Umsatz in den USA ist größer als in Deutschland. Eine weniger aufwendige Überwachung dieser Art gilt seit der Verordnung 2580/2001 des Europäischen Rates für alle Unternehmen in der EU.

Seit spätestens 2007 greifen US-Geheimdienste systematisch auf Software und Datenflüsse von Industrieunternehmen und zivilen Infrastrukturanlagen in anderen Staaten zu. Das gilt etwa für Krankenhäuser, Elektrizitätswerke und Energienetze. Dies wurde etwa beim belgischen Stromkonzern Belgacom (wichtig u.a. wegen Brüssel als Standort der NATO, von SWIFT, der Europäischen Kommission und Institutionen des Europäischen Parlaments) und beim Stromnetz des Staates Österreich bekannt.

Über SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) im belgischen La Hulpe bei Brüssel läuft seit 1973 der transatlantische bargeldlose Zahlungsverkehr. Die USA schöpften ab 2001 mit der zusätzlichen Begründung, man müsse Terroristen aufspüren, hier Daten ab. Dazu gab es keine Vereinbarung, aber die zuständige belgische Zentralbank stimmte zu. 2010 schlossen die USA und die EU ein Abkommen zu SWIFT, das aber auch dann den Datenzugriff ermöglicht, wenn kein direkter Terror-Zusammenhang besteht. Das EU-Parlament forderte die Europäische Kommission auf, das Abkommen auszusetzen. Sie folgte dem aber nicht.

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(*) "Right to Work" = Recht auf Arbeit: diese irreführende Bezeichnung bedeutet in Wirklichkeit das von der Unternehmensleitung definierte Recht, Beschäftigte einzustellen, die nicht Mitglieder einer Gewerkschaft sind.

Werner Rügemer: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständliche Notizen zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. Köln 2018, Papyrossa Verlag, 357 Seiten, 19,90 Euro. Typologie, Praktiken und Hilfstruppen der neuen Finanzakteure, transnationale Kapitalverflechtungen. Vergleich des US-geführten westlichen Kapitalismus mit dem Kapitalismus in China nach den Kriterien Völkerrecht, Menschenrechte, Arbeitseinkommen, erneuerbare Energien, Korruptionsbekämpfung, volkswirtschaftliche Entwicklung und Typ der Globalisierung.

Anmerkung: Dieser Auszug enthält nicht die Fußnoten mit Quellenhinweisen des Originals.

Fortsetzung: Teil II – Schwelende Konflikte und Trumps neue Standortpolitik

Mehr zum Thema - Der Kampf um Eurasien: Wie Deutschland seine Chancen verspielt

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Freihandel: Die EU im Konflikt mit den USA – Teil 2

Freihandel: Die EU im Konflikt mit den USA – Teil 2
In der Zange – die EU im Handelsstreit mit den USA.
Neue Finanzakteure und ihre zivile Privatarmee haben die Dominanz des US-Kapitals innerhalb des westlichen Kapitalismus weiter ausdifferenziert und verstärkt, insbesondere in den Kernstaaten der EU. Einige Widersprüche zur Supermacht werden heftiger.

In seinem aktuellen Buch "Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts" untersucht Werner Rügemer unter anderem die Rolle des "Freihandels" in der westlichen Politik sowie die diesbezüglichen Machtverhältnisse und Konfliktlinien zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten. Mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht RT Deutsch nachfolgend den zweiten Teil des Kapitels "Freihandel: Die EU im Konflikt mit den USA".

Teil I – Historische Entwicklung und erstickte Konflikte

Teil II – Schwelende Konflikte und Trumps neue Standortpolitik

Schwelende Konflikte: Ukraine, Iran

Neben den erstickten haben sich härtere Konflikte entwickelt. Auch bei diesen gab und gibt die EU letztlich nach, ohne dass das Konfliktpotential beseitigt wird.

Ukraine: Im Zangengriff von EU und NATO

Die EU hat mit der Aufnahme ehemaliger sozialistischer Staaten schnell die Osterweiterung vorangetrieben. Fast zwei Jahrzehnte lang haben die westlichen Investoren, auch BlackRock & Co, die üblichen Möglichkeiten genutzt. Auch in der Ukraine haben sich aus den USA Coca-Cola, McDonald's, Microsoft und Citibank ausgebreitet. Der Zigarettenkonzern Philipp Morris kaufte von seiner Zentrale in der Schweiz aus in der Ukraine eine Zigarettenfabrik und wurde zum Marktführer. Er produziert hier auch mithilfe der extrem niedrigen Zigarettensteuer und komplizenhafter Oligarchen-Regierungen vor allem für Export und den internationalen Schmuggel. Die Agrarmultis Monsanto, Cargill und DuPont pachten Land in großem Stil für 49 Jahre. Auch Großkonzerne und mittelständische Unternehmen aus der EU haben die niedrigen Löhne der noch im Sozialismus vergleichsweise gut ausgebildeten Arbeitskräfte genutzt, etwa für ausgelagerte IT- und Softwaredienste. Aus Deutschland errichteten etwa 400 Unternehmen hier Niederlassungen, so Siemens, Puma, Linde, Bayer, BASF, SAP, Carl Zeiss, der Autozulieferer Leoni, viele Maschinenbaufirmen wie Demag Cranes, Vaillant, Viessmann und Claas.

Eine Demonstration der Organisation

Gleichzeitig blieb Russland der traditionell größte Investitions- und Handelspartner der Ukraine. Das widersprach der US-Geostrategie: Nur die Supermacht, die den eurasischen Raum mit seinen Ressourcen zwischen Lissabon und Wladiwostok beherrscht, kann demzufolge auf Dauer die einzige Supermacht bleiben, auch gegenüber China. Deshalb hatte schon 1996 der langjährige Chefstratege Zbginiew Brzeziński öffentlich klargemacht: Um Russland zu schwächen, muss es von der Ukraine getrennt werden. "Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt. [...] Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr." In der Ukraine musste also ein regime change organisiert werden, als Vorstufe für den regime change in Russland selbst. Dabei ging es nicht um den Sturz eines sozialistischen Regimes, sondern eines prokapitalistischen.

Regime Change

Auch hier zeigten die USA, dass sie nicht für die Ausbreitung des kapitalistischen Systems als solches eintreten, sondern nur eines von ihnen selbst beherrschten Kapitalismus. Die USA mischen sich nicht nur vordergründig in Wahlen anderer Länder ein, sondern nutzen Konzerne, Militärübungen und Stiftungen als Hebel und organisieren den Sturz von Regierungen – nicht nur in fernen Regionen, sondern auch in Europa.

Die Open Ukraine Foundation unter dem Vorsitz des Bankers Arsenij Jazenjuk – von den US-Strategen liebevoll "Jaz" genannt – wurde von der NATO, der Renaissance-Stiftung des George Soros, dem Oligarchen Wiktor Pintschuk, der Regierung Polens, dem PE-Fund Horizon Capital und der schwedischen Swedbank, einer der größten in Nordeuropa und im Baltikum, gesponsert. Die Stiftung des US-Bürgers Soros hatte in der Ukraine schon die "orangene Revolution" (2004/05) der Oligarchin Julja Timoschenko vorbereitet. Auch die US-Regierungsstiftung National Endowment for Democracy (NED) trug zur Erschließung der Ukraine bei, etwa mit Stipendien und Medienaufbau. Philipp Morris wirkte durch Studenten- und Sozialprogramme an der Umgestaltung der Zivilgesellschaft mit.

Der von der Konrad-Adenauer-Stiftung und den deutschen Leitmedien als zukünftiger ukrainischer Regierungschef aufgebaute Boxweltmeister Vitali Klitschko war zwar gut für die Mobilisierung auch rechtsradikaler Fußtruppen auf dem Maidan, hatte aber im Machtkartell keine Chance. Das US State Department übernahm mithilfe diverser nationalistischer und rechtsradikaler Kräfte die Inthronisation von Jazenjuk, drastisch und klar kommentiert von Victoria Nuland, im State Department zuständig für Europa: Fuck the EU, scheiß auf die EU! Auch solche Verachtung nehmen die EU-Verantwortlichen hin.

EU-Osterweiterung und NATO

Eine militärische Zusammenarbeit zwischen der deutschen Bundeswehr und anderen Streitkräften von EU-Staaten mit der ukrainischen Armee besteht seit 1993. Die NATO und EU sind im Verbund vorgerückt.

Die EU wollte schließlich mit der Ukraine kein normales Freihandelsabkommen. Vielmehr sollte die Ukraine ihre bisherigen Vereinbarungen mit Russland beenden. Die amtierende, zögernde Regierung, die an der Verbindung zu Russland festhalten wollte, wurde weggeputscht. 2014 unterzeichnete die Putsch-Regierung das Assoziierungsabkommen mit der EU. Dabei übernahm die Ukraine alle rechtlichen und wirtschaftlichen Regelungen der EU. Unmittelbar danach unterzeichnete Obama den Ukraine Freedom Support Act (Gesetz zur Unterstützung der Freiheit in der Ukraine). Die USA platzieren Militärberater, liefern Waffen und organisieren Militärübungen entlang der russischen Grenze.

Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft Wolfgang Büchele (2 v. links) und der russische Präsident Wladimir Putin beim Treffen mit der Delegation der deutschen Wirtschaft im Kreml am 1. November 2018.

Schon zu Beginn der US-Boykottmaßnahmen gegen Russland hatte die deutsche Wirtschaft einen "dramatischen Appell" an die EU gerichtet, die solle mit Russland vermitteln. Wolfgang Büchele, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, rechnete zwei Jahre später vor: Die Sanktionen gegen Russland haben Europa in dreistelliger Milliardenhöhe geschädigt. Für Deutschland bedeutet das einen Produktionsverlust von 13,5 Milliarden Euro, das entspricht einem Verlust von 60.000 Arbeitsplätzen. Zugleich werden Staaten in der Nähe Russlands geschädigt, vor allem die durch ihre EU-Mitgliedschaft ohnehin schon verarmten baltischen Staaten. Gerade die Ukraine, der angeblich durch die EU-Integration geholfen werden soll, wird durch die Sanktionen in ihrer wirtschaftlichen Erholung behindert. Büchele forderte: "Inzwischen ist die Zeit reif, das zu hinterfragen."

Doch nicht nur die politische Führung in Deutschland und in der EU beugte sich schließlich dem US-Druck. Auch die deutschen Unternehmer beugten sich, nahmen die milliardenschwere Schädigung hin. Sie erweitern ihre Investitionen in den USA. Die Steuersenkungen von Präsident Trump helfen dabei. Die vom Oligarchen Poroschenko regierte Ukraine verkommt volkswirtschaftlich, Armut breitet sich aus, zwei Millionen Ukrainer verdingen sich als Niedrigstlöhner im Niedriglohnland Polen – "Freihandel" nach US-Art.

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Der Iran

Die demokratisch gewählte Regierung von Premierminister Mohammad Mossadegh verstaatlichte 1952 die Anglo-Iranian Oil Company und begann mit einer Landreform. Dagegen organisierten die USA, assistiert von Großbritannien, 1953 einen Putsch, Mossadegh wurde gestürzt (Operation Ajax), mit Schah Reza Pahlavi wurde eine grausame, monarchisch umgänzte Diktatur installiert. Die Öl-Lizenzen wurden an British Petroleum, Shell und an kleinere französische und US-Unternehmen verteilt. Der Siemens-Konzern begann 1974 mit dem Bau eines Atomkraftwerks. An der Entwicklung der Volkswirtschaft und der Hebung des Volkswohlstandes waren die westlichen Akteure nicht interessiert – "Freihandel" nach westlicher Art.

US-Außenminister Mike Pompeo ist, zumindest aktuell, nicht nur mit sich selbst zufrieden.

Nachdem die muslimische Volksbewegung die Diktatur 1979 gestürzt hatte, belegten die USA den Iran nicht nur mit Wirtschaftsboykotten, sondern unterstützten den Krieg des irakischen Nachbarregimes von Saddam Hussein, um die Regierung des Iran zu stürzen. Millionen Iraner wurden getötet. Später überzogen die USA ihren erfolglosen und zudem aufmüpfigen Vasallen Saddam Hussein selbst mit Krieg, stürzten ihn und organisierten den Iran-Boykott weiter – ein Völkerrechtsbruch nach dem anderen. Als Begründung wurde zunehmend der Aufbau der iranischen Atomkraft hergeholt.

In langwierigen Verhandlungen erreichten die USA unter Präsident Obama mit Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland 2014 das Atomabkommen mit dem Iran. Trotzdem hielten die USA die meisten Boykottmaßnahmen aufrecht – die Bestrafung der Commerzbank und der BNP Paribas sind Beispiele dafür. Dem widersetzten sich weder die deutsche Regierung noch die Europäische Kommission.

Nach dem Abkommen bauten westliche Unternehmen, insbesondere aus Frankreich und Deutschland, die Handelsbeziehungen und die Investitionen im Iran wieder aus. Die Aufkündigung des Atomdeals durch den Obama-Nachfolger Trump tut den westeuropäischen Investoren wie in der Ukraine wieder sehr weh. Die EU-Kommission setzte 2018 die Blocking-Verordnung aus dem Jahre 1996 wieder in Kraft. Danach war es Unternehmen in der EU bei Strafe verboten, völker- und handelsrechtswidrige US-Sanktionen gegen Kuba, Libyen und den Iran zu befolgen.

Aber die Selbstunterwerfung der europäischen "Freunde" ist vorprogrammiert. Schon die Blocking-Verordnung hatte nicht funktioniert, niemals hat die EU Strafen verhängt. Trotz aller Kritik "dürften sich am Ende die großen europäischen Firmen dem US-Druck beugen und den Iran verlassen", heißt es aus Kreisen westlicher Diplomaten und Unternehmer in Teheran. So zieht sich auch der größte Investor im Iran, der Ölkonzern Total (Sitz: Paris), aus dem Iran zurück: Er ist nämlich gar kein "französischer" Konzern und hört nicht auf die französische Regierung unter Macron. Vielmehr ist Total in der Hand des angloamerikanischen Kapitals: Größter Aktionär ist BlackRock, weitere Aktionäre sind Vanguard, Wellington, Capital, T Rowe Price, Bank of America und Norges, die meisten Kredite stammen von US-Banken. Die Geschäftsbeteiligungen von Total in den USA sind elf Milliarden US-Dollar wert. Die bisherigen Investitionen von 40 Millionen US-Dollar in das iranische Gasfeld South Pars 11 lässt Total ohne großes Bedauern verfallen. Auch Daimler, BASF, Siemens und PSA haben sich so umorientiert.

So lautete schon vor der Aufkündigung des Iran-Abkommens durch Trump die routinierte europäische Unterwerfungserklärung: Regierungen, Unternehmens- und Bankchefs in der EU haben "die Lektion gelernt: Keine Bank mit globalen Ambitionen kann es sich leisten, den größten Kapitalmarkt der Welt zu verlieren". Das ist westliche Kapital-Demokratie: Kapital herrscht über Demokratie und Recht.

Neues Investitions-Eldorado: USA

Diese Feststellung galt schon seit Jahrzehnten. Alle europäischen Großbanken hatten seit den 1980er Jahren ihre Präsenz in den USA ausgebaut. Dort hatten sie immer wieder hohe Strafgelder bezahlt. Schweizer Banken hatten das ebenso hingenommen wie französische und deutsche. Aber trotz des gegen Trump gerichteten kritischen Polittheaters der Merkel, Macron & Co. sind die USA ein so begehrter Investitionsstandort wie nie zuvor.

"Deutsche" Unternehmen wie Bayer, BASF, Deutsche Bank, Siemens, Allianz, Fresenius, Heidelberg Cement sowie Sanofi (Chemiekonzern in Frankreich), United Bank of Switzerland und BAE Systems (Rüstungskonzern in Großbritannien) haben 2016 mehr für den Wahlkämpfer Trump gespendet als für die Kandidatin Clinton. Nach der Wahl setzen sie wie BlackRock und GAMFA [Google, Apple, Microsoft, Facebook, Amazon – Anm. der Redaktion] noch mehr auf den Investitionsstandort USA, nachdem Trump die Unternehmens- und Reichensteuern heftig abgesenkt hat. Der Chef der Deutschen Telekom lobt die Innovationskraft von Google und Facebook, die auf die Telekommunikation abstrahle, und dass überhaupt der US-Markt "regulatorisch nicht so eingeschränkt ist wie in Europa".

Die Deutsche Telekom – Haupteigentümer sind der deutsche Staat und BlackRock – geht noch weiter. Sie engagierte als Medienberater für ihre US-Geschäfte Corey Lewandowski. Der arbeitete seit 2008 für die Lobby-Organisation Americans for Prosperity der Oligarchen Charles und David Koch, bevor er 2015 Wahlkampfchef von Trump wurde. Während er 2018 für US-Vizepräsident Mike Pence arbeitet, soll er die Fusion der Deutsche-Telekom-Tochter in den USA, T-Mobile, mit dem US-Konzern Sprint – Miteigentümer u.a.: BlackRock und Vanguard – voranbringen.

Der ehemalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und aktuelle Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, ist seit Frühjahr 2016 Vorsitzender des Aufsichtsrats von BlackRock Asset Management Deutschland.

Das Leistungsbilanzdefizit der USA gegenüber der EU

US-Präsidenten, zusammen mit ihrem Regierungs- und Fake-News-Apparat, behaupten, die USA hätten ein Handelsdefizit gegenüber China und der EU. Im Jahr 2017 habe es gegenüber der EU 153 Milliarden US-US-Dollar betragen. Und dann wird gefordert, die schuldigen Chinesen und Europäer müssten das unfaire Handelsdefizit abbauen.

Die Statistikkriterien stammen aus der Zeit von vor einem Jahrhundert, als es tatsächlich zwischen den Staaten vor allem um Handel mit industriellen und agrarischen Produkten ging. Deshalb ist heute der immer noch weiter verwendete Begriff etwa der "Freihandels"abkommen auch ein Fake. In großem Umfang geht es bei solchen Verträgen seit drei Jahrzehnten immer mehr um grenzüberschreitende Investitionen und um Dienstleistungen. Wenn wir deshalb die Beziehungen gesamtwirtschaftlich betrachten, sieht die Bilanz anders aus.

Dienstleistungen, Gewinne

Wenn wir die Dienstleistungen einbeziehen, ergibt sich für 2017 ein Überschuss zugunsten der US-Unternehmen: Sie haben für 51 Milliarden US-Dollar mehr in der EU verkauft als EU-Konzerne in den USA. Bei den gegenseitig transferierten Gewinnen ergibt sich ein Überschuss für die USA von 106 Milliarden. Rechnet man noch die persönlichen Finanztransfers von Managern, Diplomaten, Geheimdienstlern und Touristen hinzu – zehn Milliarden Überschuss für die US-Seite –, dann kommen wir trotz des oben genannten und oft beklagten Handelsdefizits von 153 Milliarden auf einen US-Gesamtüberschuss von 14,2 Milliarden Dabei wird auch deutlich, dass die Gewinntransfers über die wichtigsten Finanzoasen der EU laufen – Niederlande, Luxemburg, Irland und Großbritannien; wegen dieser Komplizenschaft schweigen die EU-Oberen.

Die transnationale kapitalistische Klasse könnte in kollektives Gelächter über den Streit um Handels- bzw. Leistungsbilanzdefizite ausbrechen, wenn sie Zeit und Lust hätte.

Werner Rügemer: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständliche Notizen zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. Köln 2018, Papyrossa Verlag, 357 Seiten, 19,90 Euro. Typologie, Praktiken und Hilfstruppen der neuen Finanzakteure, transnationale Kapitalverflechtungen. Vergleich des US-geführten westlichen Kapitalismus mit dem Kapitalismus in China nach den Kriterien Völkerrecht, Menschenrechte, Arbeitseinkommen, erneuerbare Energien, Korruptionsbekämpfung, volkswirtschaftliche Entwicklung und Typ der Globalisierung.

Anmerkung: Dieser Auszug enthält nicht die Fußnoten mit Quellenhinweisen des Originals.

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die finanz-mafia treibt europa in den abgrund
früher war es die piraten und räuberbanden, die die bevölkerung ausraubten, heute ist es die finaz-mafia und ihre privatarmeen die uns terrorisieren. die räuber haben karriere gemacht  - vor allem in den USA - und haben jetzt den staat übernommen. die kriminellen sitzen in regierung, NATO, EU, UNO, verwaltung und justitz und füheren einen perfiden krieg gegen das eigene volk. wenn wir diese kriminellen nicht von der macht verdrängen, werden sie uns ins chaos stürzen. organisieren wir uns! meine lösungsvorschläge findest du in der rechten spalte...

USA im Niedergang? – Aber in der EU so mächtig wie noch nie

USA im Niedergang? – Aber in der EU so mächtig wie noch nie
Die unverhohlene Machtpolitik des "America First" von US-Präsident Donald Trump provoziert zwar international Widerstand, doch in der EU sind die USA maßgeblich präsent und zeigen, wo es lang geht.
Die USA verfolgen zunehmend offensiv die Durchsetzung ihrer "nationalen Interessen". Was als Ausdruck eines Aufbäumens "mit aller Gewalt" gegen den eigenen Niedergang als "einzige Supermacht" gelten kann, sollte nicht über die realen Machtverhältnisse hinwegtäuschen.

Richtig: Volkswirtschaft und Industrie in den USA schrumpfen, die Mehrheit der Bevölkerung verarmt. Das moralische Ansehen der Supermacht ist weltweit geschwunden, unter den kriegsführenden "America First"-Präsidenten Bush, Obama und noch beschleunigt unter Trump. Aber Investoren, Militärs, Geheimdienste und Berater der USA sind in der Europäischen Union präsent, mehr denn je. Und Regierungen und Leitmedien sind Komplizen – besonders in Deutschland.

von Werner Rügemer

Seit US-Konzerne in den 1980er Jahren im großen Stil den Standort USA de-industrialisieren und Produktionen in alle erreichbaren Niedriglohnregionen der Erde verlagern, seit sich in den USA selbst die systemische Massen-Erscheinung des working poor ausbreitet (arbeiten, aber arm bleiben) und seit Ghettos, Slums und Dritte-Welt-Zustände im westlichen Führungsstaat zur Normalität gehören – seitdem verkünden oberschlaue Professoren wie Herfried Münkler den "Niedergang der USA". Diese fake news dienen als Grund für die hetzerische Propaganda, "Europa" müsse endlich an die Stelle der einst angebeteten Supermacht treten, müsse aufrüsten, aufrüsten, aufrüsten und gegen den alt-neuen Feind Russland den notfalls möglichen Krieg vorbereiten. Aber aus der US-geführten NATO will keiner aussteigen, auch nicht das Brexit-Großbritannien. Und der "Niedergang der USA" verdeckt, dass die EU selbst in der gleichen Entwicklung steckt.

Der US-Dollar, Symbol und Mittel der Macht der Vereinigten Staaten von Amerika, die mit ihrer Politik allerdings immer mehr das US-Dollar-basierte internationale Währungs- und Finanzsystem untergraben – und damit die Grundlage ihrer eigenen globalen Vorherrschaft.

Dominanz von US-Investoren

Spätestens seit dem 2. Weltkrieg wurde die transatlantische Region mit den USA und Westeuropa zur Region mit der höchsten Kapitalverflechtung. Der Marshall-Plan war weniger eine Hilfe für die westlichen Europäer als ein Investitions- und Marktöffnungsplan für Banken und Konzerne aus den USA. Alle wichtigen Banken und Konzerne eröffneten Niederlassungen vor allem in den wichtigen Staaten wie Großbritannien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland und in den drei Benelux-Staaten: Morgan, Chase Manhattan, Citibank, Ford, General Motors, Coca Cola, IBM, Hewlett Packard, Exxon, Goodyear und einige tausend weitere, die McKinsey-Berater eingeschlossen.

Seit den 1980er Jahren intensivierte sich auch die Gegenrichtung: Deutsche Bank, UBS, PNB Paribas, deutsche Auto- und Chemiekonzerne, Siemens, Deutsche Telekom errichteten Niederlassungen in den USA – viele, wie auch inzwischen über 3.000 Mittelstandsfirmen allein aus Deutschland, machen in den USA teilweise größere Umsätze als am Ursprungsstandort. Konzerne aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien – z.B. BASF, Heidelberg Cement, Sanofi, BAE Systems – haben für Trumps Wahlkampf gespendet. Seine Steuersenkungen, Staatssubventionen für Unternehmen und nicht zuletzt die Russland- und Iran-Boykotte der USA haben die europäischen Investitionen in den USA nochmal beschleunigt.

Die Deregulierung unter US-Präsident Clinton hatte neue Finanzprodukte und neue Finanzakteure der Wall Street wie Hedgefonds und Private Equity Fonds legalisiert und hatte auch den ganz großen Kapitalorganisatoren wie BlackRock, Vanguard und State Street ein neues Operationsgebiet eröffnet: Sie gründeten keine Unternehmen, sondern kauften und kaufen jetzt die vorhandenen Unternehmen auf, verwerten sie, fusionieren sie oder spalten sie auf, verschlanken sie, vernichten Arbeitsplätze, verstecken die Privatgewinne. Steuern zahlen sie lieber keine – in den USA haben sie ihren Sitz in der Finanzoase Delaware, und die EU hat für sie die Finanzoase Irland ausgebaut und die Finanzoasen Luxemburg und Niederlande mundgerecht angeboten.

Und der langjährige Ministerpräsident und Finanzminister Luxemburgs, der christlich angestrichene Jean-Claude Juncker, wurde von der sich christlich gebenden Europäischen Volkspartei (Berlusconi und Orban als Mitglieder) und der Merkel-Regierung auf den Chefsessel der Europäischen Kapitalbürokratie gehoben. Die US-Investoren können sich aller dahergelaufenen PopulistInnen frei bedienen.

Private Equity: In aller Stille 10.000 deutsche Mittelstandsfirmen verwerten

Die bundesdeutsche Regierung unter Schröder/Fischer zusammen mit ihrem Regierungsbeauftragten, dem Ex-Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, öffnete mit Steuererleichterungen und neuen Investitions-Gesetzen die Schleusen. Initiiert wurde dies in den USA: Die angloamerikanischen Leitmedien kritisierten Deutschland als den "kranken Mann Europas". Schröder war, von der Öffentlichkeit unbemerkt, wiederholt an der Wall Street und referierte vor dem exklusiven Kreis, den sein Duzfreund, "Sandy" Weill, Chef der damals größten US-Bank, der Citibank, zusammenrief. So entstand die Agenda 2010. Natürlich mischte McKinsey auch in der Hartz-Kommission mit.

Die anderen EU-Staaten, unterstützt von der Kommission, folgten. So kauften ab Beginn der 2000er Jahre die Private-Equity-Investoren Blackstone, KKR, Cerberus, Carlyle & Co bis zum Jahr 2018 etwa 10.000 gutgehende Mittelstandsfirmen allein in Deutschland, bürdeten ihnen Kredite auf, entnahmen Gewinne, verhängten Lohnstopps und Entlassungen, vertrieben Betriebsräte, verscherbelten Unternehmens-Immobilien und verkauften nach zwei bis höchstens acht Jahren die "verschlankten" Unternehmen gewinnträchtig weiter an die nächsten Investoren, bei einigen gelang der noch lukrativere Börsengang.

Siemens Nixdorf, ATU, MTU, Demag, Gerresheimer Glas, Bosch Telenorma, Kabel Deutschland, Duales System, Hugo Boss, Kamps, Backwerk, HSH Nordbank, Stada, WMF, Gesellschaft für Konsumforschung – manchmal gab es bei den bekannteren Unternehmen ein bisschen kurzzeitige mediale und gewerkschaftliche Aufregung. Aber Münteferings "Heuschrecken"-Kritik wurde 2005 durch Antisemitismus-Vorwürfe schnell erstickt. Seitdem herrscht Schweigen. So konnte Blackstone mit nur 4,5 Prozent der Aktien – mithilfe der Merkel-Regierung und ihrem Finanzminister Steinbrück – den Vorstand der Telekom austauschen, der Gewerkschaft verdi einen heftigen Schlag versetzen, den Konzern "zukunftsfähig" machen und nach zwei Jahren mit Gewinn wieder aussteigen. Die Financial Times resümierte: Blackstone mithilfe der Merkel-Regierung hat "den deutschen Kapitalismus verändert".

Nach Private Equity: Dann kamen BlackRock & Co

Diese Private-Equity-Investoren machen unbemerkt weiter. Aber mit der "Finanzkrise" ab 2007 kam zusätzlich, sozusagen obendrauf, die 1. Liga mit BlackRock & Co. Sie beenden, schrittweise und ohne Aufhebens, die nationalen Eigentumsverhältnisse in der EU: Ende der Deutschland AG, der Schweiz AG, der Frankreich AG usw.

Die transatlantische Eigentümer-Verflechtung war noch nie so hoch wie heute und so von US-Kapitalorganisatoren beherrscht. Dazwischen tummeln sich nur einzelne Investoren aus Katar, Saudi-Arabien, Schweden, Norwegen und China.

BlackRock & Co sind die bestimmenden Akteure in den meisten führenden Banken und Konzernen der EU. Sie haben zwar nur jeweils zwischen 2 und 10 Prozent der Aktienanteile wie z.B. in allen 30 DAX-Konzernen. Aber damit ist man erstens heute schon Großaktionär. Und zweitens: BlackRock & Co sprechen sich untereinander ab und bilden den bestimmenden Aktionärsblock. Das wird auch dadurch erleichtert, dass die nächstgroßen Investoren wie Vanguard, State Street und Norges gleichzeitig Aktionäre bei BlackRock sind. BlackRock & Co verkaufen ihren Unternehmen Risiko- und Marktanalysen und sind außerdem die Eigentümer der US-Ratingagenturen, bei denen die Unternehmen jährlich für einige Millionen ihre Ratings kaufen müssen.

BlackRock wurde von Obama mit der Abwicklung der Finanzkrise beauftragt, berät die US-Zentralbank Fed, aber auch die EZB und die wichtigsten westlichen Zentralbanken. BlackRock ist Miteigentümer in 17.000 Unternehmen, bei den Wall-Street-Banken, bei General Motors, Coca Cola, IBM, Tesla, Ryan Air, Facebook, Google, Microsoft, Apple, Amazon, bei Deutsche Bank, Commerzbank, Daimler, Siemens, VW, Lockheed, Rheinmetall, BAE Systems, RWE, E.ON usw. und damit der größte Insider der westlichen Finanz- und Wirtschaftswelt – da kommt keine Finanzaufsicht und kein Kartellamt mit.

An Aktien- und Kartellrecht vorbei

BlackRock & Co scheren sich nicht um nationales Kartell- und Aktienrecht in der EU. Sie verschwenden ihre Zeit gar nicht mit Posten im Aufsichtsrat. In diesen Abnicker-Gremien mit den paar braven Gewerkschaftern fallen keine wichtigen Entscheidungen. Aber die Vorstände müssen regelmäßig Bericht an der Wall Street erstatten. "Die lassen uns antanzen", vertraute E.ON-Vorstandschef Teyssen dem Handelsblatt an. BlackRock & Co sagen auf den Aktionärsversammlungen nie etwas. Sie bleiben unsichtbar. Sie klären alles im Vorfeld. "Wir können mehr erreichen, wenn wir abseits der Öffentlichkeit das ganze Jahr über Gespräche führen", sagte BlackRock-Chef Lawrence Fink dem Handelsblatt.

BlackRock & Co wurden in aller Stille die größten Wohnungseigentümer in Deutschland. Vonovia mit 400.000 Wohnungen, Deutsche Wohnen mit 160.000 Wohnungen, LEG mit 135.000 Wohnungen: In allen diesen drei größten Wohnungskonzernen in Deutschland sind BlackRock & Co die Haupteigentümer. Sie treiben Mieten und Nebenkosten hoch. Vonovia hat ihre Finanzabteilung als Vonovia B.V. in der Finanzoase Niederlande platziert. Die Vonovia-Dachholding ist eine Societas Europaea (S.E): Diese Aktiengesellschaft nach EU-Recht ermöglicht z.B. das deutsche Betriebsverfassungs-Gesetz zu umgehen. Unsere Regierungen, Leitmedien, Kartellämter schauen zu bzw. weg.

BlackRock & Co: Größte Organisatoren von Briefkastenfirmen

Dasselbe gilt für die Besteuerung der Gewinne. BlackRock & Co haben ihre operativen Sitze in New York, Chicago, Boston, Houston und San Francisco, ihre Filialen in London, Paris und Frankfurt. Aber ihre juristisch-steuerlichen Sitze haben sie in einer Finanzoase, vor allem im US-Bundesstaat Delaware.

Und zusätzlich sind BlackRock & Co die größten Organisatoren für Briefkastenfirmen. Darin anonymisieren sie die Multimillionäre und Multimilliardäre, deren Kapital sie für die Unternehmenskäufe und Wertpapierspekulationen einsetzen und denen sie einen Teil der Gewinne überweisen, z.B. aus den Miet- und Nebenkostensteigerungen in Deutschland.

So versteckt BlackRock zum Beispiel seine 8,47 Prozent Vonovia-Aktien in 158 Briefkastenfirmen in einem Dutzend jeweils passend ausgewählter Finanzoasen. Die Fake-Konstruktionen heißen z.B. BlackRock Delaware Holdings Inc., BlackRock Holdco 6 LLC, BlackRock Luxembourg Holdings S.a.r.l., BlackRock Asset Management Schweiz AG – darauf übrigens sind die ach so investigativen Journalisten der Süddeutschen Zeitung noch nie gestoßen. Und die EU-Kommission und die deutschen Finanzminister schauen zu bzw. weg.

Allerdings trafen bzw. treffen sich die deutschen Finanzminister von Schäuble (CDU) bis Scholz (SPD) und sein Staatssekretär Kukies, der von Goldman Sachs kommt, außerhalb der Öffentlichkeit mit BlackRock-Chef Fink. Das berichtete die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei Anfang 2019 schmallippig und ohne Angabe zum Ort der Treffen, zu Gesprächsgegenstand und Ergebnis. Übrigens: Auch der damalige Außenminister Gabriel (SPD) traf sich mit Fink – BlackRock ist also auch für die deutsche Außenpolitik wichtig? Herr Gabriel, erzählen Sie mal!

EU-Konzerne unter US-Überwachung

Die US-Justiz regiert direkt in (west)europäische Konzerne hinein. Sie müssen jahrelang auf eigene Kosten hochrangige US-Teams im Vorstand installieren, Zugriff zu allen Interna gewähren. In Deutschland gilt das etwa für Commerzbank, Deutsche Bank, HypoVereinsbank, VW, Siemens, Bilfinger und Daimler.

Bei Daimler dient als Grund die Überwachung aller Beschäftigten, auch ihrer Gehaltskonten, auf Terrorismusverbindungen. Die vom Konzern bezahlten US-Ermittler können den Daimler-Beschäftigten mit Kündigung drohen, wenn sie der Auskunftspflicht nicht ausreichend nachkommen. Auch die Landesregierung Baden-Württembergs und die IG Metall stimmten zu.

Bei der Commerzbank erzwang die US-Justiz die Schließung einer Abteilung, die Finanztransfers für die staatliche Reederei des Iran durchführte. Die Ermittlungen liefen seit 2002. Die Commerzbank musste 1,4 Mrd. Dollar Strafe zahlen, muss drei Jahre lang eine US-Agentur bezahlen, die weltweit die Einhaltung des Iran-Embargos überwacht, musste die vier Mitarbeiter der Abteilung kündigen, musste den Abteilungsleiter rauswerfen, obwohl der vor allen Arbeitsgerichten Recht bekam. Vor Gericht begründete der Bankvertreter den rechtswidrigen Rauswurf damit, dass die US-Justiz eine "wirksame Abschreckung durch persönliche Bestrafung" gefordert habe, dem hätte man sich beugen müssen. Die Bundesregierung, die mit Finanzminister Schäuble zuständig war, weil der deutsche Staat Hauptaktionär der Bank und im Aufsichtsrat vertreten ist, stimmte dem Rechtsbruch kommentarlos zu, ebenso die Gewerkschaft verdi, die im Betriebsrat und Aufsichtsrat vertreten ist.

Bei Volkswagen leitet der Chefrechtsberater von Pepsi Cola und Ex-US-Vizejustizminister Larry Thompson seit 2017 in der Wolfsburger Konzernzentrale eine vielköpfige Ermittlergruppe. VW zahlt dafür pro Jahr "dutzende Millionen Euro", wie die Wirtschaftspresse kritiklos rapportiert. Die Ermittler überwachen bis 2020 den Autokonzern weltweit. Auch alle 30.000 Beschäftigten in den USA wurden verhört. Anlass war der Abgas-Betrug in den USA. Aber die Überwachung wurde ausgeweitet, der Autokonzern wird nach öffentlich nicht genau bekannten Kriterien durchforstet. Dazu gehört auch die "Transparenz und Kommunikation über arbeitsrechtliche Maßnahmen", einschließlich der Einhaltung von Arbeitszeiten. Die Landesregierung als Vertreter des Miteigentümers Land Niedersachsen sowie Betriebsrat und Gewerkschaften haben bisher keine Kritik erkennen lassen.

Alstom in Frankreich: Als General Electric die Kraftwerkssparte des Alstom-Konzerns kaufen wollte, stellte sich das Vorstandsmitglied Frédéric Pierucci dagegen. Mithilfe einer Anklage, er habe in Indonesien einen Politiker bestochen, wurde er 2013 am New Yorker Flughafen verhaftet, verhört, nicht angeklagt, aber zwei Jahre in verschiedenen US-Gefängnissen als Geisel festgehalten, Gefangene wurden als FBI-Spitzel auf ihn angesetzt. Nachdem General Electric Alstom gekauft hatte, wurde Pierucci freigelassen, unter der Bedingung, dass er von Alstom nicht mehr beschäftigt wird. Die Europäische Kommission genehmigte den Verkauf.

Pierucci fasst zusammen: Seit 2008 haben die USA 14 westeuropäische Konzerne, darunter fünf französische, unter gefaketen Vorwänden destabilisiert, um US-Konzernen Vorteile zu verschaffen. Übrigens: Das Buch von Pierucci "Le Piège Américain" (Die amerikanische Falle) wurde nicht auf deutsch veröffentlicht, obwohl – oder weil – es, verfasst von einem Topmanager, minutiös eine der US-Herrschaftsformen über die EU dokumentiert, auch den Einsatz des Geheimdienstes NSA.

EU-Staaten zu Obama und Trump: Ja, wir folgen eurer Hass-Parole!

Die USA führten 1999 den Krieg gegen das sozialistische Jugoslawien an, bombardierten die Hauptstadt Serbiens, Belgrad, und zerstörten Fabriken und Medien. Die USA erklärten damit auch das deutsche Grundgesetz für obsolet. Die Bundesregierung machte mit: Die erlaubte Landesverteidigung wurde in erlaubte, präventive Auslandsaggression gegen gefakete, von den USA vorgegebene Ziele umgewandelt.

Die Bundesrepublik Deutschland ist der von einer fremden Macht am dichtesten besetzte Staat der Welt. Ungefähr anderthalb Dutzend US-Militärstützpunkte mit weltweiter Vernetzung in alle US-Kriegsschauplätze, Vermittlungsstationen für Drohnenmorde in Afrika und Asien, das größte Militärlazarett der westlichen Welt bei Ramstein/Pfalz. Aufschlussreich: Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages stellte fest: Wir können nicht mit Sicherheit sagen, wieviele Militärstützpunkte die USA in Deutschland unterhalten, unsere Anfragen in Washington blieben unbeantwortet!

Und die zehn US-Militärstützpunkte in Italien reichen auch noch nicht: Der Kosovo wurde von Serbien völkerrechtswidrig abgetrennt, damit der US-Stützpunkt Bondsteel, umgeben von Armut, geschützt ist. Und neben der NATO betreiben die USA ungefähr 16 US-Militärstützpunkte in den weiteren EU-Staaten Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Spanien, Ungarn. Bei aller Rhetorik für "europäische Selbständigkeit" – die US-Besetzung der EU steht nicht zur Diskussion.

Die EU wollte, so hieß es, Frieden in Europa stiften. Doch neben den USA nutzte auch die von den USA geführte NATO die Osterweiterung der EU, um selbst auch gen Osten mitzureiten – obwohl der gefakete frühere Aggressor, die sozialistische Sowjetunion verschwunden war. Aber die NATO hat auch das kapitalistische Russland zum neuen Aggressor ausgerufen, unabhängig von der Abspaltung der Ostukraine. Wie erklärt es der norwegische Sozialdemokrat Jens Stoltenberg, Generalsekretär der NATO: "Die EU muss komplementär mit der NATO sein".

2014 in Warschau beschlossen die folgsamen RegierungschefInnen der europäischen NATO-Staaten auf Vorschlag des obersten US-Kriegsherrn, Präsident Obama: Ja, wir erhöhen unsere Militärbudgets auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts. Ja, wir machen die Häfen, Straßen und Brücken in der EU aufmarschgängig für US-Panzer und schwere Artillerie gen Russland. Ja, lieber Obama, wir folgen Deiner Hass-Parole: Russland ist unser schlimmster Feind!

US-Beraterkonzerne regieren mit

Die CDU-geführte Bundesregierung unter Helmut Kohl und vornedran Finanzminister Theodor Waigel (CSU) holten die US-Berater J.P Morgan, McKinsey, Price Waterhouse Coopers & Co in die Treuhand, um das betriebliche Vermögen der Ex-DDR zu verscherbeln. In den Standard-Gutachten hieß es: Das Unternehmen ist noch eine DM wert, aber nur wenn der Staat noch 70 Millionen Zuschuss zahlt. So "verkaufte" die Treuhand die DDR-Wirtschaft, Ergebnis: 270 Mrd. DM Schulden, die auf den deutschen Staatshaushalt übertragen wurden! Das ist das Muster, das, etwas gemäßigt, bis heute in Deutschland gilt: US-Berater, inzwischen Staats-Dauer-Berater, verdienen viele Millionen, auch und gerade dann, wenn Staat und Bürger Milliarden verlieren.

Die US-Unternehmensberater McKinsey & Co, die Big Four der US-Wirtschafts'prüfer' mit Price Waterhouse Coopers & Co, die US-Wirtschaftskanzleien Freshfields & Co, die Big Three der US-Ratingagenturen Standard & Poor's & Co – sie alle sind traditionell Lobbyisten der Konzerne, und sie wurden auch in der EU, in Brüssel und in Deutschland zu Dauer-Staats-Beratern. Sie regieren mit.

Accenture, mit 400.000 hochbezahlten Akademikern der weltweit größte Beratungskonzern, trimmt zusammen mit McKinsey die Arbeitsagentur und die Jobcenter, damit die gedemütigten Arbeitslosen die größte folgsame Reservearmee für die Leiharbeitsbranche bleiben, die wiederum angeführt wird von den größten Leiharbeitsvermittlern Adecco und Manpower, die natürlich, so langweilig ist es geworden, BlackRock & Co gehören. McKinsey berät das BAMF, damit die Asylanten am schnellsten wieder weggeschafft werden. McKinsey sitzt fest im Verteidigungsministerium, stellt mal eine Staatssekretärin, bekommt mal ohne Ausschreibung dicke Beraterverträge, und das lukrative Dauergeschäft mit teuer gewarteter, nicht funktionierender Rüstung bleibt lange erhalten – Rheinmetall als Bundeswehr-Lieferant mit privater Wartung der selbst gelieferten Rüstungsgüter, ich gebe es zu, das ist ebenso langweilig wie abstoßend, gehört BlackRock & Co.

Freshfields hat, vom damaligen Finanzminister Steinbrück (SPD) geholt, die zwei Bankenrettungs-Gesetze entworfen, weil diese Kanzlei als Banken-Lobbyist und Vertragsentwerfer für die neuen Finanzprodukte die Interessen der Banken natürlich am besten kennt. Freshfields, nachdem das von dieser Kanzlei propagierte Cross-Border-Leasing-Fake-Geschäft wegen Rechtswidrigkeit vom US-Kongress verboten wurde, hat 2002 den 17.000-Seiten-Vertrag für Toll Collect entworfen, hat für die erfolglose Beratung des SPD-, dann CSU-geleiteten Verkehrsministeriums bis 2018 eine mehrstellige Millionensumme verdient und darf auch den jetzigen CSU-Verkehrsminister weiter beraten.

Price Waterhouse Coopers hat Wirtschaftsminister Gabriel beraten, wie private Investoren an der maroden Infrastruktur einen über dem Marktdurchschnitt liegenden, staatlich garantierten Mindestgewinn einfahren können. Von PWC kommt auch Matthias Kollatz, der in Berlin den Finanzsenator gibt und dort den Empfehlungen folgt, die er bei seinem vorherigen Dienstherrn entworfen hat.

Moody's, Standard & Poor's und Fitch – natürlich gehören sie BlackRock & Co – legen, gegen hohes Honorar, die Kreditkonditionen nicht nur aller großen Unternehmen in der EU fest, sondern auch aller EU-Mitgliedsstaaten. Die EZB, der ESM, die deutsche Finanzaufsicht richten sich ebenfalls statutengemäß nach den Vorgaben der "Big Three".

Undsoweiter, ich will Sie ja mit Boston Consulting, Ernst & Young, Deloitte und zum Beispiel mit den Union-Busting-Kanzleien Allen & Overy, White & Case, Hogan Lovells und DLA Piper nicht noch mehr erschrecken oder langweilen. Sie können ja selber mal nachsehen, wenn Sie die Wirklichkeit des gegenwärtigen Kapitalismus in der EU und in Deutschland erkunden wollen, an Spiegel, ZEIT, FAZ, Süddeutscher Zeitung, Welt, BILD, ARD, ZDF, DLF, Kölner StadtAnzeiger und Leipziger Volkszeitung & Co vorbei!

Arbeitsteilung zwischen Sigmar Gabriel und Friedrich Merz?

Diesmal ersparen wir uns die weiteren Erpressungen, denen die EU-Oberen sich unterworfen haben und weiter unterwerfen: Verlust zehntausender Arbeitsplätze in der Ukraine. Steigerung des Imports von teurem LNG-Frackinggas aus den USA von 2016 bis heute von Null auf 2,8 Milliarden Kubikmeter, teurer Bau von LNG-Terminals und -Leitungen.

Und diesmal ersparen wir uns auch das Kapitel über die Kontrolle des Internets durch US-Konzerne, State Department und NSA. Anregung für MitbürgerInnen, die es wirklich noch nicht wissen: Sie können ja zum Einstieg mal nachsehen, was Ex-Google-Chef Eric Schmidt, von Obama berufen, jetzt als Vorsitzender des US-Defense Innovation Board macht. Oder wo neben dem US-Home Department die Überwachungstechnologie des US-Unternehmens Palantir steckt, dessen Chef Alexander Karp 2018 in den Aufsichtsrat des Springer-Konzerns berufen wurde.

Einige der neuen Kapitalorganisatoren haben jetzt gemerkt, dass sie überdreht haben. In den USA bekommen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, die sich als Sozialisten verstehen, zunehmend Resonanz. Im besonders US-verbundenen Großbritannien steht die Corbyn-Labour Party als "Gefahr" vor der Tür.

Da warnt jetzt BlackRock-Chef Fink: "Der Kapitalismus ist zu weit gegangen." Ray Dalio, Chef des größten Hedgefonds, Bridgewater, ergänzt: "Für die Mehrheit der Amerikaner gab es seit den 1980ern keine Einkommenserhöhung. In Amerika herrscht die automatische Spirale, die die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer macht. Das öffentliche Bildungssystem ist eines der schlechtesten der Welt. Das ist ein nationaler Notstand." Dalio mahnt Gegenmaßnahmen an wie die bessere Verteilung des Vermögens und Projekte nach dem Muster von Public Private Partnership: Es darf nicht zu einer "Revolution" kommen!

Aber die Lösung? Fink hat seine Version: "Viele Regierungen können die Erwartungen von Teilen ihrer Wähler nicht mehr erfüllen." Deshalb: Die Unternehmen selbst müssen die Lücke füllen, "sie haben gar keine andere Wahl".

Die BlackRock-Lautsprecher wie BILD und Handelsblatt bringen den Aufsichtsratschef der BlackRock Deutschland AG, Merz, wieder verstärkt in Stellung. Den Vorsitz der Atlantikbrücke hat er weitblickend abgegeben. Als Nachfolger wurde der Ex-Außenminister Gabriel gerufen. Er will dem Ruf aus der transatlantischen Tiefe gern folgen, erklärte er.

Händeringend wird der Rest dessen, was sich als irgendwie sozialdemokratisch ausgibt oder auch sich jetzt guten Gewissens als sozialistisch erklärt, als komplementärer Rettungsanker gesucht, um den Niedergang hinauszuzögern und möglichst lukrativ zu gestalten – bevor das kommt, was Dalio & Co auf jeden Fall verhindern wollen und ggf. auch mit allen Mitteln versuchen würden zu verhindern: "Die Revolution", in den USA und ebenso in der EU.

Wir sind gewarnt. Die Neugründung eines friedlichen, demokratischen und wirtschaftlich gerechten Europa ist dringlicher denn je!

Weitere Informationen und Quellen bei Werner Rügemer: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständliche Notizen zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. Köln 2018, Papyrossa Verlag, 357 Seiten, 19,90 Euro. Typologie, Praktiken und Hilfstruppen der neuen Finanzakteure, transnationale Kapitalverflechtungen. Vergleich des US-geführten westlichen Kapitalismus mit dem Kapitalismus in China nach den Kriterien Völkerrecht, Menschenrechte, Arbeitseinkommen, erneuerbare Energien, Korruptionsbekämpfung, volkswirtschaftliche Entwicklung und Typ der Globalisierung.

China Teil I – Allmähliches Vorrücken ins kapitalistische Zentrum
China Teil II – Regionale und kontinentale Kooperationen

 

BlackRock: Ein Blick auf den aktuellen Arbeitgeber von Friedrich Merz

 

BlackRock & Co: Die größten Eigentümer von Mietwohnungen in Deutschland

China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Webportal NachDenkSeiten. RT Deutsch bedankt sich für das Recht auf Zweitveröffentlichung.

 


 

Der Westen funktioniert nach dem Vasallenprinzip
– Russischer Politologe im Gespräch

Der Westen funktioniert nach dem Vasallenprinzip – Russischer Politologe im Gespräch
Angela Merkel empfängt den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko am 12. April 2019 im Kanzleramt
Warum lud Angela Merkel Poroschenko kurz vor der Stichwahl in der Ukraine ein, und was ist vom künftigen Präsidenten des Landes zu erwarten? Wie lange wird der Konflikt des Westens mit Russland andauern? Darüber sprach Dmitri Kulikow mit RT.

von Wladislaw Sankin

Dmitri Kulikow ist eines der bekanntesten Gesichter im russischen Polit-Fernsehen, und er ist Mitglied des Sinowjew-Clubs – eines Intellektuellenverbands, benannt nach dem russisch-sowjetischen Logiker und Soziologen Alexander Sinowjew. Als Moderator mehrerer Politsendungen zu Fragen der Außenpolitik in Radio und Fernsehen sucht er in politischen Ereignissen nach "Formeln des Sinns". Ihm geht es um politisches Bewusstsein, um ein Verständnis für Prozesse hinter den Kulissen des internationalen politischen Geschehens.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und Bundeskanzlerin Angela Merkel während des gemeinsamen Auftritts am 12. April 2019 im Kanzleramt in Berlin

Geboren und aufgewachsen ist Kulikow in der ostukrainischen Region Donbass, die seit fünf Jahren Schauplatz des Krieges zwischen der Kiewer Regierung und lokalen Aufständischen ist. Jahrelang war er u.a. als politischer Berater in der Ukraine tätig. Auch jetzt befindet er sich im ständigen Austausch mit zahlreichen Experten und Politikern aus der Ukraine und lädt sie in seine Sendungen ein. RT sprach mit ihm über die jüngsten Ereignisse in der internationalen Politik rund um die Ukraine und Russland.

Kein Verständnis für Merkel

So löste die Einladung des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko nach Berlin bei dem Experten Unverständnis aus. Nach derart "miserablen Wahlergebnissen und dem enormen Rückstand auf einen Polit-Neuling" entspreche die Einladung ohne jeglichen diplomatischen Anlass keinerlei politischer Logik. Außerdem seien die massenhaften Wahlmanipulationen und -fälschungen vonseiten des noch amtierenden Präsidenten sicherlich auch in Deutschland kein Geheimnis.

Mehr zum Thema - Dmitri Kulikow über Putinversteher, die Sowjetunion und Grenzen westlicher Demokratien

Der Westen funktioniert nach dem Vasallenprinzip – Russischer Politologe im Gespräch
Dmitri Kulikow moderiert seit vier Jahren die Politsendung "Recht auf Wissen" beim Sender TVC

Der harsche Ton, mit dem die Parteispitze der Union den Favoriten im Präsidentschaftsrennen Wladimir Selenskij nach der vorläufigen Bekanntgabe der Wahlergebnisse bezüglich seines Team und Programms maßregelte, kenne man auch vom US-Botschafter – allerdings gegenüber Deutschland. Mit Nachdruck fordere dieser, dass Deutschland die Pipeline Nord Stream 2 wider deutsche Interessen nicht bauen sollte.

Es widerspiegelt das im Grunde koloniale System der geopolitischen Kette der Vasallen und Oberherren, die es in der Welt gibt. Die USA erteilen Deutschland ganz direkt Kommandos. Genauso verhalten sich aber auch die Deutschen gegenüber der Ukraine – angeblich weiß man da besser, was für das Land richtig sein soll", so der Politologe.

Das sei Sinn und Zweck des derzeitigen geopolitischen Systems, und das darf in Europa nicht laut gesagt werden. Jede Gesundung beginne aber damit, dass Politiker anfangen, die Dinge beim Namen zu nennen: "Ja, so läuft das auf der Welt." Nach dieser Feststellung sollte man entweder aufhören, den eigenen Staat für ein souveränes Subjekt auszugeben, oder die Abhängigkeit öffentlich eingestehen und entsprechende Verträge über die Oberherrschaft der USA unterschreiben, damit diese allen klar sei. Das betreffe aber nicht nur Deutschland, so Kulikow.

Der führende Präsidentschaftskandidat Wladimir Selenskij am Wahlabend, 31. März 2019

Darüber darf man aber nicht sprechen. Auch in der Ukraine darf man nicht darüber sprechen, dass dies ein gespaltenes Land ist – das Wahlverhalten in den Regionen hat es wieder gezeigt. Sollten aber die Menschen im System der allgemeinen Demokratie mit dem Tatsachen konfrontiert werden, werden sie nicht mehr lenkbar. Stellen Sie sich vor, Sie handeln im vollen Bewusstsein der Realität. Was kann man mit Ihnen machen?", fragte der russische Fernsehmoderator.

Laut Politologen ist die Unterstützung Poroschenkos durch Merkel auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil Deutschland an einer sicheren Energieversorgung Deutschlands und Europas und damit nicht an einem Konflikt in der Ukraine interessiert sei. Da Poroschenko aber in Kiew die Partei des Krieges vertrete und die Ideologie des militanten Nationalismus fördere, sei die Gefahr einer Eskalation im Osten des Landes gerade unter seiner Präsidentschaft besonders groß. Bislang erhält Europa den Großteil des russischen Gases durch die Ukraine – im Jahr 2018 waren es 80 Milliarden Kubikmeter. "Stellen Sie sich vor, dass der Krieg diesen Transit stoppt." Dann seien die USA mit ihrem teuren Fracking-Gas schnell zur Stelle, was auch das Ziel der US-Politik sei.

Auf die Perspektive der Ukraine nach den Präsidentschaftswahlen angesprochen, sagte der Experte, dass er vom mutmaßlichen neuen Präsidenten, dem Komiker Wladimir Selenskij, keine Änderungen des bisherigen russophoben Kurses des Landes erwarte. Die mächtigen Kreise im Westen sähen in der Ukraine nach wie vor einen Hebel und ein Druckmittel gegen Russland, im schlimmsten Fall eine Plattform für die Stationierung von Waffen, die Russland ins Visier nehmen. Die ukrainischen Oligarchen, die im Land die Fäden ziehen, seien extrem abhängig vom US-Finanzsystem, und da gebe es weiterhin keinen Spielraum. Die Ukraine verharre damit im inzwischen archaischen Zustand, der typisch für alle postsowjetischen Staaten in den 1990er-Jahren war, auch für Russland. Russland sei dieser Entwicklung, die zum Zerfall und dem Verlust der Unabhängigkeit führt, aber knapp entkommen.

Botschafter Grenell während eines Empfangs bei Bundeskanzlerin Angela Merkel im Juli 2018

Entmenschlichung als Vorstufe des Krieges?

Die Entscheidung für den Westen bei der "Wahl der Zivilisationen", die ukrainische Eliten mithilfe westlicher Berater noch in den 1990er-Jahren getroffen hatten, hält Kulikow für einen Fehler und eine grobe Umkehrung der Postulate, die der Unabhängigkeitserklärung des Landes im Jahr 1991 zugrunde liegen. Darin sei der neutrale Status der Ukraine festgeschrieben. Nun habe Poroschenko die EU- und NATO-Mitgliedschaft in die Verfassung aufgenommen.

Wie sehr die Ukraine inzwischen im Westen "angekommen" sei, könne man in den Entmenschlichungsstrategien gegenüber Befürwortern einer Freundschaft mit Russland sehen. Der ideologisch motivierte Zynismus bei der Rechtfertigung der Vernichtung von "Kartoffelkäfern" und "Wattjacken" in Odessa und im Donbass sei ein Beispiel dafür. Das Bild von Russland als Hort des Bösen sei aber ein altbewährtes Propaganda-Instrument des Westens.

Die Russen als politische Vielvölkernation, die russische Zivilisation allgemein, werden in den Medien als eine Art Abweichung von einem richtigen Weg dargestellt, als etwas grundlegend Falsches. Deswegen kann man einfach so behaupten, die Russen seien jetzt in Estland einmarschiert, wie zuletzt im ZDF. Warum? Aus welchem Grund? Weil sie von sich aus einfach aggressiv seien", sagt der dem Westen gegenüber kritische Kulikow.

Wenn ein Kalter Krieger heißläuft – Claus Kleber redet von Krieg mit Russland

Der Westen funktioniert nach dem Vasallenprinzip – Russischer Politologe im Gespräch
Erneute Dämonisierung Russlands? Leitartikel im "Spiegel" Nr. 15/2019

Mit dem Schweigen zur Assange-Verhaftung
biedert sich das deutsche Establishment den USA an

Die Teilung der Menschen in wertvolle "Zivilisierte" und weniger wertvolle "Barbaren" sei ein seit dem Altertum genuines Wesensdenkmal der westlichen Zivilisation. Selbst im sichtbarsten Bereich – in der Architektur der Regierungsbauten – besinne sich der Anführer der westlichen Welt, die USA, auf Vorbilder aus dem Römischen Reich. In fast jeder seiner Reden betont Poroschenko, die Ukraine habe nun ihren würdigen Platz unter den "zivilisierten" Nationen eingenommen und das "dunkle" russische Imperium für immer hinter sich gelassen. 

Diese Teilung habe genauso wie das immer wiederkehrende Muster einer Hexenjagd eine starke historische Wirkung. "Zivilisiert" seien nun diejenigen Völker, die in das Machtsystem der Abhängigkeiten aufgenommen seien. Da Russland eine unabhängige Politik anstrebe, gehöre es bestenfalls zu "schlechten" Europäern. Im Propaganda-Eifer vieler EU-Politiker wie etwa des EU-Parlamentspräsidenten Donald Tusk gehöre die Ukraine auch mit ihrem archaischen Ultranationalismus zu den "guten" Europäern, weil das Land nun direkt von der EU und dem Westen abhängig ist.

Dmitri Kulikow pflegt in seinen Analysen eine betont nüchterne, harte Rhetorik. "Ich sage Ihnen etwas Hartes. Bei der Vielzahl der Krisenherde auf der Welt wäre normalerweise schon längst ein Weltkrieg ausgebrochen. Nur die Existenz der Atomwaffen hat dies bislang verhindert. Die Menschheit hat Systemkrisen schon immer durch Kriege gelöst", sagt Kulikow.

Was hilft? Sich dieser Tatsachen immer bewusst zu sein, so der russische Politologe. Eigene, auch schmerzhafte Erfahrung helfe gegen gefährliche Naivität. Die Lösung der Ukraine-Krise sei deshalb möglich, aber erst dann, wenn eine bis zwei Generationen der Ukrainer verstehen, zu welchen Konsequenzen die Wahl ihrer Eliten für die Bevölkerung und die Sicherheit des Landes geführt hat. 

Mehr zum Thema"Putins Puppen" - An wessen Fäden hängt der Spiegel?

 


Der Kampf um Eurasien: Wie Deutschland seine Chancen verspielt

Der Kampf um Eurasien: Wie Deutschland seine Chancen verspielt
Auf den Pfaden der historischen Seidenstraße: Mit massiven Infrastrukturprojekten will China den Handel zwischen Europa und Asien voranbringen.
Während Russland und China mit der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Neuen Seidenstraße bedeutsame Schritte in Richtung einer eurasischen Integration setzen, bleiben Berlin und Brüssel hartnäckig abseits. Sie schaden sich damit in erster Linie selbst.

von Zlatko Percinic

Der Kampf um Eurasien ist schon längst ausgebrochen, obwohl das chinesische Generationenprojekt BRI (Belt and Road Initiative) oder OBOR (One Belt - One Road) noch nicht einmal so richtig begonnen hat. Selbst kleine osteuropäische Staaten wie Slowenien, Estland und Litauen haben bereits eine Absichtserklärung unterschrieben, sich der Initiative anzuschließen und Teil dieser Vision zu werden. Das Ziel ist das gleiche wie bei der historischen Seidenstraße: die Verbindung von Kontinenten und damit Märkten, Menschen und Wissen.

(Symbolbild). Wie lange bleiben Deutschland und die USA noch

Doch es ist ausgerechnet Deutschland, eines der wichtigsten "Zielländer" des länderübergreifenden Projektes, das sich dagegen sperrt. Doch mit dem zwar mittlerweile von Washington fallengelassenen, aber zuvor von den USA geforderten Freihandelsabkommen TTIP, das Russland ausschloss, und dem pazifischen Gegenstück TPP (Transpazifische Partnerschaft), welches ausdrücklich China ausschloss, wurde Berlin selbst in eine unangenehme Situation manövriert. Nur wenige Monate nach dem Beginn der TTIP-Verhandlungen im Sommer 2013 brachen in der Ukraine Unruhen aus, nachdem sich die damalige Regierung von Wiktor Janukowytsch am Ende geweigert hatte, das von der EU ausgearbeitete Assoziierungsabkommen zu unterschreiben. Diese Unruhen gipfelten schließlich in einem Putsch gegen Janukowytsch, der hauptsächlich von Ultranationalisten und Neonazis durchgeführt wurde.

Dass Washington ausgerechnet China und Russland aus den jeweiligen Freihandelsabkommen ausschließen wollte, lag daran, dass sich die USA vor den anbahnenden Projekten auf dem eurasischen Kontinent fürchtete, weil deren Kontrolle nicht in den Händen der Amerikaner lag. Natürlich wollten sie nichts von Putins "Plädoyer für eine Wirtschaftsunion von Lissabon bis Wladiwostok" wissen, die dieser in einem Meinungsartikel in der Süddeutschen Zeitung im November 2010 angesprochen hatte. Im Gegenteil. Ganz im Sinne der neokonservativen Elite in den USA, die "vor allem eine stabile amerikanische Vormachtstellung in Eurasien" vorsah, wie Spiegel Online noch im Jahr 2003 berichtete, war es keiner Regionalmacht erlaubt, "auch nur eine größere regionale oder globale Rolle spielen zu wollen". So deklarierte auch die Trump-Regierung in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie (NSS) von 2017:

China und Russland fordern die amerikanische Macht, Einfluss und Interessen heraus, (und) versuchen die amerikanische Sicherheit und Prosperität zu untergraben.

Großeuropäische Machtpolitik statt eurasischer Win-Win-Optionen

Obwohl das Thema "Eurasien" schon im Zarenreich ein Thema war, kam die moderne Fassung der Idee aus Kasachstan. Und das bereits 1994, als der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew in einer Rede an der staatlichen Universität von Moskau von einer "Eurasischen Union" sprach. Die Auflösung der Sowjetunion hinterließ tiefe und schmerzhafte Spuren in der Wirtschaft der Nachfolgerepubliken, was diese zum Handeln zwang. Es sollten aber noch Jahre und ein Zwischenkonstrukt in Form der Zollunion vergehen, bis am 1. Januar 2015 die Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU) auf den Beiden stand.

Wladimir Putin, Hamid Karzai (links), ehemaliger Präsident Afganistans und Jack Ma (rechts), der CEO des Alibaba Group während der letzten Podiumsdiskussion im Rahmen der Waldai-Konferenz am 19. Oktober 2017.

Wenn es nach den Initianten der EAEU ginge, bestünde die ideale Formation aus allen ehemaligen sowjetischen Teilrepubliken. Doch mit der zwischenzeitlichen Ausweitung der Europäischen Union nach Osteuropa und der so genannten "Östlichen Partnerschaft", welche die gleichen Länder umwirbt wie die EAEU, besteht die Eurasische Wirtschaftsunion zurzeit aus Russland, Weißrussland, Kasachstan, Armenien und der Kirgisischen Republik: Immerhin ein Wirtschaftsraum von 20,2 Millionen Quadratkilometern, 183 Millionen Menschen und einem BIP von 1,7 Billionen US-Dollar. Dazu im Vergleich die Europäische Union: 4,38 Millionen Quadratkilometer, 512 Millionen Menschen, BIP von 19,4 Billionen US-Dollar.

In Anbetracht dessen, dass diese Region wirtschaftlich hinterherhinkt und dazu noch über die teilweise größten Rohstoffvorkommen der Welt verfügt, sieht man, welch riesiges Potenzial sich für europäische Unternehmen eröffnet. Statt einer wahren "östlichen Partnerschaft", die die Gegebenheiten der Länder respektiert und eigene Großmachtbestrebungen nach hinten stellt, versucht die Europäische Union, die kleinen, aber geostrategisch wichtigen Staaten in den eigenen Orbit zu ziehen. Wie weit man bereit ist, zu gehen, hat auf erschreckende Weise die Ukraine gezeigt. Ob gewollt oder nicht, Brüssel - und damit auch Berlin - hat in Kiew fast siebzig Jahre nach dem Sieg über die Nazis einen Pakt mit den ehemaligen Besiegten geschlossen, und wird sie jetzt nicht mehr los. Als Kiew seine Panzer und Luftwaffe gegen die eigene Bevölkerung im Osten des Landes in Bewegung setzte, erschien ein Artikel bei der europäischen Variante des Council on Foreign Relations, dem ECFR, dass sich Deutschland entscheiden muss:

Berlin ist sich auch bewusst, dass, sollte der Konflikt eskalieren, Deutschlands Rolle als Mediator stillgelegt wird und Berlin eine Seite wählen muss. Die deutsche Regierung möchte das (fast) um jeden Preis verhindern. Aber es ist genau das, was sehr wahrscheinlich passieren wird.

China besetzt von EU eröffnete Freiräume

Nun, Berlin hat sich entschieden. Für die Ukraine, für das Schreckgespenst der Neonazis in den Straßen der Westukraine, für die USA und möglicherweise für eine Konfrontation mit Russland. Damit erfüllte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Herzenswunsch der neokonservativen Eliten, die eine aktivere und vor allem aggressivere Rolle Deutschlands gegenüber Russland fordern.

Geologen prognostizieren Spaltung Eurasiens: Kontinent driftet auseinander

Damit hat sich die Europäische Union in eine Sackgasse manövriert. Noch während man auf ein Freihandelsabkommen mit den USA wartet, welches möglicherweise nie kommen wird und obendrein mit erheblichen Zweifeln behaftet ist, nutzt China dieses europäische Zaudern in Eurasien aus. Geschickt hat Peking die antirussische Politik der wichtigsten EU-Mitglieder ausgenutzt und sich in Eurasien mit Milliardeninvestitionen einen Sitz in der ersten Reihe gesichert. Statt sich einen Platz auf der Bank neben China zu reservieren, das auf dem riesigen eurasischen Markt seine aus der Finanzkrise und aus den darob ergriffenen staatlichen Maßnahmen resultierende Überkapazität exportieren wird, spielt Deutschland mit dem Feuer. Wie schnell ein Wirtschaftskrieg daraus werden könnte, zeigte erst jüngst US-Präsident Trump. Zwar ist man in Europa vorerst nochmal davongekommen, ob aber die richtigen Rückschlüsse daraus gezogen wurden, darf mehr als bezweifelt werden.

Wie es in einer global vernetzten Welt sein kann, dass ausgerechnet die Europäische Union, die sonst mehr oder weniger auf der ganzen Welt Freihandels- und Wirtschaftsabkommen schließt, den eurasischen Kontinent außen vorlässt, ist unerklärbar und grenzt schon an Fahrlässigkeit.

Der Kampf um Eurasien: Wie Deutschland seine Chancen verspielt
Übersichtsgrafik der Europäischen Kommission zu den EU-Handelsbeziehungen

Merkels fauler Trick rund um das Minsk-Abkommen

Ja, die Kanzlerin hat immer mal wieder ein paar Leckerlis in Richtung Moskau geworfen. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2015 sprach sie von "Möglichkeiten einer Kooperation in einem gemeinsamen Handelsraum". Ähnliches meinte sie auch am CDU-Landesparteitag von Mecklenburg-Vorpommern in Güstrow 2016:

Ich bin dafür, dass Russland Schritt für Schritt auch enger an den europäischen Wirtschaftsraum heranrückt, dass wir am Schluss eine gemeinsame Wirtschaftszone von Wladiwostok bis Lissabon haben.

Das alles könne in Angriff genommen werden, sobald Russland die Minsker Abkommen umsetze, heißt es von Merkel. Dass aber Russland gar nicht Vertrags- beziehungsweise Konfliktpartei ist, sondern wie Deutschland für die Ukraine nur ein Garant für die selbstausgerufenen Volksrepubliken, ignoriert sie einfach. So stellt die Bundeskanzlerin sicher, dass die Forderungen nie erfüllt werden können und die in Aussicht gestellten "Möglichkeiten einer Kooperation in einem gemeinsamen Handelsraum" nichts weiter als Augenwischerei sind.

So überlässt die Europäische Union - und damit auch Deutschland - den Chinesen das Spielfeld auf dem eurasischen Kontinent. Wobei Russland bedacht ist, sich nicht von Peking abhängig zu machen und versucht, bei der Vergabe von Lizenzen in verschiedenen Investitionsprojekten auch Chinas Konkurrenten wie Japan, Südkorea und Indien ins Boot zu holen. Dennoch machten die Präsidenten der beiden Verfechter einer multipolaren Weltordnung, China und Russland, klar, dass die Eurasische Wirtschaftsunion mit der chinesischen Belt and Road Initiative zusammengehen soll, was zu einem gigantischen Wirtschaftsblock führen würde.

Außerdem könnte die EU auch ihre Sorgen um die Energieversorgung vielleicht nicht ad acta legen, aber ganz sicher erheblich mindern und die krampfhafte Suche nach einer Umgehung von russischem Gas aufgeben. Länder wie Kasachstan, Turkmenistan und der Iran mit ihren gewaltigen Gasvorkommen wären dann in den Startlöchern, um zusammen mit Russland Kunden in Europa und Asien zu beliefern - ganz im Sinne der eurasischen Integration.


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